Kapitel 9

Disagree oder wie man seinen Dickschädel durchsetzt

Bis jetzt war ich schweigend neben Viviane her geritten. Immer wieder war ihr Blick neugierig zu mir rüber gewandert. „Sag mal was ist los?" fragte sie schließlich. Ich seufzte „Da gibt es etwas das will einfach nicht in meinen Kopf". „Schießlos. Zusammen kriegen wir das schon rein" ermutigte sie mich zu reden und ich hielt es wirklich für eine gute Idee. Vielleicht konnte sie mir auch mehr zu Imogen sagen. „Piet, Piet will nicht so recht in meinen Kopf. Seit unserer ersten Begegnung flirtet er mehr oder weniger mit mir, aber ist ja anscheinend mit Davids Schwester zusammen" Viviane zuckte mit den Schultern. „Piet ist so. Das was David an VS-Cliché zu wenig hat, hat Piet zu viel. Und das mit Imogen ist irgendwie schwierig. Manchmal hab ich das Gefühl er hat nur was mit ihr, da sie nun wirklich nicht schlecht ausschaut" erklärte sie mir.

Ich hätte Piet nie so oberflächlich eingeschätzt, aber so kann man sich täuschen. Schluss jetzt! Ich wollte nicht mehr an ihn denken!

„Sag mal was ist das eigentlich zwischen dir und David? Ich habe mir gestern die Bilder der Überwachungskamera angesehen. Zwischen euch ging es ja heiß her" Ich wurde rot und zuckte mit den Schultern. Wenn ich das nur wüsste. Moment mal „Überwachungskamera?" „Ja wertvoller Tierbestand, hast du das Schild am Stalltor nicht gesehen?" Viviane wirkte deutlich überrascht. „Kann man, dann nicht nachvollziehen wer mich sabotiert hat?" fragte ich Hoffnungsvoll. Bedauernd schüttelte sie den Kopf „Nee, die Sattelkammer wird leider nicht überwacht". Mist! „Aber ich habe Effi ein paar mal zeitlich passend rauskommen sehen. Du hast also wahrscheinlich nichts mehr zu befürchten. Da war wohl wer sehr eifersüchtig" Und schuldet mir jetzt 120€. Super.

Wieder am Stall stand Imogen zeternd auf der Stallgasse. „Mir macht jetzt irgendwer ein Pferd fertig! Mir egal wer! Hauptsache es macht jemand!" Holla. War dieses Mädel anstrengend! „Davi?!?" quengelte sie ihren Bruder an. Der schüttelte jedoch nur den Kopf. „No. Regional Championships in three Weeks. I have to prepare myself." damit griff er demonstrativ nach einem Halfter und ging mit schnellen Schritten aus dem Stall. „Piet?!? Bitte!" nun blickte sie zu ihrem Freund rüber. „Nee Gini, das kannst du vergessen! Wer reiten will macht sich sein Pferd selber fertig" charmant lächelte er sie an. „Kann ich nicht vielleicht Filou reiten? Der war doch nur eben ausreiten und ist noch gesattelt. Du weißt doch ich will nur etwas Dressur in der Halle reiten und du kämest ja eh gleich dazu." seufzend ergab sich Piet und nickte. Genervt drückte Viviane ihr die Zügel des Friesen in die Hand und Imogen zog glücklich mit dem imposanten Tier ab.

Wenn ich immer so eine Ausdauer hätte wenn es darum geht meinen Dickschädel durchzusetzen...

„Den darf ich gleich garantiert absatteln, während Madame sich schon etwas anderes gesucht hat, was sie lieber tut." seufzte Viviane neben mir. „Ich kann leider nichts für meine Schwester" David wirkte auch nicht begeistert. „Für seine Familie kann keiner was" meinte Viviane und fügte hinzu „aber bei dir kann ich mir vorstellen, dass du deine Schwester liebend gern eintauschen würdest" Ich mir auch. David und sie passten ja mal so gar nicht zusammen. Piet ging kopfschüttelnd an uns vorbei „So schlimm ist sie auch wieder nicht". Ähm...ja...nein! Dieses Mädel war schlimm.

Kaum dass sie da war herrschte überall eine schweigsame und unangenehme Stimmung. Besonders mir gegenüber benahm sie sich ausnahmslos unfreundlich. Deswegen bekam sie noch zusätzlich Stress mit ihrer Mutter und ihrem Bruder. Das alles hinderte sie trotzdem nicht dran mir bei jeder sich bietenden Gelegenheit eine reinzuwürgen.

