2. Kapitel
Es verstrichen einige Minuten, in denen ich einzig und allein meinen dunklen Gedanken nachhing. Plötzlich drang eine leise Melodie in mein Ohr. Es brauchte eine Weile, bis ich realisierte, dass es mein Handy war. In mir kam sofort die Hoffnung auf, dass Zayn anrief, da er es sich anders überlegt hatte. Doch als ich mein Handy aus meiner Hosentasche zog, erblickte ich den Namen meiner Mutter auf dem Display.
„Hallo?“, nahm ich den Anruf leise entgegen. „Harry mein Junge, wie geht es dir?“, fragte die traurige Stimme von Mum in mein Ohr.
„Ich bin in vier Stunden bei dir“, meinte ich, wobei ich wusste, dass sie eine andere Antwort erwartet hatte. „Es tut mir sehr leid“, hörte ich Mum nun sagen. Sofort brannten wieder Tränen in meinen Augen, die ich schnell mit meinen Handrücken wegwischte.
„Es ist schon okay“, entgegnete ich mit rauer Stimme. „Bis heute Abend“, fügte ich schnell hinzu, bevor ich durch ihr Mitgefühl ganz die Fassung verlieren konnte. Dann legte ich auf und verstaute das Handy erneut in der Hosentasche, ehe ich mich langsam gegen das Polster der Lehne sinken ließ.
„Wer war das?“, fragte plötzlich mein Gegenüber. Jeodch klang in seiner Stimme so wenig Intresse mit, dass ich das Gefühl hatte, dass es ihm nicht um meine Antwort ging.
„Meine Mutter“, sagte ich fast tonlos und sah starr gerade aus.
„Achso“, murmelte der Mann leise. Eine Trauigkeit zeichnete sich in seinem Gesicht ab. Dann fügte er hinzu: „Das Leben ist echt beschissen“
„Das kannst du laut sagen“, stimmte ich ihm zu und bemerkte erst hinter her, dass ich die Sie-Form fallen gelassen hatte. Ich war mir jedoch sehr sicher, dass es ihm nichts ausmachte.
„Immer wenn man denkt, dass alles gut ist, passiert etwas, das einem vom Gegenteil überzeugt“, sprach er mir aus dem Herzen.
„Er hat mich betrogen“, platzte es aus mir heraus. Sofort erschreckte ich mich über meine Offenheit. Unsicher sah ich den Mann an, als befürchtete ich, dass er eine komische Bemerkung machen würde. Auch wenn es heutzutage normal sein sollte, gab es noch viele Menschen, die mit Schwulen und Lesben nichts anfangen konnten. Doch meine Angst schien unbegründet zu sein, da er bloß meinte: „Das muss ein richtiges Arschloch gewesen sein“
„Er hat sich verändert. Ich glaube vor einem Jahr hätte er so etwas nie über sein Herz bringen können. Aber seitdem er ständig Alkohol und Drogen zu sich nimmt, ist er ein ganz anderer Mensch geworden“, erklärte ich und spielte an meinem Jackenärmel herum.
„Das Zeug verändert einen immer“, entgegnete der Mann, als würde er aus Erfahrung sprechen. „Aber es hilft einen auch irgendwie“
Seine Worte hallten durch meinen Kopf. Ich hatte das Gefühl, dass ihm eine Menge auf dem Herzen lag.
„Louis“, meinte er auf einmal und beugte sich zu mir vor.
„Harry“, entgegnete ich und schüttelte leicht seine kalte Hand.
Darauf folgte erneut ein Schweigen. Ich machte Anstalten etwas zu sagen, doch schloss ich in letzter Sekunde doch noch meinen Mund. Ich wollte Louis unter keinen Umständen nerven oder zu nahe treten. So blieb ich still sitzen und wandte mich den vorbeiziehenden Bäumen zu.
Es dauerte nicht lange, da war ich in meinen Gedanken wieder bei Zayn. Immer wieder sah ich seine braunen Augen vor mir und das unbeschwerte Lächeln, welches er immer getragen hatte. Heute hatte sich selbst das an ihm verändert.
Aus irgendeinen Grund erinnerte mich sein blasses Gesicht und die dünne Figur stark an Louis. Doch bezweifelte ich, dass er einen Menschen so sehr verletzten würde. Nein, mit Sicherheit war er nicht so wie Zayn.
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