Sechzehntes Kapitel

„I tell myself you don't mean a thing and what we got, got no hold on me" - Only Love Can Hurt Like This, Paloma Faith

Es ist Donnerstag und sitze auf meinem Bett und verzweifle innerlich komplett.

„Ich kann ihn nicht treffen", bringe ich tieftraurig hervor und sehe auf das Shirt hinunter, das Eleanor mir hinhält.

„Nein, kannst du nicht. Du musst", erwidert sie und nimmt einen weiteren Kleiderbügel aus meinem Schrank.

„Ich kann nicht. Ich will wirklich, das kannst du mir glauben, aber ich kann nicht einfach vor seiner Haustür auftauchen und ihm beichten, dass ich die ganze Zeit hinter William gesteckt habe."

„Aber ihn gehen lassen konntest du auch nicht", erinnert sie mich und schüttelt bei einem meiner Hemden pikiert den Kopf.

„Nein, konnte ich nicht, aber ich muss ihm für morgen absagen."

„Dann mach", fordert sie mich heraus, drückt mir mein Handy in die Hand und hebt die Augenbrauen. „Bitte, ich warte."

Schluckend öffne ich den Chatverlauf mit ihm, doch meine Finger wollen mir nicht gehorchen und ich bringe es nicht über mich, eine Nachricht zu tippen.

Harry: Ich freue mich sehr darauf, dich morgen treffen zu dürfen.

„Ich schaffe es nicht", jammere ich und werfe das Smartphone ärgerlich gegen mein Kissen.

„Wusste ich es doch." Bestätigt in ihrem Denken nickt sie und durchwühlt dann meinen Hosenbestand. „Schau mal, auch wenn es dir jetzt kompliziert vorkommt, ist es eigentlich doch ganz einfach. Es gibt nur zwei Möglichkeiten. Und da du die eine nicht fertigbringst, bleibt nur die andere übrig. Du gehst zu diesem Date und erzählst ihm die ganze Wahrheit."

„Er wird mich hassen." Alleine bei der Vorstellung dreht sich mir der Magen um.

„Vielleicht", stimmt sie zu und hält in ihrer Arbeit inne. „Aber dann hast du wenigstens dein Bestes gegeben und warst ehrlich."

„Ich will aber nicht, dass er mich hasst", murmle ich traurig und presse meine Lippen fest zusammen.

„Natürlich willst du das nicht." Verständnisvoll sieht sie zu mir herüber und lächelt sanft. „Ich glaube, dass er sich schwer tun wird, dich zu hassen, wenn er dich schon so gerne hat, wie es seine Nachrichten versprechen."

„Er hat William gerne, aber von Louis ist er noch nie sonderlich begeistert gewesen."

„Es ist aber nunmal so, dass William und Louis ein und dieselbe Person sind."

„Ich weiß nicht einmal, was ich ihm sagen soll, sobald ich ihm gegenüberstehe. Er wird schrecklich enttäuscht sein, wenn er ein ganzes Date vorbereitet hat und ich dann auftauche."

„Ich würde sagen, du schaust einfach, was die Situation bringt, und reagierst dementsprechend. Einen besseren Rat kann ich dir nicht geben", sagt sie und wühlt in meinen Pullovern. „Was willst du denn jetzt anziehen?"

„Keine Ahnung, dafür habe ich doch eigentlich dich beauftragt."

Nachdenklich starrt sie in meinen Kleiderschrank und dann zu mir hinüber und entscheidet sich schlussendlich für eine eingeschränkte Auswahl an Hemden, T-Shirts und Hosen, die ich anprobieren muss.

„Das finde ich gut!", ruft sie begeistert aus, als ich in einem dunkelbraunen Shirt und einer schwarzen Hose vor dem Spiegel stehe und mich hin und her drehe.

„Wirklich? Ist das nicht zu... langweilig?", frage ich unsicher, auch wenn ich mir so eigentlich gut gefalle.

„Nein, es steht dir super und weniger ist manchmal sowieso mehr. Hast du einen Gürtel, der das Ganze minimal aufpeppt?"

„Ja, irgendwo muss einer sein." Suchend sehe ich mich um und entdecke das Teil der Begierde unter einem Haufen Hemden.

