014
Namjoon wollte sich gerade loben, erfolgreich an seinem Vater vorbei aus dem Haus geschlichen zu sein, als zwei verschiedene Nachrichtentöne erklangen. Er fluchte leise. Zum Glück war er schon aus dem Haus, sonst hätte sein Vater ihn jetzt aufgehalten.
Erst als er um die nächste Ecke bog, zog er die Smartphones hervor. Auf jedem war jeweils eine Nachricht eingegangen.
„Wann kommst du endlich? >:(“
„Komm sofort her“
Er fluchte nochmal. Die erste Nachricht war von Jeongguk, mit seiner dämlichen Angewohnheit Smileys zu benutzen, wann immer er es für angebracht hielt. Sie waren schon vor fünf Minuten verabredet, um zusammen zur Party zu gehen. Jeongguk hatte seine bedenken, dass Namjoon reingelassen wurde, wegen seiner „dauerhaften Abneigung gegenüber jedem, der viel Geld hatte“. So drückte er es jedenfalls aus. Deswegen wollte er a) sichergehen, dass er reingelassen wird und b) ihn davon abhalten kehrt zu machen, sobald er das Anwesen von Jimin sah. Denn das könnte bei Namjoon durchaus einfach der Fall sein. Nun, dass Namjoon ihm jetzt absagen musste würde ihm sicher nicht gefallen. Er kannte seinen besten Freund gut genug und wusste, dass Jeongguk auch nicht einfach allein dort erscheinen wollte. Ein bisschen nagte das schlechte Gewissen an ihm, als er zurück schrieb, dass ihm was dazwischen gekommen ist und er später kommen würde, aber die zweite Nachricht war von Kang und Namjoon wollte jeglichem Ärger mit dem Boss aus dem Weg gehen, das war einfach zu anstrengend. Schon gestern war er immerhin nicht zufrieden mit ihm gewesen.
Um den Groll Kangs also nicht auf sich zu ziehen machte er sich noch während er die Nachricht an Jeongguk schrieb auf den Weg zum „Quartier“, so nannte Kang jedenfalls das Dach, auf dem sie sich regelmäßig trafen. Es gehörte zu einem alten Mehrfamilienhaus, das aber seit Jahren leer stand. Warum es noch nicht abgerissen wurde wusste niemand, aber keiner hinterfragte es. Es stand nicht gerade im Herzen von Seoul, wo alles fancy und reich aussah, eher in einem ziemlich heruntergekommen Viertel, etwas abseits. Menschen wie Seokjin würden sich dorthin niemals verlaufen.
Leider würde Namjoon länger als sonst für den Weg brauchen. Sein Arm bereitete ihm ziemlich Probleme. Gestern Abend hatte er die Wunde an seinem Arm nur notdürftig verbunden und nicht länger als eine Minute inspiziert, zu groß war die Angst seinen Vater zu wecken. Im Grunde war es nur eine zu groß geratene Schürfwunde, das würde schon wieder verheilen. Aber damit der Prozess auch schnell voran ging, musste Namjoon den Arm schonen. Der einzige Gedanke der ihn tröstete, war der Fakt, dass er so eh nicht die Kraft hatte, die er für sein Hobby brauchte.
Hoffentlich wollte Kang keine Exkursion starten. Er hatte kein Bock Kang zu erklären, dass er verletzt war. Mal abgesehen davon wusste er nicht, ob der da überhaupt Rücksicht drauf nehmen würde. Bis nächsten Donnerstag musste die Wunde einfach verheilt sein, spätestens dann konnte er sich nicht mehr drücken.
°.:★:.°
Als er auf dem Dach ankam, war er stärker außer Atem als gewöhnlich. Er hatte die vielen Treppen eindeutig unterschätzt, bis jetzt wusste er ja nicht mal wie viele es tatsächlich waren. Uff.
Auf dem Dach befanden sich nur Kang und (Namjoon runzelte die Stirn als er ihn erkannte) Taehyung. Und dazu auch noch ganz anders als er den jüngeren kannte. Immer wenn die beiden aufeinander geraten waren, trug Taehyung bequeme Sachen, die ihm teilweise auch viel zo groß waren. Er wirkte in dem Outfit komplett anders. Er sah aus wie ein total normaler Teenager, sodass Namjoon sich zum ersten mal fragte, wie Taehyungs Leben außerhalb von Cypher aussah.
Die beiden hatten wohl nicht bemerkt, wie er das Dach betrat. Kang schien wütend zu sein, denn seine Stimme war ziemlich laut. Neugierig wie er war, machte Namjoon sich nicht direkt bemerkbar, sondern versuchte so viel wie möglich zu verstehen.
,,Es hat oberste Priorität ihn als erstes zu finden! Wenn die ihn vor uns ausfindig machen können war alles für die Katz. Also versaut es nicht, davon hängt viel ab"
Taehyung nickt nur, antwortete aber nichts. Auch Kang sagte nichts mehr, was ziemlich bedauerlich war, denn Namjoon hätte gerne mehr mitbekommen. Wen wollte Kang finden?
