Kapitel 61


Neben den verpassten Anrufen hatte ich auch gefühlt hundert Nachrichten von Harry. Er machte sich Sorgen, weil ich nicht ans Telefon ging und auch nicht antwortete. Normalerweise war ich ja wirklich immer der, der innerhalb von fünf Minuten antwortete. Mit richtig schlechtem Gewissen rief ich ihn an und liess mich auf mein Bett fallen, mein Kopf tat höllisch weh.

„Lou! Ist alles in Ordnung? Ich hab mir so Sorgen gemacht!", war das erste, was ich von meinem Freund hörte.

„Alles gut, ich war nur joggen und dann noch bei Liam. Ich hab mein Handy zu Hause liegen lassen.", redete ich mich raus. Dass ich dabei fast zusammengebrochen wäre, musste er ja nicht wissen, er würde sich nur noch mehr Sorgen machen.

„Du warst joggen?", fragte Harry verdutzt.

„Ja.", antwortete ich kurz und knapp. Schon klar, er war verwundert, bisher hatte ich ja ausser Fussball nie wirklich Sport betrieben.

„Hat das was damit zu tun, was diese Idioten über dich sagen?", toll, er hatte mich durchschaut. Seufzend schloss ich die Augen und rieb mir die schmerzende Stirn.

„Ja... Ich will halt abnehmen."

„Louis, wie oft muss ich dir noch sagen, dass du nicht abnehmen musst? Du bist wunderschön! Ich liebe dich und deinen Körper! In den Louis habe ich mich verliebt, du musst nichts an dir ändern, wirklich nicht!", versuchte nun auch Harry dasselbe wie Liam. Das hatte er mir auch die ganze letzte Woche schon am Telefon gesagt. Doch irgendwie konnte ich ihm nicht glauben. Wieso sonst würden denn tausende Leute schreiben, ich sei dick, wenn es doch nicht so war? Klar, Harry würde jetzt wieder sagen, die wären bloss eifersüchtig. Doch die hatten doch auch nicht mehr von Harry, wenn es mir schlechter ging. Lange versuchte Harry noch auf mich einzureden. Irgendwann gab ich schliesslich auf und sagte, dass ich aufhören würde, doch mir war klar, dass das nicht der Fall sein würde. Ich würde trotzdem joggen gehen, würde trotzdem nur Gemüse essen und auch nur so viel, dass ich nicht gerade umkippte.

„Ich muss jetzt leider wirklich los, die haben schon fünf Mal nach mir gerufen. Lou, versprich mir, dass du auf dich aufpasst, ja? Lass uns morgen telefonieren, wenn du aufstehst, dann hab ich vermutlich gerade das Konzert beendet."

„Okay.", murmelte ich bloss. Ich war einfach nur erschöpft. Alles was ich jetzt noch wollte, war schlafen. Wenn auch lieber an Harrys Seite als alleine.

„Versprich es mir. Ich lege nicht auf, bevor ich es von dir gehört habe."

„Okay, ich verspreche es.", gab ich mich schliesslich geschlagen. Zufrieden verabschiedete Harry sich von mir und sagte mir immer wieder, wie sehr er mich liebte. Ich liebte ihn doch auch und er fehlte mir so furchtbar. Seufzend legte ich mein Handy weg und starrte an die Decke. Das half nicht besonders weiter, ich vermisste ihn nur noch mehr, wenn er mich so anstarrte. Ich drehte mich auf die Seite und wollte gerade die Augen schliessen, um zu schlafen, als noch eine Nachricht von ihm reinkam.

„Ach ganz vergessen: Am Samstagmorgen mache ich einen Livestream meines Konzerts in LA nur für dich. Fängt bei dir um vier Uhr morgens an. Ich hoffe wirklich, dass du zuschaust."

Was hatte er wohl vor? Irgendwas musste er ja geplant haben, dass er extra einen Livestream für mich organisierte? Oder wollte er einfach, dass ich ihn mal wieder performen sah? Eigentlich wollte ich ihn viel lieber wirklich live sehen, so dass ich ihn anfassen und küssen konnte, doch ein Livestream wäre auch sehr schön. Vielleicht würde es mich etwas aufmuntern, ihn mal wieder zu sehen.

Den Rest der Woche hatte ich mich an Liams Aufforderung gehalten. Ich ging morgens vor der Schule joggen, nahm Wasser und mein Handy mit und übertrieb es nicht. Trotzdem gab es für mich zum Frühstück nur eine Banane, zum Mittagessen einen Apfel und zum Abendessen irgendwelches gekochtes Gemüse. Und trotz all dem, wurde ich in der Schule immer noch blöd angemacht. Ich ass doch schon nur noch einen Apfel in der Cafeteria, wie konnten sie mir das denn immer noch vorwerfen? Sollte ich gar nichts mehr essen? Nur noch Wasser trinken und verhungern? War es das, was sie wollten? Denn wenn sie so weitermachten, würde es irgendwann so weit kommen! Aber ich merkte ja selber, dass ich bereits an meine Grenzen stiess. Ich nahm nicht genug zu mir, um wirklich viel Ausdauer beim Laufen zu haben. Meistens war ich nach fünf Minuten schon total schlapp, doch ich zwang mich, weiterzumachen. Wenn der Schwindel dann anfing, war das für mich das Zeichen, aufzuhören und nach Hause zu gehen.

Heute würde ich auch am Abend noch eine Runde drehen. Da ich morgen früh Harrys Konzert schaute, konnte ich nicht joggen gehen, darum musste ich das vorziehen. Meine Karotten hatte ich gegessen und ich machte mich auf den Weg. Es war schon noch recht heiss draussen, bestimmt immer noch um die 30 Grad, doch ich hatte ja mein Wasser. Es würde schon gehen. Ich wusste nicht, wie lange ich schon lief, als ein paar schwarze Punkte anfingen, meine Sicht zu beeinträchtigen. Was war denn das jetzt? Meine Schritte verlangsamten sich und ich lehnte mich gegen eine Hauswand. Schweratmend rieb ich mir die Augen und versuchte wieder klar zu sehen, doch die Punkte vermehrten sich immer mehr und dann kam plötzlich ein hohes Pfeifen in meinen Ohren dazu. Okay, nicht gut. Langsam liess ich mich an der Wand hinab gleiten, bis ich am Boden sass. Ich nahm meine Wasserflasche und trank einige Schlucke. Etwas vom Wasser leerte ich mir ins Gesicht, weil mir auf einmal so heiss war. Der Schwindel setzte wieder ein und ich griff nach meinem Handy. Ich musste Liam anrufen. Mit zittrigen Fingern suchte ich nach seinem Kontakt und tippte auf den kleinen Hörer. Da ich es gar nicht mehr schaffte, mir das Handy ans Ohr zu halten, weil meine Arme wie Pudding waren, mache ich den Lautsprecher an und hörte schon nach einigen Pieptönen die Stimme meines besten Freundes.

„Hallo?"

„Liam... Ich bin joggen. Mir geht's nicht gut.", keuchte ich. Die schwarze Fläche vor meinen Augen wurde immer grösser und das Pfeifen in meinen Ohren lauter. Ganz dumpf hörte ich noch, wie Liams Stimme zu mir durchdrang.

„Wo bist du?", wollte er wissen, dann wurde alles schwarz und ich verlor das Bewusstsein.

Nur noch 5 Kapitel übrig😭

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