24, Le Tour Eiffel

Als ich erwache, spüre ich Carols Arme immer noch fest um mich geschlungen. Ich genieße den Moment so sehr, das ich mich garnicht traue mich zu bewegen. Manchmal stelle ich mir vor, plötzlich würde die Welt anhalten, oder die Decke einstürzen und man würde uns zusammen finden. Zusammen hier im Bett, fest umschlungen. Als Carols Arm sich langsam zurück bewegt, strich sie sanft über meine Taille. "Guten Morgen" Sagst sie mit mit tiefer, gar rauer Stimme. Ich atme lange und tief aus. Ihre Stimme ist wie Balsam für meine Seele. Ich fühle mich sofort wohlig, warm und sicher, umhüllt wie in einem Kokon, nichts könne passieren. „Guten Morgen" Antworte mit einem leichten Lächeln in der Stimme. Woher sie wusste, dass ich bereits wach war, habe ich mich nie gefragt. Ich Zog ihren Arm wieder zurück, um meine Taille und drückte sie nah an mich. Der perfekte Morgen, einer von vielen, wenn man auf die letzten Wochen zurückblickte. „Was wollen wir heute unternehmen? Hast du einen Wunsch?" Fragt mich Carol, nachdem sie noch näher an mich gerückt, tief und laut hörbar den Duft meiner Haare eingeatmet hatte. Ich habe keinen Schlafanzug an und spüre ihren nackten Busen an meinen Schulterblättern. Haut auf Haut, eng bei einander, liegen wir zusammen ineinander verschlungen. Als wären wir bereits eins. So lange habe ich mich diesem Gefühl fremd gefühlt, es vermisst und es gar versucht zu ersetzen. Es war letztendlich ein Versuch, mit kühlen, bindungslosen Leeren, die mir nicht einmal eine Facette dieses Gefühls bereiten könnten, dieses zu rekonstruieren um den Schmerz erträglicher zu machen. Es ist nicht, als hätte ich nicht die Möglichkeit gehabt , oder es nicht gewollt, ich konnte nicht. In meiner Anfangszeit bei der NewYorkTimes, hatte ich viel Aufsehen erregt. Ich hatte viele interessierte, männliche Kollegen und auch vielerlei Einladungen zu Partys und doch hat es mich nie dazu gezogen, auch wenn der Gedanke des Versuchs verlockend klang. Keine Berührung war wie Carols, niemand konnte sie auch nur im geringsten ersetzen. Der Schmerz der Hoffnung, es sei alles nur ein böser Traum, des Alleinsein und vor allem des allein Fühlens, hat mich geformt und die Welt auf bestimmte Weise klarer sehen lassen. Zurückblickend wollte ich gar sagen, es hat mir einen Schlüssel zum Erfolg und vor allem zu meiner wahren Persönlichkeit gegeben. Eine Persönlichkeit, die lange unterdrückt und verborgen lag, nun aber endlich aufbrechen konnte und die Welt sehen. Vielleicht, weil ich mein Leben lang dachte, alle um mich herum wissen was sie tun und zu tun haben. Ich dachte sie seien sich sicher, in allem. Doch jetzt glaube ich, dass die wahre Stärke darin liegt, seine Schwächen zu kennen und durch das Schauspiel und die scheinbare Sicherheit der anderen hindurch zu blicken. „Therese?" Fragt Carol leise und etwas wunderlich, weil ich ihr immer noch nicht auf ihre Frage, wohin ich gehen möchte, geantwortet habe. „Le Tour Eiffel." Flüstere ich leise als ich aus meinen Gedanken gerade wieder auftauche. Carol respondiert ebenfalls auf Französisch, denn auch sie hatte es in der Schule gelernt. „Bonne idée. Peut-être aussi le Louvre?" Währenddessen streicht sie mir einige Strähnen in den Nacken und streicht immer wieder sanft mit ihren Fingern über meinen Hals. Es bringt mich zum Lachen; mit ihrem Akzent, wenn sie spricht und den gleichmäßigen Berührung auf dem Nacken. „Oui." Gebe ich wieder und schließe noch einmal meine Augen. Tief atme ich wiederholt Carols Parfüm ein, welches noch immer leicht in der Luft liegt. Ich genieße den Moment so sehr wie keinen anderen und wünschte, wir würden uns nie erheben, für immer hier zusammen liegen.

