Kapitel 7: Nudeln

Es war, wie ich es vermutet hatte. Am Montag musste ich zum Schulrektor und die Situation vom Freitag erklären. Ich versicherte, dass so etwas nicht mehr vorkommen würde und wurde dadurch, dass ich bisher nie etwas verbrochen hatte, lediglich verwarnt. In meiner Klasse wurde rege getuschelt und immer wieder heimlich zu mir gesehen. Schaute ich jedoch in die Richtung meiner Mitschüler würde es sofort still. Ich seufzte. Natürlich wusste die ganze Schule inzwischen Bescheid und egal, wo ich hin ging, überall war Getuschel. Es war ziemlich nervig, aber was sollte man machen? Inzwischen war Donnerstag und durch das ständige Getränke oder Essen kaufen, war ich ziemlich knapp bei Kasse und musste ziemlich viel sparen. Mein Gehalt würde ich nämlich erst am 15. nächsten Monat bekommen und wir hatten erst den 27.ten. Ich war ziemlich froh, als ich von der Schule aus direkt nach Hause konnte. Heute musste Motsoko, mein Chef auf einen Geburtstag, weshalb der Kiosk heute ausnahmsweise geschlossen blieb. Und da sich Hanma bisher noch nicht bei mir gemeldet hatte, beschloss ich, dass ich den heutigen Tag mit Lou verbringen konnte. Zuhause begrüßte mich Lou mit einem Kuss und erkundigte sich nach meinem Schultag.
"Ja alles wie immer" meinte ich.
"Machst du was zu essen? Ich hab echt Hunger" fragte er mich dann.
"Klar" nickte ich und ging in die Küche. Dort holte ich eine Packung Nudeln und ein Glas Tomatensauce. Die Nudeln waren schnell gekocht und die Soße musste nur aufgewärmt werden. Ich deckte den Tisch ein und rief dann Lou zum Essen. Ich goss die Nudeln ab und stellte alles auf den Tisch, ehe ich mich setzte. Kurz darauf setzte Lou sich zu mir.
"Was gibt es denn heute?" fragte er neugierig, während er sich ein Glas Cola einschenkte.
"Nudeln mit Tomatensauce" erklärte ich ruhig. Er stellte die Flasche ab und sah mich an. Das Lächeln von zuvor hatte seine Züge gänzlich verlassen.
"Das ist ein Witz" meinte er. Er sprach so ruhig und dennoch konnte ich unterdrückte Wut in seiner Stimme heraushören.
"Nein ist es nicht"meinte ich zögerlich. Was hatte er denn auf einmal?
"Ist das dein scheiß ernst Himari?!" brüllte er mich plötzlich an und sprang auf, während er die Hände auf den Tisch knallte. Ich zuckte bei dem überraschenden Stimmungswechsel heftig zusammen.
"Was meinst du?" fragte ich ihn verwirrt.
"Eine Woche! Seit einer beschissenen Woche essen wir nur Nudeln!" brüllte er weiter. Langsam erhob ich mich. Ich mochte es nicht, wie er so über mir stand und sich vor mir aufbaute.
"Ich kann es im Moment aber nicht ändern. Jetzt beruhige dich bitte und schrei mich nicht so an" versuchte ich ihn zu besänftigen.
"Was soll das heißen, du kannst es nicht ändern?! Du bist für das Essen verantwortlich, also sorg dafür, dass ich nicht eine ganze Woche das gleiche essen muss!"
"Ich kann es aber gerade nicht ändern Lou. Ich bin knapp bei Kasse und das ist alles, was wir Zuhause haben. Ich bekomme mein Geld erst nächsten Monat" erklärte ich ihm weiterhin ruhig. Langsam machte er mir mit seinem Verhalten ganz schön Angst.
"Was soll das heißen, du bist knapp bei Kasse?!"
"Das soll heißen, dass ich kaum noch Geld habe"
"Dann solltest du vielleicht weniger mit deiner Freundin shoppen oder sonst was machen!"
"Du könntest ja auch einfach mal was in die Haushaltskasse zusteuern, du bezahlst nämlich überhaupt nichts" schlug ich vor.

Mein Kopf wurde zur Seite gerissen und mir wurde für einen Moment schwindelig. Kurzzeitig hörte ich ein leises Fiepen in meinem Ohr. Dann fühlte es sich an, als würde ich durch die Wasseroberfläche brechen und alles war wieder ganz klar. Ein heftiger Schmerz zog sich durch meine Wange, während Lou weiter polterte. Für einen Augenblick verstand ich nicht, was gerade geschehen war, bis ich Begriff, dass Lou mir eine gescheuert hatte. Er hatte mir eine Ohrfeige verpasst. Tränen brannten in meinen Augen. Das hätte ich nie von ihm gedacht.... Langsam drehte ich meinen Kopf wieder zu Lou, welcher inzwischen wohl auch bemerkt hatte, was er getan hatte und mit einem Mal ruhig war.
