Kapitel 29
Steve
Unsere Verlobungsfeier und die gleichzeitige Feier von Carols 29-sten Geburtstag wollte kein Ende nehmen. Wir hatten es inzwischen nach drei Uhr in der Nacht und die Feierlichkeiten wollten nicht verklingen.
Inzwischen hatten Doreen Green und ich die Kinder in ein Gästezimmer gebracht und sie schlafen gelegt. "Und du bist sicher, dass du hier alleine mit ihnen bleiben willst? Ich könnte dich ablösen."
Doreen grinste mich breit an, sodass sich ihre kleinen Nagezähne zeigten. "Keine Sorge, Steven. Mir macht das nichts aus. Ich war die längste Zeit bei der Feier dabei gewesen. Außerdem ist es auch deine Party. Tippy Toe und ich haben alles im Griff."
"Darin besteht kein Zweifel."
Das kleine braune Eichhörnchen mit der riesigen Schleife um den Hals sah mich von Doreens Schulter aus neugierig an. "Mach dich wieder runter. Carol wird sicher schon auf ihren Verlobten warten."
Dankend verabschiedete ich mich vom Eichhörnchenmädchen für den Moment und machte mich wieder in die Lobby herunter. Dort war inzwischen die Feier im vollen Gange.
Tony hatte den Stark Tower innerhalb weniger Sekunden von einer Jazz-Party zu einer Disco umfunktioniert. Eine riesige Discokugel hing in Mitten des Raumes und drehte sich im Schein der Deckenleuchten. Scheinwerfer warfen ihr rotes, blaues und gelbes Licht in bunten Fetzen durch den Raum.
Inzwischen waren auch Doctor Strange und seine Frau Clea gekommen und hatten sich zu Xavier und Hank an die Bar gesellt. Dort schwang Janet van Dyne - Wasp - die Cocktailgläser grazil in der Luft umher und mixte duzende Getränke. Ich lächelte sie kurz an und trat an die Bar, um mir ein weiteres Bier zu holen.
Der Bass der Musik brachte den Boden zu beben und mich vollkommen aus dem Gleichgewicht. Ein kurzer Blick zum Mischpult an der Fensterfront der Lobby sagte mir, dass Tony - der dort sein Werk als DJ verübte - mittlerweile auch nicht mehr ganz nüchtern war.
Er hatte im Moment eine Boygroup aufgelegt, zu denen die - vor allem weibliche- Gäste schreiend herum sprangen und tanzten.
Janets Lächeln brachte mich wieder zu meinem eigenen Vorhaben zurück. "Ich schätze die Backstreet Boys hast du noch nicht kennen gelernt." Sie holte eine Flasche des gold-braunen Gerstengebräus aus dem Tiefen der Theke heraus, öffnete sie und reichte sie mir.
"Nicht ganz." Der herbe bittere Geschmack nach Weizen rang meinen Hals herab.
Rasch überflog ich die eng tanzende Meute. "Hast du Carol gesehen, Janet?"
Doch Wasp hatte kein Wort von mir verstanden, stattdessen schrie sie den Chor der Meute mit: "Everybody - Yeah - Rock your body - Yeah - Everybody - Rock your body right - Backstreet's back, alright, alright!"
Da war es an mir meine Verlobte zu finden. Ich hoffte inständig sie nicht betrunken in einer Ecke zu finden.
Clinton, der sich mit seiner Freundin Bobbi aus der Tanzarmee befreit hatte, schritt zur Theke, um für sich und seine Begleitung den nächsten Cocktail zu bestellen. Rasch nutzte ich meine Chance und gesellte mich zu den Beiden. "Clint, hast du Carol gesehen?"
Er nickte und deutete auf Tony. "Großartige Musik, Rogers! Hätte nie gedacht, dass du so einen geilen Musikgeschmack hättest."
"Nein! Hast du Carol gesehen?"
"Kacheln? Was soll mit den Kacheln sein?"
"Ob du meine Frau gesehen hast!"
Er lachte laut auf und schwank einen Arm um seine Geliebte. "Carol? Nee, die habe ich nicht gesehen." Dankend verschwand ich von der Theke und machte mich wieder zum Balkon auf. Die Luft hier drin war zum schneiden dick geworden.
Draußen war es für einen Moment angenehmer. Zumindest tanzte hier nicht der Boden unten meinen Füßen. Und hier fand ich sie endlich. Abgeschottet von den anderen tänzelte meine zukünftige Frau alleine vor sich in der Luft hin. Sie hatte ihre Augen geschlossen und ließ sich zu der leicht spritzigen Jazzmusik treiben. Sie sah so unwiderstehlich aus.
Ich kann nicht betrunken werden. Das hatten sie mir mehrmals gesagt - zumindest nicht von Alkohol. Aber immer wenn ich Carol sah, fühlte ich, wie meine Knien wackelig wurden, wie mein Bauch Purzelbäume schlug, sobald ich ihren Vanilleduft roch. Mein Herz hüpfte wie wild vor Freude, sie berühren zu dürfen. Um sie herum lag dieser betörende Zauber, der mich immer weiter in seinen Bann zog, sodass ich immer mehr Angst davor bekam irgendwann vollkommen die Kontrolle zu verlieren.
