Kapitel 9

Carol

Mein Atem wurde mit jeder Sekunde immer unkontrollierter desto länger ich am runden Dachbodenfenster stand und nach draußen sah.
Das Geräusch der quietschenden Motorradräder ließ mich unwillkürlich zusammenzucken. Er war hier. Meinetwegen.
Der Motor verstummte und ein, in brauner Lederjacke und dunkelblauer Jeans gekleideter Steve Rogers stieg von der Maschine ab.
Als würde er mich atmen hören, galt sein erster Blick den Spitzdach mit den riesigen Runden Fenster an dem ich stand. Ein sanftes Lächeln überzog sein Gesicht.
Seine blonden Haare waren komplett verwuschelt und zogen bestimmte Regionen meines Körpers zusammen. Die leicht geröteten Wangen machten es nicht besser ... Er sah unverschämt gut aus.
Ich löste mich von seinem Prinz Charming Blick und verließ den Dachboden.
Im Erdgeschoss angekommen, stand er bereits da. Er strahlte über beide Ohren hinweg.
Das Warten hatte endlich ein Ende. Ich stürmte in seine starken Arme, die mich sofort umschlangen und mich an sich drückten.
"Carol." Seine Stimme war wie Medizin für meine Seele.
Endlich konnte ich sein Geruch wieder wahrnehmen. Diesen wunderschönen Duft nach Honig.
Ich zog ihn tief in mich ein und verankerte ihn.
"Tu mir sowas nie wieder an." murmelte er und legte seine Wange auf meinen Kopf ab.
Ich hob den Kopf an und sah in seine ozeanblauen Augen.
"Du hast ja noch keine Ahnung was noch auf dich zu kommt."
Die Tür des Behandlungszimmers öffnete sich. "Darf ich euch rein bitten?"
Wir nickten und marschierten Hand in Hand in Strange Ärztezimmer.
Er hatte sich bereits an sein Schreibtisch gelehnt. Mit einen ausgestreckten Arm zeigte er uns, dass wir auf den Behandlungstisch platz nehmen sollten.
"Erzähl, Strangi."
Er zog nachdenklich an einer seiner Bartsträhnen.
"Deine Körperzellen weisen eine seltsame dunkel Materie auf. Es scheint sich auf deine DNA übertragen zu haben."
Steves Händedruck wurde stärker. "Kann sie auch für Carols Kräfte Verlust verantwortlich sein?"
"Das Serum ist schon einen längeren Zeitraum in ihren Blut, daher könnte deine Theorie gut möglich sein. Um es genauer herauszufinden brauche ich mehr Zeit und mehr Unterhaltungen mit dir, Carol. Es scheint sich mehr für deine Psyche zu interessieren als auf deine Kräfte. Womöglich ist es alles eine Kopfsache."
"D-das heißt, ich besitze noch meine vollen Kräften?"
"Es ist nur ein Gedanke, aber es könnte gut möglich sein."
Ich hatte meine Kräfte nicht verloren und könnte wieder die alte Carol werden?
Das Siegergrinsen konnte ich mir nicht mehr unterdrücken.
Stange Blick löste sich von uns und fiel auf seine Hände. Er schien nachzudenken. Wollte er uns etwas verschweigen?
"Was hast du noch rausgefunden?" drängte Steve nach.
Stephen zog die Lippen zu einen schmalen Strich zusammen. Eine Falte bildete sich zwischen seinen zusammengezogenen Augenbrauen.
"Es wäre leicht mich in deinen Kopf zu schleusen, doch wie ich schon vorhin erwähnte, habe ich Probleme damit, weil sie eine Art Code auf deinen Erinnerungen gelegt hat, die es mir erschweren, gar unmöglich machen, mehr zu erfahren. Wenn ich Recht habe, hat dir jemand vor langer Zeit dieses Serum eingeflößt um dich auf zu halten. Nicht um dich sofort zu zerstören, nein ... derjenige will dich leiden sehen - langsam und brutal. Er muss dich kennen ... dich und deine Schwächen. Er muss wissen, dass deine größte Schwäche, du selbst bist."
"Dann war es nicht M.O.D.O.K.?"
"Nein, Carol. Offensichtlich war er nur Mittel zum Zweck um dir Angst zu machen."
Vollkommen unerwartet drang ein Knurren aus Steves Kehle. Seine Augen funkelten vor Zorn. Seine Stimme war Hasserfüllt und verurteilend. "Stark! Er hat uns auf diese Mission geschickt! Er selber hat sich geweigert Tigra zu befreien. Es hätte mir gleich auffallen müssen! Spätestens als er seine Gefühle für Carol gestand."
Seine Gefühle für mich? Stark?
Jetzt war ich komplett raus.
"Steven, es ist nur eine Theorie. Und eine Behauptung ist noch lange kein Beweis. Bedenke außerdem, dass Antony Carol gerettet hat."
"Nachdem er sie gejagt hat!"
"Wir wissen nicht, ob er sie wirklich gejagt hat. Für mich sah das ganze eher aus als dass Stark sie beschützen wollte. Es ist sein gutes amerikanisches Recht sich zu verteidigt, wenn ihn jemand angreift. Er wollte sie nicht absichtlich verletzen."
Bei den Wort 'verletzen' drehte der Captain sein Kopf zu mir herum und scannte mein Körper von oben bis unten. Ihm mussten all die Wunden gar nicht aufgefallen sein. Ich trug ja auch ein weites rotes Shirt und Cleas schwarze Jogginghose - so konnte er auf dem ersten Blick weder den dicken Verband um mein Bein, noch die Schrammen an meinem Kinn und Armen sehen. Mit jeder weiteren Blessur wurde sein Blick düsterer.
Doch statt weiter auf die Diskussion einzugehen, legte er einen Arm um meine Schultern und zog mich noch enger an sich. Er bettete seine Nase in meinen Haaren und atmete laut aus.
"Wir müssen abwarten und testen. Ich glaube an deine Fähigkeiten, Carol. Die Wahrheit wird ans Licht kommen, glaubt mir. Und derjenige, der dir das angetan hat, wird dafür Buse tun."
Der Doctor strich mir sanft über den Arm. "Legt euch beide in das Gästezimmer. Ihr habt euch lange nicht mehr gesehen und musst dringend reden. Außerdem braucht Carol dringend richtigen Schlaf."
Steve nickte leicht und rutschte von dem Behandlungstisch herab, um mir dann selber beim herunterkommen zu helfen.
Mit erröteten Wangen und mahlenden Kiefer schien er kaum mehr richtig in diesen Raum anwesend zu sein.
"Zieh bitte keine voreilen Schlüsse." raunte ich meinem Freund zu und schmiegte mich an dessen Brust.
Seine stärken Armen gaben mir neuen Halt.
"Ich versuch's."
Das leise Glucksen von Strange trieb meine Aufmerksamkeit wieder zu ihm.
"Nun, es mag dafür vielleicht auch nicht der perfekte Moment sein, aber ihr solltet euch noch Gedanken um etwas ganz anders machen."
Mein Magen zog sich blitzartig zusammen.
Das hatte ich ja komplett verdrängt.
Stephen schlug Steve stolz auf die Schulter. Die Angst in mir wuchs ins Unermessliche. Das war jetzt wirklich nicht der passende Moment dafür! "Pass auf deine Freundin in nächster Zeit noch besser auf."
Nein!
"Sie bekommt ein Baby von dir."
Heiliger Mist! Jetzt saß ich endgültig in der Patsche.

