Kapitel 16: Foto

Als wir bei ihm Zuhause ankamen, zog ich mich nurnoch um, putzte meine Zähne und legte mich ins Bett. Hanma dagegen machte sich erst noch eine Kleinigkeit zu essen, ehe auch er sich fertig machte und sich zu mir legte. Auffordernd hielt er den Arm auf, woraufhin ich zu ihm rutschte und mich an ihn kuschelte. Hier fühlte ich mich einfach am sichersten und das schien auch er zu wissen.
"Danke" murmelte ich leise, während er mir über die Haare strich.
Am nächsten Morgen ging ich erstmal duschen, ehe ich mich, wie jedes Mal, im Spiegel ansah. Die Hämatome sahen immer besser aus. Ich musterte mein Gesicht. Das blaue Auge war fast ganz verschwunden, nurnoch ganz leicht konnte man es erahnen. Meine Augen wanderten weiter, bis zu meinen Haaren, welche mir nass über die Schultern fielen. Sogleich tauchten die Bilder von gestern wieder auf, wie Lou mich an meinen Haaren gepackt und zurück gerissen hatte. Wären sie nur nicht so lang gewesen. Trotz des Zopfes, den Hanma mir gemacht hatte, waren sie einfach zu lang gewesen. Wären sie kürzer gewesen, hätte er mich nicht gekriegt.
Je mehr ich darüber nachdachte, desto mehr fing ich an, meine Haare zu hassen, sie zu verfluchen und der drang, sie einfach abzuschneiden wuchs immer mehr. Ich zog mich an, ehe ich nach einer Schere suchte. In jeder Schublade, jedem Schrank suchte ich eine Schere, doch ich fand keine. Dann eben aus der Küche. Ich kam aus dem Bad und eilte in die Küche, wo ich die Schubladen nach einer Schere absuchte und diese auch schnell fand. Damit bewaffnet ging ich zurück ins Bad, wo ich meine Haare böse ansah und mit den Händen zu einem Zopf zusammen fasste. Ich hob meine Hand mit der Schere und setzte sie an. Einen Moment lang hielt ich inne, ehe ich nochmal zögerte und die Schere sinken ließ. Ich hatte immer so lange Haare haben wollen, sollte ich sie nun wirklich einfach abschneiden? Wieder tauchten die Szenen von gestern in meinem Kopf auf. Ich atmete tief durch, ehe ich meine Augen schloss und meine Haare mit einem Ruck abschnitt..... Doch bevor ich die Schere zudrücken konnte, hielt mich eine Hand davon ab, indem sie meine festhielt. Erschrocken und überrascht zugleich öffnete ich meine Augen und sah Hanma durch den Spiegel an.
"Was soll das werden Kitty?" fragte er mich ernst.
"Hanma...." flüsterte  ich verblüfft.
"Ich..... Ich wollte....." murmelte ich und ließ die Schere sinken. Er sah mich abwartend an, sodass ich hinunter sah.
"Ich wollte sie abschneiden..... Wären sie gestern nicht so lang gewesen, wären sie kurz gewesen, dann hätte er...... dann hätte er mich nicht bekommen und....." erklärte ich ihm verzweifelt und wurde immer leiser dabei. Hanma seufzte und nahm mir die Schere ab.
"Laber nicht so ne Scheiße Kitty" brummte er und fing an, meine Haare zu kämmen. Irritiert sah ich ihn wieder im Spiegel an.
"Er hätte dich früher oder später auch so bekommen. Aber das hat er nicht, also hör auf darüber nachzudenken"
"Aber..... Was wenn er das nächste Mal-"
"Es wird kein nächstes Mal geben Himari. Jetzt hör auf so einen Müll von dir zu geben" Ich nickte brav und schaute ihm schweigend zu, wie er meine Haare kämmte und erneut flocht. Es war irgendwie niedlich mit anzusehen, wie kompliziert er das machte, weswegen ich schmunzelte.  Doch schlussendlich hatte ich einen hübschen Zopf über meiner Schulter liegen und ich war froh, dass er mich davon abgehalten hatte, sie abzuschneiden.
