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Mit einem letzten Schritt erreichte ich das oberste Stockwerk und setzte meinen Koffer auf dem hellen Holzboden ab. Mit einer etwas ungeschickten Bewegung zog ich den Griff aus seiner Halterung und schob mein Gepäck in das Schlafzimmer. Glücklicherweise war das gesamte Haus bereits komplett eingerichtet und wie ich zugeben musste, was es wirklich schön. Es waren schlichte Möbel, die man durchaus auch in einer Studentenwohnung finden konnte, allerdings befanden sich dazwischen teure Skulpturen und wunderschöne Gemälde, wodurch mein Domizil seinen eigenen Charme bekam. Im Schlafzimmer befand sich ein riesiges Doppelbett mit einer geblümten Tagesdecke, sowie zwei Nachttische auf beiden Seiten. An der Seite stand eine Kommode auf denen ein paar standardisierte Bilderrahmen standen, auf denen verschiedene Landschaften zusehen war. Zu meiner Rechten, gleich neben der Tür befand sich der noch leere Kleiderschrank, der mehr als genügen Platz für meine ganzen Klamotten bot. Jedoch musste ich feststellen, dass sich bereits ein paar Alltagsklamotten, sowie mehrere Abendkleider in meinem Schrank befand, weswegen ich beschloss meine mitgebrachten Sachen einfach daneben zu platzieren.
Vermutlich hat Selene gedacht, dass ich wieder einmal zu wenig Anziehsachen für eine solche Unternehmung habe und da sie meine Kleider- und Schuhgröße kennt, dachte sie bestimmt, dass ein wenig zusätzliches Zeug nicht schaden kann. Selene ist meine Expertin für Waffen und sonstige Kampfutensilien. Sie kümmert sich also um meine Monturen, entwickelt neue Pistolen und Messer für Einsätze oder macht ein schönes Ballkleid kugelsicher. Meiner Meinung nach war sie eine der besten auf ihrem Gebiet, denn ihre Ideen schienen gar kein Ende zu nehmen und zudem erfüllte sie ihre Arbeit immer sehr gewissenhaft und mit großer Leidenschaft. Deswegen wollte ich sie auch unbedingt bei dieser Mission hier in New York dabei haben, denn ich wusste nicht genau, was mich in dieser Stadt erwarten würde. Schließlich rankten sich unzählig viele Geschichten und Mythen um Red Stormi und keiner wusste was stimmte und was nicht.
Nachdem ich endlich alle Klamotten eingeräumt hatte, verstaute ich meinen Koffer in einem Winkel und machte mich auf den Weg ins Badezimmer, in das ich frische Anziehsachen genommen hatte. Schließlich sollte ich zuerst aus den gemütlichen Sachen, die ich während des Fluges anhatte, bevor ich mich zur Universität begab. Auch dieser Raum war wirklich sehr großzügig, ein hohes Fenster eröffnete, den Blick meinen Garten und denen meiner Nachbarn, wobei ich hoffte, dass das Glas entweder blickdicht war oder es wenigstens einen guten Vorhang gab. Denn die offene Badewanne stand direkt vor dem Fenster, damit man die Aussicht auch während dem Baden genießen konnte. Ein wenig abseits, in einer Ecke, befand sich sie die Dusche und neben mir befanden sich zwei Waschbecken, zusammen mit einem tollen Spiegel, an dem man sich perfekt zurecht machen konnte.
Zu allererst zog ich die schwarze Perücke von meinem Kopf und platzierte sie auf einem Schrank im Badezimmer, auf dem eine Halterung für mein Haarteil stand. Bevor ich allerdings weitermachte, zog ich sicherheitshalber doch den Vorhang am Fenster zu, sicher war sicher. Danach entfernte ich das Haarnetz und meine platinblond gefärbten Haare kamen zum Vorschein, sie waren so etwas wie mein Markenzeichen und da ich sowieso eine falsche Identität brauchte, konnte ich meiner Rolle als Agent ruhig etwas Pepp verleihen. Ich spritze mir ein wenige kaltes Wasser ins Gesicht, bevor ich leichtes Make-Up auftrug und meine Jeans und den Pullover gegen eine schwarze Hose und ein ebenfalls schwarzes Sweatshirt eintauschte, dazu zog ich meine schwarzen Stiefelten an, ehe ich meine kinnlangen Haare noch einmal durchkämmte, bevor es los ging.
