- Kapitel 23 -
"Wann hast du aus?" Hörte ich Joker durch den Funker fragen. „Um eins." Murmelte ich und packte meine Sachen für die nächste Stunde aus dem Spint. „Alles klar. Snake wird dich abholen." Meinte er und ich schüttelten den Kopf. „Das ist nicht nötig Joker. Ich kann auf mich selbst aufpassen, schließlich bin ich das letzte Mal auch klar gekommen." Versuchte ich ihn zu überreden, doch er winkte ab. „Archer, keine Widerrede. Snake kommt dich holen." Entgegnete er mir und schaltete seinen Funker aus.
Ich seufzte resigniert und schlug meine Spinttür zu. Langsam schlenderte ich durch die Gänge und sah auf die Uhr. Ich war spät dran, doch das kümmerte mich nicht. Früher war ich immer eine der Ersten, die ins Klassenzimmer rannte um auch ja niemandem zu begegnen. Seit ich wieder hier in Delta war scherte mich das überhaupt nicht mehr. Auch Abrin kümmerte mich kein bisschen mehr, wobei ich zugeben musste, dass er sich äußerst seltsam verhielt. Schon seit Wochen warf er mir komische Blicke zu und beobachtete mich heimlich. Allmählich begann ich zu glauben, dass er absichtlich an meiner Wohnung vorbei joggte. Einfach um zu sehen ob ich zu Hause war oder was ich tat.
Ich klopfte an die verschlossene Tür bevor ich sie öffnete und mich wortlos auf einen freien Platz in der hintersten Reihe setzte. „Cassia, du bist zu spät." Rümpfte unsere Lehrerin die Nase. „Ja, ich weiß." Entgegnete ich schulterzuckend und sah in ihr entgeistertes Gesicht. „Sei das nächste Mal pünktlich. Ich dulde deine Verspätung nur, da du zu den besten Schülern hier gehörst." Wies sie mich nach einer kurzen Schweigepause an. Ich nickte nur abwesend und kramte meinen Block heraus.
Der Geschichtsunterricht zog sich, wie alter Kaugummi unter der Schuhsole und ich kämpfte hart mit mir um nicht einzuschlafen. Meine Gedanken glitten immer wieder zurück an den Abend an dem ich angegriffen wurde. Es war nun schon einige Wochen her und seither war es relativ ruhig, doch wir waren unentwegt in Alarmbereitschaft. Wir beschlossen aufmerksamer auf einander aufzupassen, weshalb Snake mich heute auch von der Schule nach Hause begleitete. Ich hatte in der letzten Zeit versucht etwas mehr über Corn und Dixon herauszufinden. Es stellte sich heraus, das Corn sein Amt als Polizeidirektor niederlegte und sich nun mit einem Schreibtischjob begnügte. Dixon hingegen hat seinen Firmensitz in einen anderen Bundesstaat verlegt und hatte Delta verlassen. Es erschien mir unwahrscheinlich, dass Corn hinter der Sache steckte, und da Dixon nicht mehr hier vor Ort war schloss ich ihn als Täter ebenfalls aus.
„Und warum hat er sich dann jahrelang bedeckt gehalten?" Ertönte Claras zarte Stimme. Sie zählte zu den Strebern der Klasse und engagierte sich sehr im Unterricht. „Eine sehr gute Frage, Clara. Nun er hat sich nicht wirklich zurückgezogen, nein ganz im Gegenteil. Er hat all die Jahre über die Fäden aus dem Hintergrund gezogen." Antwortete unsere Lehrerin begeistert über Claras Interesse am Thema. Politische Hinterhalte und Putschversuche gab es haufenweise in der Vergangenheit, doch irgendwie erhöhte sich meine Aufmerksamkeit bei dem Thema. „Er hatte sich einen jungen politisch engagierten Mann herausgesucht und ihn auf seine Seite gezogen. Er hat ihn manipuliert und ihn seine Pläne umsetzen lassen, bis er ihn schließlich nicht mehr brauchte und selbst wieder an die Macht trat." Fuhr sie mit der Erklärung fort. Ich begann darüber nachzudenken. Es gab mehrere Geschäftspartner von Barrows, was wenn sich einer von ihnen nie ganz zurückgezogen hatte? Was wenn dieser nicht locker gelassen hatte und Barrows aus dem Hintergrund dirigierte? Konnte das möglich sein?