"Scheiße..... Himari.... Ich...." Ich ließ ihn nicht zu Wort kommen, sondern verließ augenblicklich die Küche und zog mir meine Schuhe über. Lou folgte mir in den Flur.
"Himari hey, es tut mir leid, ich wollte doch nicht schlagen ehrlich ich-"
"Lass gut sein" meinte ich und verließ eilig die Wohnung. Ich wusste nicht so recht, wo ich überhaupt hin wollte, aber meine Füße trugen mich wie von selbst. Ich war verwirrt, geschockt, verletzt..... Wie konnte er mir so etwas nur antun? Und das nur wegen ein paar Nudeln! Ich begriff es einfach nicht. Er war noch nie derart ausgerastet.
Ehe ich mich versah, stand ich auch schon vor der Spielhalle. Ich war ganz instinktiv hierher gelaufen. Nicht weiter verwunderlich, wenn man bedenkt, dass ich sonst keinen Ort hatte, wo ich hin konnte. Ich schloss die Augen und atmete einmal tief durch, um mich zu beruhigen. Dann wischte ich mir noch die Tränen weg und betrat dann die Halle. Mein Weg führte mich direkt durch die Männer zu der üblichen Sitzecke. Es war Nachmittag, somit war hier viel los. Auch Tami und Chome waren wieder hier und amüsierten sich gerade wohl bei einem Kartenspiel. Ich blieb neben dem Sessel von Hanma stehen und starrte einfach nur auf das Kartenspiel. Es war Uno. Auch Hanma hatte ein paar Karten in der einen und eine fast abgebrannte Zigarette in der anderen Hand. Letztere drückte er nun im Aschenbecher aus, ehe er mich bemerkte und verwundert zu mir sah.
"Kitty? Was machst du denn hier?" fragte er überrascht. Ich sah zu ihm hinunter. Nun, wo er saß, war ich ausnahmsweise mal größer, als er.
"Himari! Wie schön dich zu sehen! Willst du-" Tami brach ab. Sie merkte wohl, dass etwas nicht stimmte.
Als ich so in seine Augen sah, kamen mir erneut die Tränen, welche sich nicht aufhalten ließen und einfach über meine Wangen kullerten.
"Himari, was hast du denn?" fragte Tamiko perplex. Ich schluchzte auf.
"Kitty...." Ohne wirklich darüber nachzudenken, warf ich mich Hanma an den Hals und vergrub mein Gesicht an seiner Brust. Wie erstarrt saß er für einen Moment da, ehe er zögerlich die Arme um mich legte. Die Karten, welche er zuvor noch in der Hand gehalten hatte, waren ihm hinunter gefallen. Tatsächlich half es, in Hanmas Armen zu liegen, denn so beruhigte ich mich relativ schnell wieder. Dennoch hörte er nicht auf, mir leicht durch die Haare zu streichen. Es fühlte sich gut an.
"Tut mir leid...." murmelte ich leise an seiner Brust, als ich meiner Stimme wieder vertraute.
"Geht es wieder Himari? Was war denn los?" fragte Tami mich besorgt. Vorsichtig setzte ich mich auf und wischte mir die restlichen Tränen weg.
"Ich hatte Streit mit Lou.... Ziemlich heftigen" erklärte ich. Die Ohrfeige ließ ich jedoch lieber weg, nicht, dass sie noch auf dumme Ideen kamen.
"Oh ich verstehe....." meinte sie. Als ich zu ihr sah, kam gerade Chome wieder. In seiner Hand hatte er eine Dönerbox. Die hatte er sich wohl gerade besorgt. Als der Geruch zu mir herüber kam, knurrte wie auf Anhieb mein Magen. Chome, welcher sich gerade die erste Gabel in den Mund hatte schieben wollen, hielt inne und sah zu mir. Ich wurde leicht rot. War das unangenehm.... Sein Blick wanderte zu der Box in seiner Hand und wieder zu mir. Dann ließ er die Gabel in die Box fallen und hielt mir diese wortlos hin. Überrascht sah ich ihn an. Zögerlich nahm ich sie entgegen.
"Uhm...... Danke Chome...." murmelte ich peinlich berührt. Damit hätte ich nie gerechnet.... Tami lächelte einfach nur vor sich hin. Ich nahm mir die Gabel und fing nun meinerseits an, zu essen.