„Perfekt." Eleanor nickt gut gelaunt, als mein Outfit komplett ist und wippt mit den Füßen auf und ab. „Was machst du mit den Haaren?"

„Ich glaube, ich lasse sie einfach so wie immer. Ein bisschen Gel und das war es."

„Finde ich gut, wenn du komplett geschleckt vor ihm ständest, wäre das ein klein wenig unauthentisch."

„Weil ich nicht auch geschniegelt und gestriegelt aussehen kann?"

„Natürlich kannst du. Es würde dir bestimmt auch stehen, aber so ist es natürlicher und das mag ich."

Prüfend drehe ich mich noch einmal vor dem Spiegel im Kreis, befinde die Klamottenauswahl für gelungen und ziehe mich wieder um.

In Jogginghose und Shirt sitze ich wenig später mit Eleanor auf dem Bett und kann mich nicht davon abhalten, kurz zu checken, ob Harry sich gemeldet hat. Zu meiner Verteidigung möchte ich auch betonen, dass sie gerade eifrig mit Liam simst.

Ich: Ich freue mich auch, welche Uhrzeit wäre dir denn recht?

Harry: Halb sieben?

Ich: Klingt gut, was kochst du?

Harry: Ich habe überlegt Spaghetti Bolognese zu machen, ich dachte, damit kann man fast nichts verhauen. Willst du etwas anderes?

Ich: Nein, Spaghetti Bolognese sind super.

Ich: Haben das nicht Susi und Strolch bei ihrem Date gegessen?

Harry: Da waren aber auch ziemlich viele Fleischbällchen dabei und die gibt es bei mir nicht, wenn es dich nicht stört.

Harry: Ich esse kein Fleisch.

Ich: Stört mich gar nicht.

Harry: Sehr schön.

Harry: Weißt du, so langsam verstehe ich, dass du mich nicht treffen wolltest. Ich bin so nervös, dass ich fast vergessen habe, dass ich morgen nicht nur ein Date sondern auch Unterricht habe.

Harry: Das soll dir jetzt keinen Druck machen und sollte es für dich nicht passen, zögere bitte nicht und sag es mir, aber ich würde mir wirklich wünschen, dass das mit uns funktioniert.

Ich: Das wünsche ich mir auch, Harry. Ich glaube, du unterschätzt, wie sehr ich es mir wünsche.

Harry: An meiner Begeisterung für dich kann es morgen schon einmal nicht scheitern.

Ich: Abwarten.

Harry: Komm schon, William. Ich bin wirklich sehr in dich verknallt. Ohne zu wissen, wie du aussiehst, dich anhörst oder dir jemals begegnet zu sein. Und übers Internet, das hätte es zu meiner Zeit nicht gegeben.

Ich: Genau genommen ist jetzt noch immer deine Zeit. Man stirbt ja nicht einfach irgendwann Mitte zwanzig und steht dann nur mehr im Schatten der neuen Jugend.

Ich: Ich bin übrigens auch in dich verknallt. Sehr sogar.

Harry: Dann kann ja eigentlich nichts mehr schief gehen.

Wenn du nur wüsstest, Harry. Mit sehr gemischten Gefühlen tippe ich auf die Bildschirmtastatur und atme tief durch.

Das schlechte Gewissen und der Gedanke an seine morgige Enttäuschung und Verletzung bereiten mir Bauchschmerzen. Seine Nachrichten hingegen und das Wissen um seine Gefühlswelt lassen die Schmetterling in mir einen Freudentanz hinlegen und wie verrückt flattern.

Ich: Eigentlich nicht.

-

Es gibt gute und schlechte Neuigkeiten. Die schlechten Nachrichten: Golden liegt derweil auf Eis, weil ich bei der Geschichte momentan nicht weiterkomme. Die guten Nachrichten: Ich habe eine Menge Motivation für eine andere Idee gehabt, die (Trommelwirbel) als fixfertige Geschichte darauf wartet, von euch gelesen zu werden, sobald diese hier vorbei ist (was natürlich noch dauert, aber ich konnte es einfach nicht für mich behalten).

Alles Liebe,
Maybe

[1109 Wörter]

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