Auf der Flucht vor der Diva stand ich am Abend vor Davids Tür, unschlüssig ob ich klopfen sollte oder nicht. Einerseits wollte ich ihn wohlmöglich nicht stören, andererseits wollte ich seinem Monster von Schwester, welches im Zimmer neben mir einquartiert wurde möglichst nicht über den Weg laufen. Ich atmete tief ein und klopfte. Sofort hörte ich Schritte zur Tür kommen.

„Livi, was machst du hier?" fragte er verwirrt, als er mir die Tür öffnete. „Deiner Schwester aus dem Weg gehen" meinte ich düster. Bedauernd sah er mich an und trat aus der Tür „Sie lässt auch wirklich kein gutes Haar an dir. Komm rein"

Ich wusste nicht was ich erwartet hatte, aber das nicht! Wenn man reinkam lief man auf ein schwarzes Sofa zu über dem ein Bild von einem Geländespringen hing. Links davon noch zwei weitere Türen. Gegenüber vom Sofa stand noch ein großer Fernseher und da wo bei meinen Ex-Freund die Konsole gestanden hätte, standen bei David Bilder und Pokale. Es gefiel mir. Alles schlicht ohne viel Schnick und Schnack.

„Setz dich. Das Sofa steht da nicht als Deko" vernahm ich David wieder hinter mir und ein wohliger Schauer jagte mir über den Rücken. Langsam ließ ich mich auf das Sofa sinken. Eine Frage brannte mir schon die ganze Zeit auf der Zunge. „Was machst du eigentlich, wenn du nicht im Vielseitigkeitssattel sitzt?" David lachte „Nichts, was viel anders ist. Wir haben etwas weiter Richtung Dorf noch einen etwas größeren Stall mit zwei Trainingshallen, Longierzirkel, Führanlage und so weiter voll mit Verkaufspferden." Darunter konnte ich mir ja echt viel vorstellen! „Und was machst du da genau?" irgendwie war mir das zu wage. „Ich reite ein/zwei Pferde, stelle mal hier und da eins auf einem Turnier vor, aber hauptsächlich kümmere ich mich darum dass die Pferde einen tollen neuen Besitzer bekommen. Das Geschäft soll ich später übernehmen. Bevor du fragst ich habe ein angebrochenes Managementstudium. Zwei Semester und ich hatte die Nase voll." Das wie er es sagte zauberte mir ein Lächeln auf die Lippen. „Was machst du bei euch auf dem Hof?" wollte er wissen. „Ich kümmere mich um den Offenstall und packe da an wo es eben nötig ist. Eigentlich soll ich noch den neuen Kuhstall planen, aber mein Papa ist dann eh nicht zufrieden und macht es eh selber." David nickte „Das kenne ich. Das war bei meinen ersten Kunden genauso. Dad musste immer genau gucken ob ich ihnen auch ja das passende Pferd gegeben habe. Mittlerweile ist das zwischen uns kein Thema mehr. Je länger man zusammen arbeitet, desto besser wird es." na hoffentlich. Ansonsten darf ich zu Lebzeiten meines Vaters gar nichts außer Ställe putzen und füttern.

Dann herrsche ein komisches Schweigen zwischen uns. Wir sahen einander einfach nur an. Da war etwas, tief in meinem Inneren, etwas das sagte dass er einfach genau das war wonach ich mich immer gesehnt hatte. Aber dachte er auch so über mich? Plötzlich wurde ich ziemlich unsicher. Ich entschied mich kurzerhand das im Stall vor zwei Tagen anzusprechen. „Das im Stall vor zwei Tagen..." ich wusste nicht wie ich weiter sprechen sollte. Mir fehlten die Worte dafür einfach. „Ich dachte schon du sprichst das gar nicht an." David machte eine Pause und ein wunderschönes Lächeln schlich sich auf seine Lippen „war schön" vollendete er meinen Satz und brachte mein Herz zum Ausrasten. Ich fühlte schon fast meine Wangen glühen. Wie konnte er so gechillt bleiben? Er streckte eine Hand aus und strich mir zärtlich eine Strähne aus dem Gesicht. „Du bist süß wenn du so rot wirst". Moment konnte er das nochmal sagen. Wenn ich glaubte mein Herz könnte nicht noch schneller Schlagen, dann hatte ich mich verdammt nochmal so was von getäuscht. Ungläubig starrte ich ihn an, wusste nicht was ich sagen sollte und suchte nach Worten, aber es war als hätte jemand meinen Kopf genommen und einmal alles durchgemixt. Nichts war da wo es hingehört und ich fühlte mich total komisch. So starrte ich ihn weiterhin dumm an. Bis mein Gehirn dann auch mal richtig schaltete und ich mich zu ihm rüberbeugte um ihn zu küssen. Das sorgte erstrecht für ein komplettes Chaos in meinem Kopf.

Das war jedoch leide der Anfang vom Ende...dachte ich zumindest am nächsten Morgen.

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