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Ich hatte mich gefühlt zehntausend Mal umgedreht, als ich zurück zu Ava gehetzt war und selbst als ich meinen Wagen erreicht hatte, zögerte ich einen Moment einzusteigen. Denn was wäre, wenn das genau die Falle wäre, in die ich laufen sollte, was wäre, wenn mich Ava umbringen wollte. Jedoch brauchte ich einen kurzen Augenblick, um mich wieder zu fassen, ehe ich mir überlegen konnte, was ich nun tun würde. Und mein Auto erschien mir im Anbetracht der Umstände als sinnvoller Zufluchtsort.

Ein wenig außer Atem ließ ich mich in dem weichen Sitz des Teslas nieder und schloss vor einen Sekundebruchteil die Augen, bis ich Ava mechanische Stimme vernahm.

Du scheinst ziemlich aufgewühlt zu sein

Mein Herzschlag beschleunigte sich, während ich mich kerzengerade in dem Fahrersitz aufrichtete und schockiert auf das aktivierte Navigationssystem starrte. „Was hast du gesagt?", platze es aus mir heraus und ich versuchte dabei einen klaren Kopf zu bewahren.

Ich habe mich nach Ihrem allgemeinen Zustand erkundigt. Da Ihr Stresslevel außergewöhnlich hoch ist.

Es ging mir nicht darum, dass sie sich um mich sorgte, denn das hatte wahrscheinlich Thomas einfach in ihre Programmierung mit einfließen lassen. Viel mehr beunruhigte mich dieser erste Satz, denn das war normalerweise der Standardspruch von Tom, wenn ich über eine Mission nachdachte und keinen Ausweg wusste. „Ava? Besitzt du eine Verbindung zu den Servern von SOP?", erklang es misstrauisch von mir.

Nein. Ich bin zwar in der Lage Nachrichten und Anrufe von SOP entgegen zu nehmen. Ich bin aber ein eigenständiges, gesichertes Programm.

Mein Herz hämmerte wie wild in meiner Brust. Thomas hatte mir tatsächlich eine Möglichkeit verschafft, wie ich SOP entkommen konnte. „Wir müssen von hier verschwinden. Ich glaube, dass Mrs. Hampton mich tot sehen will, wegen an den Dingen, die ich herausgefunden habe", versuchte ich Ava meine Lage zu erklären, obwohl mir bewusst war, dass sie wahrscheinlich besser Bescheid wusste, als mir lieb war.

Wir können nicht zurück in den Unterschlupf fahren, da sobald Sie das Haus betreten eine Bombe aktiviert wird, die Sie töten soll.

„Ich weiß, ich weiß...", wisperte ich fieberhaft vor mich hin, während ich über meinen nächsten Schritt nachdachte, ehe es mich wie ein Schlag traf. „Wir müssen zu Penninah Okokye, wenn uns jemand helfen kann, dann sie", platze es aufgeregt aus mir heraus und nur einen Augenblick später setzte sich der Wagen in Bewegung. „Außerdem brauche ich eine Verbindung zu meinem Team. Ich kann mir nicht vorstellen, dass auch sie mich verraten haben", fügte ich hinzu, als wir den Campus verließen und uns in den Stadtverkehr einreihten.

Ich werde ihnen eine Nachricht zukommen lassen

Die weitere Fahrt verlief ruhig. Ich hatte das Steuer an Ava abgegeben, damit ich mich in meine Gedanken vertiefen konnte. Mrs. Hampton musste also irgendetwas mit diesem Artefakt vorhaben und hatte Angst, dass ich ihr in die Quere kommen könnte, weswegen sie mich los werden wollte. Vermutlich war sie auch an der Entführung von Thomas beteiligt, sofern mein Freund überhaupt noch lebte. Ein eiskalter Schauer überkam mich, bei dem Gedanken, dass Tom tot sein könnte. Innerlich hoffte ich außerdem, dass sie nicht auch noch Selene, Liv und Joe eingebunden hatte, denn dann hätte ich wirklich schlechte Karten. Doch ich wusste sowieso nicht, was ich jetzt tun sollte und hoffte inständig, dass mir Penninah Antworten auf meine Fragen geben konnte.

