《61》
„Fahr uns zum Parkhaus!“ Wir sahen den Fahrer nicken, und ich befestigte daraufhin die Waffe an dem Gurt, der weiterhin an meinem Oberschenkel befestigt war. „Und du weißt auch schon von der Schwangerschaft?“ fragte ich und blickte wartend zu Fabio.
„Als ich Iwans Zimmer betrat, habe ich den Test und die Verpackung im Mülleimer entdeckt. Mir war sofort bewusst, von wem das stammen könnte“, dabei lehnte ich mich entspannt gegen Fabios Schulter, der mir beruhigend durch die Haare strich.
„Wir werden verfolgt“, unterbrach jemand die entspannte Atmosphäre, woraufhin der Fahrer aufs Gas trat. Wir sahen nach hinten und nahmen einen weißen SUV wahr, der dicht hinter uns herfuhr. „Häng sie ab!“ rief ich und drehte meinen Kopf wieder nach vorne. „Das werde ich versuchen!“
„Ich hasse die Franzosen!“ kam es von vorne, während der Fahrer weiter beschleunigte. Er fuhr kreuz und quer durch Paris, doch als er in eine Straße abbog, übersah er das Einbahnstraßenschild und wir saßen fest. „Was kannst du eigentlich?“ schrie Fabio den Mann am Steuer an, und ich konnte die Wut bei allen dreien spüren.
„Lass dir gefälligst etwas einfallen!“ Wir bemerkten, wie das weiße Auto hinter uns anhielt. Wir behielten die Ruhe bei und starrten die Mauer an, die uns den Weg versperrte.
Alle zückten ihre Waffen, auch ich. „Es sind vier Männer ausgestiegen. Haltet eure Waffen bereit!“ sprach Iwan, und wir hörten schon den ersten Schuss. „Die haben unsere Reifen zerschossen!“ sagte der Typ vor uns und schloss die Augen. Ich atmete einmal tief ein und aus.
Iwan packte mich am Kopf und drückte mich etwas nach unten, damit die Franzosen mich vom Kofferraum aus nicht treffen konnten. Unerwartet ertönte ein weiterer Schuss, und wir sahen, wie die Fensterscheibe auf der Fahrerseite zersprang und der Fahrer an der Schläfe getroffen wurde. Er war sofort tot.
Ich erstarrte vor Schock und bewegte mich keinen Millimeter. Fabio hingegen hielt meine Hand und versuchte, mich zu beruhigen, aber es gelang ihm nicht.
„Falls ich das nicht überleben sollte und du es irgendwie schaffst, sag meiner Tochter nicht, dass ich ermordet wurde“, sprach Iwan ernst und begann zu zittern.
Ein weiterer Schuss fiel, traf durch die Fensterscheibe direkt Fabios Kopf. Wie der Fahrer starb, starb auch Fabio. Ich schrie auf und begann zu weinen. Sein Kopf hing leblos da, nur der Gurt hielt ihn aufrecht, während ich weiter seine Hand hielt, die er mir gegeben hatte.
Ohne Rücksicht wurde die Tür aufgerissen, in der Iwan saß. „Alter Mann, sofort aussteigen und du auch!“ forderte uns der Franzose auf, während ich Fabios Hand losließ und die von Iwan nahm.
Zuerst stieg Iwan aus dem Auto, dann ich. Vor uns standen vier Männer grinsend, und die Trauer, die ich in mir verspürte, verwandelte sich schlagartig in Wut. Ich ging unüberlegt auf einen der Männer los.
Sofort wurde ich über die Schulter eines Mannes geworfen und schrie, schlug und biss ihn in die Schulter. „Erschieß den alten Mann!“ Ich wollte mich wehren, um Iwan zu helfen, doch ich konnte nichts ausrichten und hörte nur den Schuss.
Ich sah Iwan zu Boden fallen und hörte das Gelächter der Männer. „Und dich werden wir zu unserem Boss bringen!“ sagte einer, während ich kopfüber hing und mir die Brosche aus dem Haar riss. Kaltblütig, da sie die wichtigsten Menschen für mich ermordet hatten, stach ich voller Wut mit der langen Nadel in die Haut des Mannes.
