„Starts to make its way to me. The playful conversation starts" - Enchanted, Taylor Swift

Der Film ist vergessen und so schalte ich kurzerhand den Fernseher aus, um störende Hintergrundgeräusche zu vermeiden.

„Zeig her!", verlangt Niall und krabbelt zu Zayn hinüber. Liam, Eleanor und ich dicht auf seinen Fersen.
Wir umringen unseren Freund und starren gebannt auf das Display hinunter, auf dem dieser nun auf ein Herz klickt und Mr. Styles damit einen Like gibt.

Niall stößt einen stummen Schrei des Erfolgs aus und reckt eine Faust in die Luft. „Ich wusste es verdammt nochmal!"

Ich kann kaum glauben, dass er wirklich recht hatte und unserer Lehrer sich tatsächlich auf einer Datingseite für queere Personen angemeldet hat.

„Schau das Profil an", sagt Eleanor neugierig und drückt sich näher zu Zayn, um besser sehen zu können.

Er befolgt ihre Anweisung und Liam lacht, als er das vergrößerte Bild sieht, mit dem sich Mr. Styles angemeldet hat.

Er sitzt mit verschränkten Beinen auf einem Sofa und strahlt breit in die Kamera. Um seinen Hals trägt er eine glänzende Perlenkette und am Körper einen mintgrünen Ganzkörperanzug, dessen Kapuze er über seine braunen Haare gezogen hat. Es ist ein flauschiges Froschkostüm und bei näherer Betrachtung fällt mir auf, dass er seine Nägel in der passenden Farbe dazu lackiert hat.

Das ist Mr. Styles also in seiner Freizeit? Ohne Brille und als Frosch verkleidet?

„Wie peinlich ist das denn?" Zayn lacht sich kaputt und Niall hat die Augen fest zusammengekniffen und gibt nur noch Geräusche von sich, die verdächtig nach Teekessel klingen.

„Ich finde es süß", verteidigt Eleanor ihn, die bei dem Anblick dahinschmilzt. Sie schiebt ihre Unterlippe vor und macht Augen, als hätte sie ein Hundebaby erblickt. „Hört auf, ihn auszulachen."

„Er sieht glücklich aus", stelle ich fest und irgendwie gefällt mir der Gedanke, dass er sich auf dem Bild wohl zu fühlen scheint. Auch wenn er dabei ein Frosch ist.

Natürlich ist es etwas komisch und ich verstehe, dass die anderen drei es zum Brüllen finden, eine Autoritätsperson aus der Schule so zu sehen, doch er tut mir beinahe etwas leid, weil sie ihn so lächerlich machen.

„Ich kann nicht mehr", keucht Niall und wischt sich Lachtränen aus den Augenwinkeln und von den Wangen. „Seine Beschreibung überlebe ich wahrscheinlich nicht."

Das war Zayns Stichwort und er scrollt nach unten.

„Huch, zweiunddreißig ist er schon?"

„Opa", gackert Liam und wirft mir einen anzüglichen Blick zu. „Na da reißt du dir aber ein altes Klappergestell auf."

„Ich werde dazu gezwungen", erinnere ich ihn und mein Blick fällt auf seinen Vornamen. „Harry heißt er."

Das hat er vermutlich schon einmal erwähnt, denn Mr. Styles ist eigentlich ziemlich locker, aber andererseits fällt mir gerade auf, dass ich nicht viel aus seinem Privatleben weiß. Er gibt kaum etwas preis, wenn ich genauer darüber nachdenke. Nicht, dass alle anderen Lehrer aus dem Nähkästchen plaudern, aber hier und da bekommt man normalerweise schonmal was mit.

„Hört zu", lenkt Zayn die Aufmerksamkeit auf sich und räuspert sich einmal dramatisch. „Ich bin Harry und Lehrer mit Leib und Seele. Abseits der Arbeit kann mein Leben schon einmal einsam werden und ich würde mich über Gesellschaft freuen. Hoffentlich gehöre ich in dieser Community mit über dreißig nicht schon zum alten Eisen und finde hier jemanden für nette Gespräche und eventuelle Treffen."

