051 | realität.
Das Handy rutschte mir aus den Händen und ich schob es mit den Füßen achtlos zur Seite, als ich die Tür aufriss. »Momo? Was machst du denn hier?« Tiefe Augenringe gruben sich in ihr Gesicht und ihre Haare waren zerzaust, vom Wind der draußen aufgefrischt war. Ihre Augen waren rot und sahen verquollen aus, was mich schlussfolgern ließ, dass sie geweint hatte.
Momo schluckte, als sie mir gegenüber stand. Mit ihrer rechten Hand umklammerte sie fest den Griff eines Rollkoffers, als würde der ihr Lebenshalt schenken können.
Etwas war vorgefallen. Ihr Erscheinungsbild kam nicht gut rüber und ich hatte eine leise Ahnung mit was das im Zusammenhang stand.
»Kann ich rein kommen?«, presste sie über ihre Lippen und sofort wich ich zur Seite, drückte die Tür fast bis an die Wand mit meinem Rücken, um ihr Einlass zu gewähren. »Aber natürlich, Momo.« Der Ton, der meine Antwort bestimmte, ließ Momo so dastehen, als ob sie eine sehr dumme Frage gestellt hatte. Ein entschuldigendes Lächeln rückte auf meine Lippe.
Alsbald Momo hereingetreten war und sich die Schuhe von den Füßen gestreift hatte, schloss ich hinter ihr die Tür und wandte mich aber sofort wieder zu Momo. »Möchtest du etwas zu trinken? Wasser oder Saft oder...?«
»Hast du vielleicht Wein da?«, ihre Stimme klang brüchig und es fiel mir erst jetzt genauer auf. Auf ihre Frage hin nickte ich nur langsam. »Ja, warte kurz. Du kannst ja schon mal ins Wohnzimmer gehen«, schlug ich vor, während sie ihre nasse Regenjacke auszog.
Sana! Meine Augen scannten den Boden nach meinem Telefon ab und ich griff es an mich, bevor ich sofort zur Küche marschierte und mich bei Sana für die plötzliche Stille entschuldigte. Ich weihte sie über den Besuch von Momo ein und bevor ich gleich auch schon auflegte, entschuldigte ich mich erneut und versprach ihr, nachher eine genauere Auskunft zu vermitteln.
Ich beeilte mich aus dem hängenden Regal zwei Weingläser herauszufischen, die aneinander prallten und ein kleines Klirren von sich gaben, mir die Angst einjagend, sie würden zerbrechen. Als das Ausblieb, stellte ich sie auf die Theke und stöberte nach einem Wein. Angefangen war keine Flasche, weshalb ich eine aus meinem Vorrat ziehen musste. Ein Verlust war es keiner in Anbetracht, dass sich bereits zu viele Flaschen angesammelt hatten und die meisten führten auf die nette Geste anderer Menschen hin, die mir eine Freude machen wollten.
Beeilend, marschierte ich alle Hände voll ins Wohnzimmer. Momo saß wie ein Trauerklos auf der Couch und im hellen Licht, das sie scheinbar betätigt hatte, erkannte ich ihre angestrengten Züge und wie sehr sie mit aufkommenden Tränen kämpfte.
Kaum hatte ich die beiden Gläser auf den Glastisch abgestellt, machte ich mich da dran, die Weinflasche zu öffnen und uns etwas einzuschenken. »Willst du noch was dazu essen?«, fragte ich mit einer fürsorglichen Stimme, die zeigte, wie sehr mir die junge Frau am Herzen lag.
»Nein, ich... Hast du Kuchen da?« Ein Nicken meinerseits, bevor die Stille uns einschloss. »Dann nehm ich ein Stück Kuchen«, wisperte sie leise, ihre Stimme kurz vorm Zusammenbrechen.
Ohne eine Erwiderung trat ich den Weg zurück zur Küche an und schnappte mir den Kuchen und zwei Teller für uns. Nervennahrung war dringend nötig.
Es war ein Schokoladenkuchen, den ich uns auftischte und über den Momo sich unter anderem Umständen tierisch gefreut hatte. Ich wusste, wie sehr Momo Schokoladenkuchen liebte.
Ich gesellte mich zu ihr auf der Couch und stach mit der Gabel in das Stück Kuchen, während ich Momo aus dem Augenwinkel beobachte.
»So«, meinte ich, während ich mir den ersten Bissen hineinschob, »Jetzt erzählst du mir endlich was los ist.« Fast wie aus Reflex griff ich nach ihrer freien Hand und mein Daumen zog kleine kreise über ihre kalte Haut. Sie hielt inne; und dann fing sie zu reden an.
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