Kapitel 27

Als ich in den Anfangsschuhen von Captain Marvel steckte, hatte ich eine kleine, aber unendlich schöne Wohnung. Glücklicherweise hatte ich in all der Zeit nie den Schlüssel abgegeben und so war der Krone Lady Liberty wieder mein.

Müde fuhr ich mir ein weiteres Mal durch die Haare und trennte mich von der wundervollen Aussicht. Wir hatten es vier Uhr morgens und ich versuchte seit Stunden endlich die Augen zu schließen und zu schlafen, doch vergebens. Ich war 28 Jahre alt, würde in einigen Tagen um noch ein Jahr älter werden, hatte zwei wundervolle Kinder und einen wahnsinns Mann, den ich mit keinem Recht der Welt verdient hatte und ein katzenähnliches Alien. Was würde sich eine Frau mehr auf dieser Welt wünschen?

Ich warf mich auf das quietschende Bett und stöhnte laut auf.

Was sollte ich nur tun? Es waren seit unserer Auseinandersetzung inzwischen zwei Wochen vergangen. Ich sah die Kinder zwar mehrmals am Tag zum Stillen und Kuscheln, jedoch wurden sie dann nur von Jessica auf meine Bitte hin gebracht und wieder mitgenommen. In der Zwischenzeit schnappte ich mir immer wieder kleine Aufträge von Phil Coulson. Es waren keine besonderen Heldentaten - einen Bankräuber fassen, den Präsidenten während seiner Termine im Auge behalten, Einbrecher schnappen... Ich drehte langsam völlig am Rad. Es tat mir so endlich gut, wieder helfen zu können. Ich fühlte, dass mich die Leute brauchten ... aber mit jedem weiteren Auftrag fühlte ich mich immer mieser. Ich machte ständig Fehler - auch wenn es nur Flüchtigkeitsfehler waren. Ich musste einfach zu oft an Steve und die Kinder denken. Was, wenn sie sich gerade das erste Mal von alleine versuchten zu drehen? Ich verpasste jedes kleine entzückende Lächeln von ihnen... Aber was sollte ich denn machen, um es zu ändern? Zurückgehen und so tun, als sei nichts? Die glückliche Familienmutter sein und das obwohl mich etwas ganz tief in mir dazu zwang, ein schlechtes Gewissen zu haben? Vielleicht hatte Steve Recht und ich übertrieb einfach. Es gab da draußen so viele Helden, die zehn mal besser waren als ich. Wovor hatte ich nur so Angst? Vergessen zu werden? Keine Anerkennung mehr zu bekommen?

Puh!

Meine Gedanken wurden jedoch schneller zum verstummen gebracht als gedacht. Mein Handy vibrierte fröhlich vor sich hin. Im Liegen schwebte ich zum Tisch hinüber und nahm mir das Handy herunter.

-'Carol, wir müssen reden. S.'-

"Nein, müssen wir nicht." brummte ich und wollte das Handy im hohen Bogen zurückschleudern, doch es vibrierte erneut.

-'Ohne Wiederrede! Das ist ein Befehl vom Captain.'-

Zugegeben; er brachte mich wirklich in den unmöglichsten Situationen zum Grinsen und mit diesem Grinsen legte ich mich in das alte quietschende Bett und schlief endlich ein. Zumindest hoffte ich das.

Klopf, klopf.

Müde versuchte ich meine Augen zu öffnen. Der kleine Quaderwecker neben dem Bett zeigte mir mit einer drastischen und brutalen Weise, dass ich nicht einmal zwei Stunden geschlafen hatte. Nicht viel mehr, als an die anderen Tagen auch ...

Klopf, klopf.

Hätte ich nicht schon das ohrenbetäubende Geschrei meiner Kinder vor der Tür vernommen, hätte ich mich mit einem Salto zur Seite wieder in das Land der Träume befördert. Meine Stimme war nur ein leises Brummen. "Komme." Müde erhob ich mich aus dem Bett und watschelte aus einer Mischung zwischen Laufen und Fliegen zur Tür. Ich musste furchtbar aussehen, denn das Geschrei von Tracy und Colin verstummte schlagartig.

