- Kapitel 103 -
Wir saßen schweigend am Tisch und ich setzte mein ausdrucksloses Gesicht auf, da ich noch immer versuchte zu verstehen, was hier vor sich ging. Nach einer Weile rutschte Mom nervös auf ihrem Stuhl herum und sah immer wieder genervt auf die Uhr. "Also Schätzchen..erzähl doch mal ein wenig. Wie liefen deine Prüfungen?" Fragte sie mich nervös und ich zog nur eine Augenbraue nach oben. "Gut." Antwortete ich ihr und sie sah mich verdutzt an. "Schön..schön..du hast neue Klamotten? Es..steht dir wirklich gut, dieser neue Look..er ist nur etwas..düsterer." Lobte sie mich irgendwie und ich nickte nur stumm. "Dieses Henna Tattoo..es ist noch immer da auf deiner Hand?" Lenkte sie weiter ab. "Ja. Hab's erneuern lassen." Entgegnete ich ihr kühl und sah währenddessen zu ihrem Kollegen, der mich ebenfalls hibbelig musterte. Irgendwas stimmte hier ganz und gar nicht. Dad wusste doch, das ich heute nach Hause kam. Er verspätete sich nie ohne sich bei mir zu melden. "Es war ja ganz nett mit deinem Arbeitskollegen und ich will nicht unhöflich sein, doch ich frage mich langsam wieso er noch immer hier ist?" Stellte ich nun die Frage und lehnte mich etwas auf den Tisch. Die beiden sahen sich kurz an und drucksten unverständlich herum. Ich hob gespannt eine Augenbraue und wartete auf eine vernünftige Antwort. "Wenn dein Vater hier ist erklähren wir dir alles." Meinte Mom wieder etwas gefasster und ich lehnte mich erneut in meinem Stuhl zurück. Nach weiteren zehn Minuten klingelte plötzlich Mom's Handy und sie sprang sofort auf. Sie verließ den Raum und man hörte nur irgendwelche Wortfetzen, doch ich verstand leider zu wenig um dem Gespräch zu folgen.
Sie kam niedergeschlagen und ratlos wieder herein und setzte sich. "Cassia, Schätzchen..dein Vater schafft es heute leider nicht mehr. Er..hat noch viel zutun und er wird sich morgen bei dir melden." Verkündete sie und ich hob überrascht die Augenbrauen. Dad würde mich nie versetzen! Niemals! Da musste etwas anderes dahinter stecken. Ich ließ mich nicht einfach so abspeisen. Ich wollte eine Erklährung - Jetzt.
"Mom sag mir jetzt auf der Stelle, was hier los ist." Wies ich sie an und sah ihr wütend entgegen. "Seit Wochen gehst du mir aus dem Weg und sagst Dad ist nicht da, er kann mich nicht sprechen oder es geht ihm nicht gut. Jetzt holt mich auch noch dein Kollege vom Flughafen ab und dann sagst du mir das Dad heute nicht nach Hause kommt?!" Ich schlug auf den Tisch und beide zuckten zusammen. "Cassia ich.." Begann sie doch ich unterbrach sie. "Überleg dir gut was du jetzt sagst Mom, es ist besser die Wahrheit weil ich deine Lügen und Ausreden satt habe" Fügte ich eisig hinzu und wartete. Sie sah mich überrascht an und auch der Mann neben ihr dessen Namen ich noch immer nich wusste, da sie ihn mir nie vorgestellt hatte sah mich verwundert an. Es war mir egal, was er von mir hielt mein Benehmen musste ich hier nicht unter Beweis stellen. "Wir wollten es dir eigentlich gemeinsam sagen..wenn dein Vater auch hier ist aber..ich denke du lässt dich nicht bis Morgen vertrösten.." Seuftzte sie und ich nickte langsam. "Dein Vater und ich wir..wir haben uns vor einigen Wochen getrennt." Platzte es aus ihr heraus und ich hatte Mühe ihre Worte zu verstehen. Sie entkamen ihr so schnell, das ich eine Weile brauchte um sie zu realisieren. "Ihr habt..ihr habt was?!" Schrie ich aufgebracht. "Beruhige dich bitte Schätzchen! Wir wollten es dir nicht am Telefon sagen! Wir wollten deine Prüfungen nicht ruinieren!" Meinte sie beschwichtigend, doch ich sprang entgeistert von meinem