Wir bogen in eine dieser neuhergerichteten Straßen ein, die das Stadtbild verschönern sollten, ehe Ava vor einem schönen Backsteinhaus stehen ließ, an dessen Fassade eine Rosenranke emporkletterte. Der Vorgarten war schön hergerichtet und ich bezweifelte stark, dass eine bline Frau alleine dazu im Stande war, die Buchssträuche so akkurat zu schneiden. Zudem machte die Wiese einem edlen britischen Rasen wirklich Konkurrenz. „Ich bin gleich wieder da", verabschiedete ich mich von Ava und holte eine kleine Pistole aus dem Handschuhfach, damit ich mich im Zweifelsfall verteidigen konnte. Denn vielleicht war SOP bereits hier.

Mit einem kurzen Blick auf die leere Straße, sprintete ich die drei Stufen zu ihrer Haustür empor und drückte einmal kurz die goldene Klingel. Sofort vernahm ich das helle Geräusch im Haus, jedoch blieb es danach ruhig, weshalb ich für ein paar Sekunden mit pochendem Herzen stehen blieb und erneut die Klingel betätigte, erneut erklang der helle Ton. Das goldene Schild neben der Tür verriet mir, dass ich eindeutig das richtige Haus erwischt hatte, aber so wie es aussah, war Penninah wohl nicht Zuhause. „Sie ist eine beschäftigte Frau", schoss es mir enttäuscht in den Kopf, als ich mich gerade zum Gehen abwenden wollte. Doch in diesem Moment fiel mein Blick auf die weiße Haustür, die tatsächlich einen Spalt breit offenstand.

Schnell warf ich einen Blick über meine Schulter, ab die Straße wirkte noch immer verlassen, bevor ich in den Hausgang eintrat. Es war ein wirklich stillvoll eingerichtetes Haus, mit alten Möbel unzähligen frischen Blumensträußen, die einen betörenden Duft verströmten und zu denen immer eine passende Karte gehörte. „Sie hat wirklich viele Verehrer", dachte ich erstaunt, als ich meinen Blick durch den geräumigen Flur schweifen ließ. Jedoch war es mir eindeutig zu ruhig, dafür, dass die Haustür offenstand, weswegen ich meine Waffe zückte und mit wachsamen Blick durch das Haus pirschte.

Große Gemälde hingen an der Wand und nirgendwo fehlte ein Detail, mal stand ein kleiner Tisch mit einer Vase oder einer Schatulle in einer Ecke, oder ein Sessel war genau an der richtigen Stelle platziert, um den freien Raum auszufüllen. Doch mein Blick für die Möbel verschwand in dem Augenblick, als ich das Wohnzimmer betrat und eine leblose Gestalt am Boden liegen sah.

Adrenalin durchströmte meinen Körper, während ich blitzschnell zu Penninah Okoye hinrannte, die mit weit aufgerissenen Augen an die Decke starrte. „Penninah?", wisperte ich panisch und meine Hände suchten panisch ihren Weg zu ihrem Hals – kein Puls. Und auch ansonsten war ihr Körper komplett kalt, was bedeutete, dass sie hier schon eine ganze Weile liegen musste. „Aber wieso ist hier kein Blut?", stellte sich mir die Frage, denn auf dem hellen Holzboden hätte man eine Blutlache sofort erkannt. Ob sie wohl an einem Herzinfarkt gestorben war? Aber das passte nicht zu ihrem schreckhaften Blick. Zudem bemerkte ich die schwarzgefärbten Adern an ihrem Hals, die von einer Perlenkette etwas kaschiert wurden. „Das ist keine natürliche Todesursache gewesen", murmelte ich vor mich hin.

Genau in diesem Moment bemerkte ich eine leichte Bewegung hinter mir, die mich hastig herumfahren ließ, natürlich mit gezückter Waffe. „Captain America?", stieß ich erschrocken hervor, nachdem ich die Person erkannt hatte, die hier durch das leere Haus geschlichen war. Er stand mit erhobenem Schild vor mir und sah nicht minder verwirrt aus, wie ich. „Sie sind wirklich die letzte Person, die ich hier erwartet hätte", gab ich perplex von mir und erhob mich wieder vom Boden. „Das kann ich nur zurückgeben", konterte er und ließ dabei sein Schild sinken. „Ist sie tot?", fragte er ohne zu zögern nach und trat einen Schritt näher an den leblosen Körper von Penninah heran. „Ja, aber schon seit einiger Zeit. Sie ist bereits kalt", war meine etwas kühle Antwort und auch ich ließ endlich meine Pistole sinken.

