Kapitel 19

Ich habe keine Ahnung, wie das geschehen konnte. Aber die vier Damen sitzen bei mir im Wohnzimmer und haben sich an meinem Kleiderschrank bedient, sodass sie alle mit einem T-Shirt und einer Jogginghose von mir auf meiner Couch sitzen und meine Karaokemaschine für sich entdeckt haben. Alles was ich getan habe, ist zu sagen, dass ich in der Nähe von der Bar wohne und nach Hause gehen möchte. Wie das jetzt zu einer Pyjama Party werden konnte, kann ich nicht erklären. Sarah hat ihrem Verlobten sogar ein Bild von mir geschickt und extra dabei betont, dass ich auf Männer stehe, damit er sich keine Sorgen macht.

Die vier Mädchen haben sich die Mikrofone der Karaokemaschine geschnappt und tanzen uns singen zu den Liedern von One Direction, während ich ihnen nur grinsend dabei zuschauen kann. Zum Glück ist mein Wohnzimmer groß, sonst müsste ich Angst haben, dass sie sich verletzen.

"Zayn, jetzt kommt dein Part!", schreit Ahri aufgeregt und schlägt ihrer Schwester auf den Rücken, die sich schon dafür bereit macht.

Sumi geht einen Schritt nach vorne und sieht mich vollkommen entschlossen an, während sie ihren Arm hebt. Die drei Mädchen fangen an zu kichern und bleiben ruhig stehen. Ich muss mir das Lachen verkneifen, aber schaue sie erwartungsvoll an.

"Lost my senses! I′m defenseless! Her perfume's holding me ransom! Sweet and sour! Heart devoured! Lying here, I count the hooouuurrsss!", singt sie mit voller Leidenschaft und schmeißt sich vor mir auf die Knie, während sie die Hand nach mir ausstreckt.

"Waking up! Beside you, I′m a loaded gun! I can't contain this anymore! I′m all yours! I've got no control, no control!", singt mich Sarah ebenfalls an und zeigt mit dem Finger auf mich.

Danach springt Sumi auf und stellt sich zu den anderen, um mit ihnen gemeinsam zu singen und auf und ab zu springen: "Powerless! And I don't care it′s obvious! I just can′t get enough of you!
The pedal's down, my eyes are closed, no control!".

Danach springen sie wie wild auf und ab und schreien den Songtext nur noch lauthals mit, wodurch ich anfangen muss zu lachen. Wie kann man so glücklich über eine Karaokemaschine sein? Das ist so knuffig.

Nach ihrem Auftritt verbeugen sie sich vor mir und ich stehe ruckartig auf, um ihnen zu applaudieren. Schweratmend schmeißen sie sich auf die Couch und haben wohl das fetteste Grinsen im Gesicht, was ich jemals gesehen habe.

"Jetzt musst du ein Lied singen. Ich kann nämlich nicht mehr", fordert mich Sona auf und versinkt in den schwarzen Kissen.

"Nein, danke. Ich bin echt müde", lehne ich ab und setze mich ebenfalls hin, was die vier Mädchen zum Schmollen bringt.

Für ein paar Sekunden herrscht Stille, bis Ahri los kichert und mich am Oberarm packt. Verwirrt sehen wir sie alle an und warten darauf, dass sie mit der Sprache rausrückt, was sie so lustig findet.

"Ich weiß, wie du Taehyungs Herz erobern kannst", verkündigt sie mir und bei ihrem Grinsen kann das nur der totale Reinfall sein.

"Wie denn?", frage ich sie und lasse mich von ihrem Grinsen anstecken.

"Du singst ihm Treat you better von Shawn Mendes im Café vor und schmeißt die wie Sumi eben vor ihm auf die Knie. Er muss dich dann nehmen", antwortet sie belustigt und hält sich eine Hand vor den Mund, um nicht wieder loszulachen.

"Ahri, ich glaube, das ist keine besonders gute Idee. Ich würde mich total zum Affen machen", verdrehe ich die Augen, obwohl ich das Lachen kaum unterdrücken kann.

Die anderen Mädchen brechen in Gelächter aus, und Sumi klopft mir aufmunternd auf die Schulter.

