Verstoßen? II

Komm zu mir.

Ich erwarte dich.

Suche mich auf.

Kanan hatte beschlossen die Stimme lange genug gehört zu haben und schritt bewaffnet mit einem der Disruptoren durch die hügelige, raue Landschaft Atollons. Er hörte seine eigenen Schritte, das Klappern der Kryknas in der Ferne, das kleine Trippeln der Schnecken, die sich ihren Weg auf dem Boden bahnten. Sehen tat er nur durch die Macht, woran er sich in dem vergangenen halben Jahr daran gewöhnt hatte. Er fühlte die ungeheure Präsenz vor sich, die auf ihn zu warten schien. Was auch immer es auch war, aber es schien ihn gerufen zu haben. Und es schien seinen Grund dafür zu haben. 

Kanan hoffte es jedenfalls. Und er hoffte, dass dieser Grund etwas Bestimmtes war. 

Wie lange er schon lief wusste er nicht. Fest stand, dass er der Präsenz immer näher zu kommen schien. Er fasste sich an den Nacken und streckte sich etwas beim Gehen. Die Nacht auf der Couch im Gemeinschaftsraum zu verbringen war nicht die beste Wahl gewesen, aber immer noch besser als draußen. Er konnte nur hoffen, dass Hera in den nächsten Tagen Erbarmen zeigen würde. Wobei...das war sehr unwahrscheinlich und er wusste...dass er es mehr als verdient hatte.

Ein Stich durchfuhr sein Herz und verdrängte den Gedanken. Er prüfte seinen Komlink, aber keine Nachrichten waren eingegangen. Also...hatten sie noch nichts gefunden. Wie erwartet.

Kanan kam an einem Abhang an. Die Präsenz war nun ganz nahe wie er fühlte. Er seufzte leise.

"Wehe das ist das nicht wert", murmelte er und machte sich daran vorsichtig den Abhang runterzukommen. Allerdings stolperte am unteren Stück und legte sich der Länge nach hin. Er stöhnte und war nur dankbar, dass seine Arme den kleinen Sturz abgefangen hatten. Dafür war er nun über und über mit Staub bedeckt, aber das nahm er nur nebensächlich war. Kanan fasste nach dem Stock und richtete sich wieder auf. Etwas hustend von dem Staub ging er weiter und blieb dann stehen. Er fühlte, dass er nun an dem richtigen Ort war und gleich darauf hörte er ein Knacken und das Geräusch von bewegendem Geröll. Kanan blinzelte und war selbst von seiner Sicht in der Macht von dem Wesen überrascht. Dann ließ er sich auf die Knie fallen und wartete. 

"Ah, ich wusste das du gekommen würdest."

Kanan legte seine Maske ab und den Stock neben sich.

"Du hast mich doch gerufen. Also wer bist du?"

Das Wesen schnaubte und schien sichtlich amüsiert zu sein.

"Eine interessante Frage ist das. Ich bin der Bendu, ich stehe zwischen Ashla und Bogan. Zwischen dem Licht und dem Schatten. Nun aber die viel interessantere Frage ist, wer bist du?"

"Kanan Jarrus."

Kanan verzog keine Miene und blieb ganz ruhig sitzen, als das Wesen...als der Bendu erneut schnaubte.

"Mir scheint das ist noch nicht alles. Du bist stark in der Macht."

"Ich habe mich von ihr fast komplett abgewendet. Ich bin...war ein Jedi - Ritter."

Bendu stieß ein Geräusch aus, was wie ein Lachen klang.

"So, so. Du warst ein Jedi - Ritter? Meines Erachtens nach kann man das nicht ablegen, was oder vielmehr wer man ist."

"Ich bedauere dich enttäuschen zu müssen, aber das ist der Fall. Ich habe alles aufgegeben. Ich war es nicht mehr wert mich weiterhin so zu nennen und bin es auch nicht mehr."