"Hunger?" fragte ich und nahm Jessica die schreienden Babys aus den Armen.
Meine beste Freundin sah mehr als nur fertig aus. Tief dunkelblaue Augenringe, verfilzte Haare, einen unmöglichen Pyjama und rote Augen. Außer den dunklen Haaren ähnelte sich unser Bild bis in die Spitzen.

"Sie hören nicht auf zu schreien. Steve hat alles heldenmäßige getan, damit sie aufhören. Aber sie schreien einfach weiter." Ihr Blick sprach Bände.

Rasch scannte ich die Babys von unten bis oben ab. So, wie ich Steve kannte, hatte er mit Sicherheit die Windeln gewechselt - mehrfach.

Vorsichtig steckte ich meinen Zeigefinger in den Mund von Tracy. Kein Saugen, kein Ziehen - auch nicht bei Colin. Sie hatten also auch keinen Hunger. Seltsam.

"Nicht, dass sie irgendwas ausbrüten!" Jessicas Sorge in allen Ehren, aber meine Kinder sahen vollkommen gesund aus. Ich drückte ihr Tracy zurück in die Arme und versuchte mich an meinem Sohn.

"Naaaaaah! Maaahwaa!"
Seine verweinten roten Augen sahen mich schmerzerfüllt an. Liebevoll rieb ich seine Wange und begann uns in meiner ein-Mann-Wohnung auf und ab zu bewegen. Doch mein Sohn dachte nicht mal daran mit dem Weinen aufzuhören.

Also blieb mir nur der Mama-Bonus-Trick. Der Notfallplan. Ich legte meine Arme noch enger um mein Sohn und stieg in die Luft auf. "Wehe, du verrätst Steve darüber auch nur ein Sterbenswort!" Warnte ich meine Freundin, die mich ungläubig ansah und vor Entsetzen ihren Mund nicht mehr schließen konnte.
Meine freie Hand fummelte am Schloss zum Notfallausgang an der Decke. Mit einem lauten Klacken öffnete sich die Türdecke. Ich stieg in die kühle New Yorker Morgenluft auf. Hier oben in 93 Meter Höhe war es mehr als nur windig. Hatte ich nicht in der Zeitung was von Frühlingsbeginn und höheren Temperaturen gelesen?

Doch meinem Sohn schien das egal zu sein. Sein Weinen war endlich verschwunden und er grinste über beide Ohren hinweg. "Halt dich gut fest, Cole. Mama zeigt dir jetzt mal New York von oben." Und wie ich das tat! Wir flogen noch ein Stück höher und düsten dann um die Skyscrapers herum. Die Stadt lag noch im Schutz der Dunkelheit und dennoch funkelte sie, wie es keine andere Stadt auf der Welt sonst tat. Überall brannten Lichter. Rot, blau, gelb, grün, pink...
Sie erhellten den Fluss unter uns zum Leben und hauchten dem tristen Alltag wieder Farbe ein. Wir düsten umher, bis Colin irgendwann eingedöst war. Ich händete ihn Jessica aus und unternahm mit meiner Tochter die selbe Tour, bis auch sie einschlief.

*

"Sind Sie sich sicher, dass Sie das hinbekommen?"
Phil grinste mich aus dem Fenster des 31. Stockwerk aus an. Ich, die schwebend vor seinem Fenster stand, den Einsatzordner in der Hand, versuchte verzweifelt aus Phil's Kritzelschrift etwas entnehmen zu können.

