13, „141"

Wir betreten ein rustikalen Raum, ein Eingangsbereich mit Tresen, in dunklen Kirschholz. Carol's blauen Augen funkeln mich glücklich an, danach dreht sie ihren Kopf wieder zurück und das Kribbeln in meinem Bauch hält nur noch einige Sekunden an. Mein Herz spüre ich immer noch stark gegen meine Brust pochen. Mit dem schnellen Rhythmus in den Ohren beobachte ich Carol, wie sie sich dem Jungen Herr hinter dem Tresen widmet. Einen Tisch für zwei bitte!" Der Kellner sieht uns freundlich an und nickt kurz. Daraufhin sagt er: Natürlich, wir haben noch einen im Wintersalon; wenn Sie mir bitte folgen würden." und macht eine schweifende Handbewegung den Gang entlang. Carol nimmt ihre beigefarbene Handtasche vom Tresen und folgt dem netten Herr. Dabei dreht sich sich leicht um und ich weiß, das tut sie nur um mich im Augenwinkel zu sehen. Das macht sie oft.
Im Wintersalon" wie er es genannt hatte, angekommen zeigt er uns einen schönen Tisch am Rand des Salons. Man hat von hier aus einen wundervollen Blick aus dem Fenster, über die hell leuchtende Stadt, welche allmählich in die schwarze Nacht untertaucht. Wir bedanken uns und der Junge Herr im Anzug verschwindet. Carol und ich setzten uns. Der Raum ist relativ groß und doch ist es sehr ruhig hier. Ich lasse meinen Blick durch den Salon und über die Tische wandern. All die Menschen, Männer und Frauen, sie reden und trinken,lachen und essen. Ich drehe mich wieder zu Carol,  sie sieht mir direkt in die Augen und lächelt. Sie legt ihren Schal ab und zieht ihn sich vorsichtig am Hals entlang, so wie sie es immer tut. Ich rieche einen leichten Hauch ihres Parfüms und atme tief ein. Ich liebe diesen Geruch, fast verliere ich mich darin.
Ein Kellner kommt, wir bestellen unsere erste Getränke. „Zwei Dry Martini mit Oliven bitte." Sage ich und lächle den Kellner glücklich an. Ich sehe wie Carol im Augenwinkel sich ein kleines Lachen unterdrückt. Das macht mich irgendwie noch glücklicher. Der Kellner geht und ich schaue Carol an, wir sehen uns direkt in die Augen. Eine Gefühl von Wärme breitet sich in mir aus. Ich sehe in diese wunderschönen blaugrauen Augen und bekomme Gänsehaut. Ich weiß noch wie ich früher meist nervös weggeschaut habe und es nicht lange ausgehalten. Aber jetzt ist alles anders. Ihre Mundwinkel zucken und sie lächelt. Immer noch halten wir Blickkontakt und ich kann mich einfach nicht abwenden. „I..c..h..l..i..e..b..e..d..i..c..h"  Formen ihre Lippen lautlos, während ihre Auge ein wenig glasig werden. Mein Herz schlägt schneller und wieder steigt diese Wärme auf. So gerne würde ich Carols Hand nehmen, die nur wenige Zentimeter vor mir auf dem Tisch liegt. Mein Arm zuckt ein paar mal, doch ich weiß, dass ich nicht kann. Gerade wollte ich doch meine auf ihre Hand legen, um ihr somit zu antworten. Der Kellner kommt zurück und stellt zwei Gläser, eine kleine Schale Oliven und eine Kanne Gin auf unseren Tisch. Ich wagte es erst nicht meinen Blick zu lösen, doch dann fühlte ich diesen Druck, ich müsste. Also drehte ich träge meinen Kopf in Richtung Jacket und Fliege, lächelte höflich und sage; „Vielen Dank! Ich denke, für ein Essen haben wir uns noch nicht entschieden." Er schaut mich freundlich an und nickt; „Kein Problem, lassen Sie sich Zeit und genießen Sie den Ausblick." Er geht und ich finde meine Augen bei Carol wieder. Sie hat immer noch diesen einen Ausdruck im Gesicht und greift nach der Speisekarte. Auch ich nehme mir eins der braun umschlagenen Lederbücher und Blätter darin herum. „Pasta?" Sagt sie und schaut mich fragend an. Ich sehe hoch; „Du kennst mich!" sage ich. „Such du etwas aus und ich nehme das gleiche." Ich lächle sie an und wende meinen Blick wieder zur Karte, langsam streich ich mit meinem Finger über das Papier. 139 Penne, Bacon mit Calabrese Sauce, 140 Bolognese mit Rind, 141 Lachspasta mit Spinat und Kirschtomaten... „141" Sage ich und schaue Carol wieder mit leuchtenden Augen an. „Ich lass mich überraschen..."  Grind sie.
Ich lächle und schlage die Karte wieder zu, lehne mich zufrieden zurück und trinke einen Schluck Martini.
Die Zeit vergeht; wir bestellen zwei mal die 141 und bekommen schon kurze Zeit später zwei dampfende Teller auf unseren Tisch gestellt. „So, Bitteschön. Lassen Sie es sich schmecken!" Carol bedankte sich und nahm sich eine Serviette. Ich tat ihr gleich und konnte aber meinen Blick noch immer nicht von ihr lösen. „Lachs, gute Wahl!" Sagt Carol mit einem lächeln auf den Lippen; „Guten Appetit"
„Danke" antworte ich und nicke ihr freundlich zu.
Die Stadt ist mittlerweile in der schwarzen Nacht versunken, trotzdem leuchtet sie selbst hell auf. All die Laternen und Lichter aus Häusern, Bars und Parks, lassen es fast wie ein Sternenhimmel wirken. Das Essen schmeckt wirklich gut und auch Carol scheint es zu mögen.
Der Abend ist lang. Wir sitzen und lachen, erzählen und trinken. Auf den einen Martini folgt ein anderer. Ich habe das Gefühle es waren nicht mehr als ein paar Minuten, doch haben wir mehr als 4 Stunden dort verbracht. Nichts und Niemand hat uns unterbrochen oder gestört. Wir, zwei, an diesem kleinen Tisch, in einem riesigen Raum voller Menschen. Mit einem Ausblick über die gesamte Stadt. So klein und doch so groß in dieser Welt. Und nichts und Niemand konnte uns stoppen. Ich habe die Zeit allein, unter vielen sehr genossen. Ich wünschte es könnte immer so unbeschwert sein und Ex-Ehemänner sowie deren Mütter, aufdringliche Chefs, Anwälte, urteilende Leute und einfach all so etwas würde verschwinden. Ich habe den Abend, aufgrund des vielen Alkohols nur brüchig in Erinnerung. Als ich die Drehtür vor mir her schiebe und auf dem Parkplatz die frische kühle Luft einatmen kann, wird mir wiedermal bewusst, wie sehr ich solche Momente vermisst habe, aber auch;

wie rar diese doch sind.
(971 Wörter)

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