Kanan verkrampfte etwas die Hände.

"Eine interessante Ansicht. Ich nehme an, dass hat mit deinem Sturm in deinem Inneren zu tun."

Kanan blinzelte.

"Meinem...meinem was?"

"Deinem Sturm. Da ist ein Ungleichgewicht in dir, was dich droht zu zerstören. Deine Gedanken sind nicht in einem Einklang und auch sonst...scheinst du eine große Schuld in dir zu tragen."

"Woher weißt du...?"

"Ich bin der Bendu, Kanan Jarrus. Alle Geschehnisse über Ashla und Bogan sind mir bekannt."

Bendu schien Kanan mit seinen Augen zu fixieren, was dieser spürte. Er schluckte und schloss die Augen.

"Du weißt es."

"Was soll ich wissen?"

Es war offensichtlich. Bendu wusste Bescheid. Über alles.

Kanan schüttelte den Kopf, der Bendu lehnte sich vor.

"Spreche es aus, Kanan Jarrus. Erst dann wird es dir klarer erscheinen."

Der ehemalige Jedi schluckte und seine Hände ballten sich zu Fäusten.

"Mein Padawan...mein Sohn..."

"Ja?"

"....er...er hat sich einem Sith Lord angeschlossen. Maul."

###

Kanan wusste, dass der Tag eskaliert war. Nein, dass die ganze Situation eskaliert war und alles schieflief, was schieflaufen konnte. Aber dieser Schock, dieser unglaubliche bahnbrechende Schock und diese Erkenntnis...hatten einfach jedes logische und rationale Denken in ihm zunichte gemacht. Der Streit mit Ezra war schlimm gewesen, sehr schlimm. Aber eine Eskalation in diesem Ausmaß hatte niemand von ihnen vorher gesehen. Es war alles so schnell gegangen und dann...dann war Hera verletzt gewesen. Durch Ezra. Ezra hatte seine eigene Mutter angegriffen. 

Ab diesem Moment  hatte alles in ihm ausgesetzt. Etwas, was danach nicht mal ansatzweise als Entschuldigung gelten konnte. Er war komplett überfordert gewesen, hatte nicht mehr gewusst was er sagte, was er tat, wie er es tat...

....aber auch das sollte später keine Entschuldigung mehr sein. Und sie galt es auch nicht. Denn so ein Verhalten, so eine unfassbare Schuld...war durch nichts zu rechtfertigen und schon gar nicht zu entschuldigen.

Wodurch sie es als Erstes gemerkt hatten war nicht zu sagen. Fest stand, dass es  in dem Moment gewesen war, als sie sich alle mit Ausnahme von Ezra bei Hera befunden hatten. Sie hatten vorher angefangen sich über Ezra und den "Unfall" wie er es zumindest betitelte,  zu unterhalten:

"So sehr ich Zeb nicht zustimmen will, aber er hat Recht. Ich..ich sage das wirklich nicht gerne, aber...aber er ist gefährlich", druckste Sabine herum und stimmte Zeb mehr oder weniger zu. Sie zuckte die Schultern. 

"Auch weil er im Moment...so komisch ist."

Kanan schnaubte. Er saß neben Hera auf ihrer Koje und hatte einen Arm um seine Frau gelegt, die sich bisher zurückgehalten hatte. 

"Das kommt davon, wenn man anfängt mit einem Artefakt des Bösen zu experimentieren."

"Ich dachte Holocrons wären nur Ansammlungen von Wissen?", hakte Sabine nach. Zeb zuckte die Schultern.

"Vermutlich hat ihn das Wissen so krank im Kopf gemacht."

Hera sagte noch immer nichts, doch ihre Lekku bewegten sich mehr. 

"Er ist von der dunklen Seite beeinflusst."

"Wo genau liegt da der Unterschied?"

Keine Antwort. Sabine sah auf und wandte sich an Kanan.