"Ach was, Taehyung würde es lieben! Er steht bestimmt auf solche dramatischen Gesten", meint sie schmunzelnd.

"Ja, so was kommt immer gut an. Und wenn du dann noch richtig gefühlvoll singst, schmilzt er dahin. Glaub mir, das funktioniert!",  nickt Sarah energisch und ihr Augen funkeln vor Begeisterung.

"Leute, ich weiß nicht. Taehyung ist nicht so... der Typ für solche Sachen. Er mag es eher ruhig und entspannt. Und ehrlich gesagt, würde ich vermutlich auf der Stelle vor Scham sterben", seufze ich und schüttele den Kopf, während ich mich tiefer in das Sofa sinken lasse.

"Ach, komm schon! Wo ist dein Kampfgeist? Wenn du ihn wirklich beeindrucken willst, dann musst du etwas wagen. Wer nicht wagt, der nicht gewinnt, oder?", wirft Sona mir einen herausfordernden Blick zu und verschränkt die Arme.

Ahri setzt noch einen drauf und schnappt sich das Mikrofon, als ob sie in Gedanken schon die Szene inszeniert.

"Stell dir das mal vor: Du gehst ins Café, alle schauen dich an, und dann singst du voller Passion 'I know I can treat you better...'", sie macht eine dramatische Handbewegung in der Luft, "und dann kniest du dich vor ihm hin – zack! – er fällt dir direkt in die Arme"

"Zack?", frage ich ungläubig, während ich die Situation in meinem Kopf durchgehe und mir vorstelle, wie Taehyung reagiert.

Wahrscheinlich würde er erstarren, rot werden, und mich dann aus dem Café werfen.

"Genau, zack! Er wird einfach nicht widerstehen können", strahlt Ahri über beide Ohren.

"Stell dir das mal vor, es wäre echt episch. Wir könnten das Ganze sogar filmen. So für die Ewigkeit", kichert Sumi.

"Ja, klar. Und das endet dann auf Social Media, und mein Leben ist offiziell vorbei", lache ich kurz auf, bevor ich den Kopf schüttelnd ablehne.

"Oder es endet damit, dass du und Taehyung endlich zusammenkommt, und wir die wahren Helden eurer Liebesgeschichte sind", zuckt Sarah mit den Schultern und grinst mich schelmisch an.

Ich schüttle den Kopf, obwohl mir die Idee – so lächerlich sie auch klingt – ein leichtes Lächeln entlockt.

"Ihr habt echt zu viele Liebesfilme gesehen", sage ich schließlich belustigt.

"Es ist beschlossen! Du singst für ihn!", springt Ahri plötzlich auf.

Bevor ich mich wehren kann, packt sie wieder das Mikrofon und hält es mir direkt unter die Nase.

"Na los, übe schon mal! Wir können dich coachen!", fordert sie mich auf.

"Es ist viel zu spät für solche verrückten Ideen. Außerdem, wie gesagt, ich bin müde", lehne ich ab und werfe einen Blick auf die Uhr.

Die Mädchen protestieren lautstark, aber schließlich lassen sie mich doch in Ruhe. Nach einer Weile hat sich die Stimmung wieder beruhigt, und sie sind alle auf die Couch gesunken, erschöpft vom Karaoke und den vielen Lachanfällen.

"Weißt du, Taehyung wäre bestimmt total beeindruckt, wenn du für ihn singst,“ ruft Sona plötzlich, ein riesiges Grinsen auf dem Gesicht.

Ich werfe ihr einen schiefen Blick zu, den sie völlig ignoriert. Beeindrucken? Sicher. Aber der Gedanke, für Taehyung zu singen, ist gleichzeitig so lächerlich und… irgendwie verlockend.

"Ich sing nicht für ihn, das wäre zu einfach,“ murmele ich halb zu mir selbst, während ich dennoch das Mikrofon von der Couch greife.

Ahri und die anderen kichern wie kleine Kinder, weil sie wissen, dass sie endlich ihren Willen bekommen.

"Oh komm schon! Das wird episch!“, feuert Sarah an, die offensichtlich schon mit ihrem Handy bereit steht, um alles festzuhalten.

