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Es war laut, zu voll und alle Personen in seinem Umkreis viel zu aufdringlich. Namjoon wäre am liebsten niemals in diesen Club gegangen, aber Anweisungen konnte und sollte er besser nicht einfach ignorieren. Kang hatte ihm zwar mehr als einmal erklärt, dass sie nur ihn schicken konnten und es ergab auch Sinn, aber er hatte darauf eigentlich echt keine Lust. Viel lieber hätte er sein Bild fertig gestellt. Zählte es denn eigentlich, wenn es nicht komplett war? Ihn jedenfalls störte es, selbst, wenn es auch unvollständig seinen Zweck erfüllte.

„Hast du etwa schon vor zu gehen?"

Nein, leider nicht, dachte Namjoon genervt und sah gelangweilt die Frau vor sich an. Sie war ziemlich klein und ihre langen blonden Haare hatte sie zu zwei Zöpfen gebunden. Sie sah ein bisschen so aus, wie Harley Quinn. In ihrem Gesicht befand sich unglaublich viel Make-up und Namjoon würde sie am liebsten einfach ignorieren.

Stattdessen setzte er sein bestes Fake-Lächeln auf.

„Ich suche nur die Toiletten", log er. Er strich ihr die Haare von der Schulter, berührte dabei gewollt zufällig die nackte Haut ihrer Schulter und beugte sich dann zu ihr herunter. „Magst du mir den Weg zeigen?", raunte er ihr ins Ohr. Sie seigte sofort Reaktion und griff nach seinem Oberarm. Er hätte nie gedacht, dass Hoseoks Tipps ihm wirklich mal helfen würden, aber wie die Frau auf seine Berührungen und Nähe reagierte, zeigte ihm, dass der ältere deutlich mehr Ahnung hatte als er selbst.

„Dir würde ich auch noch viel mehr zeigen". Sie sah ihm direkt in die Augen und drehte sich um bevor sie ihn hinter sich her zog. Sobald sie ihm den Rücken zugewandt hatte, um vorauszulaufen, ließ Namjoon das Lächeln fallen. Würg.

Er wusste längst, wo die Toiletten sind. Um seinen Auftrag zu erfüllen, hatte er den Club schon genauestens inspiziert und analysiert. Jedenfalls die Teile, die er betreten durfte.
„Es ist gut, wenn du dafür sorgst, dass sie dich mögen", erinnerte er sich an Kangs Worte. Er wiederholte es immer wieder in seinem Kopf, sodass es sein eigenes Mantra wurde. Irgendwie musste er sich im Gedächtnis halten, warum er das alles tat, sonst würde er einfach aus dem Club spazieren und über ein paar Dächer springen. Seouls Skyline war etwas, das er sich ewig und immer wieder ansehen konnte, bei Tag und bei Nacht. „Wer weiß, was uns das in Zukunft bringen wird."

Einen Scheiß!, dachte Namjoon. Es würde nicht mehr lange dauern, dann würden sie auch sein Gesicht kennen, da war er sich sicher. Diese ganze Aktion hatte keinen Sinn, wenn man es langfristig überdachte.
Anstatt sich über all das aufzuregen, besah Namjoon die Menschen um sich herum. Tatsächlich wirkte es wie ein normaler Club, er fühlte sich fast schon wie bei der Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Nur dass er die Nadel, in Form einer großen schwarzen Tür schon lange gefunden hatte. Die Blätter um sie herum, also die Türsteher, machten es nur schwer, daran heranzukommen.

„Warte kurz", sagte Namjoon nach einem kurzem Blick zur Bar und blieb stehen. Da er viel stärker war, blieb auch die Blondine gezwungenermaßen stehen und schien neugierig seinem Blick zu folgen.

„Kennst du den?", fragte sie daraufhin, dabei war ihre Frage ziemlich ungenau, denn in seinem Blickfeld waren zwei Männer, von denen er nur einen kannte. Dort an der Bar stand Seokjin, ihm gegenüber ein größerer Mann, der ihn am Kinn festhielt und das nicht gerade zärtlich. In was ritt Seokjin sich eigentlich alles rein?

Das Blondchen neben Namjoon öffnete den Mund, ohne auf Namjoons Antwort zu warten. „Der hat hier schon ein paar Mal Ärger gemacht. Er sieht ziemlich brutal aus, findest du nicht? Wie er den Jungen festhält... Er kommt immer mit ein paar anderen, sie trinken was oder reden mit dem Chef persönlich. Eigentlich sind alle von ihnen nett, aber den mag ich nicht."

Ah ja, so konnte man auch einiges herausfinden. Tatsächlich hörte Namjoon aufmerksam zu. Das war praktisch Gold, was die Kleine erzählte und wieder mal war er froh, dass er sich das alles problemlos würde merken können. Der Kerl, der Seokjin der Mangel hatte, kam also öfter her, wenn sie sich also kannten, könnte dassselbe auch für Seokjin gelten. Das wären nicht nur gute Informationen für Kang, sondern auch für ihn selbst und seinen Hass gegenüber dem älteren. Trotzdem reichte das allein nicht.

„Ich glaube ich finde die Toiletten ab hier selbst", wandte er sich schnell von ihr ab und ging ein paar Schritte weiter, aber als er sich sicher war, dass sie beleidigt abgehauen war, ging er wieder zurück und holte sein Handy hervor. Zwar hielt der komische Kerl Seokjin nicht mehr fest, aber er stand noch immer an Ort und Stelle, weswegen er sich schnell nochmal vorsichtig umsah und dann ein paar Fotos schoss. Vielleicht war das etwas, was Kang haben wollte.

Er hatte gerade mal ein paar Bilder gemacht, da entfernte sich der Kerl von Seokjin und ließ diesen allein an der Bar stehen. Der schien sich sofort zu entspannen, Namjoon konnte sogar aus der Entfernung erkennen, wie seine Schultern nach unten sanken. Was machte er eigentlich hier? Und was hatte er mit diesem Typ zu tun? Als er sah, wie Seokjin sich an die Bar setzte und bereits kurz darauf ein Getränk bekam, kam Namjoon ein Einfall, der ihm fast schon eine gewisse Vorfreude auf Park Jimins Party bereitete. Vielleicht wäre es doch nicht so verkehrt, Jeongguk dorthin zu begleiten.

Mit gekräuselten Lippen wandte er sich schließlich von der Bar ab.
Die vielen Fotos auf seinem Handy verrieten eigentlich, dass er genug nachgeforscht hatte. Nicht wenige Leute hatte er heute Abend erwischt, wie sie nicht ganz legale Geschäfte führten und dann noch die Story von diesem Kerl, der mit dem Chef von dem Schuppen persönlich zu tun hatte. Kang würde es nicht interessieren, was Seokjin zu erzählen hatte, aber ihn selbst umso mehr. Wenn es funktionierte, wie er es sich vorstellte, konnte er dann vielleicht endlich allen klar machen, wer Seokjin in Wirklichkeit war.

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