Die Klingel riss mich aus meinen Gedanken und ich packte mein Zeug zusammen. Als ich aus der Tür hinauslief sah ich Abrin an der Wand gegenüber der Tür lehnen. Unsere Blicke trafen sich und ich verzog genervt mein Gesicht. Ich lief an ihm vorbei und beachtete ihn nicht weiter. Ich hatte keine Zeit um mich mit ihm herum zu schlagen schließlich wartete Snake vor der Schule auf mich. Ich lief die Stufen hinab auf den Pausenhof und zog meine Jacke enger um mich, da es heftig windete. Die Temperaturen schienen immer weiter zu fallen. Mein Geburtstag rückte also immer näher, dachte ich halbherzig lächelnd.
Ich schlug grinsend bei Snake ein und wir begrüßten uns zynisch, wie immer. „Du bist schlimmer, als meine kleine Schwester, die musste ich wenigstens nur bis Ende der vierten Klasse abholen." Nörgelte er schmunzelnd und ich verdrehte nur meine Augen. „Jaja, ich bin auch froh dich zu sehen." Entgegnete ich ihm genervt und verschränkte meine Arme. Als wir gerade los laufen wollten sah ich, wie Abrin aus dem Schulgebäude lief. Er warf uns einen verwirrten Blick zu weshalb ich Snake am Arm packte und ihn mit mir zerrte. „Was ist denn los?" Fragte er irritiert und sah sich zu Abrin um. „Nichts, lauf einfach." Wies ich ihn harsch an und verschnellerte mein Tempo.
Wir verabschiedeten uns vor meiner Haustür und ich fragte ihn noch, ob er noch mit hoch kommen wollte, doch er winkte ab. „Nein lass mal, das letzte Mal steckt mir noch zu tief in den Knochen." Grinste er und spielte auf die Begegnung im BH an. Ich verpasste ihm einen Schlag in die Rippen und öffnete die Tür.
Ich hatte in den letzten Tagen mit Tory und Soma via Skype gesprochen und ihnen von all den neusten Entwicklungen berichtet. Nach dem Angriff auf mich konnte ich es ihnen nicht länger verschweigen, schließlich war ich mir nun sicher, dass ich mir definitiv nichts einbildete. Sie waren erschrocken und besorgt, wie ich es voraussagte. Ich versuchte sie zu beruhigen und versicherte ihnen, dass Snake, Joker und ich extremst vorsichtig waren. Sie hatten sogar schon mit dem Gedanken gespielt her zu fliegen, doch ich winkte ab. Sie würden sich nur unnötig in Gefahr begeben und sollte ihnen etwas zustoßen hätte ich mir das niemals verzeihen können.
„Bitte sei vorsichtig, Liebling." Meinte Soma besorgt als wir uns verabschiedeten. „Natürlich. Ich versprech's." Versicherte ich ihm und wir beendeten den Videoanruf. Ich sah abwesend aus dem Küchenfenster und sah Abrin wieder einmal vorbeijoggen. Er warf einen flüchtigen Blick zur Seite, doch diesmal wich ich ihm nicht aus. Ich starrte ihm eisern entgegen und merkte, wie er langsamer wurde. Er blieb stehen und wandte sich vollständig zu mir. Einige Sekunden vergingen in denen wir uns so ansahen bevor er weiterlief. Verwundert blieb ich an meinem Fenster stehen und sah den Schneeflocken zu, wie sie auf den Boden rieselten.
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