*

"Weißt du was seltsam ist? Ich erinnere mich, dass du fast jede dritte Nacht in meinem Zimmer warst. Aber ich hätte selber schwören können, dass es Träume wären."
Ich zog die dicke Daunendecke über meinem Kopf hinweg. "Wie du siehst, war es echt! Mit echten Konsequenzen!"
Das durfte alles nicht wahr sein! Schlimm genug, dass irgendein 'Freund' mich tot sehen wollte und dass ich wie eine Schlafwandler nachts um die Häuser flog und Menschen angriff ... schlimm genug, dass ich ständig an fremden Orten wach wurde, ohne zu wissen, was passiert war ... Ich hatte in den letzten Monaten mehr Alkohol getrunken als welche hergestellt wurden war. Meine Kräfte lösten sich auf ... und nun war ich auch noch schwanger?
Ich spürte wie sich die Matratze senkte und Steve neben mir Platz nahm. Seine Hände fanden meinen bedeckten Arm und hielten ihn sanft fest. "Ich kann mir vorstellen, dass es im Moment fiel für dich ist. Aber i-ich ... ich steh das mit dir durch!"
Augenblick mal? War das gerade der weltberühmte Steve-Bucky-Bucky-Steve-Satz? Der Satz der quasi die absolute Treue zum anderen versicherte? Es war der Ritterschwurr der Neuzeit.
Ich zog die Decke bis zu meinen Augen herunter.
Steves strahlend blauen Augen sahen mich voller Freude und Zuversicht an.
Er konnte sich einfach kein Lächeln verkneifen. Die Anspannung und Wut der vergangenen Stunden war schlagartig verschwunden nachdem Strange meine Schwangerschaft bestätigte. Er war wie ausgewechselt.
"Ich will keine Qualle werden!" brummte ich leise.
Er zog seine Lippen zu einen leichten Schmollmund zusammen und sah mich mit einer Ton von Bemitleidung an. "Du wirst keine Qualle werden."
"Wie sollen wir das alles schaffen, hm? Mir dieses Serum austreiben, auf mich aufpassen, meine Kräfte wiedererlangen ... und ein Kind großziehen? Ich mag noch nicht mal sonderlich gerne Kinder! Ich werde eine Rabenmutter werden! Und ich hab jetzt schon Hunger auf Jessicas Gemüseeintopf - und Muffins."
Mit diesen Worten zog ich die Decke erneut über meinen Kopf.
Sein Kichern machte die Sache nicht besser. Er würde nicht in wenigen Monaten wie ein Seekuh aussehen und schnaufen ... und Besenreißer bekommen und Pigmentflecken - Himmelgott und Dehnungsstreifen! Waaah!
"Nun zunächst könntest erst mal eine Runde schlafen. Ich verspreche auf dich aufzupassen. Dann könntest du Jessica anrufen, denn die ist total aufgewühlt von der letzten Nacht, in der du sie stehen gelassen hast. Du könntest danach dann mit Stephen reden und dann könnten wir trainieren gehen."
"Trainieren?"
"Wenn dein Kräfteverlust reine Kopfsache ist, kommt er vielleicht mit genug Übung und Motivation zurück."
Ich zog ein kleines Stück der Decke wieder herab und lugte zu Steve auf, der sich über mich gebeugt hatte.
"Ich steh hinter dir und den kleinen Steve Junior." grinste er breit.
Hachje ... wie lange hatte ich mir so einen Mann erträumt? Auf einmal merkte ich, wie schwer doch meine Augen wurden.
"Und du passt wirklich auf?"
Er nickte, stand auf und nahm sich ein x-beliebiges Buch aus dem Bücherregal. "Ich bin hier."