Am Ende der Nachricht ist ein Smiley und ich kann nicht umhin, ein bisschen mit Eleanor mitzufühlen und ihn süß zu finden. Er gibt auch mir das Gefühl eines tollpatschigen Tierbabies, das irgendwie versucht mit der Zeit zu gehen und mit online Dating anzufangen, weil es sich einsam fühlt.

„Oh Mann, wenn ich in Mathe dieses Jahr durchfalle, dann erpresse ich ihn mit diesem Profil", stöhnt Niall vor Lachen und Liam schnappt kichernd nach Luft.

„Ihr seid gemein", seufzt Eleanor und nimmt Zayn das Handy aus der Hand. „Schreiben wir ihm jetzt oder nicht?"

„Müssen wir nicht erst warten, bis er uns zurückgeliked hat?", frage ich und lehne mich gegen das Kopfteil meines Bettes.

„Hat er gerade, wieso denkst du frage ich?", entgegnet meine braunhaarige Freundin und zeigt uns die eben eingetrudelte Benachrichtigung.

,Harry hat dir einen Like gegeben. Zeit für ein Kennenlernen?'

Niall springt wie Zayn zuvor aufgeregt hin und her. „Mein Plan ist aufgegangen! Ich bin der Wahnsinn!"

„Der hats ja richtig nötig", spottet Liam und klingt mir dabei ein wenig zu abfällig.

„Er will doch einfach nur Leute kennenlernen", springe ich für Mr. Styles in die Presche und schnappe mir mein Smartphone.

„Wahrscheinlich will er mit ihnen in die Kiste hüpfen."

„Was soll ich ihm schreiben?", übergehe ich Zayns Bemerkung und öffne das Chatfenster.

„Sie sind nicht zu alt, Mr. Styles, auf alten Schiffen lernt man segeln", feixt Liam und nun ist es an mir, die Augen zu verdrehen, wie Niall zu Beginn dieses Unterfangens.

„Gib ihm ein Kompliment", schlägt Eleanor vor. „Darüber freut er sich bestimmt."

Der Vorschlag der Braunhaarigen gefällt mir und so tippe ich meine erste Nachricht an meinen Lehrer.

Ich: Der Nagellack zum Outfit ist toll :)

„Nagellack trägt er auch?", fragt Niall, der mir über die Schulter schaut. „Der ist ja echt stockschwul, wie konnte uns das vorher nicht auffallen?"

„Weil man an Äußerlichkeiten nicht erkennen kann, welche Sexualität jemand hat", gebe ich zurück und mein Herz macht einen nervösen Satz, als mein Lehrer eine Antwort zu tippen beginnt und dabei eine kleine Sprechblase am unteren Rand des Chats aufpoppt.

Harry: Dankeschön! Ich hätte nicht gedacht, dass darauf jemand achten würde. Leider kann ich von dir nicht genug erkennen, um ein ehrliches Kompliment zurückzugeben. Deswegen: Bombastischer Spiegel.

„Der schreibt ja ganze Romane."

„Er ist über dreißig, Niall, vergiss das nicht", ruft Liam dem Blondschopf in Erinnerung.

„Och, er ist irgendwie niedlich, findet ihr nicht?", fragt Eleanor und ich stimme ihr still und heimlich zu.

„Peinlich und untervögelt, das ist er. Ich kann den ab jetzt in keiner Unterrichtsstunde mehr ernst nehmen." Liam verzieht das Gesicht. „Denkt ihr er steckt anderen sein Teil rein oder andersrum?"

„Ist doch nicht unser Kaffee", versuche ich die Richtung zu ändern, in die sich dieses Gespräch entwickelt.