In meiner Tasche befand sich noch immer mein Smartphone, natürlich war dieses extra von Thomas abgesichert worden, denn es wäre etwas Ironie des Schicksals gewesen, wenn der britische Geheimdienst von den Amerikanern ausspioniert werden würde. Doch neben meinem Handy und ein paar Dingen, die eine Frau eben benötigte, befand sich auch eine kleine Pistole darin, die ich zuvor aus meinem Waffenschrank geholt hatte, denn nun hatte mein Einsatz begonnen und Regel Nummer eins war; Gehe niemals unbewaffnet auf Missionen.
Dazu zählen auch Besuche bei örtlichen Universitäten. Bevor ich wieder über die Tiefgarage das Haus verließ, legte ich noch einen schwarzen Mantel an und zog meine Sonnenbrille auf. Bereits gestern Abend hatte ich eine Nachricht von Selene erhalten, dass ich auch die Universität nur über die Tiefgarage betreten sollte, da sie mich dort abholen würde und mich gleich zu unserem Quartier bringt, obwohl ich nicht ganz verstand, wieso wir uns in einer Universität niedergelassen hatten, hatte ich dennoch zugestimmt. Deshalb schrieb ich meiner Kollegin eine schnelle Nachricht, dass ich mich nun auf den Weg machte, ehe ich mich erneut in meinen BMW i8 setzte.
Benötigen Sie den Fahrassistent?
Schon wieder ertönte Avas Stimme, weswegen ich mit einem letzten Blick auf mein Smartphone meinte: „Nein, aber du könntest mir den Weg zu dieser Universität berechnen", und nur wenige Augenblicke später aktivierte sich das Navigationssystem, das mir anzeigte welche Straßen ich nehmen musste. „Ganz schön praktisch diese Sprachsteuerung", dachte ich, während ich meinen Wagen ins Freie fuhr. Langsam hatte ich das Gefühl, dass ich meine private Garage besaß, denn alle Nachbarn von mir nutzen entweder die Straße zum Parken oder nahmen einen anderen Eingang in den Untergrund, der definitiv nicht zu meiner Tiefgarage führte.
Der Verkehr war noch immer eine Katastrophe, weswegen ich deutlich später als geplant in die Straße der Universität einbog. Allerdings staunte ich nicht schlecht, als ich den modernen Glaskomplex sah, der mit einem älteren Gebäude verbunden war. Trotz des grauenhaften Wetters rannten einige Studenten über den offenen Platz des Campus und hielten sie dabei Mäntel und Bücher über den Kopf, damit sie nicht nass wurden. Ich hingegen war sehr erleichtert in meinem trockenen Wagen zu sitzen und noch glücklicher war ich, als ich endlich den Eingang zum Parkhaus entdeckt hatte, in dem bereits Selene mit verschränkten Armen auf mich wartete.
Sie war eine zierliche Frau, mit einem Nasenpiercing und kurzen Haaren, die momentan grau gefärbt waren. Zudem zierten einige Tätowierungen ihre Unterarme, die man nun wegen ihres T-Shirts deutlich erkennen konnte, aber dennoch wusste ich, dass man sich von ihrem punkigen Äußeren nicht ablenken lassen durfte. Sie besaß mehrere Doktortitel, darunter welche in Astrophysik, Nautik und Sprachwissenschaften, wodurch das breite Spektrum ihres Wissens verdeutlicht wurde. Außerdem besaß sie genauso wie Thomas ein Fotographisches Gedächtnis, jedoch brach zwischen den beiden immer ein bitterer Kampf aus, welcher der schlauere von den beiden war, obwohl man das unmöglich sagen konnte, denn dafür waren sie viel zu unterschiedlich.
Thomas war immer mehr der Einzelgänger gewesen, etwas nerdy, aber dennoch liebenswert und seine Fähigkeiten am Computer waren wirklich unglaublich. Selene hingegen war eine aufgeweckte und manchmal etwas vorlaute Frau, sie wusste genau wie sie ihren Standpunkt klar mache konnte, weshalb sie auch so unglaublich perfekt zu ihren Waffen passt. Und dennoch ist sie mir trotz ihrer manchmal etwas energischen Art in den letzten Jahren unglaublich ans Herz gewachsen, vor allem da wir schon viele gemeinsame Missionen zusammen erlebt hatten und auch das ein oder andere Mal dem Tod gegenüber gestanden hatten.
