- Kapitel 91 -

Am nächsten Morgen wachte ich mit Kopfschmerzen auf. Ich lief runter in die Küche um mir ein Glas Wasser bereit zustellen damit ich gleich nach dem Frühstück eine Tablette einwerfen konnte. Ich fühlte mich elendig und das Frühstück zuzubereiten fiel mir schwer. Es war kurz nach sieben und meine Eltern schliefen noch immer. Als ich auf die Eier in der Pfanne starrte erinnerte ich mich an den gestrigen Abend. Abrins Gesichtsausdruck, als er sich verabschiedete war undurchschaubar. Ich fragte mich, was er wohl in dem Moment dachte. Vermutlich nichts, wie sonst auch immer. Irgendetwas an seinem Ausdruck war allerdings irgendwie anders. Als er mich in die Küche trug sah er immer wieder besorgt zu mir runter und auch, als er mir das Kühlpack gegen die Stirn drückte war es fast so, als hätte er immer wieder nachsehen wollen ob er mir dabei nicht noch mehr Schaden zufügte. Bestimmt machte er nur so eine Welle wegen seiner Eltern. Wie ich gestern schon erkannte war das seine einzige Schwachstelle. In ihrer Gegenwart benahm er sich halbwegs, wie ein normaler Mensch und nicht als wäre er kernbehindert.

Als meine Eltern ein paar Minuten später in die Küche schlürften begutachtete Mom zunächst mal meine Wunde am Kopf und atemte erleichtert aus, da man sie nicht nähen musste. Anschließend sahen sie empört zu mir. "Cassi, du hättest doch so in diesem Zustand kein Frühstück machen müssen!" schimpfte Mom, doch ich winkte das nur ab. "Schon gut, war keine große Sache." murmelte ich, als ich mich an den Tisch zu Dad setzte, welcher mich auch mitleidig ansah. "Schätzchen..wir meinen es doch nur gut." sagte er und strich sanft über meine Hand, die übersehen mit Kratzern war. Mittlerweile hatten sich bereits Krusten gebildet und es brannte zum Glück nicht mehr so sehr, wie gestern.
Nachdem ich abspülte und meine Mutter mich zwang mittendrin aufzuhören beschloss ich ein wenig Fern zu sehen um mich abzulenken. Ich zappte durch die Kanäle, doch nirgends lief etwas spannendes oder zumindest etwas, was mich ablenkte. Nach einer Weile kam ich auf die Idee es mit Netflix zu versuchen immerhin teilten wir uns einen Account und einen Versuch war es wert. Als ich es endlich schaffte, das Passwort nach dem fünften Mal richtig einzugeben wollte ich mit meiner Lieblingsserie weiter machen. Ich kuschelte mich ins Bett und nahm nebenher die Tablette gegen diese fürchterlichen Kopfschmerzen. Eines war klar, wenn diese nicht bald aufhörten konnte ich das mit meiner Serie nämlich vergessen. Die Stunden verflogen und ich merkte gar nicht, wie schnell die Zeit verging. Erst als ich auf die kleine Uhr im Badezimmer sah bemerkte ich, das es bereits Zeit zum Mittagessen war. Ich entschied kurzerhand es für heute ausfallen zu lassen und mich wieder ins Bett zu bequemen, doch nicht ohne mich ein wenig zurecht zu machen. Ich war es irgendwie schon so gewohnt immer einigermaßen angemessen rumzulaufen, das ich es selbst hier zu Hause nicht lassen konnte. Also band ich meine Haare zu einem unordentlichen Dutt zusammen, da ich mich nicht traute sie in einen festen Dutt zu spannen. Es konnte gar nicht so schlecht aussehen, denn Tory lief ja schließlich auch immer so rum. Anschließend zog ich mir meinen Schlafanzug aus und holte mir stattdessen meine Sportkleidung der Schule aus dem Koffer. Es war das einzig Legere, das wir in An der Bolt Manor trugen also hatte ich die Sachen spontan mit eingepackt und war mir selbst dankbar dafür.

Mit meiner langen grauen Jogginghose, die unten an den Füßen enger anlag und meinem dunkelgrünen Shirt mit der Aufschrift "Bolt Manor - Acadia" legte ich mich zurück ins Bett. Ich entschied mich allerdings noch dafür meine Sweatjacke anzuziehen, da es einfach gemütlicher war und so schlenderte ich schon wieder zum Koffer um sie rauszuholen. Nachdem ich sie gerade angezogen hatte hörte ich, wie mein Handy klingelte und sah kurz nach, wer mich anrief. Mein Herz machte einen Satz, als ich Somas Namen auf dem Display leuchten sah und ging sofort ran.