„Vielleicht lässt er mich durch alle Prüfungen, wenn ich ihm ein paar Bildchen schicke", scherzt Zayn und Eleanor verpasst ihm einen unsanften Schlag gegen den Hinterkopf.

„Keiner von euch Vollpfosten lässt während des Unterrichts auch nur ein Wort in Richtung seiner Sexualität und seines Datingprofils verlauten, verstanden?"

„Natürlich nicht, sonst fliegt ja unsere Deckung auf", zwinkert Niall und fängt sich einen scharfen Blick von unserer Freundin ein.

„Nein, nicht deswegen. Sondern, weil wir ihm damit seinen Job an der Schule zerstören können. Wie angenehm denkt ihr findet er es, wenn plötzlich alle Bescheid wissen? Er hat wahrscheinlich seine Gründe, wieso er seine sexuelle Orientierung nicht an die große Glocke hängt."

„Wenn er nicht will, dass es jemand erfährt, hätte er sein Handy nicht offen liegen lassen dürfen", meint Liam schulterzuckend.

Ich höre der Auseinandersetzung irgendwann nur mehr mit einem Ohr zu, denn während sich die anderen wegen des Themas in die Haare kriegen, schreibe ich Mr. Styles zurück.

Ich: Ich bin einfach ein bisschen vorsichtig damit, was ich im Internet von mir verbreite. Danke, der Spiegel ist definitiv das Heiligtum meiner Wohnung, haha. Du bist Lehrer? Welches Fach?

Harry: Mathematik. Klingt vielleicht wie der Albtraum jedes Schülers, aber ich glaube ich bin trotzdem ganz beliebt.

Ich: Ein beliebter, schwuler Mathelehrer. Klingt eher nach einem wirren Fiebertraum ;)

Harry: Dass ich auf Männer stehe, habe ich bis jetzt tatsächlich gekonnt ausgelassen.

Harry: Ich will mir damit nicht die Sympathie meiner Schüler verbauen.

Nach der Antwort muss ich einen Moment innehalten und das leichte Gefühl der Beklommenheit aus meiner Brust vertreiben. Er hat schon recht, auf Begeisterung stößt er damit sicherlich nicht bei allen.

Ich: Es gibt bestimmt auch welche, denen es egal wäre. Aber ich verstehe die Entscheidung, man muss ja nicht Probleme schaffen, wo eigentlich keine sind.

Harry: Vermutlich.

Ohje, habe ich ihn beleidigt?

„Schaut, wie vertieft Louis schon in das Gespräch mit seinem neuen Lover ist", kichert Niall und ich hebe ruckartig den Kopf. „Zeig her, was schreibt er?"

Ich zögere, ihnen einen Einblick in unseren Chat zu geben, doch mein Gegenüber ist schneller und ehe ich mich versehe, hat er mir mein Handy schon abgenommen.

„Der Arme", spottet er, als sein Blick über die Zeilen huscht. „Aber gesprächig scheint er wenigstens zu sein. So bekommen wir vielleicht ein paar brisante Informationen über ihn."

Brisante Informationen, die ich mit den vier Personen vor mir vermutlich lieber nicht teilen sollte.

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Ja, Harry ist ziemlich viel älter als Louis. Deswegen habe ich auch in den Klappentext eine Warnung geschrieben. Wer ein Problem damit hat, sollte vermutlich jetzt aufhören zu lesen. Allerdings habe ich mich für Harrys Alter entschieden, weil es einfach mehr Sinn macht. Man muss schließlich eine Ausbildung zum Lehrer durchlaufen und Harry unterrichtet Louis schon über einen längeren Zeitraum. Jemand, der zum Beispiel 23 ist, wäre meiner Ansicht nach einfach zu jung. Außerdem wollte ich nicht, dass Harrys Charakter ein frischgebackener Lehrer ist. Er sollte gefestigt im Job sein.

Alles Liebe,
Maybe

[1500 Wörter]