Stuhl auf. "Ihr habt es mir nicht gesagt?! Obwohl das schon Wochen her ist?! Ist das euer Ernst?" Schrie ich sie weiter an und auch Mom hielt es nicht mehr auf ihrem Stuhl. Sie wedelte wild mit den Armen herum und streifte sich immer wieder aufgebracht durchs Haar. "Cassia versteh doch bitte, das wir nur das Beste wollten. Wir haben uns eben einfach..auseinander gelebt..das ist eben manchmal so.." Plapperte sie los und ich konnte nicht fassen, was ich hörte. "Das ist eben manchmal so?! Ist das alles was du dazu zu sagen hast?" Fragte ich sie entgeistert. "Hör zu es wird sich nichts für dich ändern, okay? Er ist immer dein Dad und ich immer deine Mom. Ihr werdet euch ganz normal sehen können und-" Weiter kam sie nicht, denn ich unterbrach sie. "Für mich ändert sich nichts?! Wie kannst du sowas nur sagen? Es ändert einfach ALLES!" Schrie ich erneut. Verzweifelt ließ ich mich zurück auf den Stuhl sinken. Eine Weile herrschte Stille zwischen uns und es fühlte sich einfach nur bedrückend an. "Wieso?" fragte ich leise und mit heiserer Stimme. "Wieso!" rief ich lauter, da sie nicht antwortete. "Ich sagte doch schon, das wir uns auseinander gelebt haben." Entgegnete sie mir unsicher. "Nein, das glaube ich dir nicht. Ich will die Wahrheit wissen! Das kann nicht der Grund sein! Vor ein paar Monaten war noch alles gut!" Schrie ich wieder aufgebracht und schlug auf den Tisch. "Es ist die Wahrheit!" Schrie nun auch Mom und ich lachte gespielt. "Ach ist das so? Und was macht ER dann noch immer hier? Was spielt er für eine Rolle huh?" Fragte ich und zeigte auf ihren Arbeitskollegen. Sie sah mich schockiert und ratlos an, doch das war mir Antwort genug. "Weißt du was vergiss es!" meinte ich wütend und lief aus dem Raum. Ich rannte zur Garderobe und schnappte mir meine Boots, die ich mit Soma kaufte. Ich lief ohne Jacke und nur in dem schwarzen Hoodie, der Teil meines Gangoutfits war, den ich eigentlich nur bei Aufträgen trug in die Kälte. Ich lief und lief und lief immer weiter. Ich wollte einfach weg von hier. Ich bekam keine Luft mehr in diesem Haus!
Es schneite und ich sah beinahe nichts mehr, doch das war mir in dem Moment herzlichst egal. Ich stapfte durch den Schnee und lief einfach in irgendeine Richtung ohne groß darüber nachzudenken wo ich eigentlich hinlief. Wie konnten sie mir das antun? Wie konnten sie es wagen mir nicht Bescheid zu sagen? Mich aufzuklähren? Und wie um alles in der Welt kam meine Mom auf die Idee diesen Spast mitanzuschleppen? Was wollte der denn überhaupt hier? So viele Fragen schwirrten in meinem Kopf umher, das ich gar nicht mehr realisierte wie feucht meine Augen geworden waren. Eine Träne nach der anderen lief mir die Wange entlang und ich konnte noch weniger von meinem Umfeld erkennen. Wo zur Hölle war Dad? Wieso kam er nicht? und wieso rief er mich nicht selbst an oder holte mich? Stattdessen ließ er mich dort bei ihr am Tisch sitzen mit einem komischen Kerl den ich noch nie gesehen hatte!
Die Straßen waren mit Schnee bedeckt und ich merkte, wie glatt es unter der Pulverschneeoberfläche war. Immer wieder verlor ich den Halt und rutschte unsicher hin und her, doch ich lief weiter. Solange bis ich gegen etwas hartes knallte und es mich zu Boden riss. Ich sah verwirrt auf und sah, das ich gegen einen Laternenpfahl gelaufen war und schlug wütend dagegen. Ich rappelte mich auf die Knie und ließ meinen Kopf hängen. Ich konnte nicht verstehen, wie es soweit kommen konnte..Was war denn nur passiert? Sie waren doch so glücklich?! So unzertrennlich! Seit ihrer Schulzeit! Seit ich denken konnte!