"Trainiert einfach mehr wieder zusammen. Dann kommt seine Kontrolle auch wieder."

Kanan schnaubte und verschränkte die Arme.

"Trainieren? Das haben wir zuletzt vor sechs Monaten getan. Ich habe ihn nie dazu bekommen, weil ich ihn nie zu Gesicht bekommen habe!"

Er machte eine Geste.

"Ihr wisst was ich meine."

Der Jedi seufzte.

"Außerdem....hat sich das mit seinem Training erledigt."

Alle Drei blickten Kanan mit einem sehr unguten Gefühl an. Schock und Unglaube war in ihren Gesichtern zu sehen, selbst Chopper war verstummt. Zeb hob eine Braue.

"Was meinst du?"

Sabine schüttelte den Kopf.

"Du wirst ihn schon wieder dazu bekommen, wenn er sich beruhigt hat und..."

"Nein, ihr versteht nicht."

Kanan schüttelte den Kopf und seufzte. 

"Ich werde Ezra nicht mehr trainieren. Es...es ist nicht mehr möglich. Es ist zu.."

Dann passierte etwas, was der Jedi nicht erwartet hatte. Ganz und gar nicht.

Im nächsten Moment fand er sich am Boden wieder und sah verwirrt auf. Was zum..?

"So und jetzt mache ich eurem schwachsinnigen Geschwätz mal ein Ende! Das kann sich ja keiner anhören!"

Hera war die ganze Zeit still gewesen, aber nun..

Kanan wollte etwas sagen, aber sie schnitt ihm  das Wort ab und warf ihm einen funkelnden Blick zu.

"Wage es dich nicht. Hört euch mal selbst reden, dann wisst ihr was ihr da von euch gibt! Wie könnt ihr es wagen?!" 

Sabine und Zeb wechselten einen verwirrten Blick.

"Hera..."

Diese richtete sich nun auf. Ihre Benommenheit war komplett verschwunden.

"Ist euch eigentlich klar, dass ihr hier über Ezra redet?! Ezra?! Der kleine goldige Junge, der in allem das Gute sehen will, der immer nur helfen will und nur das Wohl anderer kennt? Der mit seinen blauen Augen jeden um den Finger wickelt und den man einfach lieben muss!"

Sie sah mit einem vernichtenden Blick runter zu Kanan.

"Und der nebenbei erwähnt nicht nur dein verdammter Padawan ist, sondern auch dein Sohn!"

Etwas verdattert stand Kanan auf. Woher kam das jetzt aufeinmal?

"Liebling.."

"Nein, jetzt hört ihr mir mal zu! Und wenn ich noch einen von euch so einen Schwachsinn reden höre, der kann demnächst draußen schlafen! Ihr redet hier über meinen Sohn! Und keinen fremden Piloten von nebenan! Das ist mein Schiff und wer noch einmal so abfällig über mein Baby redet, der..."

Sabine hob die Hände.

"Hera, beruhige dich. Dein Kopf.."

"Ich kriege nur noch mehr Kopfschmerzen, wenn ich euer dummes Geschwätz höre! Ezra?! Mein Ezra eine Gefahr?! Nicht mehr kontrollierbar?! Hat auch nur einer von euch in Erwägung gezogen wie er sich bei diesen Worten fühlen würde? Wie er..? Oh nein, du bist jetzt mal still, Jarrus!", fauchte sie Kanan an, als der erneut ansetzen wollte.

"Ezra hat mich niemals angegriffen! Es war einfach ein Unfall! Er hatte seine Gefühle nicht unter Kontrolle, was passieren kann. Und das ist kein Grund ihn so abfällig und harsch zu verurteilen! Und du.."

Sie richtete einen Finger auf Kanan.

"Wie redest du von deinem Sohn!? Von deinem Jungen, den du doch immer so abgöttisch liebst und beschützen willst! Und was machst du, du verurteilst ihn sofort und denkst nicht einmal darüber nach! Sein Training beenden, dass kannst du nicht machen! Ezra wäre am Boden zerstört! Ihm geht es sowieso schon nicht gut nach allem und..."