Eine Hand griff an mir vorbei in die Dönerbox und zog eine Pommes heraus. Überrascht folgte ich der Hand und sah zu, wie Hanma die Pommes aß. Erst jetzt fiel mir auf, dass ich noch immer auf seinem Schoß saß. Sofort drehte ich meinen Kopf wieder nach vorne und wurde hochrot. Oh Gott. Peinlich. Peinlich, peinlich, peinlich! Scheiße, warum brachte ich mich auch immer in solche Situationen?
"Also ihr zwei könnt mir erzählen, was immer ihr wollt. Das ist sowas von auffällig"meinte Tami plötzlich. Irritiert sah ich sie an. Hatte ich was nicht mitbekommen?
"Wovon sprichst du?"
"Na von euch beiden"meinte sie und deutete auf Hanma und mich. Verwirrt legte ich meinen Kopf schief.
"Was ist mit uns?"
"Ihr steht aufeinander, ist doch ganz klar!"meinte sie. Perplex sah ich sie an.
"Wie kommst du denn auf den Mist? Ich bin vergeben, falls du es schon wieder vergessen hast"meinte ich.
"Na und? Das lässt sich ja ändern"
"Ich will das aber nicht ändern. Ich liebe Lou"meinte ich fest.
"Und stehst auf Hanma. Gibs schon zu"meinte sie grinsend.
"Du spinnst doch"
"Und warum sitzt du dann immer noch auf seinem Schoß?"fragte sie mich provozierend.
"Weil ich gerade am essen bin vielleicht?"
"Tolle Ausrede"grinste sie.
"Das ist keine Ausrede!"
"Du wirst bei ihm auch ständig rot"
"Das werde ich nicht nur bei ihm"
"Das hätte ich jetzt auch gesagt"
"Hast du aber nicht"
"Ich streite ja auch nichts offensichtliches ab"
"Da ist nichts zuzugeben!"
"Sagst du"
"Man du gehst mir auf den Keks Tami"stöhnte ich genervt und aß weiter. Während ich hoch konzentriert die Pommes und das Dönerfleisch in der Box auf die Gabel spießte, spürte ich, wie Hanma wie gestern anfing, etwas mit meinen Haaren zu machen. Was hatte er jetzt schon wieder für eine Mission? Aus diesem Kerl wurde ich wirklich nicht schlau. Da er jedoch nichts schlimmes zu tun schien, ließ ich ihn einfach machen. Ich spürte, wie er meine Haare mit den Händen grob durchkämmte und zu einem Zopf zusammen fasste. Dann drehte er sie ein, sodass ein Dutt entstand. Das Ende versuchte er so zu befestigen, dass der Dutt nicht wieder aufging. Wollte ich wissen, woher er wusste, wie sowas ging? Wohl eher nicht. Als er meine Haare jedoch los ließ, löste sich der Zopf augenblicklich und drehte sich wieder auf. War wohl nichts. Als die Box schließlich leer war, stellte ich sie auf dem Tisch ab.
"Wollt ihr weiter spielen?"fragte Tami schließlich in die Runde und mischte bereits die Karten.
"Ich spiele auch mit"meinte ich und erhob mich von Hanmas Schoß und setzte mich auf die freie Couch. Immerhin durfte auch niemand meine Karten sehen. So spielten wir dann einige Runden und hatten unheimlich Spaß. Ich lachte ziemlich viel und holte uns einmal nach einem Rundgang etwas zu trinken aus der Kühlbox. Wer die wohl immer mitbrachte? Es wurde immer später und ich immer müder, sodass ich tatsächlich irgendwann mitten im Spiel einschlief.
"Himari du bist"machte Tami sie aufmerksam, schaute jedoch verwundert auf, als keine Reaktion von der Angesprochenen kam.
"Oh.... Sie schläft"murmelte sie dann. Tatsächlich war Himaris Kopf zur Seite gelegt und ihre Hände lagen locker auf ihrem Schoß, während die Spielkarten beinahe heraus fielen.
"Und jetzt? Sie kann ja nicht die Nacht über hier bleiben" fragte sie in die Runde. Inzwischen war es im Hauptquartier ziemlich ruhig geworden, da die meisten schon gegangen waren. Und kurz darauf gingen auch die letzten nach Hause.

Ich wurde durch das Klingeln meines Handyweckers wach und tastete müde danach, traf meinen Nachttisch jedoch nicht. Seufzend wollte ich schon die Augen öffnen, als das Klingeln von selbst aufhörte. Seltsam.... Blinzelnd sah ich zu meinem Nachttisch.... oder dorthin, wo er sein sollte. Irritiert setzte ich mich auf und sah mich um. Wo zur Hölle war ich hier.