Ich nahm einen ordentlichen Schluck aus der Flasche, bevor ich sie zu den anderen leeren auf der Theke hier draußen stellte. Auf Zehenspitzen schlich ich mich zu ihr und legte meine Arme um ihre Hüfte und zog ihren Rücken an meinen Körper.
Sofort drehte sie sich in meiner Umarmung herum und grinste mich matt an. Ihre Hände legten sich an meine Wange und an den Kragen meines Shirts und zogen mich zu einem Kuss heran. Einen, wie ich feststellte, sehr hungrigen und begierigen Kuss. Sie schmeckt nach Sahne, Apfel und Zitrone. Eine köstliche Kombination.
Ihre Stimme fand mein Gehör. "Lass uns verschwinden, Stevie. Ich hab auf diese mega Sause keine Lust mehr." Ich nickte sehnsuchtsvoll an ihren Lippen und zog ihre Hüfte an meine heran. Was war nur aus mir geworden? Ich sollte mich um die Gäste kümmern, sollte aus einem Instinkt aus nach meinen Kindern sehen und doch konnte ich an nichts anderes denken, als an ihren Körper, der sich an meinem rieb und schmiegte.
Ohne das ich es gemerkt hatte, befanden wir uns zehn Meter über dem Balkon, der selber schon in 305 Meter Höhe befand.
Sie flog zu unserem Schlafzimmerfenster und glitt hinein. Ein Glück hatten wir es offen gelassen.
Und so feierten wir unsere Verlobungsfeier zu zweit noch eine Weile weiter.
*
"Guten Morgen, Liebste."
Ich drückte ihr einen letzten Kuss auf den nackten Rücken und stieg aus unserem Bett.
Sie murmelte etwas unverständliches in ihr Kissen hinein. Wobei ich etwas wie 'Es ist noch viel zu früh.' verstand.
Rasch suchte ich mir frische Sachen aus dem Kleiderschrank heraus, sammelte die alten vom Boden auf und brachte sie ins Bad.
Es war unsere erste kinderfreie Nacht gewesen und ich empfand es als höchst notwendig sie wieder zu uns zu holen. Leise verließ ich unser Apartment im 93. Stockwerk des Towers und machte mich zur Lobby auf - und erschrak bitterlich.
Die Lobby lag in Trümmern vor meinen Füßen. Die ganze Feierdekoration lag zerstört auf dem Boden. Überall lagen leeren Flaschen und Essensreste. Das lange L-förmige Sofa war voller tiefschlafender Helden. Die restlichen lagen verteilt auf dem Boden liegend.
"Super Feier, Captain Ice-Man." Der Waschbär mit dem blau-roten Anzug tauchte aus einer Ecke der Lobby auf. Sein Fell stand in allen Himmelsrichtungen empor. Auf seinem Kopf befand sich ein viel zu großes Partyhütchen - und hätte er da einen Lippenstiftabdruck in seinem Fell?
Er winkte zum Balkon, auf dem sich der riesige baumstammähnliche Groot befand. "Komm Groot. Wir sollten abhauen, bevor wir noch mit aufräumen müssen."
"Ich bin Groot."
Ohne sie weiter zu beobachten, bahnte ich mir einen Weg zur Küchentheke, um irgendetwas nahrhaftes für mich und Carol zu finden. Doch anscheinend hatten unsere Gäste bereits sämtlichen Kühlschrankinhalt verputzt.
"JAVIS würdest du das Putzprogramm starten?"
Die freundliche Computerstimme meldete sich augenblicklich zu Wort: "SELBSTVERSTÄNDLICH MR. ROGERS. ICH WÜNSCHE IHNEN UND MS. DANVERS NOCH NACHTRÄGLICH ALLES GUTE ZUR VERLOBUNG."
"Danke."
Ich sah mich noch einmal um. Selbst in einem Schweinestall herrschte mehr Ordnung. Gerade wollte ich mich zu Doreen aufmachen, als mich ein lautes Schluchzen zum stehen brachte. Meine Augen entdeckten ein blondes weinendes Geschöpf hinter der riesigen Zimmerpflanze. Es war Sharon. Sie war auf dem Boden zusammen gesunken und hielt sich beide Hände vor das Gesicht. Ich hockte mich vor sie hin und hielt ihr ein Taschentuch entgegen. "Alles in Ordnung, Sharon?" Für einen Moment hielt sie inne und lugte mit einem Auge aus ihren überschlagenen Armen hervor.
Ich versuchte es mit einem aufmunternden Lächeln. "Guten Morgen. War die letzte Nacht etwas anstrengend gewesen?"
Mir verschlug es jedoch augenblicklich mein Lächeln, als sie ihre Arme vom Gesicht wegnahm und mir das Ausmaß der letzten Nacht bewusst wurde.
