28, Filmrollen und Gefühle

Der April begrüßte uns warm und ermöglichte es uns, viel Zeit draußen zu verbringen. Ich kam gerade aus der Stadt, dort hatte ich erneut Geld für meine Bilder abgeholt. 300 Franken für die letzte Architekturcollage, ich habe großes Glück mit diesem Kontakt. Es lief überraschend gut und nun hatten wir wieder genug Geld beisammen, um Versailles zu besichtigen. Es war einer meiner letzten Wünsche, den wir schon lange aufschoben. Abby sollte bereits bei Carol sein, beide warteten auf meine Rückkehr. Ich laufe die letzten Meter zu Fuß und komme schon bald an dem hellen Haus mit den hölzernen Fensterrahmen an. Ich drücke den Messingknopf tief und höre durch das offene Küchenfenster im zweiten Stock die Klingel. Oben angekommen, ist die Eingangstür leicht offen. Ich trete ein und werde von Carol begrüßt: „Hallo mein Schatz" Sie gibt mir einen flüchtigen aber warmen Kuss auf die Lippen und läuft nun in die Küche. Ich folge ihr und öffne die letzten meiner Mantelknöpfe mit einer Hand. Die Küche liegt links und ist mit dem rechterhand offenen, großen Wohnbereich verbunden. Abby sitzt an dem Esstisch in der Mitte des Raumes, auf dem selben Platz wie gestern. „Hallo! Hast du gut geschlafen?" Entgegne ich ihr. Sie lächelt und drückt ihre Zigarette aus; „Hallo... sehr gut, lieb das du fragst! Können wir los?" Ich drehe mich während Abbys Frage zu Carol, die gerade aus dem Badezimmer kommt. Carol hatte sich soeben frisch Parfüm aufgesprüht, dieses liegt nun verbreitet in der Luft. „Ich denke schon." Antwortet Carol und sieht mich fragend an, während sie ihr Haar richtet. Abby ist nun aufgestanden und steht jetzt genau neben mir, mitten in der Wolke Carols Parfüm mit Sicht auf Carol, die sich die Haare richtet. Ich bemühe mich den Gedanken zu verdrängen. Carol wendet sich von uns ab und sagt: Na... Los geht's!"

Im Laufe des Tages hat das Wetter, typisch für April in Europa, einen Umschwung getan. Die sonnige, leichte Luft scheint verflogen, nun dominieren
Wolken den Himmel. Es ist gar etwas windig und ungemütlich. Wir sind mit der Metro gefahren, da Versailles etwas außerhalb liegt. Ich freute mich sehr auf Versailles. Ich hatte schon auf der Schwesternschule viel über die französische Thronfolge gelesen und somit eine Vorliebe für Geschichte entwickelt. Während Carol und Abby alles schöne nur betrachten zu schienen, erfreue ich mich an jedem Text und jeder Information die ich bekommen konnte. Ich hatte so ein seltsames Gefühl, in den Räumen zu wandeln, die eins von Königen und Königinnen bewohnt wurden. Immer wieder verlor ich mich in den Malereien und der Architektur der Renaissance. Der Spiegelsaal, erbaut von Ludwig dem 14.,  hatte eine besondere Bedeutung für mich. Ich liebte die Lichtreflexionen und die Weite die dem Saal dadurch verliehen wurde. Abby hingegen, schien sich nur wenig für Geschichte, Bau oder Architektur zu interessieren. Carol war ihr Objekt der Begierde. Sie liefen immer nah beieinander und Abby suchte immer wieder Körperkontakt. Ich versuche die Gedanken von Sorge und Eifersucht zu verdrängen, doch es fiel mir alles andere als leicht. Sie sind alte Freunde. Sie haben sich lang nicht gesehen. Doch irgendwie war es egal was ich mir sagte, ich fühlte mich unwohl und auch ein wenig verletzt. Trotzdem genoss ich den Tag am Hofe Versailles sehr und machte Fotos für einen ganzen Film. Auch ein paar Fotos von Carol und Abby. Besonders eines, da war ich mir ganz sicher, würde mir besonders gut gefallen.