"Wenn ich erst weiß, um was es richtig geht, mit Sicherheit." Ich grinste den S.H.I.E.L.D. Agenten an. Er erinnerte mich mit seiner hohen Stirn und dem fehlenden Haupthaar an meinen Onkel Joey. Nur war Onkel Joey Hühnerfarmwirt und ihm fehlten mehrere Zähne - Phil fehlten sie wahrscheinlich auch; nur hatte Phil im Gegensatz zu Onkel Joey eine bessere Zahnversicherung ... oder überhaupt eine Versicherung.

"Sie müssen nur nach Hell's Kitchen. Dort ist eine Pommesbude. Sie nennt sich 'Betty's One'. Dort sollten Sie auf einen cremefarbenen Ordner stoßen, der alle Daten über Medusa beinhaltet. Den bräuchten wir."

Hatte Onkel Joey überhaupt noch Zähne? Ich hatte ihn seit Jahren nicht mehr gesehen! Was, wenn Tracy und Colin seinen Zahnausfall teilten und sie wie er mit 20 kaum mehr Zahn im Mund hatten?

"Mrs. Danvers? Hören Sie mir zu?"

Ertappt sah ich zu Phil hinauf und gab ihm den Ordner zurück. Er war ein guter Mann. Ich kannte ihn aus meinen Anfangstagen bei S.H.I.E.L.D.. Er war einer der Ersten, die mir halfen dort zu etwas Besseren zu werden und nun half er mir wieder und verschaffte mir hinter Furys Rücken neue Missionen, die ich für die neuen S.H.I.E.L.D.-Agents erledigte. Damit hatten wir beide das bekommen, was wir wollten. Coulson ein Alpha Team, dass laut der Statistik einen Einser-Schnitt hatte und ich hatte etwas, um mich abzulenken.

"Ja, ja. Ordner in Medusas Bar finden, in dem die Daten über Betty sind."

Sein Grinsen verschwand nicht vollkommen von seinem Gesicht, jedoch wirkte es besorgter als bisher. "Fast. 'Betty's One' in Hell's Kitchen und den Ordner über Medusa. Sind Sie wirklich sicher, dass tun zu wollen? Sie wirken heute etwas aufgewühlter als sonst." Das war wohl richtig. Ich hatte die Nacht kaum geschlafen. Nachdem Jessica erst einmal wieder gegangen war, fühlte ich mich unheimlich schlecht. Ich fühlte mich wie eine Rabenmutter. Stillen, Knuddeln und sie waren wieder bei ihrem Vater, der sich um alles andere kümmern musste.

"Mir gehts gut." Mit diesen Worten der vollkommenen Zuversicht flog ich nach unten und Phil schloss grinsend das Fenster.

Die Stadt rannte unter meinen Füßen dahin, bis ich in die Schattenseite New Yorks kam. Hell's Kitchen. Warum kümmerte sich Daredevil nicht um diesen Job? Schließlich war das doch hier sein Stadtteil? Aber warum sollte ich mich beschweren? Ich wollte wieder Arbeit - hier war sie.

Das 'Betty's One' war nicht schwerer zu finden, als andere Kneipen in New York um diese Uhrzeit. Junge Männer schunkelten am frühen Abend bereits von einer Bar in die nächste. Es war wie bei Hänsel und Gretel. Ich folgte ihnen und fand recht schnell die alte Gaststätte im Norden des Stadtteils. Sie sah von außen nicht viel besser oder schlechter aus als alle anderen Kneipen in der Gegend.

Ein junges Pärchen öffnete lachend die Eingangstür und hielt sie für mich offen. Dankend gelangte ich in das Innere der Bar. Außer einer handvoll Junggesellen, die sich über die baldige Hochzeit unterhielten, war keinerlei großer Betrieb. Der Geruch von Bier und Erdnussflips lag schwer in der Luft.

Eine großgewachsene, braungebrannte junge Dame trat hinter die Theke der 'Betty's One' und grinste mich fast schon spöttisch an. Vielleicht lag es an meiner Heldenuniform. Ich schätze, die Barbesitzer bekamen nicht jeden Tag Besuch von einem Avenger oder einem anderen Superhelden.

