Kapitel 2: Alles für den Sieg

Unterricht mit Gilderoy Lockhard war eine Qual.
Der Typ mit seinem aufgeblasenen Getue war einfach furchtbar anstrengend.
Die Mädels schmolzen bei jedem aufgesetzten Lächeln förmlich davon und seufzten mit verträumten Gesichtern vor sich hin.

Es war wirklich ein Desaster, denn dafür, dass der Mann ein so berühmter und mächtiger Zauberer sein sollte, war er als Lehrer grottenschlecht.
Egal was er ihnen beizubringen versuchte, es schlug fehl.
Also änderte er seine Methoden und ließ sich immer öfter auf Gespräche mit seinen Bewunderern ein, tat so, als würde er sich einwickeln lassen und dabei die Zeit völlig vergessen.

Marcus war es nur recht, denn so konnte er ungestört in der hintersten Ecke vor sich hin brüten.
Meisten tüftelte er an Quidditch Taktiken für sein Team, auch wenn er nicht der allergrößte Fan von Theorie war.
Eine gesunde Basis an einer Strategie war ja nicht verkehrt, aber wenn das Talent fehlte, dann war sowieso alles umsonst.

Und ein bisschen Gewaltbereitschaft war auch eine inoffizielle Voraussetzung.
In der Hinsicht machte er seinem Haus ja alle Ehre, aber ab und an das ein oder andere verbotene Manöver zu spielen hatte wirklich seinen Reiz.
Und vor allem konnte er damit Wood auf die Palme bringen.

Marcus ließ sich von Lockhards plötzlich erklingendem, total gekünstelten Lachen nicht irritieren und starrte stattdessen weiter konzentriert auf das Pergamentblatt auf seinem Tisch.
Er hatte abwesend das Quidditchfeld skizziert.

Was ihm dieses Jahr Sorgen machte, war dieser Potter.
Keine Ahnung, wie Wood es anstellte, aber der Junge war gut.
Viel zu Gut.
Terence hatte keine Chance, allein schon, weil Potter kleiner und leichter war – von dem Nimbus 2000 gar nicht zu sprechen.

Das verschaffte Gryffindor einen großen Vorteil und zudem spornten die plötzlich höheren Gewinnchancen das Team an.
Und so wie Marcus Wood kannte, würde der sich dieses Jahr noch mehr ins Zeug legen.
Blöder, erfolgsversessener Idiot.

Auf der Bank neben ihm kicherten Adrian und Miles vor sich hin, über irgendeinen dummen Witz, den Peregrine Derrick aus der Reihe hinter ihnen wohl gemacht haben musste.
Die Slytherin Quidditchmannschaft saß eigentlich immer zusammen.

Die Jungs aus dem Team gehörten zu Marcus kleinem Freundeskreis, auch die aus dem Jahrgang unter ihm.
Nur Terence war heute nicht da.
Er schwänzte, aber nur um sich mit seiner alten Flamme zu treffen.

Das ein Schüler abwesend war, war dem dämlichen Lockhard nicht einmal aufgefallen.

Marcus dachte an den Brief, den er in den Ferien erhalten hatte.
Extrem teures Pergament und eine Schrift wie gedruckt.
Buchstaben aus Tinte, die ein unglaublich verlockendes, aber zugleich auch abstoßendes Angebot beschrieben hatten.

Er kannte die Malfoys, da sie wie seine eigenen Eltern zu hoch angesehenen Reinblüterfamilien gehörten.

Die Sache war die: Marcus wollte sich eigentlich lieber auf seine Prinzipien verlassen, denn diese hatten ihn bisher immer zum Ziel geführt.

Malfoy Junior, Draco, dieser schleimige  verzogene Mistkerl, war im diesen Jahr Zweitklässler geworden.
Und er wollte keine verdammten Kleinkinder in seiner Mannschaft haben. Die konnten sich doch nicht gegen ältere Gegner behaupten!

Manche Gegenspieler ließen sich schon mit finsteren Blicken oder unterschwelligen Androhungen aus dem Weg treiben.
Aber mit einem schmächtigen Jungen auf dem Besen?
Niemals würde das dann noch funktionieren.