...

Mein Kopf dröhnte wild vor sich her. Irgendetwas kaltes flüssig lief meine Nase herunter und weckte mich auf.
Wieder fühlte sich mein ganzer Körper wie überfahren an. Ich öffnete meine Augen und erschrak bitterlich.
"Himmel, nein!" schrie ich auf.
Ich lag in der Küche von Strange. Alles um mich herum war verwüstet und zertrümmert. Die bodenlangen Gardinen hatten Feuer gefangen, genau wie der Ofen und Teile der kaum noch vorhanden Zimmerdecke.
Ich stand mühselig auf und rieb meine Stirn entlang.
Nicht schon wieder. Es durfte nicht schon wieder geschehen sein. Steve hatte versprochen aufzupassen. ... Steven! Wo war er?
"CAROL!" Eine tiefe Männerstimme ließ mich zusammenzucken.
Der Schwindel ergriff meine Sicht und machte es mir schwer normal zu gehen. "Steve? Wo bist du?" rief ich laut aus und hielt mich an dem Kühlschrank fest.
Wieso hatte ich keine Erinnerungen mehr? Wo waren Strange und seine Frau?
Mir wurde spei übel. Was wenn - was wenn ich sie verletzt hatte? Um Himmelswillen!
Ich atmete tief ein und verdrängte den schmerzenden Stich meiner Lunge um aus der Küche zu laufen.
Ich humpelte den Flur entlang, der ebenso verwüstet war wie die Küche und hielt schnaufend vor dem Behandlungszimmer an.
Es fühlte sich wie ein Faust in die Magengrube an.
Tränen liefen über meine Wangen.
So schnell es mir möglich war, rannte ich in den Raum. Im Gegensatz zu den Rest an Zimmern, war dieser Raum noch nicht vom Feuer betroffen und nur teilweise verwüstet.
Steve lag schwer verwundet auf den Boden. Seine Schulter blutete und war stark verbrannt. Sein Gesicht war blutverschmiert und mit Ruß bedeckt. In seinem linken Bein war eine tiefe Wunde, die fast über seinen ganzen Oberschenkel erstreckte. Ich fiel auf meine Knien.
Sein Brustkorb senkte oder erhob sich nicht mehr. Nein!
"Du hast ihn getötet!" Ich wirbelte aufgebracht herum. Hinter mir stand Strange. Sein Gesichtsausdruck war eiskalt. Zorn funkelte in seinen Augen. "Nein!" schrie ich ihn.
"Du hast ihn und meine Frau getötet, du widerliches Wesen!"
Mein Herz zerbrach in tausende Teile. Ich war eine Mörderin.
...
Schweißgebadet wachte ich sitzend im Bett auf. Mein Herz raste. Ich war zurück im Gästezimmer. Alle lebten. Niemand war tot.
Mir war spei übel. Mit einer Hand vor den Mund drückend, fiel ich in das Gästebad hinein und übergab mich in das Porzellanwaschbecken.
Schwer atmend richtete ich mich auf, drehte den Hahn auf und ließ eiskaltes Wasser über meine Hauptschlagader am Handgelenk fließen. Ich hatte nur geträumt. Alles war gut. Niemand war tot. Mit einer kalten Hand strich ich mir über die heiße Stirn. Beruhig dich!
"Carol, was ist los?" Steves schlaftrunkene Stimme war hinter mir, seine Hand legte er sanft auf meinen Rücken ab.
Nichts war gut! Was wenn der Traum nur ein Vorbote war? Wenn das meine Zukunft war?
Aus dem Stand sank ich auf den Boden und fing bitterlich an zu weinen. Was war das gerade? Niemand war mehr sicher bei mir!
"Sag mir was passiert ist, Liebste."
Ich holte mehrmals tief Luft, doch es erbachte mir keine Ruhe.
Die Angst irgendwann meine Freunde zu verletzen brachte mich um den Verstand.
Mit wurde eiskalt und ich zog die Beine an mich heran.
Steves warme starke Arme hüllten sich um mich und hoben mich hoch.
"Alles wird gut." Hörte ich ihn murmeln, während mich der schwarze Schleier der Besinnungslosigkeit verschlang.

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