Ich schüttele den Kopf, aber tief in mir kann ich nicht anders, als das Grinsen zurückzuhalten. Es ist viel zu lange her, dass ich einfach nur so gesungen habe – und ja, ich weiß, dass ich gut bin. Zumindest auf Hochzeiten beeindrucke ich die Leute regelmäßig, also… warum nicht?

"Also gut, aber nur dieses eine Mal. Und ihr seid danach tot für mich, wenn irgendjemand davon erfährt!“, warne ich sie und deute mit einem Finger auf Sarahs Handy, bevor ich das Mikrofon hebe.

Das Intro von „Treat You Better“ beginnt zu spielen, und ich schließe kurz die Augen, um mich zu konzentrieren. Klar, es ist nur Spaß – aber hey, wenn ich schon singe, dann mach ich es richtig.

"I won’t lie to you…“, setze ich an und übertreibe sofort mit einem dramatischen Augenaufschlag in Richtung der Mädchen, was sie dazu bringt, wieder loszukichern.

"I know he’s just not right for you!“, ich ziehe die Silben länger, als nötig wäre, mache eine übertrieben romantische Geste mit der Hand, als würde ich einem imaginären Publikum auf den Tischen ein Ständchen bringen.

"Guckt ihn an, als wär er beim 'America's Got Talent'!“, ruft Ahri, und die anderen prusten los.

Ich muss mir ein Grinsen verkneifen, weil es sich trotz der Witze unglaublich gut anfühlt, wieder frei zu singen – auch wenn der Text viel zu passend ist. Vielleicht sollte ich es doch ernst nehmen?

"And I know I can treat you better… than he can!“ Diesmal strecke ich dramatisch den Arm in die Luft, als würde ich einen unsichtbaren Oscar in Empfang nehmen.

Sona und Sumi haben schon Tränen in den Augen vor Lachen.

"Jeongguk, das ist zu gut! Du machst uns fertig!“ keucht Sumi und hält sich den Bauch.

Aber je weiter ich singe, desto weniger juckt mich der ganze Quatsch drumherum. Meine Stimme wird fester, klarer, und selbst die Mädels verstummen langsam wieder, während ich mich richtig reinsteigere.

„Give me a sign, take my hand, we’ll be fine…“ singe ich, meine Augen halb geschlossen, und stelle mir vor, wie es wäre, wenn Taehyung tatsächlich hier wäre.

Würde er lachen? Oder einfach nur rot werden, so wie er das immer tut?

Als ich den letzten Refrain erreiche, mache ich eine übertriebene Verbeugung und strecke dann beide Arme zur Seite, als würde ich das größte Finale der Welt hinlegen.

"BETTER THAN HE CAN!“ beende ich das Lied mit einem übertriebenen Schrei, bevor ich das Mikrofon auf die Couch werfe und mich dramatisch fallen lasse.

Das Wohnzimmer explodiert in Applaus und Geschrei. Ahri hat Tränen in den Augen und Sarah kann kaum noch atmen vor Lachen. Selbst ich kann mir das Lachen jetzt nicht mehr verkneifen. Ich weiß, dass sie es lustig fanden, aber trotzdem bin ich mir sicher, dass sie nicht erwartet haben, dass ich so gut abliefern würde.

"Okay, das war’s. Ihr habt euren Auftritt bekommen. Jetzt bin ich wirklich müde", sage ich grinsend, als die Mädchen jubelnd auf mich zustürmen und mich fast zerquetschen.

"Das war das Beste, was ich je gesehen habe!“, ruft Sarah und zeigt auf ihr Handy, weil sie es wirklich aufgenommen hat.

Ich werde plötzlich hellhörig und schnappe nach dem Handy.

"Lösch das! Sofort! Ich schwöre, wenn das irgendjemand sieht, heirate ich deinen Bräutigam an deiner Stelle!“, drohe ich ihr und muss selbst wegen dieser Drohung lachen.

Irgendwie bin ich froh, nicht so wie jeden Tag allein in dieser Wohnung zu sitzen. Ich hatte schon seit langem nicht mehr so viel Spaß und ist eigentlich meinen Freunden und den vier hübschen Frauen zu verdanken.

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