Kapitel 11

Dieses Kapitel widme ich jedem, der bis hierhin gelesen hat

Sarah

Warten ist nicht meine Stärke. Aber mal so gar nicht. Außerdem hasse ich Menschen, was schlecht ist, wenn man jeden Tag mit unglaublich vielen zusammen in einem Wasserkraftwerk arbeiten und Strom für das Kapitol besorgen soll. Und da alle schlechten Sachen 3 sind, kann ich, Menschen, die sich über Tode von anderen amüsieren, nicht ausstehen. Daher ist der Ort an dem ich gerade stehe nicht sonderlich passend für mich.

Ich lehne an einer Wand in einer riesigen Halle im Zentrum von Distrikt 5. Ganz vorne an der höchsten Wand ist ein riesiger Bildschrim angebracht, der gerade die Hymne des Kapitols spielt. Fast ganz Distrikt 5 steht in der Halle, dicht gedrängt, in Angst um ihre Tribute. Ich muss gestehen, auch mich lässt die Sorge um meinen Bruder nicht kalt.

Als Ich Nates Namen auf der Ernte gehört habe, ist mir ganz anders geworden. Ich habe mich natürlich nicht an ihn geklammert, wie unsere kleinen Schwestern. Aber ich habe kurz seine Hand genommen, sie gedrückt und ihm zugeraunt, dass alles gut wird. Doch natürlich habe ich keine Sekunde daran geglaubt. Ich hoffe dasselbe, wie alle anderen hier. Nämlich, das zumindest eines der Tribute aus 5 es durch den ersten Tag schafft.

Das ist nämlich bisher erst 3 mal vorgekommen. Doch genau wie alle anderen hier weiß ich, dass es extrem unwahrscheinlich ist, dass dieser Fall eintritt. Das Kapitolwappen verschwindet und die Kamera zoomt in ein Studio. Daniel Hardaway steht strahlend vor einer riesigen Couch, auf der alle 24 Mentoren sitzen. Naja, in der Theorie sollten es 24 sein, doch von manchen Distrikten hat eben nur einer bzw keiner gewonnen, weshalb die Vertreter*innen ebenfalls auf der Couch Platz genommen haben.

"Willkommen" ruft Daniel Hardaway, seine Worte werden mit schneller Musik unterlegt, während die Kamera für ein paar Sekunden jedes Mentoren bzw Vetreter*innen Gesicht einmal heranzoomt. "Willkommen, zur 1. Summaryshow über die 24. Hungerspiele!!!"Erneuter Jubel bricht aus. Daniel wartet, bis alle zur Ruhe gekommen sind, im Hintergrund wird die Schlacht ums Füllhorn aus der Luftperspektive im Schnelldurchlauf gezeigt. Ganz Distrikt 5 schaut aufmerksam zu. Es ist nämlich mal wieder die Ironie des Schicksals. Distrikt 5 ist für die Stromversorgung von ganz Panem zuständig, aber genau am ersten Tag der Hungerspiele haben wir selbst keinen.

Den ganzen Tag haben wir versucht, die schwarzen Bildschirme zum Laufen zu bekommen, und als wir es vor der ersten Summaryshow endlich geschafft hatten, hatten wir bis zur Show nur den Jungen aus 6 und das Mädchen aus 7 gesehen, die durch ein Labyrinth geirrt sind. Ich sehe hinter dem Moderator nur undeutliche Gestalten, die sich um das Füllhorn bewegen, ab und zu verfärbt sich eine der Figuren rot und bleibt liegen.

Das Licht wird gedämmt und die Couchteile, auf denen die  Mentoren von 1 sitzen werden nach vorne zu Daniel gefahren, während die anderen in unkenntliches Dämmerlicht getaucht werden. "Mary, Dustin" sagt der Moderator in mitleidigem Tonfall. "Die Tribute schon am ersten Tag zu verlieren ist man als Mentor von 1 nicht gewohnt, oder?" Der Mann, Dustin antwortet: "Nein, definitiv nicht. Es war bedauerlich, dass sie sich gegen einander gewandt haben, sonst hätten sie sich nicht gegenseitig verletzt und wären hinterrücks getötet worden" Er klingt sauer.

Mary übernimmt: "Sie hätten beide sehr gute Chancen auf den Sieg gehabt, aber leider sich sie durch einen unglücklichen Zufall getötet worden, was ich ebenfalls sehr bedauere. Besonders nachdem David durch seine Aktion soviel Aufmerksamkeit auf sich gelenkt hat." Im Hintergrund sieht man, wie David einen Holzabll schleudert, wie kurz darauf der Junge aus 2 stirbt und David Richtung Füllhorn rennt.

