06 | Connor

Ich spüre das dumpfe Pochen meines linken Fußes, als ich mich auf die Sportbank setze. Tief atme ich ein und aus, sehe dabei den anderen beim Training zu. Für mich ist es jetzt zu Ende, da ich mit meinem geprellten Fuß nicht übertreiben möchte. Zum Glück haben es die Jungs locker aufgenommen, als ich mit einem verschmitzten Lächeln auf den getapten Fuß gedeutet und etwas mit kleinem Unfall gemurmelt habe.

Es wird bestimmt noch zwei Wochen dauern, bis ich meinen Fuß ohne Probleme vollkommen belasten kann. Ich öffne die Schnürsenkel und ziehe anschließend vorsichtig den Schuh vom Fuß. Ohne die Enge des Schuhes lässt das Pochen ein wenig nach.

Im Hintergrund höre ich das Quietschen der Turnschuhe auf dem Linoleumboden, während ich mich rücklings auf die Sportbank lege und für einen kurzen Moment an die Decke der Sporthalle starre. Ich schließe seufzend die Augen, spüre, wie sich mein Puls langsam von der sportlichen Einheit beruhigt. Tut das gut. Ein leichtes Lächeln schleicht sich auf meinem Gesicht, während ich die letzten Tage Revue passieren lasse.

Kaum zu glauben, dass ich seit knapp zwei Wochen hier bin. Es fühlt sich immer noch alles so surreal an, dass ich, wenn ich morgens in meinem Schlafzimmer aufwache, zweimal überlegen muss, wo ich eigentlich bin.
Die Kurse sind bis jetzt entspannt und machen relativ Spaß, die anderen Leute am Campus versuchen genau wie ich die ersten Eindrücke zu verarbeiten und hoffen auf neue Freundschaften.

Und dann gibt es noch Aiden ... Mein Herz macht einen leichten Sprung, als meine Gedanken wie von selbst zu dem braunhaarigen Wuschelkopf mit den durchdringenden grünen Augen schwanken. Ich kann es immer noch nicht fassen, wie der Kerl es geschafft hat, mich in binnen eines Wimpernschlages in seinen Bann zu ziehen. Es war nicht geplant, und nach der Geschichte mit dem Erpressungsvideo, wollte ich sowieso keinen Typen mehr hinterher schmachten.

Tja ... und dann kam Aiden. Wie eine Bombe ist er in meine Welt eingeschlagen und hat Tausende Gefühle dagelassen, die ich zu diesem Zeitpunkt nicht alle richtig greifen kann. Er spukt in meinen Gedanken herum. Und das mehr denn je nach unserem Treffen.

Ich habe ihn von seinem Pharmakologie-Kurs abgeholt und wir haben uns die letzten warmen Sonnenstrahlen zugute gemacht und uns auf eine Bank auf dem Campus gesetzt. Wir haben nur über belanglose Themen geredet, nichts worüber man sich große Gedanken machen sollte.
Dennoch hat sich zwischen Aidens Augenbrauen immer eine Falte gebildet, so, als würde ihn etwas anderes beschäftigen.

Eigentlich wollte ich nachfragen, ob alles in Ordnung ist. Jedoch wollte ich mich auch nicht direkt aufdrängen. Eine verdammte Zwickmühle. Seitdem habe ich ihn nicht mehr gesehen, obwohl ich hier und da nach seinem Wuschelkopf Ausschau gehalten habe.

Innerlich verdrehe ich die Augen. Wenn Noah diese ganzen Gedanken hören würde, würde er mir bestimmt mit der flachen Hand einen Klaps auf den Hinterkopf geben und Idiot murmeln. Ich habe das Gefühl, dass Noah Aiden noch sehr skeptisch betrachtet, so als würde er ihm nicht richtig vertrauen.

Ein Schatten, der sich über mir ausbreitet, lässt mich in meinem Gedankenkarussell innehalten. Skeptisch öffne ich mein rechtes Auge einen kleinen Spalt breit und sehe wie sich Henry, einer der Zuspieler, schmunzelnd über mich lehnt.

»Sollten wir nicht so liegen, wie du es gerade tust?«, belustigt stemmt er die Hände in die Hüfte und kräuselt die Nase, als ein Schweißtropfen über seine Wange rollt.

»Ha. Ha«, gebe ich gespielt tonlos zurück und setze mich ächzend auf, während sich ein Grinsen auf meinen Lippen ausbreitet. Henry tut es mir gleich. Ich muss meinen Kopf in den Nacken legen, um ihm in die Augen schauen zu können. Er ist einer der größten in unserer Mannschaft und wenn ich mich nicht komplett täusche, würde ich ihn auf knapp zwei Meter schätzen.

Als ich Henry das erste Mal gesehen habe, habe ich sofort Respekt vor ihm gehabt. Er sieht aus wie ein Bodyguard, mit seinen breiten Schultern, seiner Größe und dem Buzz Cut. Doch als er mich im Team begrüßt hat, wurde mir klar, dass er ein großer, flauschiger Teddybär ist.

Er setzt sich neben mich auf die Bank und nimmt einen großen Schluck aus seiner Trinkflasche. Bestimmt geben wir ein ulkiges Bild ab. Der Riese und der Zwerg. Belustigt schnaufe ich, wofür ich einen fragenden Seitenblick von Henry zugeworfen bekomme. »Will ich deinen Gedanken wissen?«, fragt er schmunzelnd.

