23, Rye Whisky

Carol wollte Rye Whisky trinken. Wir hatten diesen oft im Januar getrunken. Seit dem hatte ich nur, wenn ich allein zuhause war, diesen Whisky getrunken, um mich an die Abende mit Carol zu erinnern. Ich verband den Geschmack also weitgehend mit Trauer und Alleinsein. Ich mochte den Geschmack sehr und ich fand auch, es passte zu Carol. Es hatte für mich etwas stolzes, reifes an sich es war ein schwerer Geschmack. Wenn Carol Rye Whisky trank, wurde sie meist schwermütig, ich hingegen immer mehr offen und heiter. Ich mochte es eigentlich nicht wenn Carol schwermütig und gar etwas freudlos wurde, aber heute Abend war es anders. Der Drink hatte tatsächlich eine positive Wirkung auf uns beide und er rundete trotz seiner Schwere, das Ambiente wunderbar ab. Es unterstrich die Musik vollkommen und ließ sie mit unseren Gesprächen in einen einzigen Sog bringen. Doch ich kann mich nur verschwommen an Themen und die Worte die über unsere Lippen flossen erinnern. Es waren mehrere, um nicht zu sagen viele Gläser, die zu meiner verwischten Erinnerung beitrugen. Doch es machte mir nichts aus. Allein die Erinnerung an den unbeschwerten Abend, würde meine Stimmung und auch meine innere Freude in Zukunft immer steigern. Auch hatte der Rye Whisky und dessen Geschmack jetzt wiederum eine neue Bedeutung. All die traurigen Elemente sowie die einsamen Abende in New York, wurden nun überspielt. Sie wurden einerseits durch das gedimmte Licht und Carols schimmerndes Haar ersetzt, andererseits aber auch durch ihr tiefes, herzhaftes Lachen. Wir hatten amüsante Unterhaltungen, auch mit anderen Gästen der Bar. Manchmal habe ich sogar das Gefühl, dass nach einiger Zeit meine alleinige Anwesenheit Carol langweilte. Denn wenn ich mich an die Voyage erinnere, hatte Carol an Orten wo wir länger blieben immer schnell neue Kontakte gefunden. Sie hat diese Ausstrahlung, diese Charme die andere Menschen anzieht. Ich bin nie nicht etwa böse oder besorgt, auf eine besondere Art und Weise, macht es mich sogar stolz. Ich bin stolz,  auf Sie und das sie mir gehört, auch wenn einige unserer flüchtigen Bekanntschaften,uns oftmals garnicht und als Paar sahen. Ich bin auch glücklich mich mit ihr zu zeigen oder mich zu ihr zu bekennen. Ich zeige mich sichtbar und offen. Auch wenn ich in Konversationen meist trotzdem zurückhaltend bin, weil ich es liebe sie zu sehen, sie zu beobachten, wie sie mit anderen redet, umgeht und interagiert. Wie ehrlich sie zwischen den Zeilen ist und wie sie die Menschen ansieht.
Ich sehe Carol an und sehe auf ihre roten Lippen, wie sie sich bewegen und Wort für Wort formen. Dann sehe ich von ihren Lippen auf in ihre Augen es bilden sich kleine Fältchen um diese, sie lacht und meine Augen wandern wieder hinab auf ihre Lippen. Ich will sie küssen. Ihr Kopf wendet sich nach rechts zum Tresen, kurz darauf spiegelt sich meine Gestalt, verzerrt im Whiskyglas. Sie nimmt den letzten Schluck der goldbraunen Flüssigkeit und hinterlässt einen Abdruck ihres Lippenstifts, am Rand des Glases. Sie sieht zum Kellner hinter der Bar, mit dem wir uns eigentlich gerade unterhielten, verabschiedet ihn und versicherte; wir würden wieder kommen. Danach sieht Carol mich wieder an und streckt ihre Hand aus, es sind nur wenige Zentimeter zwischen uns. Sie fährt mit ihrem Finger über meine Wange und streicht immer wieder von meiner Schläfe an einer Linie bis zum Kinn. Ich versinke in der Berührung und wünsche mir innerlich mehr, ich könnte einfach aufstehen und sie küssen.
„Gehen wir?" ich weite meinen Blick und sie zwinkert mir zu. „Ja ich bin müde." Höre ich mich antworten, obwohl ich im Moment aktivere Sinne als am Tag verspüre. Da wir bereits gezahlt haben, stehen wir einfach auf und verlassen den Raum. Ich lasse mein Whiskyglas mit dem letzten Schluck gefüllt stehen. Ich laufe vor Carol und steuerte direkt den Ausgang an. Wir drängen uns durch die Menschen, die links und rechts stehenbleiben und mittig nur einen, fast unerkennbaren Gang frei lassen. Endlich hatte ich den Ausgang erreicht. Ich laufe schneller da ich das Verlangen nach frischer Luft verspüre. Es drängte mich so sehr nach draußen. Ich ergriff die Türklinke und drehte mich um zu Carol, die ganz nah hinter mir stand. Ich sah ihr für einen kurzen Moment in die Augen, ergriff ihre Hand gezielt und öffnete die Tür. Meine Beine liefen schnell. Immer noch Carols Hand haltend, stürze ich fast aus dem Lokal und stehe nun auf dem breiten Gehweg. Es ist kalt und die eisige Luft legt sie wie Fesseln um meine Knöchel. Der Himmel ist düster aber man kann die Sterne sehen. Kurz hängen sich meine Augen daran auf, doch dann löse ich meinen Blick in die Luft und sehe zu Carol. Ihre Haut wirkt blass, doch ihre Haare strahlen durch das belebende Licht der Lampen. Ich sehe nach rechts und links, es ist niemand hier und lege ohne weiter darüber nachzudenken meine Lippen auf ihre. Ich ergebe mich also dem Verlangen und dem Wille nach mehr. Carol wirkt nicht erschrocken sondern so, als hätte sie es bereits gewusst, auch das gleiche gespürt. Sie lässt meine Hand los und legt ihre auf mein Gesicht, dabei umschließt sie meine Wangen und es sogleich breitet sich

die Wärme ihrer Hände, auf meinem Gesicht aus.
(864 Wörter)

Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top