Wütend schlug ich immer wieder gegen den Pfosten aus metall bis meine Fingerknöchel aufplatzen. Unbeirrt schlug ich weiter und weiter und sah, wie sich kleine Blutspritzer im Schnee verteilten. Es bildete sich ein Muster vor mir und meine Augen brannten allmählich von den vielen Tränen. Ich spürte den Schmerz nicht, es war als sei ich völlig taub geworden. Nur der Schmerz tief in mir war kaum auszuhalten. Es war, als würde dieser Schneesturm nicht nur um mich herum wüten sondern auch in mir. Ich wusste nicht was ich tun sollte, was ich denken sollte, was ich fühlen sollte! Es zerriß mir das Herz, doch ich konnte nichts tun.
Mein Atem ging stoßweise und ich sah, wie er sich in Form von Nebel von mir entfernte. Ich schmiss meine Hände vor mich in den Schnee der sich augenblicklich rot färbte. Ich kauerte einige Minuten lang in dieser Position auf dem Gehweg und wusste nicht wohin mit meinen Gedanken und Gefühlen. Ich merkte gar nicht, wie jemand meinen Namen rief. Ich nahm es erst wahr, als mich dieser Jemand an der Schulter packte.
"Cassia?!" Hörte ich Abrins Stimme durch seinen dicken Schal dringen, doch ich sah nicht zu ihm auf. Es war mir egal was er hier tat. Ich wollte einfach nur allein sein. "Cassia!? Was zum Teufel ist denn falsch mit dir? Was tust du da?" Schrie er aufgebracht gegen den Sturm an und deutete auf den Blutverschmierten Schnee hin. Ich antwortete nicht und saß noch immer regungslos auf dem Boden. Meine ganze Welt schien den Bach hinunter zu gehen. Ich hatte es endlich geschafft dachte ich. Mein Leben war besser, als jemals zuvor und jetzt wo ich mich endlich ein wenig aufrappelte und anfing mein Leben zu genießen zog man mir erneut den Boden unter den Füßen weg. Und diesmal waren es auch noch meine eigenen Eltern, die mir das antaten!
Abrin kniete sich neben mich hin und murmelte etwas unverständliches vor sich hin bevor er mich unter meinen Armen packte und mich auf die Beine zog. Ich sah ihn verwirrt und zornig an. "Was ist denn nur los mit dir?! Deine Hände sind ganz blutig!" Meinte er aufgebracht und hielt sie mir vor die Augen. Ich sah meine Wunden und wie Blut aus unzähligen kleinen Rissen drang, doch das schockierte mich nicht. Beim Training mit Roy sahen meine Hände teilweise schon viel schlimmer aus. "Hörst du mir überhaupt zu? Verdammt Cassia!" Er schüttelte mich an den Schultern und sah mich wütend an, doch ich reagierte nicht. Meine Gedanken waren an einem ganz anderen Ort. "Ach verdammte Scheiße!" murmelte Abrin vor sich her und legte meine Arme um seinen Hals, sodass er mich hinter sich her ziehen konnte. Ich ließ alles mit mir machen, da ich körperlich ohnehin nicht anwesend war.
Abrin schleifte mich eine Weile durch den Schnee und ich bemerkte gar nicht wo wir eigentlich hinliefen. Erst als er vor einem riesigen Tor stehen blieb sah ich mich ein wenig benommen um. Wir waren bei ihm zu Hause und sind den ganzen Weg zu Fuß gegangen - Naje er war ihn gegangen ich wurde hinterher geschleift. Er zog sich seine dünne Sportjacke aus und legte seine Mütze sowie seine handschuhe und seinen Schal ab bevor er mich die Treppen hoch trug. Einige seiner Bediensteten sahen uns komisch an, doch er wies sie eisig an darüber kein Wort zu verlieren weshalb sie eilig nickten und davon gingen. "Wir werden ihren Eltern berichten, das sie ihre Joggingrunde beendet haben und sich auf ihr Zimmer zurückgezogen haben, Mister Winchester." Entgegnete ihm eine ältere Dame, die ebenfalls Bedienstete hier war und Abrin nickte nur stumm.