»Weiß nicht, hat etwas mit Fabelwesen zu tun«, gebe ich kryptisch zurück und ernte einen Lacher von ihm.

Abwehrend hebt er die Hände. »Passe.«

Mein Grinsen wird breiter und ich zucke bloß mit den Schultern. Bestimmt hat er schon des Öfteren gehört, wie groß er sei.

»Wir wollen später ins The Robin Hood. Hast du auch Lust? Wird bestimmt lustig.«

The Robin Hood? Noch nie gehört.

Henry scheint meine Gedanken zu lesen, denn er schiebt schnell hinterher, dass es eine Kneipe direkt am Campus sei. Dort wird für unter Achtzehnjährige Bier und Wein ausgeschenkt, während die über Achtzehnjährigen hochprozentigen Alkohol bestellen können.

»Hört sich gut an, aber ich bin mit paar Freunden verabredet«, gebe ich zerknirscht zurück.

»Bring sie doch mit. Je mehr, desto besser«, schlägt Henry vor und ich nicke. Der Plan hört sich gut an, ich muss nur Noah, Ava und Sophie davon überzeugen. Enthusiastisch stehe ich auf und grinse auf Henry hinab. »Das ist eine gute Idee. Drück die Daumen, dass der andere Haufen auch Lust hat. Wir sehen uns später.«

»Jo, bis dann.«

Ich nehme mir meinen linken Schuh, der noch immer ausgezogen vor der Sportbank steht, verabschiede mich von den anderen Leuten aus dem Team und humple Richtung Ausgang. Zum Glück ist der Weg von der Sporthalle direkt angrenzend zu meinem Gebäude und ich muss mich nicht zurück in den schwitzigen Sportschuh zwängen.

Trotzdem gebe ich bestimmt ein lustiges Bild ab, wie ich mit nur einem Schuh am Fuß durch die Gänge wandere, um in mein Zimmer zu gelangen. Dort angekommen angle ich mir meine Duschutensilien, begebe mich zu den Gemeinschaftsduschen und hoffe innerlich, dass ich die anderen nicht zu lange warten lasse. Leider bin ich nicht so schnell, wie ich mir erhofft habe.



*


»Dann hat er die Bücher wieder rausgenommen und nach dem Alphabet sortiert. Nach Alphabet!« Ich höre Sophies aufgebrachte Stimme, als ich den Sozialraum betrete. Meine Freunde haben es sich in der hinteren Ecke auf einer kleinen Sofalandschaft gemütlich gemacht.

»Wer hat was nach Alphabet sortiert?«, frage ich und kündige somit meine Ankunft an.

Stöhnend legt Sophie ihren Kopf in den Nacken, wobei Ava belustigt schnaubt und ihrer Freundin sanft den Oberschenkel tätschelt. »Ihr Arbeitskollege in der Bibliothek. Scheint wohl sehr genau zu sein«, gibt sie mir die Antwort und Sophie lacht leicht auf.

»Speziell trifft es wohl eher«, murrt sie leise, sodass ich sie fast nicht verstehe, und rutscht ein Stück zur Seite, damit ich mich setzen kann.

Noah wirft mir einen leidenden Blick zu. »Das geht schon seit knapp zwanzig Minuten so.«

»Ey! Er lässt mich wie der allerletzte Trottel aussehen. Ich darf mich darüber beschweren ... oder, Ava?«  Mit einem hoffnungsvollen Blick wendet sie sich zu ihrer Freundin. Ob Ava jetzt nur ihrer besten Freundin zu Liebe nickt oder wirklich hinter der Aussage steht, hinterfrage ich nicht.

Lächelnd lehne ich mich zurück. »Das hört sich an, als könnten wir eine gute Runde Spaß gebrauchen.«

Skeptisch hebt Noah eine Augenbraue. »Warum habe ich das Gefühl, dass du etwas vorhast?«

»Weil ich etwas vorhabe, Schnuckiputz«, gebe ich breit grinsend zurück und ernte von Noah einen lang gezogenen Seufzer. Ich erzähle meinen Freunden von der Kneipe The Robin Hood und dass uns Henry eingeladen hat. Natürlich ist Sophie sofort begeistert und auch Ava scheint von der Idee angetan zu sein. Nur Noah hat weiterhin den skeptischen Ausdruck auf seinem Gesicht.

Er war noch nie Fan davon, irgendwo feiern zu gehen und hat immer einen gemütlichen Abend vorgezogen, anstatt sich die Kante zu geben. Doch er hat gegen uns keine Chance und wenige Minuten später machen wir uns auf den Weg zur besagten Kneipe.

Ich vibriere innerlich vor Freude. Ein weiterer Abschnitt vom Leben auf einem Campus beginnt.





Endlich geht es weiter!😊 Und ich kann mit freude verkünden, dass jetzt jeden Sonntag ein neues Kapitel online kommen wird. Denn: Ich habe fleißig vorgeschrieben. 🤩🥳
Mich hatte die Schreiblaune richtig gemacht & ich hatte endlich die Zeit mich fast täglich an den Laptop zu setzen.
Was sagt ihr zum Kapitel? Ein kleines zwischendruch, aber hey, so ist der Unialltag auch. Da passiert nicht immer spannendes. 😇

Lasst wie immer eure Gedanken da. 🥰
Eure A. 😘

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