✘Kapitel 22
✘ Jeden Abend macht eine Gruppe den Abwasch - ein Plan dafür hängt im Haupthaus. ✘
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zurück in der Gegenwart
Jan
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Wie fühlte man sich nach seinem ersten, richtigen Kuss? Bisher konnte ich es jedenfalls so überhaupt gar nicht beschreiben, ausser mit den Worten; Holy shit!
Wenn wir nicht gerade in einer echten Gefahr gewesen wären, hätte ich wohl die ganze Zeit nicht aufhören können zu grinsen - aber Mariola's und mein Hochgefühl wurde sofort geschwächt, als wir Sam nirgens in der Hütte der Füchse finden konnten.
Nachdem nach dem ersten Kuss noch ein paar gefolgt hatten - holy shit! - hatten wir uns nun doch entschieden, nach Sam schauen zu gehen.
Denn eigentlich war der Grossteil unseres Gepäcks schon gepackt gewesen - wieso also hatte er so lange gebraucht?
"Matt wird uns sowas von umbringen.",hörte ich Mariola's angespannte Stimme, als wir überall im Camp nach Sam gesucht hatten. Toiletten, Duschen, den anderen Hütten - nirgens war er zu finden.
Während vorher mein Herz noch fröhlich in meiner Brust umhergehüpft war - schmerzte es nun.
Sam war durch den Sommer zu einem wirklich guten Freund von mir geworden - der Gedanke daran, dass ihm etwas zustossen könnte, liess mich wirklich panisch und verzweifelt werden.
"Okay, scheisse...",hauchte ich und schaute kopfschüttelnd umher.
Die Leute verschwanden; Zuerst Liam, dann Lu und jetzt auch noch Sam?
Wir würden niemals ohne ihn den Weg nach unten antreten - niemals.
"Das wars also mit noch heute bei Tageslicht runtergehen.",murmelte ich und hörte ein wütendes Seufzen von Mariola neben mir.
Von Tageslicht konnte man langsam aber sicher sowieso nicht mehr reden - der Himmel färbte sich immer wie dunkler, von den grauen Wolken.
Vor etwa einer Stunde hatten wir durch das Fenster des Haupthauses sogar kurzen Nieselregen bemerkt - aber wir waren nunmal für eine Zeit lang beschäftigt gewesen.
Das Donnergrollen ertönte und liess meine Gänsehaut nur noch stärker werden - ob wir überhaupt morgen noch runtergehen konnten?
Zwar würde der richtige Sturm erst am Mittwoch kommen - aber was war, wenn er früher kam? Was war, wenn wir es wirklich nicht schaffen würden, alle unten anzukommen?
"Wir müssen kühlen Kopf bewahren...",entschied Mariola und strich sich eine ihrer schönen Haarsträhnen hinter ihr Ohr.
"Wenn du das kannst - gut. Ich glaube nicht, dass ich das hinkriege.",antwortete ich ihr ehrlich und schluckte leer.
"Wenigstens einer von uns.",murmelte Mariola und schaute kurz mit einem sanften Grinsen zu mir rüber, was mich fast schon wieder um den Verstand brachte.
Fühlte mich schon fast wie in einem dieser blöden Teenagerfilmen, in welchen zuletzt der Nerd die Schönheit der Schule abbekam - dies war mir immer so absurd und dumm vorgekommen und nun war dies auch in der Realität passiert.
Holy shit.
Und doch war nun die Freude nicht von langer Dauer - wurde getrübt von der Sorge um Sam.
Er war der Jüngste von uns allen und stets hatten irgendwie - auch wenn er es gehasst hatte- alle die Intention dazu gehabt, ihn zu beschützen.
Was sich dumm anhörte - denn wir hatten ihn ja hier alleine packen lassen.
Fuck.
"Sam!",rief schliesslich Mariola laut umher, als wir wieder aus dem Haus hinausgetreten waren.
Nervös schaute ich um mich herum - doch nirgens tauchte er auf.
Ich fühlte mich die ganze Zeit so verdammt beobachtet.
"Wer zum Teufel spielt hier ein Spiel mit uns?",wisperte ich kopfschüttelnd und schaute zu Mariola rüber - welche aufseufzte und ebenso den Kopf schüttelte.
Gerade wollte sie ihre Meinung abgeben - als wir beide zusammenzuckten.
Hinter dem Haupthaus rannte Lu hervor!
"Lu!",stiess ich entsetzt hinaus und schaute das müde und verzweifelt aussehende Mädchen an. Sie hatte Tränen in den Augen und ihre Hosen waren an den Knien schmutzig - ebenso waren dies ihre Hände.
Ob sie gerade von der Person hatte fliehen können?
"Scheisse, was ist passiert?!",fragte Mariola aus Reflex - aber wir waren beide immer noch ziemlich schlecht in Gebärdensprache, weshalb es Lu wohl nicht einmal versuchte. Ihre Hände schienen sowieso viel zu sehr zu zittern.
Sie winkte uns zu sich und zeigte in Richtung des Hauptgebäudes. Verwirrt schauten wir sie an - denn von da kamen wir doch gerade.
"Was ist da, Lu?",fragte ich unsicher - doch Lu winkte uns ungeduldig zu sich. Sah schon fast etwas wütend aus.
Mariola seufzte leise auf und griff nach meiner Hand - holy shit! - und zog mich mit sich.