"Und jetzt mach dich endlich fertig"forderte er und verließ mit der Schere in der Hand das Badezimmer. Ich nickte noch, ehe ich mein Gesicht eincremte und dan zu ihm kam und meine Schuhe anzog. Hanma stand bereits an der Tür und wartete geduldig, bis ich fertig war. Gemeinsam gingen wir dann zur Halle, wo einige bereits gemeinsam chillten. Von Tami war jedoch keine Spur. Von Chome erfuhr ich, dass diese in der Schule war. Also arbeitete ich weiter an meinen Büchern für die Gang, während die anderen entspannten und mir zusahen. Irgendwann hatte ich gedoch keine Lust mehr darauf und holte uns erstmal etwas zu trinken. Dabei entdeckte ich Tamis Gitarre, welche ich prompt ebenfalls mit zur Sitzecke nahm. Dort angekommen fing ich an, ein wenig auf ihr zu spielen. Während ich so vor mich hin klimperte kamen mir immer wieder ein paar Songtext Zeilen in den Kopf, welche ich mir auf einen Zettel schrieb. Doch so richtig wollte kein zusammenhängender Text daraus werden. Es war frustrierend. Gegen frühen Nachmittag brachte Hanma mich dann zur Arbeit. Er erklärte mir noch, dass ein paar aus der Gang immer in der Nähe blieben, ehe er verschwand. Abgeholt wurde ich immer von jemand anderem. Mal von Hanma, mal von jemand anderem. Öfters jedoch auch von Hike. Es passierte jedoch die ersten Tage nichts besonderes.

Heute schien der Tag wieder genauso öde zu werden, wie die davor. Seit 3 Tagen ging ich nun wieder zur Schule und probte mit der Schulband, doch uns wollte einfach kein Lied so richtig gefallen. Auf der Arbeit war genauso wenig los, wie in der Schule. Ich bediente gerade eine blonde Frau, sie war vielleicht Anfang 30 und hatte die gleiche Augenfarbe, wie ich, was ich sehr außergewöhnlich fand.
"Einen schönen Tag wünsche ich dann noch"sprach ich freundlich.
"Vielen Dank, Ihnen auch"sprach sie, ehe sie sich umdrehte und zur Tür ging. Da fiel mir auf, wie ihr ihr Portemonnaie aus der Jackentasche heraus rutschte und zu Boden fiel. Der Frau fiel es nicht auf, weshalb ich nach ihr rief und zu dem Portemonnaie lief.
"Warten Sie, Sie haben etwas verloren!"rief ich und hob die Brieftasche auf. Die Frau drehte sich verwundert um und kam zurück zu mir.
"Oh, wie aufmerksam, vielen Dank!"meinte sie. Während ich die Geldbörse hochhob entdeckte ich beim zuschlagen ein Foto von einem kleinen Baby.
"Wie niedlich"stellte ich fest.
"Oh, das war meine kleine Tochter kurz nach der Geburt"erklärte sie mit und lächelte. Allerdins hatte ihr Lächeln etwas trauriges an sich.
"Oh verzeihung, ich wollte nicht neugierig sein"meinte ich und reichte ihr die Brieftasche.
"Ist kein Problem. Also dann, auf Wiedersehen"
"Auf Wiedersehen...."murmelte ich. Seltsam, irgendwie kam mir das Foto von dem Baby merkwürdig bekannt vor, als hätte ich es schon einmal irgendwo gesehen..... Ich schüttelte den Kopf und ging zurück an die Arbeit. Das war unmöglich, immerhin kannte ich die Frau gar nicht. Den restlichen Tag über ging mir das Foto nicht mehr ausdem Kopf, sodass ich Hike nach meiner Schicht bat, mich zu meinem ehemaligen Heim zu fahren. Dort angekommen wartete er draußen auf mich, während ich hinein ging und meinen Betreuuer nach dem Fotoalbung aller Kinder, welche hier aufgenommen wurden fragte. Dieser gab es mir und ich blätterte es durch. Hier musste es irgendwo gewesen sein... Ich blätterte immer weiter, bis ich fast am Ende stehen blieb. Da war es. Es war genau das selbe Bild..... Ich sah daneben auf die Schrift. Himari mit 5 Tagen - Aus der Babyklappe. Meine Augen weiteten sich. Unmöglich..... das konnte doch gar nicht...... Das musste ein Irrtum sein......