"Darf ich Ihnen helfen, Ma'am?"

Ich nickte und lief zu ihr. Desto näher ich ihr kam, desto bedrohlicher wurde ihr Lächeln.

"Ich hoffe doch! Wie ich erfahren habe, haben Sie hier etwas für mich und das würde ich liebend gerne haben wollen."

Sie trat um die Bar herum. Erst jetzt wurde das Ausmaß ihrer vollen Größe sichtbar. Sie war locker über zwei Meter groß. Ihre Finger waren länger als die anderer Menschen. Sie wirkten spitz und scharf - fast Raubtierhaft. Alles an ihr wirkte großer als es sein musste. Riesige Augen, Beine, Hände, Füße ... Ihre zwei Meter schienen im Kontrast zu den anderen Körperteilen fast winzig.

"Ach wirklich?" Sie überkreuzte die Arme vor der Brust und spätestens hier erahnte ich, warum mir Phil diesen Auftrag gab und keinem anderen Agenten. "Ich glaube nicht, dass Sie das wirklich wollen."

"Ach ja? Da kennen Sie mich aber schlecht."

Sie kicherte laut auf und lief langsam auf mich zu.

Und dann geschah alles auf einmal. Ich sah sie kommen, wich ihr aus und stieg in die Luft hinauf. Doch ihr linker Arm fuhr wie ein Teleskop aus und schlug ihre messerscharfen Fingernägel in mein Bein hinein und riss mich zu Boden. Mit der Stirn voran fiel ich zu Boden. Blut spritzte nach allen Seiten hinweg. Bitte kein Nasenbruch, bitte kein Nasenbruch!

Es brannte wie Feuer in meinem Bein und so, wie es sich anfühlte, hatte sie meinen Oberschenkelknochen mit einem Stich zerschlagen.

Vorsichtig versuchte ich vom Boden aufzustehen, doch ein Tritt folgte und schmetterte mich gegen die nächste Wand. Kleine Steinteile bröckelten von der Wand hinter mir auf mein Haar.

"Ich sag Ihnen mal etwas, junge Dame. Niemand bekommt hier irgendwas aus meiner Bar. Das sage ich Ihnen und das habe ich den anderen Kerlen von euch auch schon gesagt."

Anderen?

"Wer war noch hier?" fragte ich und spukte eine Ladung voll blutigen Speichel heraus. Bitte kein Zahn, bitte kein Zahn...

Die Dame lachte laut auf. Nun endlich standen auch die Herren auf - und liefen schreiend aus der Bar. Wundervoll! Lasst die Frau in Uniform einfach liegen und kümmert euch lieber um euere Hausfrauen Zuhause!

"Das wissen Sie nicht? Ha ha! Zu welchem Verein gehört ihr? Dem Hotten-Totten-Verein?"

"Zu dem!" jaulte ich. Ich sammelte meine restliche Energie in meinen Händen und wummerte ihr einen geladenen Energiestrahl in die Magengrube. Augenblicklich verloren ihre Füße den Halt und sie viel in ihre Theke hinein. "Da hat wohl jemand nicht mit Captain Marvel gerechnet!"

Stöhnend stand ich vom Boden auf und rieb mir die Stirn. Das konnte alles nicht wahr sein. Mein erster richtiger Einsatz und ich versagte schon bei so einem leichten Gegner wie sie.

Schweiß rang sich den Weg von meiner Stirn zu meiner Nasenspitze und fiel auf den Boden herab. Ich versuchte das verletzte Bein für einen Moment zu belasten und spürte das volle Ausmaß. Tränen des Schmerzes sammelten sich in meinen Augen. Ich biss mir die Zähne fest zusammen und versuchte in die Luft zu steigen. Wenigstens das ging noch!

Die Riesenfrau im Auge behaltend, stürmte ich hinter die Theke und suchte verzweifelt nach dem Ordner. Himmelgott, hier sah es aus! Überall Schnapsflaschen, Zigarettenpackungen, Küchenrollen und Gläser.