Es war nicht zu erahnen. Kanan spürte mit einem Mal einen gewaltigen, stechenden Schmerz in seinem Kopf und für einen Moment hatte er das Gefühl, dass dieser explodieren würde. Dann war diese dunkle Präsenz für einen Moment in der Macht und..

"Mein Schüler."

Die Schreie und Rufe der Anderen nahm er gar nicht war, sondern stürzte bewusstlos zu Boden. 

Wenig später stellte sich heraus, dass das der Moment gewesen war, wo er Ezra verloren hatte.

###

Dieser Tag war inzwischen zwei Wochen her. Zwei Wochen seit Ezra  sie verlassen hatte und nun bei Maul war. Seitdem er sich Maul angeschlossen hatte. Er hatte es gefühlt, er hatte es gespürt. Und dann...dann war sein Band mit Ezra gerissen, weswegen er diese Schmerzen verspürt hatte und ohnmächtig geworden war. 

Zwei Wochen seit er sein Kind verloren hatte.

Zwei Wochen seit Hera ihn zuletzt wirklich angesehen hatte.

Zwei Wochen in denen er diese Schuld mit sich trug und diese Scham und Wut in sich. 

Und die Sehnsucht nach seinem Sohn. 

"Maul. Also so nennt sich der dunkle Machtnutzer. Ich spürte ihn, als er deinen Padawan empfing und mitnahm."

Kanan fuhr hoch.

"Was?! Du...du hast es...wieso hast du ihn nicht aufgehalten?! Wieso hast du nicht..?"

"Es liegt nicht in meiner Aufgabe das zu tun, Kanan Jarrus."

Der Bendu bewegte sich etwas.

"Der Junge wollte mit ihm mit. Ein seltsamer Machtnutzer. In ihm wohnt ein starkes Licht, ein sehr starkes und reines Licht. Doch es ist beschmutzt und wird immer mehr von den Schatten der Furcht, der Zweifel und des Schmerzes eingenommen. Ich spürte ihn schon sehr lange und das letzte Mal...da war auf einmal all sein Licht verschwunden. Nur ein kleiner Funke war noch übrig. Der Rest von Dunkelheit ergriffen und erfüllt."

Kanan schluckte. 

"Ich...ich weiß. Er steht unter dem Einfluss eines Sith - Holocrons. Und es verändert ihn."

"Kein Artefakt kann ein Lebewesen verändern. Doch das Wissen was ihm inne ist kann das tun. Wenn es für die falschen Absichten missbraucht wird."

"Ezra hat es niemals für falsche Absichten benutzt! Er...er wollte damit Gutes tun, er wollte..."

"Was spielt das noch für eine Rolle?" 

Kanan sah auf.

"Was das noch...Ezra ist nicht böse! Er ist nicht schlecht! Er...er hat die reinsten Motive, die es nur geben kann! Er...er hat nur einen falschen Pfad genommen."

Bendu sah ihm nun direkt in die Augen, was Kanan fühlte.

"Und wieso hast du ihn dann verurteilt, Jedi - Ritter?"

###

"Ich kann nicht fassen, dass du das getan hast."

Kanan seufzte.

"Hera..."

"Nein."

Die Twi'lek stand auf, wandte ihm den Rücken zu und hatte die Arme verschränkt. Ihr Gesicht war ganz verweint und ihre Lekku in sich gekräuselt. Sie nahm einen tiefen Atemzug und fuhr herum.

"Du hast ihn entlassen, Kanan! Du hast ihm seine Position als dein Padawan genommen! Ist dir eigentlich klar, was du ihm damit angetan hast?!"

Der Jedi konnte nur da sitzen und auf den Boden starren. Er sagte nichts. Hera machte eine Geste.