Endlos verwirrt verließ ich das Heim wieder und stieg zu Hike aufs Bike. Er musterte mich kurz, ehe er dann zum Hauptquartier fuhr. Ich beschloss, zunächst niemandem davon zu erzählen, bis ich mir ganz sicher war. Und das war ich mir ein paar Tage später, als die Frau erneut in den Kiosk kam, um sich etwas Süßes zu kaufen.
"Vielen Dank noch einmal für letztes Mal" lächelte sie mich an.
"Gerne doch. Wie alt ist Ihre Tochter inzwischen eigentlich?" fragte ich sie.
"Sie müsste jetzt 16 Jahre alt sein" meinte sie.
"Müsste?" hakte ich nach.
"Ja ich.... Habe keinen Kontakt zu ihr. Sie kennt mich auch gar nicht"
"Oh.... Wie heißt sie denn?"
"Ich habe die Himari genannt. Das bedeutet Sonnenblume. Das waren meine Lieblingsblumen" erklärte sie lächelnd. Mein aufgesetztes Lächeln verschwand. Das war nicht möglich.....
"Warum haben sie keinen Kontakt zu ihr? Sie scheinen sie ja sehr gern zu haben"
"Oh wissen sie, ich war selbst noch sehr jung, als ich schwanger wurde. Ich war nicht in der Lage, mich um sie zu kümmern. Ich war überfordert. Es fiel mir damals sehr schwer, aber es war das richtige, sie kurz nach der Geburt in die Babyklappe zu legen. Somit hatte sie wenigstens die Möglichkeit auf ein vernünftiges Leben."erklärte sie seufzend. Ich ballte meine Hand zur Faust.
"Sie hat sich immer gewünscht, dass ihre Eltern sich zumindest nach ihr erkundigen" sprach ich leise. Mit einem leisen Klingeln öffnete sich die Tür und jemand kam rein, doch das war mir egal.
"Woher.... wollen sie das wissen? Kennen sie meine Tochter etwa?" fragte sie irritiert nach. Ich sah von meinen Händen zu der Frau auf und öffnete meinen Mund, um ihr zu antworten.
"Himari, jetzt komm endlich, ich hab noch was vor und muss dich vorher noch zurück bringen!" rief Hike von der Tür aus. Die Frau sah zu ihm und dann entsetzt zu mir.
"Du bist....." Ich sah die Frau einen Moment lang schweigend an, ehe ich um die Theke herum kam und zu Hike ging. Im selben Moment kam auch mein Chef nach vorne und übernahm wieder.
"Warte doch, ich-" Die Frau wollte mir folgen, doch mein Chef hielt sie auf.
"Moment, sie müssen das noch bezahlen!"
Ich verließ unterdessen mit Hike den Kiosk und stieg mit ihm auf sein Motorrad. Er startete es und ich legte die Arme um ihn.
"Bitte warte!" rief die Frau noch.
"Wer ist das?" fragte Hike mich.
"Fahr" meinte ich lediglich und er zuckte die Schultern und fuhr los. Ich schloss die Augen. Ich war verwirrt, verletzt, überfordert, wusste nicht, was ich tun oder denken sollte.
"Hey, ist alles in Ordnung?" fragte er mich unterwegs ruhig. Ich schüttelte an seinem Rücken leicht mit meinem Kopf.
"Wir sind gleich da" versicherte er mir daraufhin und fuhr noch etwas schneller. Tatsächlich hielten wir wenig später an der Spielhalle und ich stieg ab. Hike wartete noch, bis ich durch die Tür hindurch ging, ehe er weiter fuhr. Drinnen angekommen lief ich sofort zur bekannten Sitzecke, wo die anderen bereits saßen und sich unterhielten. Es mochte vermutlich jetzt seltsam rüber kommen, aber ich bräuchte das jetzt einfach. So lief ich ohne etwas zu sagen direkt zu Hanma, setzte mich auf seinen Schoß und vergrub mein Gedicht an seiner Schulter, während ich meine Arme um seinen Nacken legte. Ich spürte seinen überraschten Blick auf mir, ehe er anfing, über meine Haare und meinen Rücken zu streichen.
"Kitty?"
