10 | Connor
Aiden | 3:23 P.M.
Kann es sein, dass eure Freundin Sophie ihren Kollegen nicht leiden kann?
Connor | 3:23 P.M.
Wieso?
Aiden | 3:23 P.M.
Sie verzieht schon die ganze Zeit genervt das Gesicht. Kurzzeitig dachte ich, dass ich der Grund bin, weil ich nach bestimmten Büchern gesucht habe.
Das Handy in Händen vibriert und im Chat zwischen Aiden und mir erscheint ein Foto. Es ist leicht verschwommen, dennoch erkenne ich die Bibliothek von innen. Hinter der Theke steht Sophie - die mit ihren wilden Locken kaum zu übersehen ist - und Tatsache: Mit schmalen Lippen und gerunzelter Stirn schaut sie zu ihrem Nebenmann rüber , der gerade akribisch Bücher auf verschiedene Stapel verteilt. So sieht es zumindest aus. Grinsend schüttle ich den Kopf. Sophie hat nicht untertrieben, als sie meinte, dass ihr Kollege sie zur Weißglut bringe.
Connor | 3:25 P.M.
Sie meinte, dass ihr Kollege ‚komisch' wäre.
Connor | 3:25 P.M.
Aber was achtest du auf meine Freundin? Solltest du nicht über den Büchern brüten und lernen?
Aiden schickt mir prompt ein Emoji mit gerollten Augen.
Aiden | 3:26 P.M.
Das ist viel spannender als meine Bücher vor mir.
Connor | 3:26 P.M.
Nicht nörgeln. Lernen!
Seit einer knappen Woche lernt Aiden für seine verhauene Prüfung, die er in vier Tagen wiederholen kann. Er möchte dieses Mal eine hohe Punktzahl erreichen und tut alles dafür. Ich bin stolz auf ihn, dass er sich in sein Medizinstudium so reinhängt. Jedoch mache ich mir auch Sorgen, denn seine Reaktion, nachdem er beim ersten Mal gescheitert ist, hat mich stutzig gemacht. Ich wäre auch enttäuscht, aber ich konnte an dem Tag vor der Sporthalle regelrecht Panik in seinen Augen erkennen.
Auch der misslungene Vortrag ist zwar scheiße, aber auch hier kann er ein paar extra Arbeiten abgeben und somit die Credits ausgleichen. Gerade, als ich mich seufzend in meinem Bett zurücklehnen möchte, wird die Tür mit einem Rück aufgestoßen.
Ich fahre hoch und hoffe inständig, dass die Türklinke kein Loch in die Wand gedonnert hat, wie der Knall vermuten lässt. »Was zum ...?«, entfährt es mir, als ich auf einen wild dreinblickenden Noah schaue.
Sein Atem geht hektisch und, da er noch immer im Türrahmen steht, blickt er links und rechts den Flur runter, ehe er in mein Zimmer stolpert und die Tür hinter sich zudrückt. Verdattert verfolge ich das Szenario von meinem Bett aus an. Noah erinnert mich an ein wildes, verängstigtes Tier, welches in einer Falle sitzt und nicht weiß, was als Nächstes passieren wird.
»Noah?«
Endlich findet sein Blick meinen und ich erkenne in seinen Augen pure Panik und Verzweiflung. Sein Atem beschleunigt sich und das Heben seines Brustkorbes wird schneller.
Scheiße!
Wenn ich ihn nicht sofort stoppe, fängt er gleich an zu hyperventilieren. »Ganz ruhig. Egal, was passiert ist, alles wird in Ordnung kommen.« Behutsam stehe ich auf und halte meine Hände vor mir, um ihn mit dieser Geste zu beruhigen.
»I-i-ich -« Er bricht ab und fährt sich zitternd mit den Händen durch die Haare. Dann setzt er erneut an: »Sie ist hier!«
Verwirrt runzle ich die Stirn. »Wer ist hier?«, frage ich langsam und nehme seine bebenden Hände zwischen meine. Sie sind eiskalt und nass. Gott, wen hat er gesehen?
Seine Stimme ist leise und er haucht das Wort nur. Aber ich verstehe es klar und deutlich.
