- Kapitel 5 -
Diesmal wich ich nicht aus, sondern duckte mich etwas und brachte meinen Ellenbogen in Position. Er realisierte meinen Schritt zu spät und rannte mit den Rippen frontal gegen meinen Ellenbogen, weshalb er kurz taumelte und nach Luft rang. Er torkelte zum nächsten Baum und stützte sich ab. Schmunzelnd sah ich zu, wie er wieder zu Kräften kam. Doch das reichte mir irgendwie noch nicht, wie gesagt ich war einfach nicht in der Stimmung gutmütig zu sein. Er hatte sein Limit heute mehr als nur überschritten - Ich entschied mich einen Schritt weiter zu gehen und mich ihm ein kleines Stück mehr vorzustellen.
Gekonnt griff ich nach meinem Dolch und spielte ein wenig mit ihm. Ließ ihn über meine Hand wandern und warf ihn kurz in die Höhe. Geschickt fing ich ihn wieder auf und holte aus. Alexander, welcher noch immer vor dem Baum stand wollte eben los sprinten, als ich den Dolch auch schon los ließ. Er verfehlte ihn nur um wenige Millimeter und traf kurze Zeit später die Rinde des Baums. Ein kurzer Schrei entkam Alexander und auch seinen Kumpels, die wie angewurzelt etwas abseits standen. Alexander stoppte sofort in seiner Bewegung und drehte sich zum Baum um. Als er den Dolch sah entwich ihm jegliche Farbe aus dem Gesicht. Er sah mich mit offenem Mund an und es schien so, als hätte es ihm die Sprache verschlagen.
„Nun, da ich endlich Mal deine Aufmerksam habe, hör mir gut zu weil ich mich nicht widerholen werde. Ich habe kein Problem mit dir. Was du mit anderen in der Schule machst könnte mir nicht egaler sein. Und wenn du sie von mir aus nackt auf einem Baum aufhängst. Aber..solltest du es noch einmal wagen mir zu nahe zu kommen verfehlt dich mein Dolch das nächste Mal nicht mehr. Du hast gesehen wie gut ich zielen kann, stell dir vor wie gut ich erst bin wenn du mein Ziel bist. Ein bewegliches Ziel ist mal ne Herausforderung." Meinte ich grinsend und fasste mir nachdenklich ans Kinn. Wie ich es liebte so angesehen zu werden. Die pure Angst in den Augen und nahezu keine Farbe mehr im Gesicht. Der Moment wenn einem klar wird, wie naiv und hilflos man doch ist. Ich wusste genau, wie sich das anfühlte. Ich hatte mich damals dazu entschieden niemals einen Menschen so fühlen zu lassen, der es nicht verdiente. Normalerweise fand ich solche Menschen, wenn ich gemeinsam mit Snake und Joker den Geschäften nachging, doch hin und wieder traf ich auch in meinem alltäglichen Leben auf so jemanden. Ich hatte Alexander mehrfach davon kommen lassen. Irgendwann einmal verlor auch der geduldigste Mensch die Nerven. Immerhin sah es nun so aus, als hätte er es endlich begriffen. Na wenigstens einer, dachte ich mir und schweifte mit meinen Gedanken schon wieder zu Abrin ab, der mir noch immer auf die Nerven ging.
„Die ist irre! Lasst uns abhauen, schnell!" Rief einer der Jungs und ergriff als Erster die Flucht. Der Rest folgte und auch Alexander taumelte benommen hinterher so schnell er konnte. Lachend sah ich ihnen hinterher und schüttelte nur den Kopf. Ich lief auf die Haustür zu und verschwand im inneren des Mehrfamilienhauses. Es war schon spät geworden und ich war völlig erledigt. Ich brauchte heute einfach nur noch mein Bett. Ich verzichtete sogar auf die Dusche und ich zog mich auch nur mit Mühe und Not um. Ich hatte meinen Schlafanzug zwar falsch herum angezogen, doch das störte mich keineswegs, denn bevor ich es wirklich realisierte war ich schon eingeschlafen.
Am nächsten Tag wachte ich vor meinem Wecker auf und nahm erst einmal eine Dusche. Der gestrige Tag steckte mir noch immer in den Knochen und ich freute mich insgeheim schon darauf Alexander in der Schule zu begegnen. Mal sehen ob meine kleine Dolch Nummer ihn endlich vernünftig werden ließ. Ich hatte den Dolch bestens im Griff. Ich trainierte jede freie Minute mit ihm. Er war meine letzte Lebensversicherung im Ernstfall also sollte ich ihn besser beherrschen als meine Waffe. Er war leise, zuverlässig und klein genug um ihn immer am Körper zu tragen. Manchmal nach dem Training spielten Joker und ich Messerwerfen. Irgendwann benutzte ich meinen Dolch dafür und merkte den deutlichen Unterschied zu unseren Übungsmessern. Er war viel schwerer und man musste viel mehr Kraft in den Wurf legen. Seit ich das realisierte trainierte ich immer wieder mit unterschiedlichen Messern. Am meisten aber mit meinem Dolch, denn wenn es drauf ankam musste jeder Wurf mit ihm sitzen. Ich wurde so gut darin, dass Joker jedes Mal theatralisch seufzte, da er immer gegen mich verlor ganz gleich welches Messer er sich aussuchte. Eigentlich wollte ich das Bogenschießen erlernen um Ares' Geschenk endlich einweihen zu können. Er hatte mir versprochen den Bogen für mich aufzubewahren, bis ich soweit war. Nun waren schon eineinhalb Jahre vergangen und ich hatte es noch immer nicht gelernt. Der Einzige, der das Schießen mit Pfeil und Bogen hier in Delta beherrschte war Barrows, ganz zu meinem Leidwesen. Ich respektierte ihn aber ich wollte nie mehr Zeit als nötig mit ihm verbringen, da ich ihm nicht traute. Irgendwann musste ich mich aber an ihn wenden wenn ich es lernen wollte mir blieb leider gar nichts anderes übrig, doch ich schob diesen Gedanken erst einmal wieder ganz weit nach hinten und machte mich weiter für die Schule fertig.