"Himari? Was ist los? Was ist passiert?" fragte auch Tamiko überrascht und besorgt. Ich reagierte nicht darauf, sondern atmete einfach nur ein paar Mal tief ein und beruhigte meine wirren Gedanken ein wenig. Ich hätte vermutlich noch länger schweigend so auf seinen Schoß gesessen, doch Hanma umgriff mein Gesicht mit seinen Händen und Zwang mich so, ihn anzusehen. Zwischen seinen Finger steckte dabei noch immer eine Zigarette.
"Kitty, was ist los?" wollte er nun erfahren. Ich sah ihm einige Augenblicke in die Augen, verlor mich darin, ehe ich die Schultern ein wenig hängen ließ.
"Ich hab meine Mutter getroffen...." Er zog eine Augenbraue hoch.
"Deine Mutter? Ich dachte du bist nen Heimkind"
"Bin ich auch. Meine Mutter hat mich kurz nach meiner Geburt in die Babyklappe gelegt....."
"Und wie kannst du sie dann jetzt getroffen haben?" fragte Tami mich verwirrt.
"Sie war im Kiosk. Erneut. Un-"
"Erneut?"
"Sie war die Tage schonmal da und hatte ihr Portemonnaie fallen lassen. Darin war ein Babyfoto...... Von mir. Ich habs erst nicht erkannt aber dann habe ich im Heim nachgesehen. Heute war sie wieder da und ich..... wollte ganz sicher gehen. Also habe ich nachgefragt wie alt sie ist, wie sie heißt, warum sie nicht bei ihr ist..... Und da hat sie mir erklärt, dass ihre Tochter 16 ist, Himari heißt und.....sie sie kurz nach der Geburt in die Babyklappe gelegt hat....."
"Fuck" murmelte Hanma und ließ mich los, um an seiner Zigarette zu ziehen.
"Und..... Was hast du dann gemacht?" fragte Tamiko mich. Ich zuckte mit den Schultern.
"Ich bin mit Hike her gefahren...." murmelte ich leise.
"Willst du sie kennenlernen? Was hast du jetzt vor?" fragte sie weiter und sah mich ein wenig besorgt an. Ich sah hinunter.
"Ich..... Ich weiß es nicht...... Ich weiß nicht, was ich denken soll..... Ich bin so verwirrt" erklärte ich verzweifelt. Wieder spürte ich, wie Hanma über meinen Rücken strich. Dabei übte er leichten Druck aus, welcher immer mehr wurde, sodass ich mich wieder an ihn lehnte und zur Hälfte meine Augen schloss.
"Denk in Ruhe darüber nach..... Du kannst auch jederzeit mit mir reden, wenn du willst" Ich nickte ihr leicht dankbar zu, während ich die Nähe einfach genoss. Nachdem ich mich genügend beruhigt hatte, konnte ich endlich darüber nachdenken, was ich jetzt machen wollte. Wollte ich meine Mutter kennenlernen? Konnte ich ihr verzeihen, dass sie mich damals einfach so im Stich gelassen hatte? Zugegeben, ich war schon neugierig, wie sie sich jetzt als Mutter machen würde und wollte Erklärungen aber......

Ich dachte lange darüber nach und kam schließlich zu dem Schluss, dass ich mich zumindest einmal mit ihr treffen sollte. Danach konnte ich immernoch entscheiden, wie es weiter ging. Mit diesem Entschluss setzte ich mich dann auf, wodurch Hanma zu mir runter sah. Eine Weile sahen wir und lediglich an, ehe ich ihm meinen Entschluss erzählte.
"Ich werde mich mit ihr treffen. Danach sehe ich weiter" meinte ich.
"Aber nicht allein. Hike bleibt in deiner Nähe" forderte er. Ich nickte leicht. Das hatte ich sowieso vor gehabt, immerhin wusste man nie und es konnte ziemlich gefährlich sein, sich mit irgendwem einfach zu treffen. Auch, wenn es die leibliche Mutter war. So wurde es also beschlossen. Am nächsten Tag fuhr Hanma mich wie üblich zur Schule und Hike mich zur Arbeit. Dort wartete ich schon förmlich auf meine Mutter. Sie ließ sich jedoch ganz schön Zeit. Erst kurz vor meinem Feierabend kam sie und wirkte unglaublich erleichtert, als sie mich sah.
