Kapitel 21

Steve


"Schon gut, Steve." Tony sah wieder aus dem Fenster des fliegenden Quintetts.

"Ich ... ich hab mich benommen wie ein Idiot, Stark."

"Jep."

Empört über mich selber schüttelte ich meinen Kopf. "Carol hatte so recht mit mir."

"Jep."

"Ich weiß, dass unser Verhältnis seit dem Krieg nie wieder wie vorher sein wird, aber ... vielleicht können wir versuchen wieder so normal wie möglich miteinander umzugehen."

"Jep."

Frustriert über seine immer gleiche Wortwahl sah ich zu Iron Man hinüber.

Dieser grinste nur. "Du hast eine ziemlich intelligente Freundin, Rogers. Sie hat zwar eine genauso große Klappe wie auch Bauch ... aber sie hat Recht mit dem was sie sagt."

Ich nickte anerkennend.

"Weißt du, Rogers, als ich für kurze Zeit dachte, dass Carol mich wirklich lieben würde ... Weißt du, mir kam es mit der Zeit immer seltsamer vor. Ich kenne Carol nur als eine Frau, die sich aller drei Sekunden zu dir umdreht - wie auch jetzt gerade."

Mein Blick ging zu meiner Frau, die auf der Rückbank saß und mich wahrhaftig lächelnd musterte. "Genau das verriet mir immer mehr, dass etwas nicht stimmen konnte. Sie sorgt sich immer um dich. Das Band zwischen euch ist seit jeher gespannt und daran wird sich auch nie etwas ändern. Egal ob ihr zusammen seid oder nicht."

Wieder nickte ich - zu etwas anderem war ich kaum mehr in der Lage.

"Tu mir einen Gefallen, Steve."

"Welchen?"

"Pass auf, dass sie nie einen anderen Freund bekommt. Ihr aktueller steht ihr ganz gut."

Wow. Mit diesen Worten hatte ich nicht gerechnet.

"AAAAH!"

Augenblick wirbelte ich zu Carol herum.
Sie hielt ihre Hände auf ihren riesigen Bauch, hechelte und verkrampfte sich von Sekunde zu Sekunde immer mehr.

Nein! Es konnte nicht soweit sein. Nicht jetzt!

Clint entzog es jegliche Farbe aus dem Gesicht. Mir wahrscheinlich auch. "C-Carol, sag jetzt bloß nicht, dass wir Geburtshilfe spielen müssen?"

Statt ihm zu antworten, schrie Carol erneut auf. Natasha, Jessica und ich stürmten auf sie zu.
Ich setzte mich neben meine Freundin und nahm deren Hand. "Carol, ganz ruhig. Wir sind gleich da-"

Tony drehte sich in seinen Pilotenstuhl herum. Sein Gesicht war von Sorge übermalt. "Schlechte Nachrichten, Caps! Bis wir in Manhattan sind, dauert es noch mindestens zwei Stunden."

"WAS?" riefen Carol und ich aus einem Mund.

Carol schnappte nach Luft. "Ich kann doch nicht hier in Quintjet-"

Jessica sah Carol mitfühlend an. "Solange deine Fruchtblase noch nicht geplatzt ist, wird es noch etwas brauchen."

"S-sie ist schon längst geplatzt."

Mit fielen beinahe die Augen aus den Höhlen heraus. "Warum hast du mir das nicht gesagt, Carol? Wann ist das passiert?"

Sie sah mich enttäuscht an. "Es ist im Hotelzimmer passiert. Ich wollte dich nicht beunruh- aaah!"

... Das war Stunden her.

Sie verkrampfte sich erneut und beugte sich nach vorne.
Natashas besorgter Blick traf meinen. "Steve, die Wehen kommen in immer häufigeren Abständen, wir werden sie nie bis New York bekommen!"

Das war nicht wahr! Das konnte einfach nicht wahr sein.

"I-ihr wollt aber nicht hier - also Carol hier entbinden lassen, oder?" Clints höchst beängstigter Gesichtsausdruck sah uns flehend an.

"Wir haben keine Wahl, Clint! Es könnte jede Sekunde soweit sein. Statt blöd herum zu stehen, könntest du uns helfen."

"I-ich-"

Natasha stöhnte laut auf. "Okay! Ich seh schon, dass wir hier ein Flugzeug voll Genies haben! Also folgendes : Steve, du bringst Carol in die Krankenstation. Clint und Sam sammelt Decken und bringt mir warmes Wasser. Jess, du hilfst mir und Tony du, ähm, pass auf, dass das Flugzeug nicht wieder aus der Luft kommt, okay?"