Er setzte mich auf seinem Bett ab und ich starrte noch immer ins leere. Meine Gedanken kreisten um meine Mom und meinen Dad, um die Erinnerungen und die ganzen Bilder, die vor meinen Augen erschienen. Abrin stand plötzlich vor mir mit einem Eimer und mehreren Lappen sowie Verbänden und Desinfektionsmittel. Stumm ließ ich ihn machen und sah ihm gedankenverloren dabei zu, wie er meine Hände reinigte und einbandagierte.
Er ging aus dem Raum um die Sachen wieder wegzuräumen und kam mit einer Tasse in den Händen zurück. Es war Früchtetee, das konnte man am Geruch erkennen. Abrin drückte mir die Tasse in die Hände und kniete sich vor mich auf den Boden. "Was ist passiert Cassia? Woher hast du die Wunden an den Händen?" Fragte er mich ruhiger als zuvor, doch ich konnte und wollte ihm nicht antworten - Ausgerechent ihm! Er seuftzte und erhob sich. Ich saß weiterhin einfach nur da am Fuße seines Bettes während er seinen Fernseher und seine Playstation einschaltete.
Mehrere Minuten lang starrte ich auf den Bildschirm und verfolgte, wie er irgendein Ballerspiel spielte und merkte, wie schwer meine Augen plötzlich wurden. Irgendwann spürte ich nur noch wie ich nach hinten gedrückt wurde und man eine Decke über mich legte.
Es war tiefste Nacht als ich meine Augen erneut aufschlug und es herrschte absolute Stille im Zimmer. Ich konnte mich verschwommen daran erinnern wo ich war und weshalb ich hier war. Auch mein Frust und meine Verzweiflung waren noch immer vorhanden, doch von Abrin fehlte jede Spur. Ich schlug die Decke zur Seite so gut es ging mit den Verbänden an den Händen und kroch aus dem Bett. Ein leises Schnarchen erklang aus dem hinteren Teil des Zimmers wo ich dann auch Abrin auf der Couch liegen sah, als sich meine Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten. Laut seuftzend lief ich zur Terrassentür und sah hinaus. Ich hatte ein seltsames Gefühl tief in mir. Als hätte sich der Sturm, der in mir tobte zwar etwas beruhigt, doch anstelle des wütenden Chaos nahm nun dichter Nebel seinen Platz ein. Alles erschien mir so unreal, so unwirklich und absurd. Noch an diesem Morgen war meine Welt in Ordnung, naja sofern man das so nennen konnte. Aber ich hatte schon Fortschritte gemacht! Mein Leben hatte sich bereits zum guten gewendet! Ich hatte wirklich gehofft, das alles besser werden würde, doch da hatte ich mich offensichtlich getäuscht.
Abrin stand plötzlich verschlafen neben mir und rieb sich die Augen. "Cassia was machst du denn? Geh zurück ins Bett. Weißt du überhaupt wie spät es ist?!" Murrte er genervt, doch ich rührte mich nicht. Er seuftzte hörbar und lief hinüber zum Bett. Er kam unerwarteterweise wieder zurück und legte mir die Decke über die Schultern mit der ich zuvor noch zugedeckt gewesen war. Er drehte mich in seine Richtung und zwang mich somit ihn anzusehen.
"Ich weiß ich bin womöglich der letzte Mensch den du jetzt sehen willst geschweige denn mit dem du reden willst aber ich muss wissen was passiert ist." Sagte er mit rauer Stimme und sah mich durchdringend an. Ich schloss frustriert meine Augen und dachte an all die Dinge, die er mir in der Vergangenheit antat. Vor allem an seine letzte Aktion bei der er mein Vertrauen missbrauchte. Wieso also sollte ich diesen Fehler noch einmal begehen?!