"Hey!" begrüßte ich ihn freudig und lief wieder auf mein Bett zu. "Hey Kleine, wie ich höre hat dir der Schlaf gut getan?" fragte er und ich konnte mir sein Grinsen bildlich vorstellen. "Frag nicht. Ich hab furchtbar geschlafen! Und meine Kopfschmerzen bringen mich fast um aber sonst ist alles Okay soweit." seufzte ich lachend und warf mich aufs Bett. Soma lachte ebenfalls und ich zog die Fernbedienung unter meinem Hintern hervor, da ich mich genau auf sie gelegt hatte. "Ich hab Neuigkeiten für dich." meinte er nun wieder ernster und ich runzelte die Stirn. "Neuigkeiten? Zwecks was?" Fragte ich verwirrt. "Du wirst heute noch Besuch bekommen." Antwortete er mir und ich setzte mich wieder auf. "Wie meinst du das? Von wem denn?" fragte ich weiter und verstand einfach nicht, was er meinte. "Wart's einfach ab Kleine." entgegnete er mir zufrieden und ich verdrehte nur die Augen. "Kannst du mal bitte nicht nur in Rätseln mit mir sprechen?" seufzte ich genervt und erntete dafür ein weiteres tiefes Lachen seinerseits. "Ich bin nunmal ein wandelndes Rätsel." sagte er leicht Lachend und ich seufzte nur erneut.

Nachdem wir noch etwas über Gott und die Welt sprachen musste er leider auflegen, da er sich mit Ares und Elija traf um irgendwelchen Jungskram zu tun. Ich glaube sie wollten sich zum Playstation spielen treffen aber genau wusste ich das nicht mehr - Aber es war auch nicht so wichtig. Viel mehr beschäftigte mich mein Besuch, den ich heute noch bekam. Ich fragte mich wirklich, was er damit nur meinte? Würde Tory hier plötzlich vor der Tür stehen oder sogar er?

Ich beschloss mich nicht weiter damit zu befassen, da mir mein Kopf schon genug schmerzte und ich meine Serie weiterschauen wollte. Drei Folgen später klingelte es plötzlich an der Tür und ich wurde hellhörig. Leise öffnete ich meine Zimmertür und hörte nur Gemauschel von unten. Gerade als ich daran dachte ans Geländer zu schleichen um nachzusehen wer da an der Tür stand rief meine Mom schon nach mir. Verwundert lief ich die Treppen hinunter und konnte nicht fassen wen ich vor mir sah. Mein Mund klappte auf und ich spürte, wie meine Hände begannen zu zittern. Meine Mom sah mich verwirrt und besorgt an, doch ich ließ mir nichts anmerken und trat noch näher.

"Hallo Mrs. Peers, bitte verzeihen sie die Störung, doch wäre es möglich mit Cassia zu sprechen?" Fragte Abrin an meine Mom gerichtet, die überrascht zu mir sah. Ich entgegente ihr ebenfalls einen überraschten Blick und zuckte nur mit den Schultern. "Ich..bin mir nicht sicher ob.." begann meine Mom zu stammeln, doch ich legte nur meine Hand auf ihre Schulter und sah ihr nickend in die Augen. Sie erwiderte es nur und ging zurück ins Wohnzimmer. Leise schloss ich die Tür hinter mir und sah Abrin wartend an, doch dieser sah sich nur immer wieder panisch um. Ich zog eine Augenbraue hoch und sah mich ebenfalls um, doch konnte nichts merkwürdiges erkennen.

"Ich..ehm..ich bin hier weil.." stotterte er und machte eine Pause. Plötzlich sah ich zwei Männer hinter unserer Hecke um den Garten auftauchen, die sich dort an der Ecke positionierten. Abrin sah sich hektisch um und zog scharf die Luft ein, als er sie sah. Er blickte mir zum ersten Mal seit er hier vor mir stand direkt ins Gesicht und ich erkannte, das er ein geschwollenes Auge hatte - Das würde sicherlich noch blau werden. "Cassia es tut mir leid, was gestern passiert ist. Ich bin ein erbärmlicher Lappen, der Frauen schlägt. Du hast das nicht verdient und ich hoffe, das du meine Entschuldigung annimmst." ratterte er herunter, als hätte er es auswendig gelernt und sah sich wieder nach den zwei Männern um, welche jetzt auf uns zukamen. Mir entglitten jegliche Gesichtszüge und ich wusste nicht so recht, was ich darauf sagen sollte. Abrin..entschuldigte sich bei mir?!