Weil er darauf keine Antwort bekommen würde, egal wie lange er grübelte, machte er jetzt auf sich aufmerksam. Fast augenblicklich sahen die beiden anderen zu ihm.
„Das hat ziemlich lang gedauert“, war Kangs Begrüßung. Die bissige Antwort darauf und seinen Stolz gleich mit dazu schluckte Namjoon einfach runter.
„Kommt nicht wieder vor“, sagte er stattdessen.
„Das nächste Mal machst du dir vielleicht nicht so viele Gedanken über dein Outfit“, grinste Kang und begutachtete seine Aufmachung.
Tatsächlich hatte Namjoon sich ein bisschen mehr Mühe als sonst gegeben, immerhin wollte er vor den ganzen rich kids nicht wie ein Gammler aussehen. So vermutete Kang hoffentlich keine Verletzung, als Grund seines Zuspätkommens.
„Hast du denn heute Abend schon was vor?“, fragte Kang und nickte in seine Richtung, womit er wohl sein Aussehen meinte.
„Jetzt wohl nicht mehr“. Eigentlich wollte Namjoon es nicht laut aussprechen, aber er konnte sich dann doch nicht davon abhalten. Dumm gelaufen, aber Kang schien diese Frechheit wohl durchgehen zu lassen, denn er lachte.
„Superhirn. Vielleicht solltest du deine Zunge nicht zu sehr lockern“ (dahinter steckte doch eindeutig eine Drohung) „Aber du hast Recht. Du wirst heute mit Taehyung zusammen arbeiten. Vielleicht ist es doch Glück, dass du dich so rausgeputzt hast, so fällst du weniger auf. Taehyung erklärt dir alles was du wissen musst. Versaut es nicht.“
Das war leider alles an Informationen, die Namjoon von Kang bekam, weswegen es ihn ärgerte, dass er extra dafür zum Quartier beordert wurde. Als er fünf Minuten später mit Taehyung wieder auf der Straße stand, trat er erstmal wütend, aber nicht wirklich stark gegen die Hauswand. Er holte schon sein Handy hervor um Jeongguk komplett abzusagen, als Taehyung ihn rief.
„Komm jetzt, Idiot, wir haben nicht die ganze Nacht Zeit“, rief er und sah über seine Schulter zu Namjoon. „Wohin gehen wir eigentlich? Und was sollen wir tun? MACH DOCH MAL DEN MUND AUF!“
Taehyung blieb stehen. Namjoon vermutete erst, er wolle ihn jetzt auch anschreien, aber er wurde überrascht. Taehyung nahm den Helm von dem Motorrad, welches neben ihm am Straßenrand parkte. Einen weiteren Helm warf er Namjoon (ein bisschen zu stark) entgegen. Er konnte den Helm zum Glück fangen, bevor er seinen Kopf erreichte.
„Ist das deines?“
„Man du nervst. Wessens denn sonst?“ Er lehnte sich leicht gegen das Fahrzeug und verschränkte die Arme. Namjoon näherte sich vorsichtig.
„Wir gehen jetzt auf eine Highschool Party. Kang will dass wir Fotos machen, so viele wie möglich.“
„Aber warum?“, fragte Namjoon. Taehyung warf ihm nur einen bösen Blick zu, grinste aber. „War ja klar, dass du von nichts ne Ahnung hast. Ich glaube nicht, dass Kang dir wirklich viel anvertraut, du bist eben der Neue, stimmt's?“
Er setzte den Helm auf und setzte sich diesmal komplett hinters Lenkrad. Namjoon verdrehte die Augen. Das Gefühl wie ein Depp dazustehen wurde leider immer größer. Er konnte dem ganzen leider auch nichts entgegen bringen, immerhin war er tatsächlich der Neue. Er fragte sich, wie viel Taehyung wohl von all dem wusste. Ob er wusste, wen Kang suchte und warum. Langsam kam sich Namjoon ziemlich dämlich dabei vor, die Drecksarbeit für Kang zu übernehmen, ohne zu wissen wofür er das tat. Er kam sich vor wie eine Marionette und das war kein schönes Gefühl. Er hatte gerne die Kontrolle über alles was er tat.
„Jetzt komm“, meckerte Taehyung weiter. „Wir kommen eh schon viel zu spät, steig auf“
Das war ebenfalls ziemlich peinlich, hinter Taehyung zu steigen und sich auch noch an ihm festzuhalten, sobald er losfuhr. Der kalte Abendwind der ihm entgegen kam half ihm nur bedingt ein bisschen runterzukommen. Jetzt hatte er auch noch vergessen Jeongguk abzusagen, dieser fragte sich bestimmt schon wo er blieb, immerhin hatte er dem Jüngeren zuletzt vor über einer Stunde geschrieben.
Je länger er mit Taehyung durch Seoul fuhr, desto stärker war die Neugier, was für eine Party das war, denn sie befanden sich in einem ziemlich reichen Viertel, was Namjoon an den großen Häusern ausmachte, eines luxuriöser als das andere. Und als sie dann irgendwann stehen blieben und Namjoon das Anwesen vor sich sah, da bemerkte er, dass er Jeongguk nun doch nicht mehr absagen musste.
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top