"Und Sabine und Zeb...weißt du was sie getan haben?! Was sie zu ihm gesagt haben, weil sie deiner Ansicht waren?! Sie haben ihn abgewiesen, Kanan! Zeb hat ihn praktisch aus seiner Kabine rausgeschmissen und ihn als kranken Freak bezeichnet! Mein Baby!"

"Unser Baby...", gab der Jedi leise zurück, doch wurde von Hera sofort unterbrochen.

"Nein! Meins, Kanan! Meins! Du hast es nicht verdient ihn so zu nennen. Nicht nachdem du dafür gesorgt hast, dass ich ihn erneut verliere!"

"Hera..."

"Du bist Schuld. Du allein! Sabine und Zeb auch, aber du an erster Stelle! Dank dir ist er weg und...und ich sehe ihn nie wieder! Und warum?! Weil du ihn verurteilt hast! Weil du dich wieder nicht beherrschen konntest und dein verdammtes Hirn aus dem Fenster geschmissen hast!"

Der Jedi wollte etwas sagen, aber konnte nichts zu seiner Verteidigung vorbringen. Sie hatte Recht. Sie hatte mit jedem Wort Recht und er schämte sich in Grund und Boden dafür.

Hera schnaubte.

"Du sagst er war nicht zu kontrollieren? Das er das nicht mehr könnte! Dir sollte man das beibringen, Kanan Jarrus! Ezra hat Kontrolle, aber du nicht! Er...er hätte niemals so etwas getan. So etwas Verachtendes und unfaires!"

Kanan sah auf.

"Du verachtest mich?"

Hera sah ihn an. Einen sehr langen Moment.

"Für das was du meinem Sohn angetan hast...ja." 

Sie schluckte.

"Ich...ich werde jetzt schauen, was die Rebellion tun kann, um ihn zu finden."

Kanan sagte erneut nichts. Hera blieb in der Tür stehen.

"Ich...ich weiß nicht, ob ich dir das je vergeben kann, Kanan."

Damit verschwand sie.

###

Seitdem hatte Hera kein Wort mehr mit ihm gesprochen. Weder mit ihm noch mit Zeb und Sabine. Beide hatten versucht sich zu entschuldigen, aber waren bei der Twi'lek nur auf Granit gestoßen. Diese war völlig am Ende und Kanan hörte wie sie jeden Abend im Cockpit weinte. Mehrmals hatte er versucht sie zu trösten, ihr beizustehen, sich zu entschuldigen...

....und jedes Mal hatte es in einem Desaster geendet, wobei Hera ihn nur angeschrien hatte und ihm einmal sogar eine verpasst hatte. Danach hatte er die Distanz zu ihr gewahrt, was ihn unheimlich schmerzte. Mehr als einmal hatte Rex ihn einsammeln müssen, als er sich auf der Basis mit einem Drink verkriechen wollte und trotzdem hatte er ihn jedes Mal vorher gefunden. Rex hatte nicht zu viel zu dem ganzen Desaster gesagt. Nur eines.

"Ich kann mich nicht erinnern schon einmal so einen Meister erlebt zu haben, der seinen Padawan so abscheulich behandelt."

....und nicht zuletzt deswegen war das Dasein als Jedi nun für Kanan Geschichte. In jeder Hinsicht hatte er versagt und er war es nicht mehr würdig den Titel und die Ehre eines Jedi - Ritters weiterhin zu tragen. 

Bendu wartete auf Kanans Antwort, aber dann kam nichts. Also stellte er die Frage nochmal.

"Ich frage dich erneut. Wieso hast du deinen Padawan verurteilt?" 

Kanan schluckte und schüttelte den Kopf. Bendu stützte sich auf seine Arme.

"Antworte."

"Ich...ich kann.."

"Antworte!"

Bendu stieß einen Groll aus, der die Kryknas zurückweichen ließ.