"Und ich?"
Bucky tauchte wie ein Schatten aus der Dunkelheit hervor.

Natasha grinste ihn dunkel an. "Du passt auf Steve auf und sorgst dafür, dass er nicht in Ohnmacht fällt."

Er salutierte vor ihr feixend und half mir Carol in den Behandlungsraum zu bekommen. Jessica und Natasha folgten uns. Eine erneute Wehe überkam den Captain.

"Und du bist dir sicher, dass du weißt was du da tun musst?" fragte ich die Witwe, die sich bereits ihre Hände desinfizierte.

"Willst du es machen? In Russland war ich bei etlichen Geburten dabei, ich weiß was ich tu, Cap!"

Ich nickte anerkennend und trat an Carols Seite. Schweiß trat aus jeder Pure ihres Körpers empor.
"Also gut! Carol, Uniform weg. Bucky sieh mal nach Clint und Sam. Wir brauchen Decken!"
Wie sie es angeordnet hatte, wandelte Carol ihre Uniform in ihre Alltagskleidung um, indes Clint, Sam und Buck mit allerlei Decken auftauchten.

Rasch spannte Widow eine Decke über Carols Unterleib auf und begann mit den Vorbereitungen.
"Carol, sieh mich an."

"Steve..."

"Ich bin hier und ich bleibe an deiner Seite."

"I-ich ... Steve, ich hab Angst."

Meine Arme schlangen sich um ihre Schultern. "Ich habe auch Angst, Süße, aber wir schaffen das zusammen."

"Pressen, Carol! Jetzt!"

Erneut schrie sie auf und beugte sich nach vorn. Ihr Gesicht lief knallrot an.

"Das machst du sehr gut, Liebste!"

"Boar, halt doch einfach mal deine Klappe und halt meine verdammte Hand!" schrie Carol schmerzerfüllt. Schlagartig tat ich was sie sagte und hielt meinen Mund.

"Carol, das Köpfchen ist schon draußen!" jubelte Jessica.
Kam es mir nur so vor oder stand sie ebenfalls kurz vor einen Ohnmachtsanfall wie Clint? Zumindest sprach das für ihren ungesunden grauen Hautton.

"Los, Car! Nochmal! Und Bucky bring mir die Wasserschüssel!"
Mein bester Freund trat aus dem Behandlungsraum und kam sogleich mit eine großen Schüssel dampfenden Wasser wieder.

Jessica kam ihm entgegen und nahm sie ihm ab. "Lieben Dank, Buck."

Carols Schreie wurden immer lauter und schmerzerfüllter.
"Los komm! Du hast es gleich geschafft."

Es dauerte unzählige Minuten bis ihre Schreie verstummten. Ihre Hände drückten mit immer mehr Kraft in meine hinein. Und dann geschah es ganz plötzlich. Die unerträgliche Stille begann.
Carols Blick fanden meinen. Unsicherheit und Ängste spiegelten sich wieder. Ich sah zu Natasha und Jessica hinüber.
Augenblicklich waren meine Sorgen verschwunden und ein lauter Schrei durchdrang den Raum.
Natasha drückte der feixenden Jessica ein in einer blauen Decke eingepacktes, schreiendes Baby in der Hand.

"Hallo, meine Kleine! Ich bin deine Lieblingstante Jess! Magst du deine Eltern kennenlernen, mhm?"

Sie kam auf uns zu und legte mir meine Tochter in die Arme.
Mein Atem stockte schlagartig.
Sie war das wunderschönste Wesen, dass ich je sehen durfte. Sie hatte die wunderschönen Augen ihrer Mutter, genau wie die Stupsnase. Sie war das Ebenbild von Carol.
Ich hockte mich neben meine Frau, damit sie endlich auch einen Blick auf die werfen konnte.

"Sieh sie dir an, was wir geschaffen haben." murmelte ich mehr zu mir als an sie gewandt.

Carol streckte eine Hand nach unserer Tochter aus und strich ihr über die kleinen Wangen. Abrupt hörte sie auf zu schreien und sah mit ihren großen blauen Augen in Carols. Tränen floßen ihre Wangen herab ... und meine.
"Hallo, du kleiner Erdenwurm. Hallo. Ich bin deine Maaa-ahhh!!!"

"W-was ist?" Panisch sah ich zuerst zu meiner schreienden Freundin, die sich wieder begann zu winden und dann zu Natasha. Diese Schritt mit Jessica augenblicklich zu Carol und untersuchte sie erneut.