"Komm raus Putzi-Putzi-Ordner. Komm zu Mama."

Und da stand er. Versteckt zwischen einem Buchführungshefter und einem Handbuch für Cocktailgetränke. In einem Zug schnappte ich ihn mir und sah nach, ob es sich auch wirklich um den richtigen handelte. Volltreffer. Duzende Bilder von Medusas Haarpracht. Hatte ich es hier etwa mit einem Haarfetischisten zu tun? Wääh!

Kurz bevor ich die Bar verließ, rief ich noch meinen Freund Phil an und informierte ihn über eine ohnmächtige Bardame, die ein dringendes Treffen mit einer Gefängniszelle hatte.

Doch kaum hatte ich die Tür der Bar geöffnet, stürmten duzende Leute zu mir. Ich konnte sie kaum mehr richtig erkennen. Mein Bein hatte es wohl noch übler erwischt, als ich dachte. Ein kurzer Blick nach unten verriet mir, dass ein Teil meines Knochens herausstach.

"Hallo Knochi." murmelte ich und merkte wie ich allmählich die Kontrolle über meinen Körper verlor. Mein Gehör war wie verstopft. Nur noch dumpfe Geräusche der Umwelt waren zu vernehmen. Mein Körper zitterte am ganzen Leib. Übelkeit machte sich breit.

"CAROL!"

Nun erkannte ich auch, wer an der Spitze der Menschenhorde rannte. Zumindest vermutete ich es. Da waren Tony in seiner Ritterrüstung und Natasha und ganz vorne Steve. Hatte er seine Uniform an? Sah so aus.

Seine Arme fingen mich genau in der Sekunde auf, in der ich mich nicht mehr halten konnte und umfiel. Der Ordner flog über die gesamte Straße. Bilder schlitterten heraus, genau wie lange Texte und ... waren das Haare?

*

Nachdem ich langsam aber sicher wieder zu mir kam, dröhnte mein Schädel und mein Bein fühlte sich noch schlimmer an, als nach dem Abschlusstanz mit Cousin Adam. Erschrocken fuhr ich zusammen und sah mich um. Ich lag im Krankenhaus. Sonderabteilung Superhelden. Woran ich das erkannte? An den duzenden Gute-Besserung-Karten auf dem Tisch gegenüber. Wobei die gefühlten hundert Gute-Besserung-Luftballons auch nicht zu übersehen waren.

Nachdem mich die Schwester bemerkt hatte, half sie mir in eine Sitzposition und gab mir einen Laptop. Sie meinte, es hätte ihr ein netter Herr im dunkelgrauen Anzug vorbei gebracht. "Mr. Stark hat den für Sie abgegeben. Er meinte Sie sollten dringend ihre E-Mails checken."

Nachdem ich ihrer Bitte Folge geleistet hatte, konnte ich mir allerdings denken, dass es sich hier nur ein Ablenkungsmanöver von Stark handelte, um zu sehen, ob ich überhaupt noch lebte. Es waren nichts als unwichtige Nachrichten mit bedeutungslosen Terminen.




Kaum hatte ich alles durchgelesen, klopfte es an meiner Tür. "Herein."

"Carol?" Vorsichtig steckte Captain America seinen Kopf durch die Tür.

Ein unendlich schwerer Stein fiel mir vom Herzen, als ich ihn endlich wieder sah. Ich konnte mir ein Lächeln nicht mehr verkneifen. "Hi."

Er grinste schüchtern, bevor er hereintrat. In seiner Hand war ein riesiger bunter Blumenstrauß mit duzenden Rosen in allerlei Farben. Rot, rosa, weiß, gelb und orange. Nach einem kurzen Begrüßungsküsschen, stellte er die Blumen auf das Nachtschränkchen ab und setzte sich an mein Bett.

