-Kapitel 17-

Der Rückweg zog sich, wie ein alter Kaugummi an der Schuhsohle. Wehmütig dachte ich die ganze Zeit über an die Gang und wie gern ich dort geblieben wäre. Die Bolt Manor fehlte mir unbeschreiblich! Ihre dunklen Gänge, die herrlichen Kronleuchter, die wunderschönen Grünen Teppiche..ja sogar die Magister fehlten mir! Ich konnte mir nicht helfen, es machte sich eine niedergeschlagene Stimmung breit. Auch wenn mein Leben in Delta um einiges angenehmer geworden war seit ich zurückkehrte vermisste ich Acadia sehr.
Allein bei den Gedanken an Delta drehte sich mir der Magen um. Ich musste mich wieder mit all den Problemen auseinander setzen, die ich zuvor zurückgelassen hatte. Meinen Dad, Barrows, Abrin..meine wohnsituation. Es machte mir eigentlich nichts aus allein zu wohnen, da ich es mittlerweile bereits gewohnt war, doch nach zwei Wochen zu Hause bei meinen Freunden kam mir die Wohnung beängstigend leer und still vor.

Ich hievte meine Tasche aufs Bett und sah zunächst einmal die Post durch. Einige Briefe des Krankenhauses waren dabei aber auch das Jugendamt wollte wieder einmal irgendwas von mir. Ich stand am Fenster und überflog die Zeilen, als ich plötzlich eine Bewegung aus dem Augenwinkel wahrnahm. Mein Blick schnellte nach oben und ich sah Abrin, wie er vorbei joggte. Verwirrt ließ ich den Stapel Briefe in meinen Händen langsam sinken und verfolgte ihn mit meinem Blick. Er joggte noch immer?
Ich merkte gar nicht, wie ich ihn anstarrte bis er einen flüchtigen Blick in Richtung meines Fensters warf. Sichtlich überrascht verlor er seinen Rhythmus und taumelte etwas bevor er sich wieder fing und weiter lief. Irgendetwas in mir empfand sein Verhalten auffallend seltsam, doch ich konnte nicht einmal sagen was es war.
Ich schob die Gedanken beiseite und tat es damit ab, dass ich nur müde von der langen Reise war und setzte mir einen Kaffee auf. Schließlich hatte ich noch einiges auszupacken und herzurichten. Ich wollte noch am selben Tag bei Dad im Krankenhaus vorbeischauen also hatte ich keine Zeit zu verlieren.

Ich sortierte die dreckige Wäsche in verschiedene Körbe und schaltete die Waschmaschine für den ersten Durchgang ein. Meine Tasche packte ich auch wieder in die kleine Abstellkammer und nippte hin und wieder an meinem Kaffee. Nachdem ich das Gröbste erledigt hatte warf ich einen Blick nach draußen und stellte fest, das es bereits zu dämmern begann. Ich seufzte und zog mir meine Jacke über. Dann musste ich halt im dunkeln zum Krankenhaus laufen.

Die Straßenlaternen waren bereits eingeschaltet und flackerten in unregelmäßigen Abständen. Ansonsten waren nur vereinzelt Schatten auf den Straßen zu erkennen. Höchstwahrscheinlich Fabrikarbeiter, die vor kurzem Feierabend machten und nach Hause kamen. Ich schenkte dem Ganzen um mich herum wenig Aufmerksamkeit, da mir unendlich viele Dinge durch den Kopf gingen. Ich war nervös und hoffte inständig eine Besserung in Dad's Zustand zu sehen, doch nebenbei nagte das schlechte Gewissen an mir, da ich mich seit ich wieder in Delta war noch nicht bei Snake und Joker gemeldet hatte. Ob sie noch am Leben waren? Ich spielte an meinem Funker herum während ich auf meiner Unterlippe kaute. Ich hatte noch ein Stück zu gehen also wieso nutzte ich die Zeit nicht einfach um mich bei ihnen zu melden?