"Oh!"

Ich versuchte meine, inzwischen wieder schreiende Tochter zu beruhigen und wiegte sie in meinen Armen. "Was 'Oh'?"

Jessica grinste mich nervös an. "Ähm, na ja, sieht, ähm, so aus als wenn ihr Zwillinge bekommt."

*

"Ich bin so unheimlich stolz auf dich."

Müde und mit den Kräften am Ende lagen Carol und ich im Doppelbett in Dr. Chos Krankenstation.
Die beiden Zwillinge schliefen zufrieden in unseren Armen, während wir es ihnen wohl am liebsten gleich getan hätten. Carol parkte ihren Kopf an meiner Schulter. "Ich bin so froh, dass du noch rechtzeitig da warst."

"Ich hätte es mir nie verziehen, wenn du dort-. Es tut mir so leid, Carol. Ich hätte es viel früher merken sollen, dass es Karla war und nicht du."

"Du hast es früh genug gemerkt, Steve. Der Plan hat funktioniert."

"Was meinst du damit?"

"Die Wachen vor meiner Zelle hatten mir von Karlas Plänen erzählt. Sie hatten erzählt, dass sie dich foltern wollten - mit der Fehlgeburt und ihrem Plan mit dir Schluss zu machen. Sie hatten mir auch erzählt, dass sie mich auf dich loslassen wollten ... aber ich wusste von Anfang an, dass du wissen würdest, dass es sich um mich handelt ... egal in welcher Verfassung ich war."

Ich kicherte leise. "Ja, diese grüne Haut und die roten Augen kamen mir schon von Anfang an so bekannt vor."

Ich schob mein Gesicht zu ihr vor und drückte meine Lippen auf ihre. Endlich war meine Welt rundum perfekt.

"Wir haben noch gar nicht über die Elternzeit gesprochen, Rogers."

Ich zog eine Braue in die Höhe. "Du kannst es dir abschminken, dass du Zuhause bleiben darfst!"
Sie grinste mich müde an, bevor sie ihren Kopf auf meine Schulter legte und die Augen schloß. "Ich hab nichts anderes erwartet."

Klopf, klopf

Carols Blick traf kurzzeitig meinen. Sie sah wirklich nicht danach aus Gäste zu empfangen; genauso wenig wie ich. Doch vor der Türe warteten unsere Freunde, ohne die wir es niemals hierher geschafft hätten.

Mit meiner Tochter in den Armen stand ich auf und trat zur Tür. Wie zu erwarten war, standen sie alle da. Natasha, Bucky, Clint und Bobby, Wanda, Vision, Sam und Jessica, sogar Tony und Sharon erkannte ich, obwohl sie sich hinter den anderen versteckt hatten.

Sam war der erste, der zur Tür trat und mir einen ordentlichen Schlag auf die Schulter versetzte. "Herzlichen Glückwunsch, Cap." Neugierig lugte er in die Decke, die meine kleine Tochter umgab und stupste ihre Nase. Tracy zuckte mit ihrem Gesicht bevor sie kurz ihre Augen öffnete und ihren Patenonkel betrachtete - soweit es für sie möglich war.

"Hallo, Elsa. Ich bin dein Onkel Sam. Wir werden ganz viel Spaß miteinander haben."

Ich verzog das Gesicht zu einer Grimasse. "Elsa?"

Sam zuckte unschuldig mit den Schultern, bevor er sein Weg zu Carol fand. "Du bist der Ice Bucket Change König - Quasi König Igloeis, da liegt es nahe, dass ... na du weißt schon 'Ich lass los, lass jetzt los.'"

Wie bitte?

Doch bevor ich auch nur einen klaren weiteren Gedanken fassen konnte, traten die nächsten Freunde auf mich zu, um mir zu gratulieren.


Einige Wochen später...

"Er ist so süß!" Spider-Woman hielt unseren Sohn hoch in die Luft und brachte ihn zum Grinsen. "Schaut ihn euch an! Diese kleinen Hamsterbacken hast du bestimmt von deinem Papa, nicht?"

Ich warf einen fragenden Blick zu ihr, bevor ich mich in den Liegestuhl am Pool herabließ. "Seit wann hab ich Hamsterbacken?"

"Die hattest du schon immer!" Grinsend trat Carlo in ihrer Captain Marvel Uniform aus dem Stark Haus heraus auf die Terrasse. In ihren Armen schlief unsere kleine Tracy zufrieden und satt.
Sie ähnelte mit jedem Tag mehr ihrer Mutter. Das blonde Haar, die blauen Augen, die markante Tinker Bell Stupsnase ...