„Was hat das denn so lange gedauert?", begrüßte sie mich vorwurfsvoll, nachdem ich den Wagen abgesperrt hatte. „Tut mir leid, aber der Verkehr ist echt schrecklich", entschuldigte ich mich bei ihr und folgte ihr durch eine Glastür in das Hauptgebäude, wo uns gleich ein paar Studenten begegneten, die uns aber keine Beachtung schenkten. „Wo hast du überhaupt deine Perücke gelassen? Charlize, du bist für diese Leute hier Aileen", zischte Selene, als wir in einen Seitengang einbogen, der nicht sonderlich belebt wirkte, bevor wir hinter einer Tür verschwanden, die anscheinend Mal zu einer Bibliothek geführt hatte. Inzwischen waren aber die meisten Regale halbleer und verstaubt und auch von Tischen und Stühlen fehlte jede Spur, weswegen bestimmt kaum jemanden hier her kam. „Ich dachte wir würden die Mission besprechen", verteidigte ich mich, immerhin hatte Selene mit keinem Wort erwähnt, dass ich meine Rolle als Aileen beibehalten sollte, da wir Mission immer an geheimen Orten besprachen.
„Hier ist es anders, denn wie du siehst befinden wir uns direkt auf dem Campus, was bedeutet, dass dich hier jeder Zeit jemand sehen kann. Außerdem bist du für die Öffentlichkeit nur hier, weil Aileen Roux einen Vortrag über die Architektur des zwanzigsten Jahrhunderts halten soll", erläutertete mir Selene, die vor eines der alten Regale getreten war und ein Buch herauszog. „Anna Karenina?", fragte ich mit hochgezogenen Augenbrauen, nachdem meine Begleiterin das Buch genommen hatte und das Regal einen seltsamen Ton von sich gegeben hatte. Ich kannte mittlerweile die unterschiedlichsten Geheimräume, weswegen es mich nicht sonderlich verwunderte, dass sich auch in diesen alten Gemäuern einer befand, jedoch fand ich den Trick mit dem Buch ganz interessant.
„Merk dir einfach den Titel und jetzt komm", meinte sie ein wenig genervt zu mir und ich folgte ihr in den Raum, der sich soeben geöffnet hatte. Hinter dem Bücherregal befand sich unsere typische Schaltzentrale, mehrere Monitore, auf denen man die wichtigsten Geschehnisse verfolgen konnte. Ein paar Stellwände auf denen die aktuellen Zeitungsartikel, für unseren Fall, zu finden waren und natürlich das heillose Chaos von Joe, das er mit seiner übermäßigen Nahrungsaufnahme verursachte. Jedoch wirkte dieser Raum nicht so hochmodern, wie diejenigen, in denen wir sonst unsere Basis hatten. Stattdessen hatten diese Räumlichkeiten ein bisschen was mit einem Herrenzimmer gemeinsam, in dem man genüsslich eine Zigarre rauchte, was vermutlich an den altmodischen Wänden und dem Kamin lag.
„Es war mal ein Geheimraum für die Lords dieses Anwesens", erklärte mir eine rothaarige Frau, die aufgesprungen war, als wir den Raum betreten hatten und vermutlich meinen verwirrten Ausdruck richtig gedeutet hatte. „Ich bin übrigens Liv Johnson", stellte sie sich bei mir vor, weswegen ich schwach lächelnd ihre Hand entgegen nahm. „Charlize de Ley, auf gute Zusammenarbeit", erwiderte ich ihr und ließ daraufhin ihre Hand los, um Joe kurz zuzuwinken, der ganz vertieft in seinen Computer war. Irgendwie gefiel es mir in dem Raum, denn ich war schon immer ein Freund von solch heimeligen Orten gewesen und auch wenn unsere hochmodernen Geräte und die auf Hochglanz polierten schwarzen Möbel das Ambiente etwas zerstörten, so fühlte ich mich dennoch wohl in diesem alten Gemäuer.
Andächtig ließ ich meinen Blick über die alte Tapete schweifen, die ein paar goldene Verzierungen besaß, ehe ich mir nacheinander die Landschaftsmalereien ansah, die verschiedene Motive zeigten, wie beispielsweise ein wildes Meer oder eine ruhig daliegende Wiesenlandschaft. Am meisten war ich aber beeindruckt von einem Portrait einer Frau, die ein schneeweißes Reifenkleid trug und in ihren grazilen Händen einen goldener Fächer hielt. Ihre dunkelbraunen Haare waren zu einer edlen Haarfrisur nach oben gesteckt und im ersten Moment sah sie aus, wie eine dieser reichen Damen, die am Hof von Königen ein und aus gingen. Jedoch hatte diese etwas Hinterlistiges und dennoch weises in ihrem undurchdringbarem Blick, weswegen es mir so vorkam, als würde sie diesem ganzen Ort eine Seele geben. Denn irgendwie waren wir ja auch hinterlistige Spione und wussten dennoch alles.
