-Kapitel 23-

Ich saß in einem mir unbekannten Klassenzimmer, doch es war genauso eingerichtet, wie alle anderen. Ich war noch nie in diesem Gebäudeteil aber Tia hatte mich bereits aufgeklärt, dass der Unterricht für mich in anderen Räumen stattfinden würde. Die Klassenzimmer hatten einen extra Gebäudeteil getrennt von unseren Zimmern. Doch auch dieser Klassenzimmer-Gebäudeteil war noch einmal unterteilt in die verschiedenen Schuljahre. Das heißt ich war schon oft hier im Klassenzimmer-Gebäudeteil aber noch nie in dem, extra für Sechstklässler.

In der ersten Stunde hatte ich Mathe und folgte Magister Carter aufmerksam. Hier wurde zwar der gleiche Stoff gelehrt, doch die Aufgaben waren um einiges schwerer als die, die ich kannte. Es war eine Herausforderung aber nicht unmöglich. Tory saß in der dritten Reihe während ich mich in die Erste setzte -was soll ich sagen, alte Gewohnheit. Im Klassenzimmer war es erstaunlich still. Niemand redete oder sprach mit seinem Nachbarn. Auch das war ungewohnt. Normalerweise folgten nur die Streber dem Unterricht an der Delta Chambers. Als die ersten sechs Stunden vorbei waren liefen wir alle in die große Halle fürs Mittagessen. Ich hatte mein Handy dabei und beschloss Mom und Dad zu schreiben, das ich nun wieder erreichbar war. Ich tippte schnell eine SMS, doch das war gar nicht so einfach, denn es war schließlich ein altes Handy ohne vollständige Tastatur auf dem Bildschirm. Und so musste ich mehrmals darauf tippen um den gewünschten Buchstaben zu sehen -wie ätzend. Daran musste ich mich erst noch gewöhnen. Ich sah, wie Tory mich mit hochgezogener Augenbraue beobachtete und schließlich nur grinsend den Kopf schüttelte. Sogar jetzt verspottete sie mich noch immer. Wütend steckte ich es wieder in meine Tasche und aß weiter.

Am Ende des ersten Schultages saß ich an meinem Schreibtisch und probierte mich eben an den Hausaufgaben als Tory zur Tür rein kam. Ich beachtete sie nicht weiter und konzentrierte mich. „Du machst ernsthaft die Hausaufgaben?!" lachte sie während sie mit verschränkten Armen direkt hinter mir stand. Ich drehte mich genervt um „Ja natürlich wieso auch nicht?" fragte ich sie und versuchte den Ärger herunter zu schlucken. Sie schüttelte nur wieder den Kopf und ging davon. „Mein Gott was für ein Streber." Murmelte sie und kramte in ihrem Schrank. Zornig musterte ich sie. -Was denkt die sich eigentlich?!- Zu Hause war ich mit solchen Problemen nie konfrontiert gewesen. Im Gegenteil, meine Eltern freuten sich das ich so fleißig war. Doch hier wurde ich schon wieder verspottet. Mir dämmerte es langsam, dass das hier noch schlimmer werden könnte als auf der Delta Chambers. Hier wurde ich nicht nur während des Unterrichts sondern auch noch den restlichen Tag über niedergemacht.

So verging die Erste Woche des neuen Schuljahres und ich musste mit bedauern feststellen, dass sich nichts geändert hatte. Nur das diejenigen, die es auf mich abgesehen hatten andere Namen trugen. Ich würde also egal wo ich hinging die Außenseiterin sein. Ich musste mich damit abfinden, doch meinen Eltern erzählte ich kein Wort davon. Sie würden nur wieder enttäuscht darüber sein, das ihre Tochter es einfach nicht auf die Reihe brachte sich Freunde zu suchen.

Ich fand aber mittlerweile heraus, was das für ein seltsames Ding in Torys Ohr war. Es war anscheinend ein kleines Funkgerät oder sowas in der Art, denn sie schien mit jemand zu reden namens -Lancer- Anfangs dachte ich sie führte Selbstgespräche, doch diesen Gedanken verwarf ich wieder als sie diesen Namen nannte. Ich kannte niemanden der Lancer hieß -ein seltsamer Name. Sie versuchte gar nicht leise zu sprechen oder darauf bedacht zu sein, dass ich nichts mitbekommen würde. Anscheinend war es ihr egal, wie viel ich davon mithörte. Ich konnte ohnehin nichts damit anfangen. Wahrscheinlich war sie sich darüber im Klaren. Ich fragte mich allerdings oft mit wem Soma sprach. Er hatte schließlich das gleiche Funkgerät im Ohr, wie Tory. Wenn er mit ihr sprechen würde hätte sie ihn ja wohl nicht Lancer genannt. Also war es schon einmal ausgeschlossen, dass er es war aber mit wem sprach Soma dann nur?

Nach weiteren drei einsamen Wochen voller Hausaufgaben und unzähligen Stunden in der hauseigenen Bibliothek gewöhnte ich mich langsam an Torys Anwesenheit. Sie war zwar noch immer unausstehlich, doch ich machte mir nichts mehr daraus. Ich war schließlich nicht auf sie angewiesen dank Tia. Ich gewöhnte mich allmählich an die Einsamkeit. Es war nicht sonderlich schlimm, denn hier wurde ich wenigstens in Ruhe gelassen und das, was Tory mir hin und wieder an den Kopf warf war nichts im Vergleich zu den Dingen, die ich mir von Abrin anhören musste. Und so war es auch heute der Fall, dass ich nach einem anstrengenden Tag in der Bibliothek auf dem Rückweg ins Zimmer war. Heute allerdings früher als sonst, da ich mich an einer Aufgabe festgefahren hatte. Ich konnte sie einfach nicht lösen -Jedenfalls heute nicht. Ich würde es morgen noch einmal versuchen. Ich schlenderte erschöpft den Gang entlang, den ich nun wahrscheinlich schon blind ablaufen könnte, als ich Somas Stimme vernahm. Erschrocken blieb ich stehen und versuchte herauszufinden wo seine Stimme herkam. Langsam lief ich weiter und lugte vorsichtig in die jeweiligen Räume, die auf dem Weg lagen. Schließlich sah ich ihn im letzten Zimmer an der Wand lehnen als ich hineinschaute. Schnell versteckte ich mich wieder hinter der Wand und lauschte.

„Ich weiß..Das mit Archer ist echt scheiße gelaufen..Nein! ganz sicher nicht...wir werden schon jemand finden..beruhige dich Rider!..es nützt nichts wenn wir jetzt alle in Panik verfallen.." hörte ich ihn leise sprechen. Es waren nur ein paar Wortfetzen, die ich verstand aber ich konnte mir keinen Reim darauf machen. Die Person mit der er sprach hieß also Rider so viel konnte ich mir erklären, doch über was sie gesprochen haben konnte ich wirklich nicht nachvollziehen. Mit gerunzelter Stirn lief ich weiter -über was er wohl gesprochen hatte- fragte ich mich während ich schon die Türklinke meines Zimmers umfasste. Ich öffnete sie und sah, wie Tory gerade einen Haufen Handys und Unmengen an Bargeld in zwei Taschen sortierte. Wie erstarrt stand ich da und sah der Szene vor mir zu. Als Tory mich schließlich bemerkte sah sie mich schockiert an. Im nächsten Moment sprang sie auf und schlug die Tür zu. „Was zum Teufel machst du denn schon hier?!"

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