22
Als ich am nächsten Morgen aufwachte, stellte ich mich schon gedanklich auf wahnsinnige Rückenschmerzen ein, doch so war es nicht. Statt auf dem harten Fußboden der Küche, auf dem ich eingeschlafen war, lag ich auf dem Sofa, eine Decke über mich gebreitet.
Harry musste wohl noch einmal runtergekommen sein, als ich schon geschlafen hatte.
Langsam richtete ich mich auf und streckte meine Arme und Beine. Es fühlte sich an, als hätten meine Tränen meine Gelenke wie Eisen rosten lassen und auch mein Kopf fühlte sich nicht besser an.
Vorsichtig schlug ich die Decke beiseite, schwang meine Beine vom Sofa und sah mich um.
Harry musste bereits in der Arbeit sein, aber das war mir recht. Ich hatte keine Lust ihn zu sehen, was nach dem gestrigen Ereignis aber auch verständlich war.
Schnell schnappte ich mir die Bettdecke und lief hinauf ins Schlafzimmer, wo ich diese auf das Bett schmiss. Dann ging ich ins Bad, vollzog meine morgendliche Routine und lief dann wieder in den Flur.
Doch anstatt wieder in die unterste Entage zu gehen, lief ich auf das Arbeitszimmer zu. In der Nacht war mir der Gedanke gekommen, dass es irgendeinen Grund geben musste, warum Harry so war wie er war und vielleicht wäre das Arbeitszimmer die Antwort auf einige meiner Fragen, oder zumindest die Dinge, die sich in dem Zimmer befanden. Mir war klar, was passieren würde, wenn Harry mich dabei erwischen würde, aber daran verschwendete ich keinen Gedanken.
Meine Hand auf die goldene Türklinke legend lauschte ich einen Weile, ehe ich das Metall langsam hinab drückte. Die Tür öffnete sich leise und ich spähte in das Zimmer.
Mein Herz hämmerte gegen meine Rippenbögen, während ich mich umsah. Keiner war zu sehen.
Langsam drückte ich die Tür weiter auf und setzte einen Fuß auf den dunklen Fußboden. Ein leises Knarzen ertönte, als ich einen weiteren Schritt in das verbotene Reich machte. Und plötzlich ging alles ganz schnell. Ehe ich mich versah stand ich vor dem riesigen Regal mit den Akten, die alle fein säuberlich sortiert waren.
Meine Augen glitten über die ordentlichen Markierungen und Schriften, die die Deckel der Ordner zierten.
Es dauerte einige Zeit bis ich einen Ordner mit der Aufschrift "Styles Fam." fand. Er war in einer hinteren Reihe versteckt und ein leichter Staubfilm zierte das schwarze Leder, was darauf hinwies, dass dieser Ordner länger nicht mehr angefasst wurde.
Aus den Zehenspitzen stehend, räumte ich die Akten aus dem Weg und griff nach dem Ordner. Er war schwer und es waren einige Blätter eingeheftet, von denen ich mehr als nur Finanzen erhoffte. Eilig räumte ich die Akten wieder zurück.
Als ich den Ordner jedoch gerade aufschlagen wollte, um einen Blick hineinzuwerfen, hörte ich, wie die Haustür aufging.
Blitzschnell klemmte ich mir das Teil unter den Arm, huschte aus dem Zimmer, die Tür hinter mir schließend und rannte direkt ins Schlafzimmer, wo ich mich vor die Kommode kniete und den Ordner unter das robuste Möbel schob. Und das nicht allzu früh, denn drei Sekunden später wurde auch schon die Tür zum Schlafzimmer aufgerissen und Harry stand im Türrahmen.
Einige Zeit lang starrten wir uns schweigend an, bis Harry dies unterbrach.
"Was machst du da?"
Kein Hallo...gut. Diese Spiel konnten auch zwei spielen.
"Ich suche etwas." arrogant musterte ich ihn, ehe ich tat, als würde ich den Boden absuchen.
"Was?"
"Ich suche etwas!" sagte ich etwas lauter, "Und es heißt 'Wie Bitte'." ich stand auf, lief an Harry vorbei, ohne ihm einen weiteren Blick zu schenken und verschwand ins Erdgeschoss.
Arrogantes Arschloch!
Ich spürte, wie die Wut wieder anfing in meinen Adern zu pochen.
Wieso hatte ich noch ein zweites Mal auf diesen ganzen Scheiß eingelassen? Ich wusste doch, wie all das enden würde!
Müde lehnte ich mich gegen die Küchenzeile und legte meine Stirn auf das weiße, kalte Material.
Ich brauchte gar nicht aufzusehen, um die Präsenz des Lockenkopfes zu erkennen, denn ich spürte seine idiotische Aura bereits.
Und ich wusste, dass dieses Gespräch für einen von uns nicht gut enden würde und diesmal würde das Harry sein.
~*~
Das Buch wird bald eine Wendung nehmen! Keine Sorge!
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