"Himari...." sprach sie mich zögerlich an. Ich sah sie an.
"Ich weiß, du willst mich vermutlich nicht sehen aber..... ich möchte gerne einmal mit dir reden, ich würde dich gerne kennenlernen, immerhin bist du doch meine Tochter und ich...." versuchte sie sich irgendwie zu erklären. Ich seufzte.
"Ich bin einverstanden ein Treffen mit Ihnen zu haben" meinte ich ruhig und sie wirkte sehr glücklich darüber.
"Wirklich? Oh danke! Wollen wir uns direkt morgen treffen?" Ich nickte leicht.
"Kennst du das Café Shiruki?" Ich nickte wieder.
"Sollen wir uns da um 2 Uhr treffen?"
"Ja ich habe morgen frei, das geht" stimmte ich zu.
"Ich freue mich, danke Himari" Damit verabschiedete sie sich und verschwand. Als Hike mich abhokte, nannte ich ihm den Termin für das Treffen direkt.
"Morgen um 2 bei dem Café Shiruki. Verstanden. Wir passen auf dich auf" versicherte er mir und ich nickte dankbar.
Im Hauptquartier angekommen berichtete ich auch den anderen von dem bevorstehenden Treffen.
"Du schaffst das. Ganz bestimmt" ermutigte Tami mich, welche neben mir saß und meine Hände hielt. Ich lächelte sie leicht an.
"Danke Tami"
"Und wenn sie blöd ist, fährt Hike dich einfach her und du kannst stattdessen mit Hanma kuscheln" grinste sie. Ich wurde rot.
"Ich hab nicht mit ihm gekuschelt...."
"Hast du wohl, streite es nicht ab" meinte sie grinsend und wackelte mit den Augenbrauen. Ich rollte leicht mit meinen Augen, ehe ich mich mit Hanma für heute verabschiedete. Am nächsten Tag holte Hike mich wieder von der Schule ab und fuhr mich zu Hanma nach Hause, wo ich mich umzog und meine Schultasche abstellte. Als ich wieder gehen wollte, kam dieser gerade durch die Tür.
"Hier bist du Kitty"
"Ja ich wollte aber gerade gehen" Er nickte, ehe er mich musterte. Unter seinen Blicken wurde ich leicht rot. Ich hatte mir wieder das Outfit angezogen, welches er mir gekauft hatte.
"Stimmt was nicht?" fragte ich ihn und sah nun selbst an mir runter. Er schwieg und zog lediglich seine Jacke aus, ehe er sie mir hinhielt.
"Sah bescheid, wenn was ist Kitty" Überrascht sah ich ihn an, ehe ich mir die Jacke über zog.
"Mache ich..... Danke" murmelte ich, ehe ich dann raus zu Hike ging und hinter diesem Aufstieg und die Arme um ihn legte. Daraufhin fuhr er los und hielt gegenüber des Cafés. Dort standen auch schon ein paar andere und unterhielten sich.
"Wir bleiben hier. Wenn was ist, gib uns ein Zeichen" informierte Hike mich, als wir abstiegen. Ich nickte leicht.
"Danke" meinte ich und ging dann rüber zum Café. Dort angekommen hielt ich nach meiner Mutter Ausschau. Ich fand sie recht schnell an einem der Tische draußen sitzend. Vor ihr stand bereits eine Tasse. Ich zögerte kurz, ehe ich tief durchatmete und mich vor sie setzte. Sie sah überrascht auf und lächelte mich dann an.
"Hallo Himari. Schön, dass du gekommen bist"lächelte sie. Ich nickte leicht.
"Hallo"
"Ach herrje, ich glaube ich habe mich noch gar nicht richtig bei dir vorgestellt. Ich heiße Melanie. Möchtest du etwas trinken? Oder essen vielleicht?"fragte sie mich dann.
"Ich nehme eine Sprite"murmelte ich und sie bestellte mir diese. Wenig später stand sie vor mir und ich nippte daran. Es herrschte für einen Moment lang Stille zwischen uns.
"Einen interessanten Kleidungsstil hast du da..... Ich hatte immer gedacht als Mädchen würdest du dich.....weiblicher kleiden"
"Weiblicher?"hakte ich skeptisch nach.
