《62》
„Wieso denn so nervös?“ Seine Hände fuhren von meinem Arm zu meinem Rücken, wobei er die Schnürung langsam öffnete. „Ich bin gar nicht nervös! Du sollst einfach die Schnüre öffnen!“ Kurz darauf fiel das Kleid fast zu Boden, sodass ich den Stoff fest gegen meinen Körper presste.
„Jetzt kannst du dich umdrehen!“ Er verdrehte die Augen und drehte sich um 180 Grad. „Irgendwann werde ich dich sowieso nackt sehen!“ meinte er überzeugt, weshalb ich auflachen musste. „Du bist frech!“ Ich ließ das Kleid zu Boden fallen und zog mir schnell den Pullover über. „Frech ist mein zweiter Vorname!“
„Es wird spät, und ich denke, du solltest schlafen gehen, vor allem, da der Tag wahrscheinlich anstrengend genug für dich war. Außerdem wirst du mir die Nacht Gesellschaft leisten!“
„Ich verzichte lieber auf körperliche Nähe und würde sehr gerne alleine schlafen. Besser wäre es, wenn ihr mich freilassen würdet und wir all dies vergessen könnten. Schließlich habt ihr Bastarde zwei wichtige Freunde von mir ermordet!“ Ich sah, wie er sich anspannte.
„Dreck muss man eben mal aus der Welt schaffen!“ Ich ging auf ihn zu, und ohne Vorwarnung schlug ich dem Mafiaboss von Frankreich in die Magengrube.
Kurz stöhnte er vor Schmerz auf, doch als er sich wieder aufraffte, kam er auf mich zu und packte mich gewalttätig an den Haaren. „Ich hasse dich!“ schrie ich ihn an, worauf er weiter an meinen Haaren zog und mich hinter sich herschleifte.
„Und ich liebe dich, Puppe! Ich dulde deine freche Art mir gegenüber nicht, und wir hätten alles entspannt klären können!“ Ich sah, wie er mit mir aus dem Raum trat und mich durch die Halle führte.
„Fahrt sie zu mir nach Hause, und zwar pronto. Ich werde hinterherfahren!“ hörte ich ihn sagen, während er mich zu einem der Typen schubste. „Bevor ich das vergesse, muss diese hässliche Kette von dir ab!“ Der Typ, zu dem ich geschubst wurde, hielt mich fest und sah, wie Metthew meine Halskette in die Hand nahm.
„Schau mich an!“ Doch ich sah weiter stumm zu Boden. Ich bemerkte, wie die Blicke der Franzosen auf mir lagen. „Schau mich verdammt nochmal an!“ schrie er, weshalb der Mann, der mich festhielt, meine Haare nahm und ruckartig meinen Kopf in den Nacken zog. „Du brauchst Erziehung!“ Ich schluckte den Kloß im Hals hinunter und blieb stumm. „Bringt sie jetzt zu mir!“
Abrupt landete ich wie ein Sack voller Kartoffeln über die Schultern von Jace, der mich zugleich aus der Halle begleitete. „Sie tut mir leid“, bekam ich mitleidig vom Unbekannten zu hören, als ich wieder in den weißen SUV verstaut wurde.
„Ist das dein Ernst, Jace? Sie ist eine Italienerin und dazu noch die Perle von Mason Camorra!“ Im Augenwinkel sah ich, wie er mich ansah, und ich hätte schwören können, dass er mir gegenüber Mitgefühl zeigte.
„Sie ist schwanger!“ sagte er und tupfte mir etwas Blut aus dem Gesicht, das höchstwahrscheinlich von Fabio stammte. „Sieh zu, dass du wieder der Alte wirst, sonst bist du ein toter Mann!“
Jace verstummte und tupfte weiterhin mit dem Tuch in meinem Gesicht herum. Durch die Anstrengung und die Schmerzen schloss ich die Augen und verfiel in einen kurzen Schlaf.
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„Wisst ihr eigentlich, ob Mason noch lebt?“ hörte ich jemanden fragen, während ich leicht die Augen öffnete und bemerkte, dass mich jemand die Treppe hinauftrug. „Jedenfalls habe ich gehört, dass er gestorben ist. Seine Schwester wird wahrscheinlich jetzt alles in die Hand nehmen.“ Schlagartig öffnete ich die Augen und zappelte wie ein Fisch herum.