Man sieht wie Lissy ein rothaariges Mädchen ersticht, bevor sie hinter David her in den Wald hetzt. "Seid ihr der Meinung, die beiden hätten irgendetwas tun können, um ihren Tod zu verhindern?" Die beiden schütteln entschieden den Kopf. Die Positionen der beiden werden angezeigt. Lissy ist 15. und David 14. geworden.

Die Fragen an die Mentoren gehen noch eine Weile weiter, bevor ihr Tod endlich gezeigt wird. Die Kamera hängt ungünstig, weshalb man nur einen dunkelhaarigen Jungen sieht, der im Schnelldurchlauf erst Lissy und dann David ersticht und anschließend im Gebüsch verschwindet. Die Mentoren aus 1 verabschieden sich sichtlich widerwillig und die aus 2 kommen nach vorne.

Viel Gerede, darüber, wie schade es doch ist, dass Leon so früh gestorben ist und Lobeshymnen über Jaqueline, die zwei Tribute umgebracht und auch noch eins gerne umgebracht hätte, wäre es nicht schon verblutet. Danach kommen die Vertreter von 3, da es aus 3 noch keinen Sieger gibt. Dieser Abschnitt ist langweilig, beide sind beim Blutbad erstochen worden, nichts Interessantes über sie, deprimierte Mentoren, sie sind auf den Plätzen 17 und 22 gelandet.

Danach kommt Mags, die Mentorin von 4. Ich mag sie. Sie ist immer fröhlich, hat aber auch immer die nötige Ehrfurcht und den nötigen Respekt in der Stimme, wenn sie über tote Tribute spricht. Sie freut sich für beide Tribute aus 4, deren Gesichter im Hintergrund zusammen mit ihren Handlungen am ersten Tag eingeblendet werden. Der Junge baut sich mit dem Mädchen aus 2 und dem Jungen aus 8 ein Karrierolager in der Füllhornmulde auf und hält die ganze Zeit an der Kuppe Wache.

Das Mädchen flüchtet nach Osten und richtet sich zusammen mit dem Jungen aus 7 eine Höhle ein. Als die Lichter erneut herumwirbeln eine tiefe Stimme Distrikt 5 ankündigt und Jade nach vorne kommt und die Gesichter von Nate und Nancy auf dem Bildschirm auftauchen, hält die ganze Halle gespannt die Luft an.

Jade Gesicht ist erhitzt, es glüht förmlich, ihre Augen leuchten. Die Leute werden unruhig, aufgeregtes und hoffnungsvolles Tuscheln durchläuft die Reihen. "Jade, wenn du deine Gefühle nach dem ersten Tag, der ja schon fast vorbei ist, in einem Wort ausdrücken müsstest, könntest du das überhaupt?" Jade lacht, befreit und beschwingt. "Ja, könnte ich, und zwar in einem unglaublich lauten, triumphierendem, stolzen Schrei."

Daniel schreckt zurück, als sie scherzhaft Luft holt und das Publikum lacht. "Ich war einfach so stolz auf die beiden, dass die, dass sie diesen Tag überlebt haben, ich wusste, sie sind anders als die anderen Tribute aus 5, sie schaffen das, denn wenn man heute etwas gesehen hat, dann, das sie es defintiv mit den anderen Tributen aufnehmen konnten." Das Publikum jubelt. In der Halle ist es totenstill, immer noch will keiner richtig glauben, was gerade gesagt wurde.

Im Hintergrund sieht man Nancy und Nate auf ihren Startsäulen. Ich sehe, wie sie sich abstoßen und losrennen. In diesem Moment, werden die beiden Videos gestoppt und Nancys Aufnahme so vergrößert, dass sie den kompletten Bildschirm einnimmt. "Ich wusste, dass Nancy einen Ausweg finden würde, den Karrieros zu entkommen. Sie selbst wusste es nicht, sie hatte sich aufgegeben, bevor sie überhaupt gemerkt hat, dass sie durch ihre Intelligenz und ihre List ziemlich viel erreichen kann."

Im Hintergrund rennt Nancy im Zickzack auf das Füllhorn zu. Jade spricht weiter, doch niemand hört ihr mehr zu. Alle Augen in Distrikt 5 sind auf Nancy gerichtet, die das Mädchen aus 3 zurseite stößt, sie einen Rucksack weit entfernt vom Füllhorn schnappt und kurz zögert. Sie sieht Richtung Süden, wo die Karrieros mit drei Tributen aus 10 und 11 kämpfen. Schließlich rennt sie auf sie zu. Ich halte die Luft an, doch um das intelligente Mädchen aus meinem Distrikt muss ich mir keine Sorgen machen.