"Naja.....Kleider, Röcke, Blusen..... sowas eben..... und heller, nicht so..... schwarz"
"Ich orientiere mich gerade um. Hab vorher anderes Zeug getragen"meinte ich und spielte ein wenig mit dem Glas in meiner Hand.
"Wenn du magst können wir mal zusammen shoppen gehen und dich ganz neu einkleiden"schlug sie vor. Ich sah sie mit hochgezogener Augenbraue an.
"Ah..... entschuldige..... Das hat natürlich Zeit..... fühl dich nicht gedrängt"
"Schon gut.... ich mag Shoppen nur nicht"gestand ich.
"Nicht? Wie ungewöhnlich....."murmelte sie.
"Du meintest du wärst bei meiner Geburt sehr jung gewesen"merkte ich an.
"Ja..... richtig. Ich war damals gerade 17. Also nicht viel älter, wie du jetzt. Und noch dazu hatte ich mich kurz bevor ich es erfahren habe von meinem damaligen Freund, deinem Vater getrennt. Wir waren naiv und haben nicht über Verhütung nachgedacht" Sie ist also 33 Jahre alt. Dann hatte ich ja ganz gut geschätzt.
"Wer ist er?"
"Sein Name ist Koroka Hatsama. Ich weiß aber nicht, was aus ihm geworden ist. Wir haben uns gemeinsam dafür entschieden, dass es für dich besser wäre, wenn wir dich abgeben. Danach haben sich unsere Wege getrennt und ich habe ihn nie wieder gesehen. Meine Eltern und ich sind damals weggezogen und ich bin erst vor zwei Monaten wieder her gekommen. Ich hatte gehofft, dass ich dich kennenlernen kann und jetzt sitzt du vor mir" Sie ergriff meine Hände, doch ich zog sie weg und sah zur Seite, um ihren traurigen Blick nicht sehen zu müssen.
"Habe ich Geschwister?" wollte ich wissen.
"Nein du bist Einzelkind" Ich nickte leicht.
"Du gehst bestimmt noch zur Schule oder?"
"Ja..... Dauert noch ein bisschen, bis ich fertig bin"meinte ich.
"Kommst du.... gut zurecht?"
"Ich bin Klassenbeste.....für gewöhnlich"murmelte ich am Schluss.
"Für gewöhnlich?"
"War in den letzten Monaten oft krank"
"Oh..... war es etwas schlimmes?" Dazu schwieg ich. Was sollte ich ihr auch sagen? Das mein Ex mich regelmäßig verprügelt hatte?
"Wie lebst du? Wurdest du..... adoptiert?"fragte sie mich. Ich schüttelte leicht meinen Kopf.
"Ich habe im Heim gelebt. Seit einiger Zeit lebe ich jedoch in einem betreutem Wohnen...... zumindest habe ich das bis vor kurzem"
"Warum jetzt nicht mehr?" Ich sah zu ihr. Glaubte sie wirklich, dass ich ihr solche Dinge einfach so erzählte?
"Schon gut..... und.... wo lebst du aktuell? Wieder im Heim?" Ich schüttelte den Kopf.
"Bei einem guten Bekannten. Wenns geht will ich aber bald wieder in eine eigene Wohnung ziehen. Er hat schon genug für mich getan" Das wollte ich tatsächlich. Ich wollte Hanma nicht noch länger auf der Tasche liegen. Aber das musste ich noch mit dem Heim abklären und dann musste ich irgendwie meine Sachen aus der Wohnung bekommen.
"Du.... könntest erstmal bei mir wohnen. Also.....nur bis du etwas eigenes gefunden hast. Ich wohne hier ganz in der Nähe. Dann könnten wir uns besser kennenlernen und du würdest deinem Bekannten nicht mehr zur Last fallen"bot Melanie mir an. Ich dachte einen Moment lang darüber nach.
"Ich denke darüber nach"versprach ich ihr dann. Sie nickte leicht. Wieder baute sich eine Stille zwischen uns auf.
"Sag mal..... Sind das da hinten Freunde von dir? Die schauen schon die ganze Zeit zu uns rüber....."fragte sie mich plötzlich und sah zur anderen Straßenseite. Ich folgte ihrem Blick und erblickte Hike und die anderen.