»Meine Mutter.«
Ich verschlucke mich fast an meiner eigenen Spucke, als mein Gehirn das Wort richtig gedeutet hat. Verdammt! Seine Mutter? Was macht sie hier und wie verdammt hat sie ihn gefunden?
Der Kontakt zwischen Noah und seinen Eltern ist seit elf Jahren unterbrochen. Außerdem hatte er damals deutlich gesagt, dass er nichts mehr mit seinen Eltern zu tun haben möchte. Ohne ein weiteres Wort - ich wüsste nicht, was ich sagen sollte - ziehe ich ihn zu meinem Bett und lasse ihn auf die Matratze sinken.
»Wo hast du sie gesehen?«
Noah schließt seine Augen, atmet zitternd ein und aus. Versucht seine Gedanken zu sammeln. Ich lasse ihm Zeit, halte weiter seine Hände und versuche somit seinen bebenden Körper zu beruhigen.
»Ich bin aus einem meiner Kurse gekommen und wollte zur Kantine, um mir einen kleinen Snack zu holen ... Plötzlich ... plötzlich stand sie vor mir.« Gekünstelt lacht er auf und schüttelt seinen Kopf, so, als würde er das Ganze nicht verstehen. »Im ersten Moment habe ich sie nicht erkannt. Wie auch? Ich habe kaum Erinnerungen an ihr Gesicht. Aber dann sagte sie: ›Noah, mein Sohn. Du bist es wirklich.‹ Mir wäre fast mein Frühstück hochgekommen.« Mein bester Freund verzieht seine Lippen zu einer gequälten Grimasse.
»Dann bin ich einfach nur gelaufen. Erst wollte ich zu Ava, aber sie sitzt gerade in einer Vorlesung und darum bin ich zu dir.«
»Deine-«, ich vermeide das Wort Mutter, » ... sie ist dir also nicht gefolgt?«
Noah zuckt mit den Schultern. »Nein, ich hoffe nicht.« Dann vergräbt er sein Gesicht in den Händen. »O Gott, was tut sie hier? Woher weiß sie, dass ich hier studiere?«
Kurz tätschle ich Noahs Oberschenkel und greife dann nach meinem Handy, welches verlassen auf meiner Bettdecke liegt, und öffne den Chat von Ava und mir.
Connor | 3:42 P.M.
Komm nach deiner Vorlesung in mein Zimmer. Es geht um Noah.
Irgendwie bin ich erleichtert, dass Ava die Nachricht binnen Sekunden liest.
Ava | 3:42 P.M.
Was ist passiert?
Connor | 3:42 P.M.
Seine Mutter ist aufgetaucht.
Ava | 3:42 P.M.
Ich bin in zehn Minuten da!
Connor | 3:43 P.M.
Deine Vorlesung!
Ava | 3:43 P.M.
Es geht um meinen Freund!
Ich verstehe sie.
Ich würde genauso handeln.
Ohne eine Antwort zu schreiben, weil ich weiß, dass Ava sich jetzt aus der Vorlesung schleicht, lasse ich mein Handy auf die Matratze neben mir fallen und widme mich wieder Noah. Er hat sich keinen Millimeter bewegt.
»Ava ist auf dem Weg«, sage ich nur leise und schlinge meine Arme um seinen Oberkörper. Das Beben hat nachgelassen und seine Atmung hört sich auch wieder normal an. Ein Glück.
Mein bester Freund gibt einen gequälten Laut von sich. »Aber ihre Vorlesung ...«
»Du kennst sie. Du bist in diesem Moment wichtiger und nicht eine verdammte Vorlesung!«
Darauf antwortet er nichts und lässt sich weiter in meine Umarmung fallen. Wir warten still und lauschen unseren Atemzügen.
»Ich bin hier!« Ohne anzuklopfen, schneit Ava in mein Zimmer. Sie muss gelaufen sein, denn ihr hektischer Atem und die blonden Strähnen, die aus ihrem schiefsitzenden Dutt gefallen sind, verraten sie. Ihre Umhängetasche lässt sie achtlos auf den Boden fallen, um anschließend mit großen Schritten zu Noah hinüberzukommen.
