Prolog: Der Beginn des Chaos

Der Mond stand hoch am Himmel, eine fahle, kalte Scheibe, die den Wald in ein silbriges Leuchten tauchte. Jede Kiefer, jede Eiche und jeder Busch warf lange, gespenstische Schatten, als hätte der Wald selbst Geheimnisse, die er vor den Katzen zu verbergen suchte. Eine bedrückende Stille lag in der Luft, so dicht, dass selbst die leiseste Bewegung sie zu zerschneiden schien.

Doch die Nacht war nicht leer.

Drei Gestalten schritten durch die Dunkelheit, ihre Pfoten glitten beinahe lautlos über das Moos. Sie bewegten sich wie Geister, als würden sie nicht zum Leben gehören, sondern zu etwas Größerem, Unerklärlichem. Jede Katze trug das Gewicht ihres Clans auf den Schultern – und das Wissen, dass diese Nacht alles verändern würde.

Nachtstern, ein imposanter fast schwarzer Kater mit tiefen grünen Augen, führte die Gruppe an. Sein Fell leuchtete im Mondschein, als trüge er das Licht des Mondes selbst in sich. Doch seine Augen waren hart, beinahe kalt, als er die Lichtung betrat.

Hinter ihm folgte Flutstern ein schlanker, silbrig-weißer Kater mit einem Blick so scharf wie seine Klauen. Seine Haltung strahlte Ruhe und Kontrolle aus, doch sein Schweif zuckte nervös, ein winziger Hinweis auf die Unsicherheit, die in ihm brodelte.

Die letzte Katze war Flammenstern, ein massiver feuerroter Kater, dessen Narben ein Zeugnis unzähliger Schlachten waren. Seine bernsteinfarbigen Augen glühten vor Entschlossenheit, doch auch er hielt Abstand, als ob er spürte, dass die Ereignisse dieser Nacht weit über seine Macht hinausgingen.

Die drei Anführer blieben stehen, als sie den Mittelpunkt der Lichtung erreichten. Der Boden war weich und feucht, mit einem Hauch von Asche – ein unheimliches Zeichen, das den Wald in letzter Zeit immer häufiger heimsuchte.

„Es ist soweit," begann Nachtstern, seine Stimme scharf wie ein Raubvogelschrei. „Der SternenClan hat uns eine Prophezeiung geschickt, die nicht ignoriert werden kann."

Flutstern neigte leicht den Kopf, doch sein Blick blieb wachsam. „Und wie genau interpretiert der SchattenClan diese Worte? Dass ihr euch für die Auserwählten haltet?"

Flammenstern knurrte leise. „Wir haben alle die Botschaft empfangen, Flustern. Hör auf, so zu tun, als ob nur du sie verstehen würdest."

Nachtstern warf Flammenstern einen kurzen, abfälligen Blick zu, bevor er fortfuhr. „'Wenn die Nacht den Wind verschlingt, die Flut das Feuer erstickt und die Flammen den Himmel entzweien, wird ein neues Reich geboren.' Das sind die Worte des SternenClans. Und ich sage euch, sie sprechen von einer großen Entscheidung – einer, die den Wald für immer verändern wird."

„Oder ihn zerstören wird," murmelte Flutstern.

Eine angespannte Stille senkte sich über die Lichtung, durchbrochen nur vom Rascheln der Blätter im Wind. Jede Katze wusste, dass diese Prophezeiung nicht nur Worte waren. Sie war eine Warnung. Ein Versprechen.

„Ich sage," fuhr Nachtstern fort, „dass der SchattenClan bereit ist, zu führen. Wir haben die Stärke, die Weisheit und die Gerechtigkeit, die der Wald braucht."

Flutstern schnaubte. „Führen? Oder herrschen? Dein Clan sieht sich selbst immer im Schatten, Nachtstern, doch Licht kann blenden. Der FlutClan versteht die Balance – zwischen Licht und Schatten, Stärke und Verstand. Wir sind diejenigen, die das Gleichgewicht bewahren können."

„Und was ist mit dem FlammenClan?" knurrte Flammenstern. „Ihr redet von Weisheit und Balance, doch am Ende wird nur Stärke zählen. Der FlammenClan wird kämpfen, wenn es nötig ist – und wir werden gewinnen."

Die Worte hallten über die Lichtung, eine unausgesprochene Drohung, die in der Luft hing wie Rauch.

Plötzlich flackerte ein Licht über den Himmel. Alle drei Katzen hoben den Kopf, ihre Augen weit aufgerissen, als sie sahen, wie ein Stern aus dem Firmament fiel. Er zog einen langen, feurigen Schweif hinter sich her, bevor er irgendwo hinter dem Horizont verschwand.

„Ein Zeichen," flüsterte Nachtstern, seine Stimme kaum hörbar.

„Oder ein Urteil," fügte Flutstern düster hinzu.

Flammenstern schwieg, doch seine Krallen gruben sich in den Boden, als wüsste er, dass dies der Beginn von etwas war, das weit über sie alle hinausging.

In den kommenden Monden begann der Wald, sich zu verändern. Die Clans verstärkten ihre Grenzen, Krieger trainierten härter, und Misstrauen wuchs wie Dornenranken zwischen ihnen. Jeder Clan war überzeugt, dass er der Auserwählte war, dass nur er die Prophezeiung erfüllen konnte.

Doch in ihrem Streben nach Macht übersahen sie etwas.

Jemand im Schatten beobachtete sie. Eine Gestalt, die wusste, dass Macht nicht in Worten oder Stärke lag – sondern in Manipulation und Kontrolle.

Und während die Clans sich gegenseitig schwächten, bereitete diese Gestalt ihren nächsten Zug vor.

Denn die wahre Prophezeiung lag nicht in den Sternen, sondern in den Herzen der Katzen – und jene Herzen waren schon längst vergiftet.

(744 Wörter)

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top