Kapitel 16

Love kills oder warum Eifersucht doch die größte Waffe ist.

Nervös stand ich vor meinem Kleiderschrank. Fuck! Ich wusste nicht warum, aber heute wollte ich fantastisch aussehen. Gut, David kannte mich auch im laut Imogen „abgewrackten" Stalllook, aber ich hatte das Gefühl ich müsste nach etwas wirklich besonderem aussehen und nicht wie das Mädchen von neben an, das ihrem Schwarm hinterherrannte. Deswegen konnte ich mich auch nicht entscheiden was ich anziehen sollte und ob ich mal wieder etwas Make-Up benutzten sollte. Bestimmt verstaubte jenes inzwischen schon im Bad.

Ich atmete tief ein und holte ein Sommerkleid aus dem Schrank. Warm genug wäre es dafür. Mit den Fingern fuhr ich kurz über den leuchtend roten Stoff. Zu auffällig? Vielleicht. Ich zog es einfach einmal über. Überrascht blickte ich mich im Spiegel an. Das sah gar nicht mal schlecht aus und zu kurz war es auch nicht. Es ging bis zum Knie, das war auf jeden Fall in Ordnung.

Blieb die Frage was ich mit meinen Haaren machen würde. So im unordentlichen Pferdeschwanz könnte ich sie wohl kaum lassen. Ich seufzte. Gut aussehen hatte sich damit wohl erledigt. Oder auch nicht. Kurzerhand schnappte ich mir meine Bürste und löste den Pferdeschwanz. Offen war nach ein paar Bürstenstrichen auch keine Option mehr. Das sah einfach nicht zu dem Kleid aus. Unzufrieden ließ ich die Bürste wieder sinken. Toll Livi! Toll! Und was machst du jetzt? Dasselbe wie immer. Pferdeschwanz. Überraschenderweise sah der hohe Pferdeschwanz echt gut aus. Zufrieden lächelte ich mich an und schob die Idee mit dem Make-Up ganz weit weg! Damit würde ich das ganze bei meinem Talent wieder versauen. Ich schlüpfte noch schnell in meine roten Chucks, die ich viel zu selten trug und beging damit offiziell ziemlichen Stilbruch. Ich hoffte Imogen nicht über den Weg zu laufen. Sie würde mich dafür wahrscheinlich steinigen.

Zügig ging ich die Treppe runter. Vielleicht könnte ich ja den Hof verlassen ohne, dass mich jemand sah...

Nein! Das war wie immer unmöglich. Mein Vater stand im Türrahmen der Küche und sah die Treppe hoch. Überrascht zog er die Augenbrauen hoch. Er hatte mich nun schon seit über einem halben Jahr nicht mehr in etwas eleganterem und schickeren, als Reithose und Poloshirt gesehen. „Na wo willst du denn hin?" fragte er auch dementsprechend überrascht. „Ich wollte mir mal wieder ein Reitturnier angucken" erklärte ich. „So? Livi, vergiss nicht Reiter taugen nichts" ermahnend sah er mich an. „Ja, ja ich vergas. Alles was kein Landwirt ist willst du nicht in meinem Bett" beschwichtige ich ihn. „In deinem Bett will ich wenn überhaupt niemanden. Egal ob Landwirt oder sonst wer" ich stöhnte auf. „Ich bin 22 Jahre alt. Findest du nicht mittlerweile wäre diese Einstellung etwas überholt?" „Diese Einstellung ist erst überholt wenn du verlobt bist!" Was hatten bloß alle mit dem Heiraten? „Naja. Ich bin spätestens um sechs wieder da." zumindest hatte ich das spontan so beschlossen. „So spät?" frage Papa gespielt entsetzt und ich gab ihm grinsend einen Klapps auf die Stirn. „Tschüss" flötete ich bevor die Tür hinter mir ins Schloss fiel.

Auf dem Turniergelände suchte ich sofort mit den Augen nach David, aber fand ihn nicht. Dafür war das Gelände wohl zu groß. Da fiel mir der Hängerparkplatz ein. Gezielt bewegte ich mich dorthin und ignorierte den Blick einiger männlicher Reiter. Vielleicht war das Kleid doch keine so gute Idee.

Und vielleicht war das herkommen auch keine gute Idee. Schon am ersten Hänger sah ich den umwerfend perfekten David stehen und sich mit einer jungen Frau ebenfalls in weißer Reithose unterhalten. Diese junge Frau sah selbst in schon staubigen weißen Reithosen und dreckigen schwarzen Lederreitstiefeln umwerfend aus. Plötzlich fühlte ich mich wieder so wie damals als ich Imogen das erste mal sah. David lachte sein wunderbares Davidlachen und legte ihr eine Hand auf die Schulter, bevor er sich suchend umsah.

