006
Namjoon würde niemals auf diese Party gehen. Das konnte Jeongguk sowas von vergessen, das tat er sich im Leben nicht an. Der Andere hatte ihn noch mehrmals gefragt und fast schon gebettelt, aber Namjoon blieb stur und das schien er auch langsam zu verstehen, denn er hörte auf wie ein Klammeraffe an ihm zu hängen und ihn von den Vorteilen dieser Party zu erzählen.
Und seine Überzeugungsarbeit lief grottenschlecht.
Warum sollte Namjoon sich auf dieser Party besaufen? Alkohol hatte lange schon seinen Reiz verloren, immerhin konnte Namjoon jetzt viel leichter daran kommen. Er war noch lange nicht 21, aber Cypher öffnete ihm da viele Türen.
Warum sollte er sich auf dieser Party ein Mädchen krallen? Von diesen reichen Gören wollte er bestimmt nichts und diese erst recht nicht von ihm. Er konnte ihnen ja nichts bieten. Die waren nur auf Kerle wie Seokjin aus, der gut aussah und verdammt viel Geld in der Tasche hatte. Es war sowieso ein Wunder, warum nicht ewig lange Gerüchte seiner Bettgeschichten im Umlauf waren, aber wahrscheinlich gab er einfach extrem viel Geld aus, um die unter den Tisch zu kehren.
„Willst du mich jetzt etwa schon wieder fragen?", genervt sah er Jeongguk an. Gerade erst hatte die Klingel die letzte Stunde des Tages beendet, Namjoon hatte keine Lust sich jetzt noch mit seinem Freund über eine dämliche Party zu streiten. Er war gerade dabei die Bälle, die sie im Sportunterricht genutzt hatten zurück in die Garage zu stellen und wollte eigentlich so schnell es geht duschen gehen.
Egal wie fit er war, Sportunterricht brachte ihn zum Schwitzen und es fühlte sich eklig an. Er schob den Wagen mit den Bällen in eine Ecke und sah seinen besten Freund an.
Jeongguk seufzte. „Nein, denke ich geb auf."
Er sah tatsächlich niedergeschlagen aus, aber das würde Namjoon auch nicht dazu bringen seine Meinung zu ändern.
„Besser so"
„Aber auch nur für dich"
„Nein, auch für dich. Du hast an mir geklebt wie 'ne Klette, bist nie von meiner Seite gewichen. Sogar als wir sprinten mussten."
„Du hast mich ja abgehängt, also mecker nicht", Jeongguk wandte sich grummelnd ab. Namjoon grinste nur und trat auch aus der Garage, um sie schließen zu können, als er plötzlich ein lautes Poltern hörte und sich alarmiert umdrehte. Hoseoks Worte „Aufpassen!" wiederholten sich in seinem Kopf und er scannte die Halle ab, auf der Suche nach der Geräuschquelle.
Sein Blick huschte zuerst zu den Geräten, die die Parallelklasse genutzt hatte und gerade abgebaut wurden, aber da war niemand mehr.
„Prügeln die sich?", fragte Jeongguk auf einmal und Namjoon folgte sofort seinem Blick.
Ein wenig abseits der Geräte waren mehrere Schüler, die sich um etwas gedrängt hatten. Sie schienen jemanden anzufeuern und das bestätigte Jeongguks Vermutung.
Die meisten Jungs die dort standen waren aus der Parallelklasse, aber auch einige aus Namjoons und Jeongguks Klasse waren dort und stellten sich teilweise auf die Zehenspitzen um alles sehen zu können, andere verschaften sich einfach Platz indem sie andere aus dem Weg schubsten. Nicht wenige hatten ihre Handys gezückt.
„Wo sind die Lehrer?", fragte Namjoon und sah sich in der Halle um, aber die waren sich wahrscheinlich schon umziehen gegangen.
„Namjoon schau, da ist Jimin"
Was als nächstes geschah erstaunte ihn echt. Es war tatsächlich so, dass Park Jimin sich der Gruppe näherte, im Nu in der Menge verschwand und nach ein paar lauten Rufen (einige ziemlich euphorisch, danach ziemlich genervt) fingen die Schüler an sich zu entfernen.
Und Namjoon wusste nicht was er davon halten sollte, als er Kim Seokjin dort im Griff von Jimin sah, mit zerzausten Haaren, aufgeplatzter Lippe und klaffender Wunde über dem Auge. Er konnte aus der Entfernung heraus sehen, wie hektisch er atmete und wie wütend er Jimin anmozte. Jimin zog ihn aber einfach mit zu den Umkleiden. Erst als die beiden verschwunden waren, sah er den anderen Jungen, der von ein paar anderen gestützt wurde. Er schien genauso mitgenommen wie Seokjin und genau so wütend. Seine Nase hörte nicht auf zu bluten.
Seine Freunde brachten ihn zum Ausgang der Halle und als sie an Namjoon vorbei kamen, hörte er ihre Unterhaltung.
„Ich mach den Pisser fertig! Wenn mein Vater davon erfährt, dann-"
„Halt's Maul Junge, du bist selber Schuld. Schieb nicht so Stress, du wirst vielleicht körperlich gegen ihn gewinnen aber seine Eltern stecken deinen Vater in die Tasche, denk doch mal nach."
„Nur weil er die Wahrheit nicht verträgt, dass -..."
Den Rest bekam er nicht mehr mit. Jeongguk wohl auch nicht, denn er sah ihn mit hochgezogener Augenbraue an.
Namjoon zuckte nur mit den Schultern.