Zudem müsste er dann Terence, einen seiner besten und längsten Freunde, aus dem Team schmeißen.
Er wusste ja noch nicht mal, ob Malfoy überhaupt ein guter Ersatz sein würde. Er hatte keine Ahnung, wie er spielte. Dafür müsste er sich nämlich mit ihm befassen, aber auf aufgeblasene Schnösel hatte Marcus ehrlich keine Lust.

Er konnte nicht gut mit jüngeren Schülern umgehen und hatte auch nicht vor, das jemals zu ändern.
Aber dann war da ja der Punkt, dass das gesamte Slytherinteam neue Nimbus 2001 Besen bekommen würde.
Und diese Besen . . . ja, die hatten es echt in sich.

Zudem sie noch nicht lange auf dem Markt waren.
Ihre Schnelligkeit würde sich mehr als positiv auf ein Quidditchspiel auswirken, denn wenn man schneller als der Gegner war, brauchte man weniger Taktik.
Die Geschwindigkeit war ein unweigerlich einzubindender Faktor, und da hätten sie mit den neuen Besen eindeutig die Nase vorn.

Mit den alten Besen von Woods Team hatte Gryffindor kaum noch eine Chance, Potter als Sucher und Woods Kämpfergeist für Strategie und Motivationsreden hin oder her.
Das würde heißen, dass er garantiert gewinnen würde.
Das waren ziemlich vielversprechende Aussichten für dieses Jahr.

Marcus tippte nachdenklich mit der Spitze seiner Feder auf dem Pergament herum und verteilte so hunderte kleine Tintenpunkte auf dem Blatt.
Zusagen oder absagen?
Ja oder nein?
Konnte er zulassen, dass sich jemand wie Draco Malfoy in sein Team einkaufte?

Die Vorstellung, wieder triumphal über Wood zu stehend war verdammt verlockend, das konnte er leider wirklich nicht leugnen.

Wenn er noch rücksichtsloser als üblich vorging, könnte er damit vielleicht endlich diese verwirrenden Gefühle loswerden, die ihn stetig plagten.

Seine Freunde imitierten, wie Lockhard sich die Haare über die Schulter warf und Marcus, der das aus den Augenwinkeln sah, musste leicht grinsen, ehe er sich wieder auf seine Zeichnung fokussierte.

Nachdenklich platzierte er ein Strichmännchen auf einem Besen hoch über den groben Linien, die das Quiddichfeld darstellten.
Ein Sucher.

Konnte Malfoy es mit Potter aufnehmen?
Sie hatten eine ähnliche Statur und in Kombination mit dem neuen Nimbus . . . das schienen mehr Pluspunkte auf der Seite von Malfoy zu sein, als auf der von Terence.

Ach scheiß drauf, dachte er.
Er suchte ein neues Blatt Pergament aus seiner Tasche und strich es auf dem Tisch glatt.
Dann tauchte er seine Feder ins Tintenfass und begann eifrig, zu schreiben.

Am Ende der Stunde hatte Marcus in seiner ordentlichsten Schrift einen, für seine sonstige Ausdrucksweise, sehr höflich formulierten Brief in der Hand, den er am Abend mit einer Schuleule in den Sonnenuntergang schickte.
Für Penelope wäre die Strecke zu weit, empfand er.

Es fühlte sich ein wenig seltsam an, der Eule hinterher zu sehen, wie sie zu einem immer kleiner werdenden Punkt am Horizont wurde und letztlich zwischen den Wolken verschwand.

Er, ein Sprössling der Familie Flint, hatte sich kaufen lassen – und er konnte keinesfalls sagen, dass er stolz darauf war.
Das hieß, dass er seinem guten Freund in den Rücken fiel und seinen eigenen Standard praktisch aufs Nullniveau absetzte,
und das alles nur, um seinem Rivalen eins auszuwischen.

Aber wenigstens hatte er sich so eine Versicherung geschaffen.
Dieses Jahr würde er Oliver Wood ein weiteres Mal erfolgreich schlagen. 

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