Derweil entziehe ich mich der Umarmung und übergebe ihn Ava. Noah lässt es einfach mit sich machen, als wäre er ein Spielzeug.
»Connor hat mir geschrieben, worum es geht ... Was willst du jetzt machen?«
Noah zuckt achtlos mit den Schultern und vergräbt sein Gesicht in ihrer Halsbeuge, während sie durch seine Haare streicht. »Ich muss meine Tante anrufen«, kommt es gedämpft von ihm. »Es muss jemand meiner Mutter verraten haben, dass ich hier bin.«
Ich nicke zustimmend. Das kann nur der Grund sein. Seit Jahren versucht seine Mutter Kontakt zu ihm aufzunehmen. Doch Noah verweigert es. So ist es auch im System vermerkt.
Es klopft an meiner Zimmertür und zum dritten Mal wird diese geöffnet. Aiden kommt mit einem Haufen Bücher auf dem Arm in mein Zimmer getrottet. »Connor! Ich habe keine Lust mehr. Lass uns im Bett liegen, kuscheln, küssen und später ins The Robin Hood gehen. Hardin meint, dass da heute jemand auflegt«, rattert er runter und hat die anderen beiden im Raum noch gar nicht wahrgenommen.
Was auch nicht gerade leicht ist mit den Büchern in seiner Hand, die fast sein halbes Gesicht verdecken. Er kann mir nicht sagen, dass die Bücher nur allein für einen Kurs bestimmt sind. Gerade als er erneut ansetzen möchte, hält er in seiner Bewegung inne und starrt auf mich, Noah und Ava, wie wir als Knäul zusammen in meinem kleinen Bett liegen.
»Oh ... du hast Besuch.« Eine leichte Röte schleicht sich auf seine Wangen, als ihm bewusstwird, was er gerade vor meinen Freunden gesagt hat. Räuspernd wendet er sich zum Gehen. »Ich störe nicht -«
»Bleib hier, Aiden. Ava und ich gehen zu ihr.« Noah erhebt sich langsam vom Bett und ich schaue ihn verdutzt an.
»Bist du sicher? Ihr könnt auch hierbleiben. Du weißt, dass ich für dich da bin?«
Sanft lächelnd drückt Noah meinen Oberarm. »Natürlich. Aber wir können jetzt nicht viel machen. Ich muss erst einmal meine Tante anrufen. Und in der Zeit bleibe ich bei Ava. Wer weiß, ob sie meine Zimmernummer weiß.«
Ich beobachte, wie Noah Aiden stumm zunickt, der weiterhin steif mit dem Stapel Bücher in den Händen mitten im Raum steht. Ava blickt hingegen zwischen mir und Aiden hin und her, wackelt vielsagend mit den Augenbrauen und grinst. »Viel Spaß!«
Stöhnend lasse ich meinen Kopf hängen und jetzt bin ich es, der ein rotes Gesicht wie eine überreife Tomate bekommt. Die Tür schließt sich und Stille bleibt im Raum zurück. Ich schaue mit den Augen zu Aiden rüber - Wie kann er zu einer Statue erstarrt sein?
»Wenn du kuscheln und küssen möchtest, musst du schon herkommen. Allein wird es schwierig«, gebe ich grinsend einen Kommentar ab und sehe zu, wie die Starre seines Körpers sich auflöst und er hastig versucht seine Bücher auf meinen überladenen Schreibtisch abzulegen.
Ich gebe ein Quietschen von mir, als er halb mich springt und seine Hände in meinen Haaren vergräbt. »Lass mich bitte an nichts denken.«
»Das ist einfach«, nuschle ich nah an seinen Lippen und überbrücke den letzten Abstand.
Hallo meine Lieben und einen wunderschönen 1. Advent wünsche ich euch ☺️🕯️
Wie in meinem letzten Kapitel versprochen habe ich heute ein Kapitel parat ☺️ wie fandet ihr es? Hier wird noch einmal Noahs Vergangenheit aus dem ersten Band aufgegriffen 😱🤭
Und Aiden ist so Feuer und Flamme für Connor 🫶🏼😍
Lasst wie immer eure Gedanken da 😊
Habt einen schönen verschneiten Sonntag ❄️☃️
Eure A❤️
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