Er ließ mich fallen, und ich spürte sofort ein Stechen im Unterbauch. „Du Schlampe!“ fluchte er, hob mich auf und presste mich unsanft gegen die Wand, wobei er meine Kehle zudrückte.
„Lass sie noch am Leben!“ sagte der andere gelangweilt, während ich um das Leben zweier Herzen kämpfte. „Das wirst du noch büßen!“ zischte er und ließ seine Hand von mir ab. „Los! Beweg dich!“ schrie er mich an und schubste mich zum Auto, wo ich erneut zu Boden fiel.
Das Stechen im Bauch sorgte dafür, dass ich kein Gefühl mehr in den Beinen hatte und wegen der Taubheit und Schmerzen nicht aufstehen konnte. Der Mann, den ich mit meiner Brosche attackiert hatte, hockte sich zu mir und führte seinen Daumen zu meinem Kinn, sodass ich gezwungen war, ihm in die Augen zu schauen.
„Ich werde dich zwingen, dein Ungeborenes abzutreiben!“ grinste er gehässig und nahm seine Hände von mir, während ich meine Hand zu meinem Bauch führte. „Es reicht jetzt! Wir müssen los, und jemand muss sie ins Auto tragen“, mischte sich ein anderer ein.
Daraufhin wurde ich unter den Knien gepackt und ins weiße Auto getragen. „Versuch erst gar nicht, dich zu wehren!“
Ich saß in der Mitte des Autos und blickte zu Iwan, der am Boden lag, und zum anderen Auto, in dem zwei Leichen lagen. Ich verspürte keine Wut, Trauer oder Angst mehr. Es schien, als hätte ich verloren und wartete einfach auf meinen Tod. „Könnt ihr mich jetzt töten?“ fragte ich emotionslos, doch während einer damit einverstanden war, sprachen die anderen dagegen.
„Durchsucht sie nach Waffen!“ kam es von vorne, und der Fahrer startete den Motor. „Mal sehen, ob du eine Waffe unter deinem Kleid versteckt hast.“ Ich biss mir auf die Lippe und presste die Beine zusammen.
Der Mann führte seine ekelhafte Hand unter mein Kleid und strich mit den Fingern auf und ab. „Warum denn so schüchtern?“ lachte er, als er den Gurt entdeckte. „Jetzt reißt euch zusammen! Wir sind schließlich nicht hier, um Spaß zu haben!“ Der Mann verdrehte die Augen und nahm die Waffe unter meinem Kleid hervor.
Während der Fahrt blieb ich stumm und trauerte innerlich um die drei Menschen, die gestorben waren. Zwar kannte ich den Fahrer nicht, aber er war ein Mitglied der Camorra, ein Mensch, der mich ebenfalls beschützen wollte. Mein Blick richtete sich auf meine Hände, und ich vergoss eine einzige Träne, die jedoch niemand bemerkte.
„Jace, du bringst sie mit mir zu Matthew. Auf die anderen beiden kann ich mich nicht verlassen“, hörte ich, wie der Mann neben mir nickte. Wir fuhren auf eine große Halle zu. Bevor der Fahrer das Auto zum Stillstand brachte, zog ich mir die Pumps aus, damit ich überhaupt noch einen Schritt gehen konnte.
„Was machst du da?“ Er drückte mich wieder in den Sitz. „Darf man sich nicht mal die Schuhe ausziehen?“ Schließlich ließ er von mir ab und beäugte mich kritisch.
Dann stiegen wir aus, aber ich wurde über die Schulter geworfen, sodass ich nicht fliehen konnte. All das beunruhigte mich, da ich kein Lebenszeichen von Mason erhielt und die Schmerzen im Unterbauch an Stärke gewannen.