Jessi schrie entzückt auf, als sie ihre beste Freundin und ihr Patenkind sah. So laut allerdings, dass es reichte um Tracy aus ihrem Schlaf zu bringen. Sie brabbelte vor sich hin und streckte alle Gliedmaßen von sich.

"Danke, Jess! Ich hab Stunden gebraucht bis sie eingeschlafen ist! Hast du eine Ahnung wie schwierig es ist, wenn ein Kind nur während des Fliegens einschlafen will? Überall sehen dich die Leute seltsam an, wenn du singend und wippend durch die Luft läufst."

"Pass nur auf, dass sie nicht erfriert, wenn du so hoch hinausfliegst." sagte ich grinsend. Carol trat an meine Liege und gab mir einen kurzen Kuss.

Schüchtern grinste ihr Jess entgegen. "Ich lass euch zwei Turteltauben mal alleine."

Carol sah ihrer Freundin feixend hinterher, bis sie ihr nachrief. "Meinen Colin hätte ich auch gerne wieder." Das laute Stöhnen brachte uns beide zum lachen.

"Irgendwann werde ich ihn euch wegnehmen! Und behalten." Sie drückte mir meinen kleinen Sohn in die Arme und verschwand erneut im Zwielicht des Starkhauses.

Etwas geschafft und müde, setzte sich meine Frau auf die mir nebenstehende Liege und seufzte laut aus. Die Anstrengung der letzten Tage, ja eher Monate ging nicht spurlos an ihr vorbei. Der Alltag zwischen Verbrecherbekämpfung und Windeln wechseln holte uns schneller ein als uns lieb war. Doch den Zauber, den Colin und Tracy in unser Leben brachten, war das mehr als wert.

Müde gähnte Carol auf und rieb über den kleinen Rücken unserer Tochter. "Weck mich auf, wenn wir im richtigen Urlaub sind." sagte sie mit einem Grinsen im Gesicht und schloss ihre Augen.

Von ihrer Müdigkeit angesteckt, legte mein Sohn seinen Kopf an meine Brust ab und schlief genüßlich ein. Ich zerrte die kleine Decke, die an der Kopflehne des Sonnenstuhles herüberhing, zu mir herab und legte sie ihm um. "Was willst du denn noch mehr? Du hast hier Palmen, Sonne, Strand! Malibu eben!"

"Ohja! Wenn ich nicht gerade Windeln wickle oder meinen Sonnenbrandgefährdeten Mann eincreme, gönne ich mir sogar ab und an mal ein paar Minuten Schlaf." Sie grinste neckisch. "Ja, dann genieße auch ich mal den Urlaub."

"Carol..." begann ich und wollte aufstehen, doch noch rechtzeitig dachte ich an das schlummernde Baby an meiner Brust.

"Ach, Superdaddy." sagte sie liebevoll , stand auf, setzte sich zu mir und drückte mir unsere nun auch wieder eingeschlafene Tochter in die Arme.

"Ich konnte mich nie richtig Bedanken bei dir." fing sie an und sah mich mit ihren blau-grau-grünen Augen interessiert an. "Am Tag, als du mich im Bürgerkrieg auf deine Seite gebracht hast. Als du mir dort die Möglichkeit gegeben hast, vor allen anderen sprechen zu dürfen und du mich nachts heimlich in deinem Bungalow bei dir schlafen gelassen hast." Ihr Grinsen wurde kokett.

"Beste Freunde tun so etwas."

"Und der daraus folgende Kussmarathon?"

"Das war meine Art mich bei dir dafür zu bedanken, dass du mir dein Vertrauen geschenkt hast."

Etwas bedrückter sah sie wieder nieder. "Ich hab mich nie dafür bedankt, dass du jeden Abend wach geblieben bist und aufgepasst hast, dass ich nicht herumfliege und alle absteche. Oder dafür, dass du ohne zu zögern zu Dr. Strange gekommen bist, um mir beizustehen oder als du-"

"Hey," ich berührte ihren Oberarm und hielt sie damit an, "Du brauchst dich dafür nicht zu bedanken. Ich habe und tu das alles aus einem Grund. Ich liebe dich, Carol."

Ihr Lächeln wurde wieder voller. Sie bückte sich zu mir hinüber und drückte ihre Lippen auf meine nieder.

"Für immer." flüsterte sie in mein Ohr.

"Für immer."

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