„Warte, meine Kamera." Rufe ich, kurz bevor Carol den Schlüssel in die Tür unseres Zimmers steckt. Ich renne, die paar Meter die ich bereits vorausgegangen war, wieder zurück streife beim vorbeigehen nicht nur ihren weichen Nerzmantel sondern auch ihre Hand, die noch immer auf der Türklinke verharrt. Währenddessen ich durch die Tür gehe, drehe ich mich noch einmal um. Immer noch ist meine Hand mit ihrer in Berührung. Sie lächelt mich liebevoll an und gibt mir damit solch ein Kribbeln im Bauch. Ich wende mich jedoch ab, laufe zum Schreibtisch der an der Wand gegenüber des Bettes steht und greife nach der Kamera. Auch wenn es nur eine Handlung von wenigen Sekunden ist, spüre ich Carols Blick auf mir wie noch nie. Ich drehe mich, fast schon begierig, zurück zur Tür, erfüllend finden meine Augen Carols Blick, welcher wirklich auf mir ruhte. Ich gehe gerade Wegs auf sie zu und bleibe vor ihr stehen. Durch den Wind des Laufens, sind ein Paar Strähnen in mein Gesicht gefallen. Sie streicht sie heraus und ruht mit ihrer Hand ein paar Sekunden auf meiner Wange. Carol steht direkt im Türrahmen zum Gang und ist somit nur halb sichtbar. Trotzdem schiebe ich sie an der Taille, ein Stück nach hinten und prüfe, dass auch wirklich niemand im Gang ist. Rein als Vorsichtsmaßnahme, denn auch wenn wir hier freier sind als in NewYork, gibt es noch immer Menschen, die uns nicht gutes wünschen. Als meine Augen vorbei an unzähligen Türen in die Leere schauen, ziehe ich sie an einer Hand wieder ein Stück zurück ins Zimmer und gebe ihr einen Kuss. Gerade als ich mich auch nur wenige Millimeter entziehe, folgt mir ihr Gesicht und drücke ihre Lippen erneut auf meine. Warm und kraftvoll spüre ich ihre Berührungen. Fast schon habe ich wieder die Lust verloren, nach draußen zu gehen. Da entzieht sich Carol und sieht mich an: „So, jetzt haben wir alles. Wir können los." Ich muss etwas lächeln und folge ihr glückserfüllt.

Nachdem wir mit der Metro einige Stationen bis in das 7 Arrondierte gefahren sind und ein paar wenige Meter gelaufen, stehen wir jetzt genau vor diesem imposanten, riesig hohem Eisenturm. Ich bin beeindruckt von der Stärke und der Größe die der Turm ausstrahlt. „Wollen wir nach oben?" Frage ich Carol ohne meinen Blick von dem Bauwerk zu wenden. „Wenn du magst, natürlich gerne!" Es wundert mich, das sie nicht so überzeugt klingt wie ich es erwartet habe. Ich sehe zu ihr; „Was ist? Magst du nicht?" Sie sieht mich an und schaut gar etwas beschämt. „Ich habe gerne festen Boden unter den Füßen." Sagst sie und dreht sich wieder in Richtung Turm. Ich kann es garnicht glauben, es überrascht mich gerade zu. „Alles gut!" Sage ich: „Das Wetter ist heute sowieso nicht so perfekt. Vielleicht ein anderes Mal, ich kann auch allein hochlaufen." Ich gehe zu ihr und greife nach ihrem Arm, henkle mich bei ihr ein. Sie zieht mich Stück näher. „Schau mal..." Sie streckt einen Arm aus und mein Blick folgt ihrem braunen Lederhandschuh. „Vielleicht kannst du ein Bild von dort oben machen, es ist genau die richtige Richtung zu Le Louvre." Sie deutete auf ein Haus mit Säulen, welches mich an einen Palast erinnerte. Tatsächlich könnte man von der freien Fläche aus einen tollen Blick auf das Eisenbauwerk haben. Also laufen wir in diese Richtung und anschließend die wenigen Treppen hoch zu dem benannten Platz. Immer noch dicht bei einander, bis ich mich aus ihrem Arm löse und einige Meter vorlaufen. „Heeehh was machst du?" Ruft mir Carol hinterher. Ich laufe weiter rückwärts und ziehe einen neuen Film auf. „Ich mache ein Foto." antworte ich strahlend, bleibe stehen und richte die Kamera auf den Turm und Carol. „Oh nein, Therese, ich sehe schrecklich aus" Der Wind weht seitlich und weht ihr goldgelbes Haar durch die Luft. „Du siehst wunderschön aus Carol!" Widerlege ich und drücke den kleinen silbernen Knopf. Das mechanische Klickgeräusch vermischt sich mit mir dem Sausen des Windes. Noch ein zweites Mal, drücke ich auf den Silberknopf, als der Wind und die Sonne, Carol perfekt in Szene setzten. „Ach Therese höre doch auf." Sagt sie lachend. Ich nehme die Kamera herunter und stecke sie zufrieden zurück in meine Jackentasche. „Ich muss üben, sonst stellt mich nie wieder jemand an! Und außerdem gibt es tausende Bilder vom Eiffel Turm,

nur habe ich noch keines mit dir."
(1323 Wörter)

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top