Eine kühle Hand legte sich auf meine. Tja da saßen wir. Wie zwei Teenager, die sich nichts zu sagen hatten und doch gab es so viel, über das es zu reden galt. Da war es wohl an mir, den ersten Schritt zu tun.

"Tut mir leid." murmelte ich und sah zu ihm auf. Er zwinkerte ein paar Mal und fuhr sich durch das blonde Strohhaar, ehe er tief seufzte und mich angrinste. Na ja, vielleicht war es auch ein mildes Lächeln. "Schon in Ordnung. Ich hätte nicht hinter deinem Rücken Entscheidungen treffen sollen. Es tut mir Leid, Carol. Ich habe übertrieben."

Wieder trat eine Woge des Schweigens ein, kurz bevor er sich erhob, um sich an der Karaffe Wasser einzugießen. "Das, was du getan hast, war mehr als leichtsinnig gewesen, Carol." Seine Stimme hatte jegliche Wärme verloren. Stattdessen klang sie eiskalt und bedrohlich. Er würdigte mich keines Blickes - stattdessen sah er mit seinem vollen Glas zum Fenster hinaus. "Diese Frau hatte bereits einen S.H.I.E.L.D.-Agent ums Leben gebracht. Er hatte über sie auch keine Informationen gesammelt und ist auf gut Glück in die Bar hinein." ... Das erklärte einiges!

"Tony hatte rausgefunden, dass du für Phil gearbeitet hast. Ich finde es unverantwortlich, dass er dir nichts über diese Frau gesagt hat. Er hat dich vollkommen ins offene Messer laufen lassen. Hätte Tonys Warnsystem nicht mitbekommen, dass eine Horde Männer schreiend aus der Bar gelaufen kam, wären wir nie rechtzeitig dort gewesen. Hast du eine Ahnung, was diese Frau mit dir gemacht hätte, wenn sie wieder bei Bewusstsein gewesen wäre und du dort gelegen hättest?"

Endlich drehte er sich zu mir um. Er sah vollkommen fertig aus. Er trug einen drei-Tage-Bart, hatte dunkle Augenringe und er sah so unheimlich müde und traurig aus. Wieso hatte ich das vorhin nicht erkannt? Er stellte das Glas auf den Tisch ab und setzte sich wieder vor mich.

"Carol, ich hatte Angst um dich. Als du dort rausgekommen bist, dachte ich, sie hätte dich umgebracht. Dein Knochen" Er sah zu meinem eingegipsten Bein hinunter. "war zersplittert und hatte Teilweise aus deinem Schenkel geragt. Du warst fast 15 Stunden im OP gewesen."

Wieder bissen sich die Tränen in meine Augen und ließen mich nur schwer durch diesen Schleier sehen. Das war alles meine Schuld ...

Er fuhr sich erneut durchs Haar und mahlte nachdenklich mit seinem Kiefer. Für einen kurzen Moment wirkte er zutiefst verärgert. Doch dann legte er den Kopf schief und grinste mich an.

"Hast du eine Ahnung, wie viel Bestechungsgeld die Empfangsdame von mir wollte, damit ich zu dir durfte? Wir sind nicht verheiratet. Die Dame hatte mich wohl für einen Captain-Marvel-Fan gehalten."

"Du hattest die ganze Zeit recht gehabt, Steve. Ich bin noch nicht bereit für diesen Job." Seine große Hand strich von meiner Wange eine Träne hinfort. "Manchmal haben die alten Leute eben doch recht, Liebste."

Mit einer eleganten Bewegungen stieg er auf, beugte sich über mich und küsste mich - innig, lange und liebevoll. "Vergeben und vergessen, Carol."

Ich grinste ihn traurig an. "Ich schätze mal, meine Sachen sind schon wieder Zuhause bei dir."

Er grinste breit und legte sich zu mir ins Bett, ohne an mein verletzes Bein zu kommen. "Selbstverständlich. Alle freuen sich auf deine Rückkehr."

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