„Wer war das?", bohrte Cap weiter nach, der sich nun in die Knie ging. „Ich weiß es nicht, aber es sieht so aus, als wäre sie vergiftet worden", erklärte ich ihm. „Weshalb sind Sie hier?", fragte ich nach, denn ich kam auf keine schlüssige Verbindung zwischen Captain America und Penninah Okoye. „Penninah ist schon seit längerem ein Informant von uns und naja wir wussten, dass du ebenfalls Kontakt hast zu ihr. Also wollten wir schneller sein als du, was wohl nicht geklappt hat", beantwortete Steve meine Frage, ohne dabei im Geringsten wütend oder erbost zu klingen. „Tja, nur leider war jemand schneller als ich", witzelte ich mit einem sarkastischen Unterton. „Sieht wohl so aus...Wie geht es eigentlich unserem Artefakt? War ziemlich beeindruckend, als du es uns abgeluchst hast", meinte er und erhob sich wieder, nachdem er wohl die Leiche genug inspiziert hatte. „Auch das habe ich leider nicht mehr und außerdem wurde ich aus meinem Team geschmissen...Ich glaube, dass meine ehemalige Vorgesetzte etwas mit diesem Dolch plant, aber ich kann leider noch nicht sagen was", kam es etwas verklemmt aus meinem Mund.

„Mhmm, dann haben wir wohl jetzt ein Problem. Schließlich wollten wir dir das Artefakt abnehmen", konterte Cap, der erneut auf den leblosen Körper vor uns blickte. „Wie wäre es, wenn ich euch helfe, diesen seltsamen Dolch wieder zu bekommen? Und gemeinsam schlagen wir dann Red Stormi?", schlug ich vor, doch noch ehe meine Worte, meinen Mund verlassen hatten, bereute ich diese sofort. Denn vermutlich wollten mich die Avengers sowieso nicht als Mitglied, immerhin hatten sie keinen Grund mir zu vertrauen, nicht nach alldem, was auf dem Yellow Ball vorgefallen war. Umso erstaunter war ich von Captain Americas Antwort: „Warum nicht. Schließlich kämpfen wir für eine gemeinsame Sache und wenn sich dein Team wirklich gegen dich gestellt hat, dann überlebst du alleine keine zwei Tage." „Das war nicht gerade aufbauend", erwiderte ich mit einem schwachen Grinsen auf den Lippen. Aber vermutlich hatte er Recht, denn selbst mit Ava auf meiner Seite war es schwierig und noch konnte ich nicht sagen, auf welche Seite sich Selene und die anderen gestellt hatten.

„Was ist eigentlich das?", riss Cap mich aus meinen Überlegungen und deutete auf einem weißen Umschlag, der neben Penninah auf dem Boden lag. „Ich weiß es nicht", entgegnete ich ihm knapp, als er das weiße Papier aufhob. „Hier steht: Für die Avengers und Charlize", las er vor und schaute zur Sicherheit auch auf die weiße Rückseite des Umschlages. „Dann wusste sie also was passieren würde?", meinte ich mehr zu mir selbst, als zu meinem Begleiter und dennoch antwortete mir dieser prompt: „Anscheinend waren ihre Fähigkeiten stärker, als wir wussten oder besser gesagt angenommen haben. Doch bestimmt sind andere Personen nicht gerade glücklich, wenn jemand mit ihrer Macht in New York City sitzt".

Wir dachten beide an dieselbe Person – Red Stormi. Und genau in diesem Augenblick fiel es mir wie Schuppen von den Augen. „Natürlich", entwich es mir enthusiastisch: „Red Stormi hat unter ihren Anhängern Athena Monroe, die dafür bekannt ist ziemlich gut im Umgang mit Gift zu sein". „Dann ist sie auch sicherlich für den Tod an Frau Okoye verantwortlich und ich bin mir sicher, dass in diesem Brief steht, weshalb sie sterben musste", um seine Erläuterung zu unterstreichen, wedelte Steve leicht mit dem Umschlag in der Luft herum. „Allerdings sollten wir ihn auch den anderen zeigen, immerhin ist er nicht nur für uns beide bestimmt", meinte Steve, was ich mit einem Kopf nicken bejahte.

„Demnach kommst du wohl mit ins Avengers Hauptquartier", wollte Cap noch als Bestätigung wissen. „Natürlich, schließlich wäre ich ja nach drei Tagen tot, laut dir", konterte ich mit einem Grinsen im Gesicht. „Das freut mich", erwiderte er und auch seine Lippen wurden von einem Lächeln umspielt. „Aber nimm dich vor Tony in Acht, er ist glaube ich noch immer etwas angefressen, wegen der Sache mit dem Yellow Ball", warnte er mich. „Keine Sorge, mit dem werde ich schon fertig!"

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