"Wenn du so weiter machst, wirst du deine Schulden nie abarbeiten Kitty"ertönte es plötzlich und ich sah überrascht nach rechts zu der offen stehenden Balkontür. Draußen lehnte Hanma am Geländer, eine Zigarette im Mund und mein Handy in der Hand.
"Dein Freund ruft seit gestern Abend schon ständig an"informierte er mich. Immernoch recht perplex sah ich mich erneut um. War das hier seine Wohnung? Wenn ja, dann war das hier wohl sein Schlafzimmer..... Moment.... Skeptisch sah ich an mir hinunter und atmete sogleich erleichtert auf. Ich trug noch meine Sachen. Abgesehen von meinen Schuhen, welche jedoch neben dem Bett standen. Ich erhob mich und schlüpfte in diese hinein, ehe ich zu ihm nach draußen kam und die kühle Morgenluft genoss.
"Entschuldige...."sprach ich schließlich, als ich mich auf dem Geländer abstützte und über die Stadt vor mir blickte. Ich spürte seinen Blick auf mir ruhen.
"Ich bereite dir Umstände....."erklärte ich.
"Passt schon Kitty. Mit dir wirds wenigstens nicht langweilig"stellte er fest und pustete den Rauch aus, ehe er sich neben mir ebenfalls abstützte.
"Und dabei war ich bis vor kurzem noch so ziemlich die langweiligste Person, die ich selbst kannte"gestand ich.
"Eine Streberin meinst du wohl"
"Ich bin keine Streberin"schmollte ich.
"Stimmt, sonst würdest du jetzt nicht so entspannt hier stehen"grinste er.
"Wie spät ist es denn?"
"Halb 8"
"Was?!"entsetzt sah ich ihn an und schnappte mir dann mein Handy aus seiner Hand und sah darauf.
"Fuck!"rief ich und eilte sofort wieder rein und lief aus dem Zimmer. Ich riss jede Tür auf, um die Haustür zu finden.
"Links"ertönte es plötzlich hinter mir und ich zog die linke Tür auf. Endlich. Ich lief aus der Wohnung und rannte die Treppen hinunter ins Erdgeschoss. Hanma folgte mir, jedoch wesentlich entspannter. Draußen angekommen sah ich mich eilig um. Verdammt. Wo war ich hier?
"Rechts"lenkte er mich erneut und ich lief nach rechts, wo ich allerdings nur zu einer Reihe Garagen kam. Genervt sah ich zu ihm.
"Ich hab jetzt keine Zeit für deine Spielchen! Sag mir, wo ich lang muss!"meinte ich gestresst.
"Entspann dich Kitty"
"Wie soll ich mich denn entspannen?! Ich muss in weniger als einer halben Stunde in der Schule sein und muss davor noch nach Hause und meine Sachen holen!" meinte ich und raufte mir die Haare. Er lief an mir vorbei und legte dabei kurz eine Hand auf meinen Kopf, ehe er eine Garage öffnete und ein Mopet heraus holte. Irritiert sah ich ihm dabei zu, wie er aufstieg und es startete.
"Steig auf ich fahr dich"meinte er. Perplex sah ich ihn an, ehe ich schnell hinter ihm aufstieg und ihm meine Adresse nannte.
"Halt dich gut fest Kitty. Aber lass deine Krallen drinnen"meinte er, ehe er auch schon losfuhr. Erschrocken schlang ich meine Arme um seinen Bauch und krallte mich in seiner Jacke fest. Gemeinsam rasten wir so durch die Straßen von Tokyo und holten sogar noch die Bahn ein, welche ich sonst jetzt hätte nehmen müssen. Als er das Tempo noch erhöhte, klammerte ich mich noch mehr an ihm fest.
"Oi hab ich dir nicht gesagt, dass du deine Krallen drinnen lassen sollst?!"rief er zu mir nach hinten.
"Tschuldige!"rief ich zurück und lockerte meine Hände etwas. Wenig später kamen wir dann in meiner Straße an und er wurde langsamer, ehe er vor meiner Wohnung hielt.
"Beeil dich lieber"
"Das brauchst du mir nicht zu sagen"meinte ich und eilte nach oben in meine Wohnung, welche ich so schnell es ging aufschloss. Drinnen war es still. Ich zog mir schnell meine Schuluniform an und schnappte mir meine Tasche, ehe ich wieder hinaus sprintete. Ich legte mir meine Tasche um, ehe ich auch schon Hanmas Jacke im Gesicht hatte. Dankbar band ich sie mir um die Hüfte, bevor ich mich wieder hinter ihn setzte und er losfuhr. Er wendete und gab dann wieder Gas. Er fuhr mich bis zur Schule, wo er auf dem Parkplatz anhielt.