„Wir haben übrigens auch einen Schießraum, da hinten", wandte sich Liv erneut an mich und deutete fasziniert auf eine Holztür, die sich am Ende des Zimmers befand, wodurch sie mich aus meinen Beobachtungen riss. Erst jetzt fiel mir ihr sehr australischer Akzent auf, der sie noch sympathischer wirken ließ, als sie es eh schon war. Zwar fand ich, dass sie etwas zu sanft für diese Art von Job war, da sie eine rosafarbene Brille trug und ihre Kleidung ein wenig an die mädchenhaften Sachen aus diesen Teeniefilmen erinnerten, als an einen Agent. Jedoch hatte mir Thomas versichert, dass sie eine der besten war. „Ich dachte übrigens, dass sie einen französischen Akzent besitzen", meinte sie, nachdem ich die verzierte Tür etwas genauer betrachtet hatte und dann wieder in ihre grünen Augen sah.
„Ach das denken alle", winkte ich lachend ab und sah zu, wie Selene sich zu uns gesellt, die allerdings noch in ihre Smartphone vertieft war. „Also du triffst dich morgen mit Hampton, da du ja nicht verkleidet bist und es ansonsten zu auffällig ist, wenn du mit deiner blonden Mähne über den Campus läufst. Ah und wie ich sehe hast du Liv bereits kennen gelernt, sie übernimmt ein bisschen Thomas Part bei diesem Einsatz, da er ja in London bleiben musste, falls unsere Befürchtungen stimmen und die britische Korne wirklich in Gefahr schwebt", teilte sie mir mit und ließ das Handy in die Hosentasche ihrer löchrigen Jeans gleiten. „Jedenfalls sollst du heute Abend eine Gala besuchen, in irgend so einem Museum, es geht um afrikanische Kunstgeschichte, der Standort wurde bereits an deinen Wagen gesendet. Dort wirst du eine Informantin treffen, ältere Frau, auf beiden Auge blind. Du wirst sie sicherlich erkennen, wenn du sie siehst", fuhr Selen fort und sah mich dabei streng an, so wie sie es immer tat, wenn es um die Mission geht. „Und geh bitte verkleidet", fügte sie noch an, was mich aufhorchen ließ.
„Wieso denn? Du weißt doch, dass ich nie auf Missionen gehe in Aileens Rolle" „Ja, aber dieser T'Challa ist heute Abend möglicherweise auch dabei, da es dort Artefakte aus Wakanda gibt und wir möchten kein unnötiges Risiko eingehen", antwortete Selene. „Aber er kennt mich doch gar nicht", meinte ich etwas genervt, da ich nicht meine Identität gefährden wollte. Es dauerte nämlich Jahre bis ein Charakter so perfekt war, dass man sich auf ihn verlassen konnte und wenn nun jemand herausfand, dass Aileen und Charlize ein und dieselbe Person war, dann warteten eine Menge Probleme auf mich.
„Das soll auch so bleiben...Ich weiß, dass es dir nicht gefällt, aber es wird schon nicht passieren und außerdem ist es eine Anweisung von Hampton", beschwichtigte sie mich und wandte sich von mir ab, um etwas an einem der Rechner zu überprüfen. Erstaunt sah ich sie an, denn normalerweise gab uns Frau Hampton niemals irgendwelche Anweisungen für unsere Missionen, stattdessen interessiere sie sich mehr für die ausgewerteten Daten und unser weiteres Vorgehen, wie wir das ganze taten war ich immer ziemlich egal gewesen.
„Du solltest dich jetzt vorbereiten, wir werden dir alle Daten übermitteln", teilte mir Selene mit, weshalb ich den Anwesend zum Abschied zu nickte und danach den Raum verließ, doch bevor ich einen Schritt in die verlassene Bibliothek machen konnte, hörte ich noch wie Joe sagte: „Ah und Charlize. Nimm wieder den Hinterausgang", weswegen ich ihm die Zunge herausstreckte, schließlich wusste ich selbst, dass ich nicht durch den Haupteingang stolzieren sollte.
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Hallo :)
So es geht endlich weiter ^^ Charlizes Mission beginnt langsam so richtig, ihr könnt also gespannt sein :) Ich hoffe, dass euch die Geschichte bis jetzt gefällt ^^ Lasst gerne ein Vote und Kommentar da :)
lg ladyciriloki
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