"Ich habe ihn nicht verurteilt! ich wollte das nicht! Ich...ich..mich hat alles überwältigt. Ich konnte nicht fassen wie ich sechs Monate so blind sein konnte und es nicht gemerkt habe! Ihn nicht beschützen konnte und ihn in sein Unglück habe laufen lassen! Das ich ihn einfach so im Stich gelassen habe. dass ich nicht mehr nachgehakt habe, mir nicht mehr Mühe gegeben habe! Ich habe nicht ihn verurteilt! Niemals!"

"Wen dann? Wen hast du verurteilt, Kanan Jarrus?"

"Mich!"

Die Erkenntnis schien einzuschlagen wie eine Machtwelle. Alles Getier wurde rundherum still und Bendu sah Kanan nur schweigend an. Dieser lag noch immer auf seinen Knien am Boden. Er keuchte und schlug seine Fäuste aud den Boden.

"Ich habe mich verurteilt! Nicht Ezra! Mich! Ich...ich habe meine Verzweiflung, meine Furcht, meinen Selbsthass an Ezra ausgelassen! Ich..ich habe meinen Sohn als Spielball für meine Gefühle benutzt! Ich..ich hatte mich nicht unter Kontrolle! Der Streit, die Tatsache mit dem Holocron, Maul...alles war einfach zu viel! Als dann auch noch Hera verletzt wurde...da hatte ich nichts mehr unter Kontrolle. Da hat einfach alles bei mir ausgesetzt."

Kanan keuchte.

"Ich habe Ezra nicht verurteilt, ich war nicht wütend auf ihn, ich war nicht...meine verdammte Angst um ihn hat mich kontrolliert! Meine Hilflosigkeit! Mein.."

"Gibst du ihm die Schuld? Für die Geschehnisse der Vergangenheit?"

Kanan sah ihn entgeistert an, seine Augen voller Entsetzen geweitet.

"Nein! Nein natürlich nicht! Ezra hat keine Schuld an Malachor. An Ahsokas Tod oder an meine Blindheit. Niemals!"

"Hast du es ihm gesagt?"

"Natürlich, habe ich das! Ich.."

In diesem Moment wurde Kanan bewusst, dass er schon bereits zuvor einen gewaltigen Fehler gemacht hatte. Einen, den er bisher völlig übersehen hatte.

Er hatte Ezra niemals gesagt, dass er ihm nicht die Schuld gab. Mit keinem Wort hatte er es ihm gegenüber erwähnt.

Und Bendu sah ihn wissend an.

"Da hast du deine Antwort, Kanan Jarrus. Die Antwort auf deine vergebliche Frage, weshalb er sich dem Holocron zugewendet hat."

Kanan hatte das Gefühl, als ob erneut seine Welt zusammenbrechen würde. Das konnte nicht sein. Das konnte einfach nicht sein.

"Ezra...Ezra gibt sich die Schuld an allem. Er...er denkt, dass ich ihn beschuldigen würde. Das ich ihn für alles verantwortlich mache. Deswegen...deswegen hat er sich dem Holocron zugewandt.  Aus Schuldgefühlen."

###

Er lag auf dem Boden und konnte all ihre Präsenzen spüren, die um ihn herum waren. Sein Kopf lag in Heras Schoß wie er erkannte und er fühlte die Sorge und....Furcht in ihnen. Aber noch etwas anderes. Schuld. Unglaubliche Schuld.

"Kanan, bist du okay? Was ist passiert?"

Hera strich über seine Stirn, als der Jedi seine blinden Augen öffnete. Doch...Moment. Etwas stimmte nicht. Da war ein Schmerz in seiner Brust. Ein unglaublicher Schmerz. Und...und plötzlich war da eine Leere in sich. Eine ungeheure Leere..

"Kanan!"

Der Jedi schreckte auf und saß mit einem Mal kerzengerade da. Seine Gedanken rasten.

"Was...was ist passiert?"

