Quallengeflüster

Halloooo 👋
Ich hab Mal wieder bei einem Schreibwettbewerb von bierfreunde mitgemacht und das ist mein Beitrag.
Die Inspiration war dieses Bild:


Und ich muss sagen, dass die Kurzgeschichte ein wenig persönlicher geworden ist, als geplant, also hoffen wir einfach Mal, dass sie mein Bruder nie liest. Und jetzt Let's go.

Ich starre der Tür entgegen, als sie vor mir zuschlägt.
Ich möchte nicht sagen, dass ich mich herausgeworfen fühle, denn sonst würde man mir  wieder vorwerfen können, dass ich immer grummelig sei und nur meckern würde, aber ich möchte anmerken, dass ich schon etwas perplex davon bin, wie schnell der Abend jetzt zu Ende ging.

Vermutlich sollte es mich nicht wundern, wir hatten noch nie viel miteinander zu besprechen. Wir waren auch nie die Besten darin unnötige und ausführliche Unterhaltungen zu führen. Von einem Thema zum nächsten, so dass man am Ende nicht mehr wusste, wo man angefangen hat.
Wären wir Freunde, dann könnten wir das vielleicht.
Aber das sind wir nicht.

Waren wir nie und werden wir nie sein.
Und ich mein das ist okay.
Es ist okay. Wirklich okay. Es ist.
AHHHHHHHH
Es ist okay.

Ich stehe noch eine Weile vor der Tür, bis das Licht im Flur schon lange wieder ausgegangen ist und mein Gesicht sich im Glas vor mir spiegelt.
Ich muss zugeben, ich bin mir nicht sicher, wen ich dort sehe.
Dich oder mich?

Und ich bin mir auch nicht sicher wen ich dort sehen möchte.
Früher wäre das einfacher gewesen.
Deine dunkelbraunen kurzen Haare, waren bei mir übersäht mit intensiv blauen Spitzen.
Mein weites Lächeln, bei dir eingefallen.
Deine Augen ruhig, in meinen ein wilder Sturm.

Jetzt verwechseln uns die Menschen immer öfter wenn sie uns sehen.
Weil wir uns so ähnlich sind. Von Außen. Nur von außen.
Ich hab immer noch keine Ahnung, wie du von innen bist.
Und das ist okay. Wirklich okay.

Ich merke erst als ich anfange zu frieren, dass ich vermutlich schon zu lange, wie ein Stalker vor dem Haus stehe. Mit der Hoffnung, dass dies unbemerkt bleibt und die Nachbarn nicht gleich die Polizei rufen, mach ich mich auf den Weg zurück. Allerdings kann ich meine Gedanken ebenso wenig abschütteln, wie die Kälte welche langsam durch meine Jacke und Schuhe kriecht.

Ich hab mich gefreut, dass du mich eingeladen hast. Obwohl es rückblickend vermutlich eher die Idee deiner Freundin, Verlobten, war.
Trotzdem danke.
Wir sehen uns seltener, seit du ausgezogen bist.
Manchmal frag ich mich, ob ich dich erst zur Beerdigung unserer Eltern wieder sehe.
Aber wenn wir ehrlich sind, haben wir auch früher kaum Zeit zusammen verbracht.
Und es ist okay. Ich komm damit klar. Ich ... Ich komm klar.

Ich meine, wir hatten unsere Momente.
Momente wo wir gut waren, uns kannten.
Wir kannten uns. In Momenten.

Heute war kein solcher Moment. 
Deine Freundin bemerkte mein neues Tattoo und du musstest fragen, wieso ich es mir stechen lies.
Eine Qualle.
Du solltest es wissen.
Du nanntest mich so.

Mit 5, als du mich beleidigen wolltest, weil ich dich nervte. Du meintest ich wäre wie eine Qualle, denn ich hätte kein Gehirn.
Mit 12, als wir uns die Sterne anschauten. Ich fand sie sahen aus wie Quallen und deine Antwort bestand aus deiner damalig liebsten Beleidigung: "Du bist" und das zuletzt genannte Nomen.
Mit 15, beim Schwimmen, weil ich mich wie schwerelos durchs Wasser bewegte. Ich war schneller als du und konnte nicht anders als dich damit zu ärgern. Ich war im Schwimmteam und wollte immer besser werden. Immer höher hinaus, wie du sagtest.
Und zuletzt mit 17, als ich mich verletzte, nicht mehr schwimmen konnte und du mich trösten wolltest.
"Quallen heilen. Sie müssen sich vielleicht anpassen, aber sie heilen."

Es tut weh, dass du dich nicht erinnerst.
Oder das du es tust und es dir einfach nur nicht so viel bedeutet wie mir.
Die Vorstellung tut mehr weh. So viel mehr.

Und es ist okay. Es ist wirklich okay. Es ist-
Fuck, es ist okay.
Ich komm nicht damit klar. Mir geht es scheiße damit.
Ich komm verdammt nochmal nicht damit klar.
Aber trotzdem ist es okay.
Weil du und ich so sind und wir auch immer so waren und sein werden.
Und ich werde heilen, wie eine Qualle und doch werde ich dich immer ein bisschen in meinem Kopf als Qualle beleidigen. Weil das gleich bleibt.
Und damit ist es vielleicht auch okay, dass unsere Geschwisterliebe kein Geschrei ist, sondern höchstens ein Flüstern.

Ich schaue zu den Sternen hoch und fühle ein letztes Flüstern der Quallen, bevor ich wieder in meine Welt zurückgehe und die Tür hinter mir zufällt.

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