Ich saß im Matheunterricht und löste die Aufgaben, die Mr. Stevens an die Tafel schrieb. Er hatte Gruppenarbeiten bereits aufgegeben, da es immer gleich endete. Die Gruppen fingen an zu reden und lösten im Endeffekt keine der Aufgaben. Weshalb er sich nun ausschließlich auf Frontalunterricht einstellte. Ich hatte kein Problem damit, denn ich wollte ohnehin mit keinem dieser Idioten in einer Gruppe sein. Leider hatte ich das Glück in die gleiche Klasse eingeteilt worden zu sein, in der ich vor meinem Umzug nach Acadia schon war. Man kann sich also denken, wie ich zu dieser Klasse eingestellt war. Abrin war nach seinem verkorksten letzten Schuljahr zum Glück in meine Parallelklasse gekommen. Es war ja schon schlimm genug, das er das Jahr überhaupt in meiner Stufe widerholte, doch wenn ich jeden Tag zehn Stunden mit ihm in einem Klassenzimmer verbringen musste hätte ich den Verstand verloren.
Abrin..
Komischerweise hatte ich heute noch gar nichts von ihm gehört oder gesehen - Äußerst seltsam. Normalerweise ließ er sich keine Gelegenheit entgehen sich mit mir zu messen. Es erschien mir beinahe so, als würde ihm das Ganze noch mehr Spaß machen seit ich mich wehrte. Ich sollte mich vorsehen, es konnte gut möglich sein, dass er bereits etwas Größeres in Planung hatte. Ich stellte mich innerlich schon einmal darauf ein und verbrachte den restlichen Tag über damit besonders wachsam zu sein. Hin und wieder sah ich Alexander auf den Gängen. Jedes Mal wenn sich unsere Blicke trafen sah ich das pure Entsetzen in seinen Augen was mich teuflisch Grinsen ließ. Er ging mir weitestgehend aus dem Weg, was auch besser für ihn war. Endlich kehrte wieder etwas Ruhe in meinen Alltag ein. Doch der Gedanke an Abrin ließ mich nicht los. Ich hatte das ungute Gefühl, dass er etwas plante.
Mein Verdacht bestätigte sich allerdings nicht, denn die restlichen Stunden in der Schule verliefen ruhig und gewöhnlich. Zufrieden machte ich mich auf den Heimweg um mich umzuziehen und meine Sachen zu packen. Heute war wieder einmal ein Training angesetzt und Barrows konnte es auf den Tod nicht leiden, wenn man unpünktlich kam. Also beeilte ich mich und joggte die vier Blocks ins Industriegebiet. Auf meinem Weg dorthin fühlte ich mich seltsam beobachtet. Ich hatte mich mehrfach umgesehen, doch ich konnte niemanden erkennen. Manchmal spielte mir mein Verstand auch streiche, da meine Paranoia dann doch etwas zu weit ging. Ich schüttelte lachend meinen Kopf über mich selbst und lief unbeirrt weiter. Als ich auf dem Industriegelände ankam verlangsamte ich mein Tempo um wieder etwas zu Kräften zu kommen. Locker schlenderte ich auf die alte Lagerhalle zu und öffnete die schwere Metalltür. Drinnen warfen sich einige der anderen bereits gegenseitig auf die Matten. Andere tobten sich an den alten Boxsäcken aus. Weiter hinten trainierten einige den Nahkampf und ich machte Joker unter ihnen aus. Mit Schwung warf ich meine Sporttasche in die Ecke zu den anderen und lief auf Joker zu.
„Ach nein, sieh an sieh an wer sich her bequemt hat." Presste er zwischen zwei Schlägen hervor. „Konzentrier dich lieber sonst kriegst du wieder auf's Maul, wie üblich." Meinte ich schroff und sah mich nach Snake um. „Dir scheint mal wieder die Sonne aus dem Arsch, was Archer?" Sagte er, als er seinen Gegner zu Boden trat. „Wo ist der andere Schwachkopf?" Fragte ich und ging mit Absicht nicht auf seine Provokation ein. „Keine Ahnung. Kommt vielleicht wieder kurz vor knapp, wie immer. Kennst ihn doch." Sagte er nun und wischte sich den Schweiß von der Stirn. „Aber hey, ich bin doch da. Na Lust auf ne K.O. Runde?" Fragte er siegessicher während ich eine Augenbraue hob. „Wenn du Lust auf eine Niederlage hast?" Konterte ich schnippisch, was mir ein Grinsen seinerseits einbrachte.
„Na dann..aber ich will dich nachher nicht heulen sehen wenn Madame verloren hat." Zog er mich auf, was ihm einen kräftigen Schlag in den Bauch einbrachte.
„Oh, ich habe nicht vor zu verlieren." Raunte ich ihm zu und bandagierte meine Hände ein.
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