Kapitel 39

"Steve, du wirst nochmal Vater." sagte ich voller Anspannung und Furcht.

Doch seine Mine hellte sich urplötzlich auf. Seine Arme schlangen sich um meine Taille und wirbelten mich durch die Luft. "Ich wusste es! Ich wusste, dass deine Übelkeit daher kommt! Oh, ich freue mich so sehr, Liebste."

Panisch konnte ich kaum mehr meine Gesichtszüge beisammenhalten. "Was?" hauchte ich.

Die Türe hinter uns fiel zu und Steves Strahlen wurde noch großer. "Und dafür hast du extra Rocket mit einbezogen?"

Ich wendete meinen Kopf und hätte mich um ein Haar an mir selber verschluckt. Rocket stand im Babypyjama gekleidet und mit riesigen Nuckel um den Hals in unserem Flur und sah uns grinsend entgegen.

"Was um Himmelswillen machst du da?" schrie ich und sah zu dem kleinen Waschbären hinüber.

"Ich dachte, so könntest du es ihm schonender beibringen. Jeder mag doch kleine Waschbärbabys."

"ABER NICHT WENN ES UM EINE ERWACHSENE JUNGE FRAU GEHT!"

Steves dunkle raue Stimme zog blitzartig unsere Aufmerksamkeit wieder auf ihn. "Carol, was ist hier los?"

*

"Was soll das heißen, sie ist meine Tochter?" Steves bitterer Blick galt Rocket und mir gleichermaßen.

Die Stimme des Waschbären war angespannt und vorsichtig. "Stark muss so eine Art Parallelwelt entdeckt haben, in der du nicht im Eis verschollen warst und zu Peggy zurück gegangen bist. Das Mädchen meinte, ihr hättet geheiratet, hättet euch zur Ruhe gesetzt und sie aufgezogen."

"Und wo ist sie jetzt?"

"Im Moment" begann ich und sah zu meinem Nebensacher herüber.

"Im Kofferraum von Danvers Auto." schloss er den Satz ab.

Steves Wut platzt fast aus allen Nähten. "WIE BITTE?"

"Was sollten wir denn bitte machen, Steve? Sie hat ein Schwert und ein gewaltiges Schild. Sie hätte Rocket und mich locker während der Fahrt aufspießen können."

Ein Grunzen entfuhr dem Waschbär, ehe er mich angrinste. "Du wolltest sie doch irgendwo aussetzen. Die Idee mit dem Kofferraum kam ganz alleine von mir!"

"Das ist mir sowas von egal! Kofferraum oder Aussetzen. Was ist in euch beiden gefahren? Carol, du als Captain einer Mannschaft und als meine zukünftige Frau solltest mit solchen Situationen ganz anders verkehren! Wie kommst du überhaupt auf die Idee, bei Stark einzubrechen und herumzuschnüffeln?"

Ich fühlte mich wie bei einer früheren Standpauke meines Vaters und das dümmliche Grinsen von Rocket machte es nicht besser.

"Und Rocket; als Weltenbeschützer und Freund von Carol hättest du sie nie so weit kommen lassen sollen! Du kennst du Risiken, die solche Portale mit sich bringen."

Diese kleine Ratte legte doch tatsächlich seinen Hundeblick auf, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken.

"Es tut mir leid, Captain. Ich werde in Zukunft nicht mehr auf deine kriminell angehauchte baldige Ehefrau hören und passe in Zukunft besser auf sie auf."

Er sprang vom Küchenstuhl auf und folgte dem weggehenden Steve auf Schritt und Tritt. "Vergib ihr, Steve! Du kennst doch diese Frauen vom Lande. Die sind immer ein wenig grün hinter den Ohren. Ich habe ihr immer und immer wieder gesagt 'Carol' habe ich gesagt, 'Carol, würde Steve das in dieser Situation tun? Nein, würde er nicht.' Aber sie ließ sich nicht von ihrem Plan abbringen. Aber das hat sie ja nur deinetwegen gemacht. Sie wollte dir beweisen, wie schnell sie eigenhändig den Fall aufdecken könnte. Verzeih ihr bitte!"