"Sie ist warscheinlich komplett verstört - spielen wir einfach kurz mit, damit sie sich beruhigt, ja?",murmelte sie mir leise zu - und ich nickte daraufhin zustimmend.
Die Treppenstufen der Veranda knarzten unter unseren Füssen, als wir Lu hineinfolgten.
Diese schien sich unruhig umzuschauen und nickte einige Male.
Warscheinlich hatte Mariola recht - sie schien wirklich ziemlich fertig mit den Nerven zu sein. Was zum Teufel hatte man ihr angetan?
Wir standen schliesslich mitten im Haupthaus - in der Nähe unserer ausgelegten Karte und schauten Lu unüberzeugt dabei zu, wie sie sich umschaute.
Zuerst verstand ich nicht genau, was sie uns sagen wollte - ehe ich entsetzt die Luft einzog.
Vor den Fenstern des Haupthauses waren überall Gitter angemacht!
Zwar dünnes, graues Gitter welches meine Grossmutter immer für den Auslauf der Hühner gebraucht hatte - und doch schien jedes Fenster von aussen verbarrikadiert zu sein.
"Was zur Hölle!",stiess Mariola kopfschüttelnd aus.
"Wir waren höchstens zehn Minuten weg!"
Ich bekam kein Wort heraus - starrte die Fenster an. Das Verschwinden von Sam war eine List gewesen, damit man uns hier weghaben konnte - doch wozu?
Lu zeigte kopfschüttelnd auf die Fenster und starrte dann einen Moment ins Leere.
Dann schaute sie abrupt auf und hob den Finger an - dann rannte sie in schnellem Tempo hinaus.
"Eh - Lu?!"
Wir beide blieben perplex stehen, als wir die schnellen Schritte hörten - und gerade als wir uns ein Herz fassen, und Lu nachgehen wollten - zuckten wir geschockt zurück.
Die Tür wurde laut zugeschlagen - und der Riegel wurde zugemacht.
Lu hatte uns im Haupthaus eingeschlossen!
"Lu, was zum Teufel!",rief ich nun laut und rüttelte an Mariola's Seite an der robusten Holztür. Durch die kleinen, verstaubten Fenster der Tür sahen wir, wie Lu mit einem leichten Grinsen auf den Lippen rückwärts von dem Haus wegschritt.
Sie winkte uns zu und drehte sich dann um - ehe sie aus unserem Blickfeld verschwand.
"Mariola, wieso... wieso tut Lu das...?",hauchte ich verwirrt und schaute verzweifelt zu ihr rüber. Mariola hatte das Gesicht verzerrt vor Wut - stiess gegen die Tür und rüttelte abermals daran, doch vergebens.
Dann war ein leichtes Rauschen zu hören, welches durch den ganzen Hauptraum des Hauses zu hören war.
Der alte Lautsprecher war angeschaltet worden - das kleine, rote Licht ging an.
Hallo, Hallo - wen haben wir denn da?
Ist das etwa ein neues Liebespaar?
"Nein... scheisse...",flüsterte ich komplett mit den Nerven am Ende, war mir ziemlich sicher, dass Mariola meine Worte gar nicht hören konnte.
Aber trotzdem griff sie aus Reflex nach meiner Hand.
Das war ja ein Plot-Twist, welcher niemand erwartet hat!
Nicht schlecht, wirklich nicht schlecht! Ganz grosses Kino, meine Lieben!
Ich schluckte leer und schüttelte den Kopf. Schaute mich im Raum um, welcher mir auf einmal viel dunkler vorkam als vorher.
Woher wusste die Stimme das? War mein Gefühl, dass ich mich beobachtet gefühlt hatte - wohlmöglich nicht nur meine Paranoia?
Das erste Spiel habt ihr euch aufgeteilt, nicht schlecht!
Und ich darf euch sagen, dass ihr es erfolgreich geschafft habt - Liam ist wohlauf bei seiner Flamme Timothée und Matt.
Ein lustiges Trio, nicht wahr?
Mein Atem zitterte und ich musste mich zügeln, dass ich nicht anfangen musste zu weinen.
Und nun zum nächsten Spiel, meine Lieben!
Ihr seid sicher schon vollends gespannt darauf, was ihr machen dürft, nicht wahr?
Aus dem Augenwinkel sah ich, wie Mariola komplett bleich im Gesicht war - und auch ich fühlte mich, als müsste ich mich gleich übergeben.
Mit grosser Freude darf ich euch das nächste Spiel verkünden, und zwar; schafft es aus dem Haupthaus raus, bevor die Zeit um ist!
Ein mechanisches Ticken fing an - und wurde sogleich halb von Musik überstimmt. Man hörte das Ticken und die Klaviermusik gleichzeitig - was alles nur noch viel gruseliger machte.
"Claire De Lune von Debussy.",hauchte Mariola kopfschüttelnd und schluckte leer.
Mir war es egal, wie dieses blöde, viel zu ruhige Klavierstück hiess - also liess ich Mariola's Hand wehmütig los und rüttelte noch einmal an der Tür.
"Verdammt!",fluchte ich verzweifelt auf.
"Was ist, wenn wir es nicht bis Ende der Zeit schaffen?",fragte ich laut - fast schon in der Hoffnung darauf, dass uns die Stimme dies beantworten würde.
Doch die Musik und das Ticken gingen einfach weiter.
Und doch bekamen wir eine Antwort - aber keine, welche wir hören konnten.
Eine Antwort, welche wir riechen konnten.
"Rauch."
✘
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