Sabine, Zeb und Hera wechselten einen Blick, wobei Letztere unsicher ihren Arm hielt.

"Du...du bist einfach umgekippt und bewusstlos geworden", erzählte Sabine zögernd. 

"Du warst einfach weg. Erschrecke uns nicht noch einmal so", brummte Zeb und kratzte sich am Nacken. 

"Kanan..."

Doch dem Jedi raste das Herz. Wieso war er plötzlich umgekippt?! Wieso hatte er..?

"Ezra...wo ist Ezra?!"

Stille. 

"Das ist so ne Sache...", druckste Zeb herum. Sabine schluckte.

"Er...er ist nicht mehr im Schiff und...das Holocron, was angeblich im Zimmer liegen sollte, ist auch weg." 

Kanan schreckte auf.

"Was?!"

"Es..es ist nicht mehr da", stotterte Sabine und rieb sich den Nacken. Hera hob eine Augenbraue.

"Kanan?"

Diese Leere...was...was waren das nochmal für Worte in seinem Kopf gewesen?

Mein Schüler...

"N-nein....Nein!" 

Kanan kam auf die Beine. Sein Herz raste und seine Gedanken überschlugen sich.

Nein, nein, nein!

Das durfte nicht wahr sein! Das konnte nicht wahr sein!

Kanan schloss seine Augen und streckte die Hand aus. Die Stimmen, die Fragen der Anderen nahm er gar nicht mehr zur Kenntnis. Er versuchte die Präsenz seines Sohnes zu erfassen, sicher zu gehen, dass er nicht...

Ein Blitz hätte ihn nicht mehr treffen können. So in etwa war das Gefühl zu beschreiben, als Kanan alles klar wurde, als er Ezras Präsenz nicht mehr auf Atollon spürte...und auch nicht mehr die des Holocrons. Nein, stattdessen spürte er ihn für einen Moment bei einer weiteren dunklen Präsenz, was ihm für einen Moment die Luft aus den Lungen nahm. Er taumelte zurück, seine Atmung glich einem Keuchen. Hera fasste an seine Schulter.

"Love?"

"E-ezra...er...er ist..."

Sabine und Zeb wechselten einen Blick, während Chopper aufgebracht piepte.

"Was ist mit Ezra, Kanan?"

Hera sah ihren Mann ängstlich an. Diesem liefen die Tränen über die Wangen.

"E-er ist weg. Er...er ist bei Maul."

Und in diesem Moment bildete sich ein gewaltiger Riss in der Crew. In der Familie.

###

"Der Junge trägt eine schwere Bürde aus Schuld, Furcht und Verzweiflung mit sich. Dinge, die ihn zu dem Pfad der Dunkelheit gebracht haben. Der dunkle Machtnutzer hat das erkannt und hat ihn in seinem verwundbarsten Zustand angetroffen."

Kanan konnte es nicht fassen. Wie konnte er nur so.... Wieso hatten sie nicht früher geredet? Wieso hatte er sich nicht mehr Mühe gegeben? Wieso hatte er nicht über seinen Schock hinausgefunden und...

Bendu bewegte sich.

"An das wäre wenn zu denken hilft ihm nicht, Kanan Jarrus. Es ist geschehen und nichts kann das mehr verändern."

Er sah den Jedi einen Moment lang an.

"Allerdings gibt es die Möglichkeit ihn zurück zu holen. Doch diese wird nicht mehr lange von Dauer sein."

Kanan hob den Kopf. Sein Herz klopfte in seiner Brust.

"Ezra....Ezra kann noch...?"

"...wieder zurückfinden, ja. Ich spüre, dass die Dunkelheit ihn noch nicht vollkommen für sich eingenommen hat. Ein Funken Licht befindet sich noch in ihm."

Kanan konnte es nicht fassen. Hoffnung. Seine Hoffnung kehrte zurück.