Steve hielt in seiner Bewegung inne und sah zu dem Waschbär herab, der sogleich die Ohren und seinen pelzigen Schwanz in gespielter Traurigkeit nach unten zog. Zugegeben in dem Babypyjama und dem Riesenschnuller wirkte er noch niedlicher, als er es sonst schon war. "Sie ist doch nur eine kleine Karotte, die noch wachsen muss und viel Liebe braucht."

Der Blick des Captains traf meinem, ehe er tief seufzte und den Waschbär für einen Moment hinter dem Ohr kraulte. "Ihr beiden wartet hier und ich hole das Mädchen aus dem Auto."

"Alles klar, Cap." sagte Rocket voller Begeisterung, wartete bis dieser durch die Tür verschwunden war und eilte wieder zu mir an den Küchentisch. "Wenn du dich in dieser Nacht von ihm schwängern lässt, wird er dir bestimmt verzeihen. Meine Entschuldigung für dich war doch wirklich astrein, oder?"

Ich fletschte vor Wut die Zähne. "Such dir sofort ein Versteck oder ich rasiere dir sämtliche Haare vom Leib und verkauf sie an einen indischen Tierhändler!"

Das letzte was ich von ihm sah, war sein buschiger Schwanz, der durch die Schlafzimmertür schnellte.

*

"Wer ist sie?" fragte Sharon Rogers mit ihrer unheimlich klangvollen Stimme und deutete auf mich mit ihren Kinn.

Wir hatten uns wieder an unserem Küchentisch versammelt. Von Rocket fehlte seit meiner Drohung jedoch jegliche Spur. Wahrscheinlich hatte er sich längst wieder ins All gemacht - wo ich am liebsten auch gewesen wäre.

"Sie ist meine Frau." sagte mein Verlobter und nahm meine Hand mit einer raschen Bewegung in seine und zeigte ihr die Ringe.

Sharon nickte nachdenklich. "Wie alt ist sie?"

"Ey!" mischte ich mich lauthals ein. "Man fragt keine Frau nach ihrem Alter!".

"Sie ist 29."

"Und du?"

"Etwas über hundert."

Verständnislos schüttelte seine Tochter ihren Kopf, sodass das blonde Haar, die sie eindeutig ihrem Vater und ihrer Mutter vererbt bekommen hatte, in einem fließenden Wasserfall um ihre Schultern fiel. "Wie geht das? Ich meine, in meiner Welt ist mein Vater ... also ... bist nicht älter als vierzig Jahre, aber er ... du siehst genauso aus wie du. Seine Haare sind länger und er trägt ganz andere Sachen, aber er bewegt sich wie du und er spricht genauso wie du."

"Liegt vielleicht dran, dass dein Vater im 21. Jahrhundert lebt." murmelte ich und verschränkte meine Arme vor der Brust.

Urplötzlich schnappte sie nach Luft und sah Steve mit großen Augen an. "Ich bin in der Zukunft?"

Ich spürte den Tritt rechts neben mir an mein Bein, doch ich blieb unbeeindruckt.

"Ja." murmelte Steve und widmete mir einen vernichtenden Blick. "Ich bin damals nicht aus dem Eis entflohen und lag etwas 70 Jahre im kühlen Nass. Mein Supersoldatenserum ermöglichte es mir, zu überleben. Irgendwann fand mich ein Forscherteam und taute mich auf. Ich konnte in dieser Zeit neu anfangen, aber-"

"Was ist mit meiner Mutter?"

"Sie hat ohne mich ihr Leben weitergeführt und hat mit einem anderen Mann Kinder bekommen. Ich bin noch rechtzeitig aus meinem Eisschlaf aufgewacht, um sie in ihren letzten Lebenstagen begleiten zu können."