„Lass mich runter!“ schrie ich und spürte sofort, wie meine Arme und Beine fixiert wurden. „Hättest du das nicht ohne ihre Anwesenheit ansprechen können?“ sagte jemand verärgert, während ich weiter versuchte, mich zu befreien.
Es fühlte sich an, als wäre mir alles genommen worden. Mein Freund, den ich über alles liebte, und meine Freunde, die ich durch diese Mission verloren hatte. Ich konnte das Weinen nicht unterdrücken und schrie durch das ganze Haus, in dem ich mich befand.
„Matthew wird eine tolle Nacht mit ihr verbringen!“ lachte jemand, während der Mann eine weiße Tür öffnete und wir einen Raum betraten, in dem sich ein großes Bett befand. „Ich hasse euch! Ich hasse euch alle!“ schrie ich weiter.
Der Mann, der mich trug, kam über mich und setzte sich auf meine Hüfte, während der andere meine Arme fixierte. „Jetzt sei still, oder wir kleben dir den Mund zu!“ sagte er und übergab Jace die Handschellen, mit denen sie mich ans Bett ketteten, sodass ich keine Chance mehr hatte.
„Ich hoffe, ihr kommt in die Hölle!“ Der Typ, der auf mir saß, grinste mich an und kniff mir in die Wange.
„Schätzchen, wir sind schon in der Hölle!“ sagte er, stieg vom Bett und sah, wie eine ältere Dame mit Essen und Trinken das Zimmer betrat. „Ihr Männer habt doch auch nichts Besseres zu tun!“ murmelte sie und setzte sich auf die Kante des Bettes.
„Du solltest etwas essen,“ sprach sie leicht verlegen und hielt mir ein beschmiertes Brot vor den Mund, woraufhin ich direkt davon abbiss. „Solltest du nicht lieber das Haus putzen? Das ist doch deine eigentliche Aufgabe, oder?“
„Wir sollten jetzt gehen. Matthew wird gleich erscheinen und will wahrscheinlich seine Ruhe haben.“ Damit waren alle einverstanden und verließen den Raum, während sie mich mit der Frau allein zurückließen.
„Können Sie mich nicht losmachen?“ fragte ich hoffnungsvoll. Sie sah mich bedrückt an. „Es tut mir leid, aber ich habe keinen Schlüssel für die Handschellen. Möchtest du eine Wärmflasche für deinen Bauch?“ fragte sie herzlich und stand vom Bett auf. In dem Moment erkannte ich Matthew, der das Zimmer betrat.
„Sie wird auch ohne Wärmflasche die Schmerzen überstehen. Lilian, Sie sollten schlafen gehen,“ sagte er und nahm ihr das Tablett vom Nachttisch ab, woraufhin sie uns eine gute Nacht wünschte und den Raum verließ.
Als die ältere Frau die Tür hinter sich schloss, sah ich, wie Matthew sein weißes Hemd aufknöpfte und es zu Boden fallen ließ. „Du raubst mir die Nerven, und jetzt weiß ich auch, warum Mason dich als kleinen Teufel bezeichnet hat.“ Ich sah ihn nicht an, um nicht das Bedürfnis zu verspüren, mich zu übergeben. „Vor allem, weil du so ein Teufel bist, ziehst du mich an. Ich kann verstehen, warum fast jeder Mann verrückt nach dir ist,“ meinte er und sah mich finster an.
„Du bist ein grauenhafter Mensch, genauso wie dein Vater!“ Er lachte auf, und als er sich bis auf die Unterhose auszog, kam er auf das Bett zu und legte sich neben mich. „Wir wissen beide, dass wir grauenhaft sind, und trotzdem verschaffen wir uns den verdienten Respekt!“ Er legte einen Arm um mich, und ich versuchte ihn zu beißen, doch das gelang mir nicht. „Versuch es erst gar nicht! Denk an das Ungeborene!“ Ich atmete tief ein und wieder aus.
„Ich habe noch nie so viel Hass empfunden wie gegenüber dir!“ Er strich mir durch die Haare und gab mir einen Kuss auf die Wange. „Das sehe ich als Kompliment.“ Ich verdrehte die Augen und versuchte, Abstand zwischen uns zu schaffen, doch Matthew zog mich immer wieder zu sich.