Sie schlägt einen blitzschnellen Bogen um die Truppe, rollt sich ab, so dass das Wurfmesser von Jaqueline über ihr entlangflitzt. Sie schwingt sich über die Kuppe und rennt so schnell es geht Richtung Südosten. Ihr Bild verschwindet und ein Neues taucht auf. Dank der Tatsache, dass die Bilder nicht so geschnitten sind, dass man immer nur die besten Aufnahmen einer Szene hintereinander sieht, erkenne ich, dass die Übertragung life ist.

Nancy schleppt einen Ast durch den Wald. Zwischen Felsen an der Südgrenze hat sie ein paar Äste quer hingelegt, sodass sie ein mehr oder weniger dichtes Dach bilden. Auf einem Stein liegen ein paar gesammelte Beeren, die sie in ein Blatt eingewickelt hat.

Der Inhalt ihres Rucksackes ist fein säuberlich auf einem weiterem, flacherem Stein ausgebreitet, eine Decke, ein kleines Messer, ein Laib Brot, eine kleine Wasserflasche und eine winzige, metallische Kugel. Ich weiß, was das ist.

Diese Art von Waffe fanden die Tribute von Panem erstmals in den 21. Hungerspielen in ihren Rucksäcken. Niemand hat so richtig gewusst, wozu sie gut waren, doch gegen Ende der Hungerspiele, in einem finalen Kampf zwischen dem männlichen Tributen aus 2, dem aus 1 und dem schwachen Mädchen aus 6, hat das Mädchen einen ganzen Vorrat dieser Kugeln auf den Boden fallen lassen.

Sie haben sich auseinandergefaltet und sich in Spinnen verwandelt, sie haben Metallbeinchen aus ihren Körpern gefahren und einen Giftstachel. Diese Metalltiere sind darauf programmiert, den nächststehenden Tribut anzuvisieren und solange zu verfolgen, bis sie ihn gestochen hat. Je größer die Kugel, desto schneller, unzerstörbarer und giftiger ist das Tier. Eine Art tötet sofort, die größten Kugeln haben etwa die größe eines Vogels und sind unheimlich schwer, doch einmal Picken und der Tribut ist tot.

Diese Tiere zerstören sich danach immer selbst. Da Nancy einen relativ weit entfernten Rucksack genommen hat, hat die Kugel etwa die Größe eines kleinen Fingernagels, weshalb sie vermutlich die zweitgrößte Art ist, eine Stechmücke.

Nancy hat ihren Unterschlupf erreicht und beginnt, den Ast in ihr Dach einzubauen. Ihr Bild wird dunkler, verschwindet allmählich ganz und das Standbild von Nate auf seiner Säule erscheint wieder. Vom restlichen Interview kann man eigentlich fast nichts mehr verstehen. Alle in der Halle reden durcheinander, lachen, sind euphorisch und als Nate dem Jungen aus Distrikt 1 den Puls fühlt, merkt, dass er leidet und ihm einen schnellen Tod beschert, um den Schmerzen ein Ende zu machen und seine beiden Opfer hinter sich zurück lässt, fängt die Halle an, laut zu jubeln.

Beide Tribute aus 5 haben den ersten Tag überlebt und einer davon sogar solche Aufmerksamkeit auf sich gezogen, dass, wenn man Daniel glauben darf, sich die Anzahl seiner Sponsoren verfünftfacht hat. Auch ich, die ewige Pessimistin der Familie, ertappe mich, wie sich ein Lächeln auf mein Gesicht schleicht.

Den Rest der Tribute bekomme ich gar nicht mehr mit. Das ist allerdings nicht schlimm, denn niemand bekommt etwas von ihnen mit, alle jubeln und diskutieren angeregt über den weiteren Verlauf der Hungerspiele, und darüber, wie Nate und Nancy sich wohl machen werden.

Eigentlich heißt die Tatsache, das 2 Tribute den ersten Tag überlebt haben, gar nichts, dieser Tag ist ja auch nicht einmal richtig zuende, aber da das so selten vorkommt.....können wir uns wohl hoffentlich auf noch mehr "Überraschungen seitens der Tribute aus 5", wie Daniel es ausgedrückt hat, freuen...


Suprise! Das erste, der paar Mal, dass ihr einen Einblick in Sarahs Perspektive erhaltet. Sie wird euch noch ein paar Mal begegnen, da ich einen Außenstehenden der von den Interviews und Meinungen der Mentoren zu ihren Tributen berichtet. Wie gefällt euch Nancys Geschichte? Ob sie wohl noch für "Überraschungen" sorgen wird?


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