Er verkrampfte sich immer weiter je näher sie kamen und wich ein Stück zurück, als sie direkt neben ihm standen. "War doch gar nicht so schwer oder?" Fragte der eine ihn zuckersüß und der andere sah währenddessen zu mir. "Oder?!" fragte er Abrin erneut mit etwas mehr Nachdruck in der Stimme, da Abrin nicht geantwortet hat. "J-j-ja." meinte dieser nun stammelnd und ich runzelte nur die Stirn. "N-nimmst du sie an?" fragte Abrin verängstigt und sah mich flehend an. "Was..ist denn hier los?" Fragte ich eher mich selbst, als die Leute vor mir. "Hey Archer, sieht übel aus aber das verheilt schon wieder." meinte einer der Beiden und deutete auf meine Stirn. Durch meinen Dutt konnte man die Wunde etwas durchschimmern sehen, weshalb sie ihnen womöglich aufgefallen war. Ich realisierte erst jetzt, das er mich mit meinem Gangnamen ansprach und mir fiel zum zweiten Mal heute die Kinnlade ins Bodenlose.

"Wie haben sie mich eben genannt?" Fragte ich ihn, nur um sicher zu gehen. "Keine Sorge, nur nicht so schüchtern. Wir sind doch alle im selben Team." meinte er und zeigte mir seinen rechten Unterarm auf dem ich deutlich das Gangzeichen der UT's erkennen konnte. Es war zwar schon etwas verblasst, doch ich brauchte keinen zweiten Blick um es eindeutig zuzuordnen. Mit großen Augen sah ich zu ihm auf und ein breites Grinsen bildete sich unweigerlich auf meinen Lippen. "Lasst mich raten..Caster oder Saber schickt euch, richtig?" fragte ich die Beiden und sie nickten nur. "Nicht so direkt aber Clyde erwähnte ihre Namen." zwinkerten sie mir zu und ich nickte nur wissend. "Ich hab es gesagt..ich..ich hab gemacht, was ihr wolltete! K-kann ich jetzt gehen?" stammelte Abrin nervös und sah hektisch zwischen den zwei Männern hin und her. Sie sahen sich beide nur grinsend an. "Naja das wissen wir nicht so recht..sie hat ja noch nichts erwidert auf deinen erbärmlichen Versuch dich zu entschuldigen." lachten sie und packten ihn am Kragen. "Weißt du, das hängt ganz von ihr ab, ob du gehen darfst." raunte ihm der eine, der ihn festhielt zu und Abrin kniff verängstigt die Augen zu. Wieder lachten die Beiden und ich verkniff mir ein fettes Grinsen.

"Ich werde dir niemals verzeihen Abrin. Und ich nehme auch deine Entschuldigung nicht an, da ich zwar den Einsatz dieser zwei netten Herren wirklich schätze aber ich weiß, das diese Entschuldigung nicht von dir kommt." Sagte ich eisig und sah ihm dabei in seine Ozeanblauen Augen, die fast schon wüteten vor Angst. "Aber..ich bin nicht so ein verkackter Mensch, wie du. Außerdem, was soll ich mit dir anfangen wenn du hier herumstehst, wie bestellt und nicht abgeholt." zuckte ich mit den Schultern und sah zu meinen zwei Helden für heute. Sie nickten wissend und lachten in sich hinein. "Also wir packen's dann mal wieder. Keine Sorge..wir nehmen den Müll mit nach draußen." Meinte der eine, der ihn festhielt und ich nickte ihnen lachend zu.

"Und sollte dieser Möchtegerngängster dir jemals wieder zu nahe treten dann ruf uns einfach Kleine! Wir sind pünktlich, wie die Müllabfuhr!" Und damit verabschiedeten sich die zwei von mir und zerrten Abrin wieder mit sich. Ich sah ihnen nach, bis sie hinter der Hecke verschwunden waren und schüttelte nur ungläubig den Kopf - war das gerade wirklich passiert?!

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