Zwischenzeitlich gab ich auf und verweilte mit meinen Gedanken bei der Camorra, insbesondere bei Mason, dem Kind, bei allen. Matthew schien fest zu schlafen, und ich überlegte mir, wie mein nächster Schritt aussehen könnte. Das Kind in mir gab mir die Kraft und die Ruhe, die ich in dieser Situation dringend brauchte.
Nach langem Überlegen versuchte ich vorsichtig, meine Hand durch die Handschellen zu winden, was jedoch nicht half. Schließlich entschied ich mich, mir den Daumen auszurenken. Ich biss fest in das Kissen, um den Schmerz zu ertragen, kam jedoch so ein Stück näher an mein Ziel.
Die Schmerzen waren unbeschreiblich, und ich musste die Tränen unterdrücken. Mit der ausgerenkten Hand nahm ich den Schlüssel vom Nachttisch. Mein Herz raste, und das Adrenalin durchflutete meinen Körper, als ich versuchte, ruhig zu bleiben und den Plan weiterzuführen.
Mit dem Schlüssel befreite ich meine andere Hand und war somit frei. Vorsichtig legte ich die Handschellen Matthew an, sodass er genauso hilflos dort lag, wie ich es vorhin tat.
All meine Sinne waren geschärft, und mein Herz schlug fast aus der Brust. Ich stieg aus dem Bett und zog die Schublade des Nachttischs hervor. Dort entdeckte ich eine Waffe, die ich an mich nahm, während ich mich leise auf Matthews Hüfte setzte.
Langsam erwachte er und sah mich irritiert an, doch er begriff schnell die Situation. „Ich hasse dich!“ waren die letzten Worte, die er von mir hörte, bevor ich mehrfach den Abzug der Pistole betätigte und seinen Körper durchlöcherte.
Er stöhnte vor Schmerz auf, bis sein Atem schließlich erlosch und er leblos auf dem Bett lag.
„Ich hasse dich! Du hast meine Freunde umgebracht!“ schrie ich und ließ mich schließlich erschöpft neben ihm nieder. Die Bettdecke war blutgetränkt, und ich fing an, bitterlich zu weinen.
Kurz danach stand ich auf, die Waffe noch in der Hand, und verließ das Schlafzimmer. Ich rannte so schnell ich konnte den Gang entlang und stieg die lange Glastreppe hinunter, bis ich die Frau in der Küche sah, die ein Messer in der Hand hielt.
Abrupt richtete ich die Pistole auf sie, doch sie sah mich nur schockiert an. „Die Schlüssel sind in der Garage,“ sagte sie emotionslos und deutete mit ihrem Blick auf eine weiße Tür. „Sie werden mir nichts tun, und ich werde Ihnen nichts tun.“
Mit vorsichtigen Rückwärtsschritten bewegte ich mich zur weißen Tür, die mich in die Garage führte. Ich hielt die Augen und Ohren offen, während ich den Schlüssel von einem Haken nahm.
Durch das Blinken des Fahrzeugs erkannte ich es sofort und stieg ein. Mit Vollgas fuhr ich aus der Garage, und da das Auto ein Navi besaß, gab ich die Adresse des Hotels ein und folgte den Anweisungen.
Ich bemerkte kaum, wie schnell ich fuhr, da ich einfach so schnell wie möglich in Sicherheit gelangen wollte. Die Autos, die ich überholte, hupten, doch ich blendete das aus und konzentrierte mich auf die Straße.
Schließlich erreichte ich das Hotel, an dem ich vorhin war. Mitten auf der Straße ließ ich das Auto stehen und eilte in das Gebäude.
„Wo ist Mason Camorra?“ fragte ich die Rezeptionistin mit ernster Miene. „Er hat vorhin das Hotel mit seinem Gepäck verlassen,“ antwortete sie und überprüfte noch einmal den Computer. „Mit einem Logan –“
Ich unterbrach sie, verließ das Hotel und stieg wieder in das Auto.
Mit der Waffe neben mir fuhr ich zum Parkhaus, das zum Glück nicht weit entfernt war. Während ich weiterfuhr, erkannte ich, wie die Sonne langsam über Frankreich aufging.
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Hallöchen!
Wie würdet ihr das Kind nennen wollen?🤔
Mädchen:
Junge:
xoxo Hannah
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