Sharons linkes Auge hatte ein ordentliches dunkelblaues Veilchen bekommen und war blutunterlaufen, die Oberlippe war aufgeplatzt, Kratzwunden und Schnittstellen waren über ihr Gesicht verteilt.
"Wer hat dir das angetan?" Ich griff mir ihre Schulter und zog sie an mich. Wieder schluchzte sie laut auf und benässte mein graues T-Shirt.
So standen wir eine Weile da, bevor mir wieder die Zwillinge in den Sinn kamen. Wir hatten es fast neun Uhr, die kleinen brauchten doch schleunigst ihr Essen. "Sharon, du kannst es mir sagen. Ich rede mit demjenigen. Wahrscheinlich war derjenige einfach gestern nur betrunken und-"
"Sie war nüchtern gewesen, als sie es getan hat."
Ein seltsames Gefühl machte sich in meiner Magengegend breit. Gestern gab es kaum jemanden der nicht getrunken hatte und das war-
Sharon sah mich mit einem tränenerfüllten Blick an. "Es war Carol gewesen. Sie hat mich gestern ohne Grund angegriffen und mich anschließend liegen gelassen."
*
"Habt ihr aber heute Hunger!" Liebevoll strich Carol über die Wange von Tracy.
Ich saß meiner zukünftigen Frau auf dem Bett gegenüber und studierte sie. Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, dass sie Sharon ohne Grund geschlagen hätte. Ich wusste selber, dass Sharon und Carol keine Freunde waren; geschweige sich nahe standen. Aber sie würde sie nicht schlagen. Niemals. Gerade jetzt, wo sie Mutter geworden war und mir selber oft genug vorgelebt hatte, dass Gewalt keine Lösung war. Außerdem könnte ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, wie dieses blaue Auge zustande gekommen wäre. Carol war übermenschlich stark. Hätte sie wirklich auf Sharon eingeschlagen, hätte es wesentlich schlimmer ausgesehen ...
Carol reichte mir die satte Theresa, stand auf und zog sich wieder an. "Und wie fandest du die Feier?" fragte ich und packte Tracy auf die Wickelkommode.
"Sie war echt toll. Ich kann es bis jetzt nicht glauben, dass Jessica alle meine Freunde in einen Raum bekommen hat." Urplötzlich stand sie hinter mir und drückte sich von hinten an mich. "Das tollste war jedoch dein Antrag."
"Das empfand ich auch." Ich drehte mich kurz zu ihr um, gab ihr einen schnellen Kuss und wendete mich dann wieder der Windel meiner Tochter zu. "All deine Freunde?"
Ich hörte, wie sie mit ihren Schultern zuckte. "So ziemlich. Klar haben ein paar gefehlt; aber der Rest war da. Wieso fragst du?"
Herrgott, was hatte meine Tochter gegessen? Es roch schlimmer, als jemals zuvor. Ich hoffte Doreen Green hatte ihr nichts mit Nüssen gegeben. "Na ja, ich weiß nicht, ob Sharon unbedingt zu deinen Freundinnen gehört."
"Wohl eher nicht."
Rasch zog ich die Klebestreifen um die Seitenteile der Windel, bevor ich meine Tochter wieder in meine Arme nahm. Sie grinste glücklich umher. "Carol, als ich heute morgen in die Lobby gekommen war, habe ich Sharon weinend in einer Ecke gefunden. Sie hatte ein blaues Augen und ihre Lippe war aufgeplatzt."
Gefühlskalt zuckte Carol mit ihren Schultern. "Und?"
"Ich habe mit ihr gesprochen und sie sagte, du wärst es gewesen. Du seist ohne jeglichen Grund auf sie losgegangen und hättest ihr das angetan. Ich weiß nicht, wieso sie das erfunden hat-"
"Sie hatte es verdient!"
"Wahrscheinlich wollte sie nur wieder Aufmerks- Was?" Es dauerte Sekunden bevor ich es verstanden hatte. Carol hatte gerade vor mir gestanden.
"D-d-du hast ihr das angetan?"
Sie nickte und verschwand aus unserem Schlafzimmer und lief in Richtung Küche.
"Wieso? Was hat sie dir getan?" Schnellen Schrittes jagte ich ihr hinterher.
"Was hatte Tony dir damals getan, damit er deinen Faustschlag verdient hätte?"
Das Bild von Tonys blutüberströmten Gesicht kam mir wieder ins Gedächtnis ... es war kurz bevor die Zwillingen kamen.
"Carol, du hast Sharon nicht geschlagen. Ich weiß wie es aussieht, wenn du jemanden wirklich schlägst. Höchst wahrscheinlich hätte sie dann keine Augen mehr ... Was ist da draußen wirklich passiert?"
Ich spürte wie sich meine Frau immer mehr vor mir verschloss.
Flink parkte ich Tracy zu Colin in den Laufstall und setzte mich ihr gegenüber auf die Arbeitsfläche. Von hier aus war es ein Leichtes, ihre Hand zu schnappen und sie zu mir zu ziehen. "Erzähl es mir."
Ihr seid ja verrückt :D 2000 Klicks? Vielen lieben Dank :)))
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