Eifersucht kochte in mir hoch. Er sollte seine Hand von ihrer Schulter nehmen. Sofort! Sie sah in meine Richtung und sagte etwas. David folgte ihrem Blick, lächelte und verabschiedete sich freundlich von ihr.

Mit ruhigen Schritten kam er auf mich zu. „Hey Livi" begrüßte er mich und ihm war im Gegensatz zu mir nicht anzumerken, dass ich vorgestern eine ziemliche Dummheit gemacht hatte. Ich wollte ihn am Liebsten gar nicht ansehen. „Hey David" ich versuchte ebenfalls nicht verletzt zu klingen. Er blieb kurz vor mir stehen. Seine schwarzen Reitstiefel waren ebenfalls von einer Staubschicht und Dreck überzogen und seine weiße Reithose war ebenfalls nicht mehr wirklich weiß. „Schon komisch, dass wir uns erst wieder treffen, nachdem du eigentlich Schluss machen wolltest" stellte er mit einem komischen Unterton fest. Ich nickte „Ja." Ich wollte tonlos klingen, aber ich klang viel mehr klein, verletzt und zu guter letzt Schuldbewusst. „Und wie ist jetzt der Stand der Dinge?" fragte er kühl. Müsste ich das nicht viel mehr ihn fragen mit diesem blonden Model eben?!? Es machte mich so wütend, dass er schon eine Neue hatte oder zumindest mit einem anderen weiblichen Wesen geflirtet hatte. Dementsprechend verhielt ich mich zum Glück auch „Sollte ich nicht vielleicht lieber dich das Fragen?! Mit dieser Blonden..." er unterbrach mich und fing dermaßen an zu lachen, dass ich mir mehr als nur verarscht vorkam.

Verwirrt sah ich ihn an „Meinst du Krissy?". Wenn die Trulla so hieß! „Oh Livi. Du bist so süß wenn du eifersüchtig bist!" lachte er einfach weiter. Ähm bitte was?!? Was hatte der denn jetzt? „Krissy ist lesbisch" klärte er mich über seinen Lachanfall auf. Bitte WAS?!? Am liebsten hätte ich mich selbst geohrfeigt. „Und nur mal so by the way sie ist dir nicht abgeneigt" beruhigte er sich langsam wieder. Na wenn er mich nicht mehr wollte hatte ich ja wenigstens einen Plan B.

Wieder etwas ernster sah er mich an „Also?" fragte er und mein Herz schlug schneller bei dem klang seiner Stimme. „Ich weiß es nicht" murmelte ich mit zittriger Stimme. „Livi, du musst doch wissen was du willst" liebevoll und auch besorgt sah er mich an. Nun sah ich ihm direkt in die Augen „Ich weiß was ich will" Das war in Anbetracht der Qual der letzten Tage nun wirklich glasklar. Fragend legte David den Kopf schief. Ich sah ihm tief in die blauen Augen „Dich" kam mir dieses eine so unglaublich wichtige Wort über die Lippen. „Und deswegen glaubst du auch wir hätten keine gemeinsame Zukunft?" Oh David! Er verschränkte die  muskulösen Arme vor der Brust und fixierte mich mit einem unnachgiebigen Blick. Ich hatte ihn wohl unglaublich verletzt. Wie sollte ich das nur wieder hinbiegen?!? Ich spürte quasi schon wie meine Augen langsam glasig wurden.

„Na Trennung durch?" hörte ich eine melodiöse Stimme neben David, den ich immer noch ansah. Diese Krissy stand neben ihm. „Don't hope for anything" meinte David düster. „Gib ihr meine Nummer, wenn du mit ihr fertig bist. Ich tröste gerne besonders wenn so hübsche Mädchen im Spiel sind" sie zwinkerte mir zu und drehte sich dann wieder um.

Die Absurdität der letzten Konversation schrappte an mir vorbei. Ich kämpfte inzwischen mit meinen Tränen und hoffte David würde irgendwas sagen, sagen es wäre vielleicht ein Witz. Aber er stand da wie in Stein gemeißelt. Mit jeder Sekunde, die verstrich wurde es immer schwerer die Tränen zurückzuhalten. Schließlich passierte das unvermeidliche die erste Träne bahnte sich ihren Weg über meine Wange inklusive eines zittrig geschnieften „Es...es...t...tu... tut mir le...le...leid."

Ohne ein Wort schloss er mich, ein Häufchen Elend, in die starken Arme. In dem Moment ließ ich dem ganzen Schmerz freien Lauf und hing heulend wie ein Schlosshund in seinen Armen. David musste darüber nur grinsen. Zeigte es doch wie wichtig er mir war und ich schwor mir dafür sauer auf ihn zu sein!

Trotzdem trug er mir diese eine Nachricht noch nach.

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