"Ich muss ihn finden. Ich..ich muss alles wieder in Ordnung bringen. Ich.."

Der Bendu schüttelte den Kopf.

"Das musst du. Aber du bist selbst noch nicht soweit, als du diese Aufgabe erfolgreich bewältigen könntest. Bevor du ihn daran erinnerst wer er ist...solltest du dich wieder selbst erinnern."

"Mich erinnern?"

"Finde deinen Zugang zur Macht wieder und kehre zu dem zurück, der du sein sollst. Erst dann wird man dir offenbaren, ob dein Padawan noch gerettet werden kann."

"Aber..."

Kanan schloss die Augen. Bilder zogen durch seinen Kopf. Von Ezra. Von seinem geliebten Sohn. Sein Herz schmerzte voller Sehnsucht, als er dessen Gesicht vor sich. Sein Lächeln, seine großen blauen Augen.. 

"In Ordnung. Ich werde deinen Worten folgen."

Doch Kanan spürte, dass er nun alleine war. Bendu war nicht mehr da. Er seufzte, begab sich in seine Meditationshaltung und schloss die Augen erneut. Seine Hände lagen auf seinen Knien, er selbst ganz still und ruhig. Zumindest äußerlich.

Innerlich fand er sich in einem Sturm wieder. Ein Sturm, der etwas ruhiger geworden durch das Gespräch mit Bendu, aber noch immer ein Sturm war. Kanan konzentrierte sich. Nicht auf Bendu, nicht auf Ezra, sondern vollkommen auf die Macht und sich selbst. Er spürte seine Gefühle, seinen Scham, seine Wut. Seine Wut über alles was auf Malachor geschehen war. Seine Wut, dass er Ezra einfach in sein Unglück hatte laufen lassen. Seinen Scham und seine Demut wie er sich gegenüber seinem Sohn verhalten hatte und seinen Schmerz, wenn er daran dachte, was Ezra zu allem gebracht hatte. Seine Sehnsucht nach seinem Sohn. Seine Sorge. Seine Liebe.

Kanan konfrontierte sich selbst mit allem. Aber diesmal mit der Erkenntnis, dass nichts mehr davon zählte, dass es nicht mehr wichtig war, was geschehen war. Das er nichts mehr daran ändern könnte und das alles bereits geschehen war. Die Vergangenheit war geschrieben, aber die Zukunft war es nicht. 

Noch nicht.

Also ließ er all diese Gefühle gehen und konzentrierte sich allein auf das hier und jetzt. Er akzeptierte es und öffnete sich der Macht. Der Sturm begann sich zu legen und Kanans Kopf war so klar wie seit gefühlten Ewigkeiten nicht mehr. Er öffnete die Augen und wollte nach seiner Maske greifen, doch dann steckte er sie nur weg. Den Disruptor ließ er auch liegen, denn die Kryknas waren keine Gefahr mehr. Er richtete sich zu seiner vollen Größe auf und ging mit gerader Haltung wieder den Weg zurück. 

Er hatte Schande über sich und ihr Meister - Padawanband gebracht, ja. Auch hatte er an allem Schuld und hatte unzählige Fehler gemacht. Doch das zählte jetzt nicht. Nicht mehr. Nein, das war Vergangenheit. 

Es zählte jetzt alles wieder in Ordnung zu bringen, Ezra zu finden und ihn nach Hause zu bringen. Und wenn er dafür der Jedi - Ritter sein musste, wenn Ezra ihn so brauchte, dann würde er es annehmen und es tun. Bendu hatte Recht er konnte nicht ändern, was er war. Er war ein Jedi  - Ritter, aber an erster Stelle war er Ezras Vater. Und das zählte jetzt allein. 

Kanan war nicht überrascht, als sein Komlink anging und Heras Stimme ihn erreichte.

"Kanan?"

Er nahm diesen.

"Ja? Was gibt's?"

"Wir haben eine Spur."


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