"Ja, sie haben mich her gebracht"
"Du fährst ein Mopet?" fragte sie entsetzt. Ich schüttelte den Kopf.
"Nein sie nehmen mich mit"
"Verstehe..... Warum tragt ihr eigentlich alle die gleichen Jacken?"wollte sie dann wissen.
"Erkennungszeichen"murmelte ich lediglich. Sie nickte leicht, schien jedoch zu bemerken, dass da noch mehr war.
"Du hast meine Augen..."merkte sie plötzlich an.
"Ja das habe ich auch schon bemerkt...... Ist ja auch recht auffällig bei der Farbe" Sie nickte leicht und leerte ihre Tasse.
"Oh.... Hier. Meine Handynummer. Du kannst mich jederzeit anrufen. Auch wegen des Wohnens..... Ich möchte die verlorene Zeit mit dir so gerne aufholen und das Ganze wieder gut machen......"murmelte sie und schob mir einen Zettel zu. Ich steckte ihn ein.
"Man kann keine 16 Jahre aufholen"
"Ich weiß...... aber ich kann ab jetzt für dich da sein und versuchen, dir eine gute Mutter zu sein..... wenn du mich lässt"
"Du meinst bevor du wieder verschwindest und mich im Stich lässt?" Ich konnte nicht verhindern, dass diese Worte aus mir heraus platzten. Sie sah mich daraufhin völlig niedergeschmettert an.
"Ich...... es tut mir leid. Ich wollte immer das beste für dich..... wenn du mir diese Chance gibst, werde ich sie nutzen, das verspreche ich. Ich werde nicht wieder verschwinden" Erneut griff sie nach meinen Händen und sah mich dabei mit großen, traurigen Augen an. Ich glaubte ihr. Trotzdem zog ich meine Hände erneut weg.
"Ich muss darüber nachdenken..... das kommt alles ganz schön plötzlich...."
"Natürlich. Lass dir Zeit. Teil mir deine Antwort dann einfach mit...... Ich werde warten"versicherte sie mir. Sie bezahlte unsere Getränke, ehe wir beide aufstanden und das Café verließen. Ich hörte mehrere Motoren, die gestartet wurden und kurz darauf erschien Hike neben mir.
"Bereit?"fragte er mich, ohne meine Mutter eines Blickes zu würdigen. Ich stieg hinter ihn auf das Bike.
"Ihr wollt doch nicht etwa ohne Helme fahren oder?!"fragte Melanie uns entsetzt. Wir sahen zu ihr, während ich meine Arme um Hikes Oberkörper legte.
"Willst du uns jetzt Vorschriften machen oder was?"
"So kann meine Tochter unter keinen Umständen mit euch mitfahren, das kann ich nicht verantworten!"meinte sie sogleich.
"Huh?! Willst du dich mit uns anlegen?"meinte Hike angefressen.
"Das ist höchst gefährlich. Wenn ihr einen Unfall habt und keine Helme tra-"
"Halt die Fresse Miss. Sie sind vielleicht Himaris Mutter aber nicht unsere und auch nicht ihre Erziehungsberechtigte. Außerdem ist das nicht das erste Mal für sie" Perplex sah Melanie erst ihn und dann mich an.
"Stimmt das? Du fährst immer so mit denen mit? Weißt du denn nicht, wie gefährlich das ist Himari?"
"Sie passen schon auf"
"Es muss ja nicht mal eure Schuld sein, es kann ja auch sein, da-"
"Fahren wir"meinte ich zu Hike und der grinste leicht und ließ seinen Motor aufheulen, ehe wir losfuhren.
"Himari!"rief Melanie uns noch hinterher, doch wir ignorierten sie und fuhren einfach zur Spielehalle. Wie kam sie denn auf den Trichter, mir etwas verbieten zu können? Sie war vielleicht meine leibliche Mutter, aber sie war deswegen noch lange nicht meine Mutter. Sie hatte mich geboren. Mehr nicht. Sie war nie eine Mutter gewesen, also brauchte sie jetzt nicht so tun, als würde sie sich um mich sorgen. Denn wenn sie sich wirklich um mich sorgen würde, dann hätte sie mich niemals einfach so weggegeben und sich nie wieder nach mir erkundigt. Doch genau das hatte sie getan.

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