"Das geht dich nichts an." Entgegnete ich ihm kühl und seine Augen weiteten sich. "Ist das dein Enrst? Ich hab dich von der Straße aufgegabelt, deine Wunden versorgt und dich hier schlafen lassen! Ich denke das ist Grund genug um zu erfahren was eigentlich los ist." Meinte er grimmig und ich schlug seine Hände weg. "Ach hör mir auf! Du hast es genoßen mich so zu sehen! Du willst nur rauskriegen was los ist damit du mich damit noch härter treffen kannst! Ist es nicht so? Das tust du doch immer." Zischte ich wütend und schlang die Decke enger um mich. Ich wünschte mir in dem Moment einfach nur so weit weg, wie möglich zu sein! Bei Soma und Tory zu sein!
Abrin stieß empört die Luft aus und fuhr sich durch die Haare. "Wieso um alles in der Welt sollte ich so einen Aufwand betreiben nur um an ein paar Infos zu kommen?!" Fragte er mich verwundert und ich stockte gedanklich selbst. Diese Frage konnte ich nicht beantworten, doch ich wusste das ich ihm nicht trauen konnte. Diesen Fehler würde ich nie wieder machen, das schwor ich mir damals bevor ich diesen schrecklichen Ort hier verlassen hatte. "Weil du eben du bist. Und du änderst dich nicht." Antwortete ich ihm und sah im missbilligend entgegen. Abrins Augen verdunkelten sich und er stützte sich nun mit einem Arm an der Scheibe der Terrassentür ab. "Glaub mir, du bist nicht der Mittelpunkt meines Lebens Cassia. Ich hab besseres zutun als mich um dich Häufchen Elend zu kümmern." Raunte er mir zornig zu, weshalb ich die Decke auf den Boden warf. "Dann tu's nicht!" Zischte ich und lief in Richtung Tür, doch er folgte mir. "Bleib stehen verdammt! Wo willst du denn hin? Es ist mitten in der Nacht und bis zu dir nach Hause sind es mehrere Kilometer!" Rief er mir zu bevor er mich einholte. "Das ist mir völlig egal! Wenn es sein muss krieche ich bis ans Ende der Welt um so weit wie möglich von dieser schrecklichen Stadt weg zu kommen!" Schrie ich ihn an während ich mich umdrehte. In Abrins Augen bildete sich ein komischer Ausdruck und ich konnte nicht deuten, was er wohl zu verheißen mochte, doch es scherte mich auch nicht weiter. Ich war nicht mehr das kleine schüchterne Mädchen, dass er kannte. Nein, dieses Mädchen war gestorben - endgültig.
"Was ist denn nur in dich gefahren!? Sei doch vernünftig und warte wenigstens ab bis es hell ist! Dann fahre ich dich auch nach Hause wenn es sein muss." Brachte er widerwillig über seine Lippen und ich stutzte bei seinem Angebot. Abrin hatte so etwas noch nie getan, das war ja beinahe etwas nettes. Doch ich ließ mich nicht täuschen! Nein! Ich kam allein klar, wie mein ganzes Leben bisher auch! Und wenn es sein musste auch ohne meine Eltern. Ich würde den nächsten Bus oder Zug oder was auch immer in Richtung Flughafen nehmen und zurück nach Acadia fliegen. Zurück nach Hause - meinem richtigen zu Hause.
Ich drehte mich um und griff zur Türklinke, doch Abrin stoppte mich. "Seit wann bist du wieder hier in der Stadt?" Fragte er mich ruhiger. Verwundert runzelte ich meine Stirn. "Seit heute." Entgegnete ich ihm skeptisch. "Ich glaube ich weiß was los ist.." Seuftzte er und löste meine Hand von der Klinke. Er schob mich zurück auf's Bett wo ich widerwillig platz nahm. Meine Neugier war größer als mein Drang hier endlich raus zu kommen. Ich konnte mir wenigstens anhören, was er zu sagen hatte und dann gehen. Er fuhr sich nervös über's Gesicht und kniete sich vor mich hin.