"Snake? Joker? Lebt ihr noch?" Murmelte ich emotionslos in den Funker, doch ich konnte  nicht leugnen, das ich mir tatsächlich Sorgen machte. Eine Weile ertönte nichts außer das mir so bekannte Rauschen im Ohr bis ich plötzlich ein vertrautes Lachen hörte. "Na sieh mal an wer uns wieder mit seiner krächtzenden Stimme belästigt!" Mir fiel ein Stein vom Herzen, als ich Snakes Beleidigungen vernahm. Unbemerkt atmete ich erleichtert aus und schüttelte belustigt den Kopf. "Schade, ich hatte eigentlich darauf gehofft Jokers Stimme zu hören, wie er mir mitteilt, das es dich erwischt hat Snake." Antwortete ich lachend. "Ich bin entrüstet! Du müsstest besser wissen, das es so gut wie unmöglich ist mich zu erwischen." Ertönte es arrogant aus dem Funker, was mich wieder zum lachen brachte. "Oh verzeiht euer hochwohlgeboren, ich hatte vergessen das die größte Gefahr für euch ja zwei Wochen im Urlaub war." Konterte ich nicht weniger arrogant. Ein mürrisches Grummeln war zu hören bevor sich auch Joker endlich meldete. "Ach, wie schön es ist euch beide wieder zanken zu hören!" Ein Grinsen schlich sich auf meine Lippen und ich spürte, wie sich auch der letzte Rest des unguten Gefühls in meinem Magen auflöste. Sie waren beide noch am Leben - Gott sei Dank.

"Joker! Ich dachte schon dich gibts nicht mehr." Provozierte ich mit einem schelmischen Grinsen. "Pff." Kam es von Snake und ich verdrehte nur meine Augen. "Wir dachten schon DICH gibts nicht mehr weil wir nichts von dir gehört haben." Lachte Joker während ich an einer Ampel halt machte. "Was übrigens kein Verlust gewesen wäre." Ergänzte Snake, doch ich konnte anhand seines Tonfalls erkennen, das er gelogen hatte. Das Lächeln auf meinen Lippen wurde breiter. "Ich hab euch auch vermisst." Sagte ich und lief über die Straße. "Wie sieht's aus? Willst du uns erzählen wie's im Urlaub war?" Fragte Joker. Eigentlich hatte ich noch einiges im Haushalt zutun, doch das konnte ich auch noch morgen machen. "Wieso eigentlich nicht? Treffen wir uns im Nesta um neun? Ich statte meinem Dad noch einen Besuch ab und komme dann gleich dorthin." Meinte ich und konnte das Krankenhaus bereits sehen. "Alles klar, bis dann!" Hörte ich Joker sagen. "Richte ihm die wärmsten Grüße von uns aus!" Provozierte Snake mit zuckersüßer Stimme. "Idiot." Entgegnete ich ihm und schaltete den Funker auf stumm bevor ich durch die Eingangstüren des Krankenhauses lief. Wie konnte ich Snake nur vermissen? oder besser gesagt, mir auch noch Sorgen um diesen Schwachkopf machen?! Wenn ihn niemand anderes erschießt tu ich es liebendgern! Dachte ich mir augenverdrehend, doch ich belog mich, wie so oft in letzter Zeit, selbst. Die beiden waren zwar Schwachköpfe aber es waren meine beiden Schwachköpfe.

Als ich durch Dad's Zimmertür trat fand ich ihn so vor, wie ich ihn verlassen hatte. Er hatte seine Augen noch immer fest geschlossen und atmete ruhig und regelmäßig. Seine Arme lagen noch immer an den Seiten auf der Bettdecke und auch seine Beine hatten sich gefühlt keinen Milimeter bewegt. Enttäuschung machte sich breit. Wie konnte ich auch nur eine Sekunde denken, das sich sein Zustand geändert hätte. Zermürbt setzte ich mich auf den Stuhl, der noch immer neben seinem Bett stand. Ich griff nach seiner Hand und spürte die Wärme, die von seinem Körper ausging. Wenigstens lebte er noch, dachte ich mir und begann damit ihm von den letzten zwei Wochen zu berichten. 

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top