°.:★:.°
„Alsoo, du bist dir jetzt zu hundert Prozent sicher, dass du nicht mit auf die Party kommen wirst?"
Namjoon zog es vor, darauf nicht zu antworten. Er zog sich gerade seine Schuhe an, er und Jeongguk waren die beiden Letzten in der Umkleide. Das Einzige Thema der anderen Jungs war die Schlägerei von Seokjin und dem anderen Jungen gewesen und Namjoon hatte jetzt schon ein paar mehr Infos, die aber alle nicht wirklich glaubhaft klangen. Warum ging ihm das eigentlich durch den Kopf?
Ein bisschen zu kräftig stemmte er sich auf und geriet kurz ins Wanken, fing sich aber schnell wieder und zog sich den Rucksack über die Schulter.
„Lass uns verschwinden", sagte er zu Jeongguk, der bereits an der Tür auf ihn gewartet hatte, aber der war auf etwas ganz anderes fokussiert. Als Namjoon an ihm vorbei gehen wollte, hielt er den Arm vor ihn, damit er nicht durchgehen konnte. Namjoon sah ihn fragend an, hörte dann aber die Stimmen, die nicht weit entfernt waren. Er blieb sofort still und lauschte.
„... bringt dir das alles? Warum kannst du nicht nachdenken?", das war eindeutig die Stimme von Park Jimin. Warum sonst sollte Jeongguk an diesem Gespräch interessiert sein?
„Lass mich, verdammt!", Namjoon unterdrückte den Drang irgendeinem genervten Ton von sich zu geben. Kim Seokjin trat viel zu oft in sein Leben.
„Wie oft soll ich dir noch sagen, dass er angefangen hat."
Plötzlich ertönte ein Poltern, gefolgt von einem schmerzhaften aufzischen. Namjoon war sich sicher, dass Jimin Seokjin an die Wand geschubst hatte.
„Was soll der Scheiß-"
„Was das soll? Frag dich mal selbst, du rastest aus, wegen einem kleinen Pisser der große Töne spuckt, warum lässt du dich von ihm provozieren, bist du bescheuert?!"
Noch nie hatte Namjoon Park Jimin so wütend erlebt. Er konnte ihn nur hören und allein das klang schon richtig mies. Er wollte sich nicht vorstellen, wie wütend und niedermachend er Seokjin gerade ansah.
Der schien aber nicht beeindruckt von seinem wütenden besten Freund.
„Er hat meine Familie durch den Dreck gezogen! Was erlaubt der sich, er ist noch viel zu gut weggekommen, beim nächsten Mal-"
„Merkst du eigentlich noch was? Wenn du ihn ernsthaft verletzt wird das Folgen haben! Nicht nur für dich, sondern für deine Familie. Sein Vater ist Redakteur, denk doch mal nach, das ist gefundenes Fressen für ihn wenn sein Sohn von Kim Seokjin verprügelt wird. Versuch nicht alles mit deinen Anwälten lösen zu wollen, pass einfach einmal in deinem Leben auf, dass du unauffällig bleibst. Seokhyun lenkt doch schon genug Aufmerksamkeit auf euch."
Danach war es erstmal still. Namjoon sah Jeongguk an, der genauso verwirrt aussah. Kim Seokhyun war der älteste Sohn der Kim-Familie, aber was für eine Art von Aufmerksamkeit meinte Jimin?
„Es dreht sich nicht alles um dich, Jin. Komm mal klar, du regst mich auf."
Wow, das klang ja richtig nett. Namjoon fand es echt richtig gut, dass Seokjins bester Freund ihm vor Augen hielt, wie ekelhaft er sich verhielt. Das verschaffte ihm ein Gefühl der Genugtuung und er fing an triumphierend zu grinsen. Plötzlich packte Jeongguk ihn am Kragen und riss ihn zurück, weswegen er fast auf den Boden fiel, aber er hielt sich an der Garderobe noch fest. Einen Augenblick später lief Jeongguks Crush auf dem Gang entlang und hätte Jeongguk ihn nicht von der Tür gezerrt, hätte er sie entdeckt.
Sie warteten eine Weile, bis Seokjin auch verschwand, aber der hatte anscheinend noch keine Lust zu gehen. Sie standen fast noch zehn Minuten in der Umkleide und wagten es nicht mal zu reden, bis sie erneut ein Poltern hörten. Hatte Seokjin gegen die Wand getreten? Kurz darauf ging auch er den Gang entlang zum Ausgang, eindeutig schneller als Jimin vorher, er stürmte fast schon hinaus.
„Das war wirklich... interessant", sagte Jeongguk nach einer Weile. Sie beide mussten erstmal verarbeiten, was sie da mit angehört hatten. Sowas passierte nicht alle Tage. Namjoon stand auf, denn langsam sollte er wirklich mal gehen. Er konnte nicht verhindern wirklich froh darüber zu sein, das Seokjin endlich in seine Schranken gewiesen wurde, denn er führte sich immer auf, als wäre er etwas besseres. Schon allein wie er seine Mitschüler behandelte, oder wie arrogant er wirkte, in wirklich allem. Wie er durch die Gänge stolzierte, wie er redete, wie er seine teuersten Markenklamotten präsentierte, sowohl in der Schule als auch auf seinen social Media. Sogar wie er atmete wirkte arrogant und in allem was er tat war er überzeugt von sich selbst.
Namjoon konnte nicht mal sagen, dass es affektiert wirkte. Seokjin setzte keine Maske auf, um sein wahres Ich zu verstecken und zu den anderen zu passen.
Das war Seokjin.
Und Namjoon hasste ihn.
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