"Du hast das von deinen Eltern gehört, oder?" Fragte er mit geschlossenen Augen. Schockiert sah ich ihn an. Woher wusste er denn davon? "Hör zu es tut mir leid, okay?" Begann er doch ich unterbrach ihn. "Woher weißt du davon?" fragte ich ihn ausdruckslos. Er sah mich kurz verwirrt an bevor er antwortete. "Die ganze Stadt weiß darüber Bescheid Cassia. Es gehen seit Wochen Gerüchte rum und vor ein paar Tagen hat man einen Umzugswagen vor eurem Haus stehen sehen." Meinte er sichtlich überfordert. "Was?" Entkam es mir sprachlos. "Es ist eine kleine Stadt, da bekommt man eben alles mit." Fügte er hinzu und fuhr sich erneut über's Gesicht. "Was sagen diese Gerüchte noch?" Drängte ich ihn. "Es heißt deine Mom hätte deinen Dad seit einiger Zeit mit irgendeinem ihrer Kollegen betrogen. Man hat ihn oft bei euch zu Hause ein und aus gehen sehen. Immer dann wenn dein Dad auf Geschäftsreise war." Fuhr er fort und in mir zog erneut der Sturm auf. Sie hatte ihn betrogen?! Mit genau dem Kollegen der mich vom Flughafen abholte? Der mit uns am Tisch saß? Sie hatten sich auseinander gelebt?! War das ihre Definition davon?! Ich kochte vor Wut und hätte am liebsten das gesamte Anwesen der Winchesters zusammen geschrien.
"Wo ist mein Dad?" Fragte ich den Tränen nahe, da ich es mir verbot vor Abrin zu weinen. "Das weiß ich nicht. Man sagt er sei immer noch in der Stadt irgendwo im südlichen Stadteil." Seuftzte er während ich mich erhob. "Cassia! Wo willst du denn hin?" Fragte er mich und kam erneut hinterher. "Was glaubst du denn?! Ich gehe meinen Dad suchen!" meinte ich wütend und lief aus dem Zimmer. "Cassia warte doch!" Rief er mir nach und schnappte sich noch seine Jacke bevor er auch schon wieder neben mir stand. "Cassia! Du weißt doch gar nicht ob das stimmt! Wer weiß wo er ist und außerdem ist es immer noch mitten in der Nacht!" Versuchte er mich umzustimmen, doch er hatte keine Chance. Nichts auf der Welt hätte mich aufhalten können. Ich würde defintiv nicht wieder zurück in dieses Haus gehen wo diese Frau womöglich mit diesem widerlichen Wichser in ihrem Ehebett lag! Ich tastete meine Taschen ab und hoffte darauf mein Handy eingesteckt zu haben, doch bei meinem Glück an diesem Tag hatte ich es natürlich in meiner Tasche gelassen, welche noch im Haus war - Egal! Ich würde ihn auch so finden.
"Das ist mir egal! Ich werde nicht zurück in dieses Haus gehen, kapiert? Wo dieser widerliche Mensch im Bett liegt und wahrscheinlich grade in diesem Moment mit diesem Penner schläft!" Schrie ich durch den gesamten Innenhof des Anwesens. "Wie willst du das denn machen? Komm wieder rein! Du kannst hier schlafen bis du weißt wo er ist!" Versuchte er es weiterhin. "Und wenn es die ganze Nacht dauert! Selbst wenn ich an jede Haustür der Stadt klopfen muss! Irgendjemand wird ja wohl wissen wo er ist." Zischte ich ihm entgegen und ließ ihn dort stehen. Ich hörte nur, wie er wieder einmal irgendetwas vor sich hinmurmelte und wie sich seine Schritte wieder näherten. "Du kannst mich nicht umstimmen." Begann ich, doch er unterbrach mich. "Zieh die Jacke an. Ich hab keine Lust deine Leiche vergraben zu müssen nach der Nacht." Murrte er und legte mir seine Jacke um die Schultern. Entgeistert sah ich ihn an während er weiter lief. "Was soll das?!" fragte ich ihn gereizt, da ich nicht in der Stimmung war für Scherze. "Glaubst du echt ich lass dich allein mitten in der Nacht im Winter hier rumlaufen und an fremde Türen klopfen?!" Murmelte er wütend und ich konnte nicht anders als ihn verwirrt anzustarren.
"Wieso?" Entkam es mir so leise, das ich glaubte er hatte es gar nicht gehört. "Weil es gefährlich ist?!" Meinte er triefend vor Selbstverständlichkeit. Ich verdrehte meine Augen. "Das doch nicht! Ich meinte wieso kommst du mit mir?" Formulierte ich meine Frage um.
"Weil ich es dir schulde." Antwortete er mir ausdruckslos und ging weiter.
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