Entsetzt sprang Sharon von ihrem Stuhl auf, der mit einem lauten Knall zu Boden ging. Erschrocken sprang Chewie von ihrem Platz am Herd auf und lief fauchend ins Schlafzimmer hinein.

"Sie ist tot?" hauchte die Tochter von Steve und Peggy und sah ihren Vater panisch an, während sie sich aufgebracht durch ihr Haar fuhr.

"Sharon, du lebst hier in einer Zeit, die deiner um mehr als fünfzig Jahren voraus liegt." behutsam stand ihr Vater auf und lief zu ihr. "Ich kann dir versichern, dass sie in dieser Zeit ein wirklich gutes Leben hatte. Sie war Mitgründerin von S.H.I.E.L.D. - einer Organisation für die ich lange gearbeitet habe. Sie hat ihre Fußspuren mit Würde und Anerkennung auf dieser Erde zurückgelassen."

Er stand nun genau vor ihr. Mit Tränen in den Augen sah sie zu ihm auf, bevor sie in seine Armen rannte und sich an ihn drückte.

"Wir werden einen Weg finden, dich wieder zu deinen Eltern zurückzubringen, Sharon. Solange sind Carol und ich für dich da." hörte ich Steve flüstern, der zaghaft seine Arme um seine Vergangenheitstochter legte.

Sie verbrachten noch einige Zeit zu zweit, in der sie gemeinsam redeten und er ihr einen Tee machte. Ich derweil fühlte mich wie das fünfte Rad am Wagen und begann mich in die Kinderzimmer abzuseilen und mich nach den schlafenden Zwillingen zu erkundigen.

Irgendwann hörte ich, wie sich die Tür öffnete und Sharon samt Steve eintrat. Ich hatte mich inzwischen mit Tracy auf den einstigen Stillstuhl niedergelassen und wiegte sie in sanften Bewegungen hin und her.

"Das sind unsere Kinder."

"Du hast Kinder mit ihr?"

Trotz dieser spitzen Bemerkung grinste Steve zu der blonden jungen Dame hinunter und nahm sich Colin aus dem Bett. "Ja. Das ist der kleine Colin und in Carols Armen da drüben, liegt unsere Tracy."

Liebevoll drückte er ihr Colin in die Arme. Mit Adlersaugen entging mir keine Bewegung von ihr mit meinen Sohn.

"Ihr habt Zwillinge?"

"Ja. Carol wurde damals von Dracula, dem Herren der Vampire, verflucht. Als wir sie gerettet hatten und auf dem Weg nach Hause waren, bekam sie die zwei."

"Klingt, als ob deine neue Frau ganz schön oft in Gefahr gerät." sagte sie erheitert und grinste meinen schlafenden Sohn an. "Meine Mutter ist da ganz anders. Sie ist eine starke souveräne Frau, die vor nichts und niemanden Angst hat. Sie hat mir schließlich auch den Schwertkampf beigebracht und gab mir eine exzellente Agentinnenausbildung."

Mir.kommt.das.Kotzen, dachte ich und stand aus dem Stuhl auf.

"Carol war auch einst als Agentin tätig. Sie war Sicherheitschefin der NASA und Air Force-Pilotin. Ihre DNA ist mit dem der Krees - einer außerirdischen Lebewesenart - verschmolzen und seitdem kann sie fliegen, photonische Stöße abgeben, hat einen siebten Sinn und ist fast unverwundbar. Sie war auch einige Jahre in der Journalistenbrance tätig und ist eine ausgezeichnete Nahkämpfin und dann gibt es noch ihre Binarykr-"

"Herrgott, Steve! Ich kann der Kleinen auch eine Vita von mir geben." sagte ich schroff, drückte ihm meine Tracy in die Hand und verließ das Kinderzimmer.

Warum hatte ich nicht einmal in meinem Leben auf Rocket Raccoon gehört und sie im Kofferraum gelassen?

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