Eine Woche ist vergangen. Wir haben viel mit Abby unternommen, waren auf Soirées und haben ihr die besten Cafés und Bars gezeigt. Soeben habe ich die entwickelten Filme abgeholt. Es ist eine Mischung aus Architektur, für die letzte Collage und der Rest ist aus Versailles sowie eineige Bilder von Carol und Abby. Ich komme nachhause und erblicke Carol in der Küche. „Hey Carol!" Begrüße ich sie und küsse sie warm aber flüchtig auf die Wange. „Na, alles bekommen?" Entgegnet sie mir. Ich lächle unkontrolliert und stelle meine Tasche ab. „Ja, wenn du magst können wir sie uns zusammen anschauen...mit einer Tasse Kaffee?" Carol strahlt mich glücklich an und nickt.
Schon wenig später saßen wir zusammen im Bett mit Kaffee und den Bildern, da wir keine Couch im Appartement hatten. „Hier, Vorsichtig!" Carol reicht mir eine der Tassen, sie war Rand voll mit dem schwarzen Wasser und kochend heiß. Seit ein paar Tagen, mochte ich schwarzen Kaffe mit Zucker viel lieber als Milchkaffee. Mit diesem Gedanken, stelle ich die Tasse auf den Nachtschrank, neben meiner Bettseite. Carol greift nach den Mappe die am Fußende liegt. Ich richte mein Kissen und setzte mich näher zu ihr. So sitzen wir also nebeneinander und sehen uns die neuen Bilder an. Ab und an, fragt sie : „Welches Haus ist das?" oder „Wann hast du das gemacht" . Bei den Bildern von ihr und Abby lacht sie immer wieder auf. Ich sehe sie an und wieder schleicht sich dieses ungewollte Gefühl der Eifersucht ein, ein Gefühl von Zweifel. So in Gedanken versunken, bemerke ich garnicht, dass Carols Lachen verstummt ist und sie mich jetzt direkt an sieht. Sie blickt mit einer Miene auf mich die einen Hauch Besorgnis und auch Verständnis mit sich bringt. „Es tut mir leid." Sage ich. Ihr Gesichtsausdruck ändert sich nicht. Ich will fortfahren: „ Ich weiß ich sollte,... ich will..." Doch Carol unterbricht mich: „Wage es nicht." Ich sehe sie an und weiß ,dass sie weiß genau was ich denke und was ich sagen wollte. „Wage es nicht, dir deinen Kopf mit solchem Unsinn zu füllen. Abby,... " Carol stockt, nachdem sie das erste mal ihren Namen ausgesprochen hat, holt tief Luft und beginnt erneut: „Abby... ist sehr gut darin, Menschen hinter sich zu stellen und ihnen etwas vorzutäuschen. Doch du musst wissen, sie würde niemals,... Nein... Die Zeit ist vorbei! Wir kennen uns so lange. Sie hat längst selbst jemanden gefunden, wusstest du das nicht?" Carol sieht mich gar schreckhaft und auch etwas ängstlich an. Ich schüttele leicht den Kopf. „Oh mein Engel." Sagt Carol sanft und nimmt mich in den Arm. „Abby ist überglücklich, für uns. Und ich bin es auch für sie! Ich habe sie nur wirklich vermisst und so sie auch mich." Ich drücke mich fester an ihre Brust und liege beinah wie ein hilfloses Kind in ihren Armen. An ihrem Schlüsselbein sehe ich die goldene Kette mit dem Engelsflügel, die ich Carol geschenkt habe, funkeln. „Du sollst wissen: Ich bin bei dir und

ich, liebe, dich!"
(1064 Wörter)

Salut(: Ich hoffe, du hast das Kapitel gemocht, wenn ja, würde ich mich sehr darüber freuen, deine Gedanken in den Kommentaren lesen zu können!

Ich werde dieses Buch demnächst beenden. Denn ich glaube, ich habe ein Ende gefunden, welches ich mir für Carol und Therese wünsche/gewünscht habe. Ein bestimmtes Bild der beiden, welches ich in meinem Kopf verwahren lassen möchte.

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