Als wir die gut besuchte Halle betraten, spürte ich die stechenden Blicke der Franzosen. „Das ist doch die Freundin von Mason Camorra. Jedenfalls hoffe ich, dass sie und das Ungeborene sterben, damit der Stammbaum nicht fortgesetzt wird!“ hörte ich die Aussage einer Frau, der ich funkelnd ins Gesicht sah und auf den Boden spuckte.
Ich sah, wie die zwei Männer mich in einen Raum brachten, in dessen Mitte ein großer Tisch stand, um den Stühle platziert waren. Endlich durfte ich wieder den Boden unter meinen Füßen spüren und bemerkte Matthew La Pégre am Ende des Tisches, der mich amüsiert musterte. „Besorgt ihr etwas anderes zum Anziehen!“ forderte er die beiden Männer auf, die daraufhin den Raum verließen.
„Ich hoffe, die Jungs haben dir keine Umstände bereitet“, sagte er und erhob sich vom Stuhl. „Schade, dass du keine Französin bist.“ Er kam auf mich zu und als er vor mir stand, nahm er meinen Arm und betrachtete das Logo der Camorra. „Zwar ein schönes Tattoo, aber unseres ist viel schöner!“ Ich riss meinen Arm aus seiner Hand und trat einen Schritt zurück.
„Lass uns einen Deal machen. Ich ziehe all meine Truppen zurück und lasse Mason nicht qualvoll sterben, wie er es eigentlich verdient, wenn du die Camorra verrätst und ein neues Mitglied meiner Mafia wirst. Was hältst du davon?“
„Du kannst mich mal!“ Ich grinste ihn an, woraufhin er mich weiter zu sich zog und mir die verwahrlosten Strähnen aus dem Gesicht strich. „Dann zwinge ich dich, bei uns zu bleiben. Außerdem müsstest du das Kind abtreiben, weil du die Mutter meines Kindes wirst und nicht die eines Italieners! Schließlich brauchen wir einen Nachfolger!“ Ich stieß ihn ruckartig von mir und sah ihn fassungslos an.
„Du tust dem Kind nichts!“ schrie ich ihn an, doch er lachte nur höhnisch. „Du kannst nichts gegen mich ausrichten, und vielleicht wird dein Nachname bald von ‚Russo‘ zu ‚La Pégre‘!“ Energisch schüttelte ich den Kopf.
„Du kannst mir alles nehmen, aber die Liebe zu Mason und zu meinem Kind kannst du mir nicht nehmen!“ Genervt fuhr er sich durch die Haare und sah mich ernst an.
„Das ist nicht mein Problem. Weißt du, wo die Liebe bei mir ist? Am Arsch der Welt!“ Wir sahen, wie die Tür des Raumes sich öffnete und die beiden Männer zurückkehrten, die jetzt einen Pullover und eine Jogginghose in den Händen hielten.
Einer der Männer übergab Matthew die Kleidung und verließ dann den Raum. „Du kannst dich zwischen dem Kleid, der Jogginghose und dem Pullover entscheiden.“ Ich nahm die Sachen aus seiner Hand und sah ihn abwartend an.
„Umdrehen!“ zischte ich ihn an, woraufhin er die Hände in die Luft hob und sich schließlich umdrehte. Zuerst zog ich die Jogginghose unter das Kleid, doch ich kam nicht weiter, weil ich die Schnürung der Corsage ohne Hilfe nicht öffnen konnte.
„Du musst mir helfen!“ kam es widerwillig aus meinem Mund, und ich sah, wie Matthew grinsend zu mir zurückblickte. „Mach daraus jetzt keine Geschichte und öffne einfach die lästige Schnürung!“ forderte ich ihn auf und drehte mich mit dem Rücken zu ihm.
Er legte meine Haare über eine Schulter und strich mir sanft über den Arm. „Ich mag aber Geschichten,“ flüsterte Matthew mir ins Ohr, was mich kurz erstarren ließ, bevor ich mich wieder fing.
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Hallöchen!
Ruhe in Frieden Iwan, Fabio und der Fahrer🙇🏼♀️
xoxo Hannah
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