"Du hast noch zwei Minuten also renn Kitty"meinte er.
"Danke!"meinte ich noch, ehe ich abstieg und schon losrannte. Hanma seufzte und sah ihr nach. Er begriff wirklich nicht, warum es ihr so wichtig war, zur Schule zu gehen..... Und jetzt hatte sie auch noch seine Jacke mitgenommen....

Pünktlich zum Klingeln kam ich an meinem Klassenraum an und fuhr mir einmal kurz durch die Haare, ehe ich tief durchatmete, um mich ein wenig zu beruhigen und dann die Tür öffnete. Augenblicklich wurde alles still und ich spürte die Blicke der anderen auf mir ruhen. Mussten die immer so gucken? Und schon ging das Getuschel wieder los. Genervt ging ich zu meinem Platz und setzte mich. Irritiert sah ich an mir herunter, als ich nicht, wie erwartet das kalte Holz an meinen Oberschenkeln spürte.
"Ups"murmelte ich leise, als ich Hanmas Jacke erblickte, welche ich noch immer um die Hüfte gebunden trug. Ich löste die Ärmel und hängte sie über die Stuhllehne. Die musste ich ihm dann wohl nachher wiederbringen.... Länger konnte ich nicht darüber nachdenken, denn in dem Moment kam schon unser Lehrer. Wir erfuhren, dass wir dieses Jahr dafür zuständig waren, die Abschlussfeier zu gestalten. Das beinhaltete auch einen Musikauftritt oder ähnliches.
"Heute nach der letzten Stunde findet in der Aula ein Vorsingen statt. Dort wird geklärt, ob und wer auf der Abschlussfeier singen wird. Sollte sich niemand finden, wird es wohl auf ein Theaterstück hinauslaufen"erklärte unser Lehrer uns.
"Das ist eine verpflichtende Veranstaltung"hängte er noch hinten dran. Na hervorragend. Somit würde ich heute zu spät zur Arbeit kommen...... Vorsingen.... vor der ganzen Klasse.... na hervorragend....
Die Stunden zogen schnell vorüber. Viel schneller, als es sonst der Fall war. Sogar Physik zog sich heute ausnahmsweise mal nicht so in die Länge, wobei ich diesmal ehrlich dankbar gewesen wäre, wenn es so gewesen wäre. Somit gaben wir uns gesammelt als Klasse nach der letzten Stunde in die Aula und stellten und in eine Reihe. Es war vor der Bühne ein Tisch mit mehreren Stühlen aufgebaut worden, an welchen sich nach kurzem unser Klassenlehrer, unsere Musiklehrerin und unsere Theaterlehrerin setzten. Die Mädchen drängten sich alle in der Reihe nach vorne, waren sich sicher, dass sie die Position bekommen würden. Ich reihte mich relativ weit hinten ein. Ich hatte wirklich keine Lust darauf. Ich war immer der Meinung, dass ich nicht so überragend singen konnte, auch, wenn ich es in meiner Freizeit ab und an ganz gerne tat. Dann jedoch auch nur, wenn mich niemand hören konnte.
Nach und nach kamen wir dran und mussten zu dem Song "Wie schön du bist" von Sarah Connor singen. Unsere Lehrer waren inzwischen schon ganz schön frustriert und am verzweifeln. Vor mir war noch Nami dran, welche jedoch viel zu hoch sang, sodass das schnell abgebrochen wurde. Vermutlich würde ich mich genauso anhören.... Nervös spielte ich mit dem roten Band, welches an dem Ärmel der Jacke herunter hing. Ich hatte sie mir angezogen, um sie nicht womöglich noch zu verlieren.
"Himari. Bitte"meinte mein Klassenlehrer und deutete vor sich auf die Bühne. Ich stieg die paar Stufen hinauf und stellte mich vor das Mikrofon. Ich schloss meine Augen und atmete tief durch. Wieder sog ich dabei den Geruch nach Lagerfeuer im Sommer ein und musste leicht lächeln, als er mich sogleich beruhigte. Die Musik fing an zu spielen und ich griff nach dem Mikrofon. Meine Augen hielt ich geschlossen, damit ich die Gesichter nicht sehen musste. Dann fing ich gemeinsam mit Sarah an zu singen. Ich nahm nichts außer der Musik um mich herum wahr. Ich war in meiner eigenen Welt. Das Lied hatte ich in meiner Heimzeit früher immer gerne gesungen, wenn ich allein war, deswegen konnte ich den Text auswendig.

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top