IV - Todesser

Hermine steht in der Küche. Es ist still. Sie hört nichts von alledem, was im Esszimmer gerade geschieht.
Sie ist nervös. Sobald der dunkle Lord verschwunden ist, muss sie zu den Todessern. Noch nie hat sie sich die Anwesenheit des Monsters, das für ihre Lage verantwortlich ist,  so sehr herbeigewünscht. 

Die Hauselfen kommen aus ihrer kleinen Kammer heraus und betreten die Küche. Ihre Kammer ist viel kleiner als Hermines und in ihr leben fünf Hauselfen. Die junge Hexe möchte sich nicht vorstellen, wie eng und ungemütlich das sein muss.
Die kleinen Wesen bereiten sich vor. Hermines Atem beschleunigt sich. Die Anwesenheit der Hauselfen macht ihr klar, dass der dunkle Lord schon bald gehen würde und sie die Todesser bedienen muss.

Plötzlich ertönen die Glocken aus dem Esszimmer. Es ist so weit, denkt Hermine. Schnell nimmt sie sich den Teller mit dem Braten und stürmt zusammen mit den Hauselfen aus der Küche.

Im Esszimmer unterhalten sich die Gäste aufgeregt.  Bellatrix sitzt vor Kopf. Links neben ihr sitzen ihre Schwester, Lucius und Draco, gefolgt von einigen anderen Todessern, darunter Alecto Carrow. Rechts neben ihr sitzen unter anderem Snape und Greyback mit ihren Sklaven. Der andere Stuhl vor Kopf ist leer, vermutlich hatte der dunkle Lord da gesessen.

"Der dunkle Lord hat diesen kleinen Bengel gar nicht erwähnt. Wie war noch gleich sein Name?", bemerkt Fenrir Greyback. Er sieht aus wie immer. Wild, ungepflegt und einfach nur ekelhaft, denkt Hermine. Hinter ihm steht Lavender. Sie folgt ihm scheinbar überall hin. Er behandelt sie wie einen Hund. Hermine ist sich nicht sicher, aber sie hat das Gefühl, als wäre die Kette um Lavenders hals dicker und noch viel schwerer geworden. Sie kann kaum stehen bleiben.
"Harry Potter", antwortet Snape auf Greybacks Frage und Hermine bleibt mitten im Raum stehen.
"Der ist bestimmt schon tot", lacht Wurmschwanz gehässig und die anderen stimmen mit ein.
Lucius arrogante Stimme erhebt sich aus dem Gelächter. "Es hätte mich aber auch gewundert, wenn er Askaban länger als ein paar Wochen überlebt hätte. Er hält sich für besonders mächtig, aber niemand übertrifft den dunklen Lord. Ich hoffe, er hat das während seines Aufenthalts in unseren Fängen endlich verstanden."

Hermine spürt, wie heiße Tränen ihre Wange runterlaufen.  Harry darf nicht tot sein. Wer wird dann alle retten? Wer wird die Zaubererwelt retten?
"Hey", ertönt die schrille Stimme von ihrer Gebieterin, "was machst du da?"
Sie ist auf Hermine aufmerksam geworden, die immer noch mit dem Rücken zu den Todessern steht. Schnell wischt sie sich ihre Tränen weg und dreht sich dann um. "Verzeiht, ich war nicht ganz bei mir."
"Geh wieder an die arbeit und beeil dich gefälligst", schnauzt Bellatrix.

Hermine ist zurück in der Küche. Sie kann ihre Tränen nicht mehr zurückhalten. Harry kann nicht... das darf einfach nicht passiert sein, denkt sie, als plötzlich eine vertraute Stimme ertönt.
"Hermine?" Es ist Lunas Stimme. "Snape und Bellatrix meinten, ich sollte dir etwas in der Küche aushelfen."

Überglücklich rennt Hermine auf ihre alte Freundin zu und schließt sie in die Arme. Luna erwidert die Umarmung.
"Wie geht es dir?", fragt Hermine nachdem sie sich wieder aus der Umarmung gelöst haben.
"Ganz gut. Snape ist netter als du vielleicht erwartest. Ich bin sein Hausmädchen. Er tut mir nichts an. Was ist mit dir?" Ihre sanfte Stimme beruhigt Hermine etwas.
"Es ist in Ordnung, denke ich", lügt Hermine, um Luna nicht zu belasten. Sie kann ja sowieso nichts an ihrer Situation ändern. Dann bricht Hermine wieder in Tränen aus.
"Harry..", sagt sie schwach. Luna schüttelt den Kopf. "Snape hat mir versichert, dass Harry noch lebt. Er überwacht unter anderem die anderen Todesser in Askaban und kriegt daher viel mit."

Hermine kann es kaum fassen. Harry lebt noch. Noch vor ein paar Sekunden hätte sie alles aufgegeben. Ihre Freunde, ihr Leben und auch sich selbst. Aber der Fakt, dass Harry weiterkämpft, lässt auch sie weiterhin an etwas glauben.

"Wir müssen uns beeilen, sonst werden die da draußen noch misstrauisch", sagt Luna während sie nach den restlichen Tellern und Gläsern greift, um sie ins Esszimmer zu bringen. Hermine folgt ihr mit dem Salattablett.
Nachdem sie die Sachen auf dem Tisch verteilt haben, stellt sich Luna wieder hinter ihren Gebieter. 

"Schlammblut, komm her", ruft Bellatrix und Hermine stellt sich hinter sie, wie die anderen Sklaven, die hinter ihren Besitzern stehen. Die dunkle Hexe klopft sachte mit ihrem Dessertlöffel gegen das Weinglas, um die Aufmerksamkeit der Todesser auf sich zu ziehen. Als alle ruhig sind, erhebt sie ihr Glas. "Stoßen wir an. Auf den dunklen Lord."
Die anderen am Tisch erheben ebenfalls ihre Gläser. "Auf den dunklen Lord", wiederholen sie im Chorus. Dann beginnt das Essen.

Hermine hört bei einigen Gesprächen zu. Die meisten sind belanglos und interessieren sie herzlich wenig. Bis plötzlich Lucius Malfoy ein Gespräch mit Snape beginnt.
"Deine Sklavin sieht recht unbeschädigt aus. Vielleicht gehst du zu sanft mit ihr um."
"Wie bitte?", erwidert Snape.
"Lebe dich aus, habe doch einfach mal Spaß. Ich meine, hässlich ist sie nicht." Bei seinem letzten Satz mustert er Luna, die einfach so tut, als hätte sie das nicht gehört.
"Ich weiß ja nicht, was du schon alles mit Weasley angestellt hast und wenn ich ehrlich bin, will ich das auch gar nicht wissen, aber die Kleine hier, ist mein Hausmädchen, nicht meine Sexsklavin. Für sowas habe ich ohnehin keine Zeit", sagt Snape kühl und unbekümmert. Lucius errötet etwas und isst stumm weiter.

Bellatrix Lachen ertönt leise, sodass es in dem ganzen geplaudere nur Hermine hören kann. "Lucius ist ein ziemlicher Narr, findest du nicht?" Die Frage war an Hermine gerichtet.
"Lucius ist ein Idiot, nicht mehr und nicht weniger", antwortet Hermine trocken, was Bellatrix erneut zum lachen bringt und auch Hermine muss etwas schmunzeln. Dieses Schmunzeln vergeht jedoch schnell wieder. "Du hast schon einige Interessenten. Zur Auswahl stehen, wie könnte es anders sein, Greyback, Lucius, Snape und Draco. Willst du, oder darf ich aussuchen?"
Bellatrix' zweideutiges Grinsen bringt Hermine zum würgen.

Sie fängt wirklich an, zu überlegen, wer das kleinere Übel wäre. Wenn man Lunas Erzählungen glauben schenken kann, würde Snape ihr vermutlich nichts tun... aber warum sollte er dann bezahlen? Lucius und Greyback sind ihr zuwider und Draco... der hat sie schon immer gehasst und würde sie vermutlich foltern.
Hermine schüttelt diese Gedanken ab. Dass sie wirklich darüber nachdenkt zeigt ihr, wie aussichtslos die Lage ist.

"Da du nicht antwortest, treffe ich die Entscheidung. Aber das hätte ich ohnehin gemacht. Geh schonmal nach oben ins Zimmer mit der großen, weißen Flügeltür. Das ist das Gästezimmer. Warte da einfach und egal, wer kommt, du musst ihm jeden Wunsch von den Augen ablesen. Enttäusch mich nicht."

Hermine tut, wie ihr befohlen. Während sie die große Treppe im Esszimmer hochgeht, schaut sie auf die Todesser hinab. Die vier Kandidaten erwidern ihren Blick, weshalb sie wieder wegsieht und einen Schritt zulegt.

Hermine durchquert einen langen, dunklen Flur nach dem anderen und sucht nach der weißen Flügeltür. Nach einer gefühlten Ewigkeit findet sie sie und betritt das Gästezimmer. Zum Erstaunen der jungen Hexe ist es recht gemütlich. In der Mitte steht ein großes, weißes Himmelbett, links und rechts daneben jeweils ein Nachtschrank mit einer weißen Lampe. An der linken Wand steht noch ein Kleiderschrank, davor liegt ein weißer, flauschiger Teppich und daneben ist ein kleines Fenster mit einer breiten Fensterbank. Ein Schaukelstuhl aus geflochtenem Holz mit einem weißen Kissen steht in der rechten vorderen Ecke des Raumes.
Es ist nicht besonders groß, aber dennoch wundervoll. Hermine hätte ein düsteres Zimmer, das hauptsächlich aus schwarzen Möbeln besteht, erwartet. Das hier ist eine nette Abwechslung.

Sie geht zum Fenster und setzt sich auf die Fensterbank. Das Zimmer befindet sich im zweiten Stock und unten prangt ein recht großer Abgrund. Fliehen kann sie hier nicht.
In der Ferne erblickt sie die endlosen Weiten der Natur. Ein Wald befindet sich in der Nähe des Grundstücks. In der Dunkelheit sieht er sehr bedrohlich aus, denkt Hermine. Fast wie der verbotene Wald in der Nähe von Hogwarts. Ob dort auch solch bedrohliche Kreaturen leben?

Hogwarts... Sie denkt an die Zeit mit ihren Freunden zurück. Wie sie sich damals kennengelernt haben und niemand erwartet hätte, dass sie jemals beste Freunde würden.
Wie Ron immer wie verrückt die Schokofroschkarten gesammelt hat und wie Harry der jüngste Sucher in Hogwarts wurde.
Ja, ihre besten Freunde...

Ihre Träumereien werden durch ein Geräusch an der Tür unterbrochen. Jemand hat die Türklinke runtergedrückt...


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