8) Regierungskinder
Am nächsten Tag erwarteten Fani einige Neuigkeiten, als sie am schwarzen Brett vorbei ging. Herr Srav war nicht da und die 10-4 wurde auf die anderen Zehnten aufgeteilt. Das Ganze lief nach Sitzordnung und da die 10-2 und die 10-5 außer Haus waren, sah das Ganze so aus: Die erste Reihe sollte in die 10-1 gehen, die zweite Reihe in die 10-3, die dritte in die 10-6 und die vierte, also auch Fani, in die 10-7 und das eine Doppelstunde lang, danach hatten sie Geschichte. Fani konnte also mit Hayon zusammen ins Treppenhaus C gehen. Doch sie hatte nicht bedacht, dass in der letzten Reihe nach nur Ciné und sie saßen. Auch Mi-Lenn, Evily und Jenya waren bei ihnen aufgeteilt. Und in der 10-7 gab es ein Regierungskind, das konnte nicht gut gehen.
"Was habt ihr jetzt?", fragte Fani Hayon auf dem Weg nach oben.
"Astronomie bei Herrn Sarof", antwortete er.
"Ach, den hatte ich schon mal, als ich aufgeteilt war!", sagte Fani. Ein Glück, dass sie Astronomie hatten. Spannender als Mathe war das auf alle Fälle. Vor dem Klassenzimmer trafen sie Ciné, der wohl schon seit einigen Drin da war.
"Oh, hallo Hayon!", sagte Ciné überrascht. "Und hallo Fani!"
"Hi", grüßten sie zurück.
"Du bist in der 10-7? Das wusste ich gar nicht! Ich habe nur gehört, dass hier ein Regierungskind ist", sagte Ciné. Hayon legte den Finger auf die Lippen und wies mit dem Finger auf ein blauhaariges Mädchen, wobei er kläglich daran scheiterte, die Geste unauffällig zu machen. Das Mädchen lächelte den Dreien zu und wandte sich ab.
"Das ist Melaá. Ihre Mutter ist die Familienministerin und wegen ihr hat die Schule vorgestern diesen Aufmarsch machen dürfen", erklärte Hayon leise.
"Ach, sie ist das? Naja, so unähnlich ist sie ihrer Mutter ja nicht, nur die Haarfarben ist unterschiedlich", stellte Fani fest.
"Da kommt Mi-Lenn!", sagte Ciné und warf Fani einen vielsagenden Blick zu und einen Seitenblick auf Melaá. Hayon blickte sichtlich verwirrt zwischen ihnen hin und her.
"Mi-Lenn ist gegen die Regierung", erklärte Fani. Hayon schien wieder einzufallen, was Fani im Vilic erzählt hatte:"Die ist das? Die, von der du erzählt hast?"
"Genau!", sagte Fani.
Kurz darauf klingelte es und Herr Sarof öffnete ihnen die Tür. Fani sah schnell, dass in der festen Sitzordnung nicht mehr viel frei war. Ciné hatte sich schnell auf den freien Platz neben Hayon gesetzt und Fani musste feststellen, dass nur noch ganz vorne etwas frei war. Wiederstrebend ging sie hin und setzte sich und zu ihrem Missvergnügen setzte Mi-Lenn sich neben sie. Auch Evily und Jenya waren angekommen und saßen in der ersten Reihe. Herr Sarof begann mit dem Unterricht. Da Fani in der ersten Reihe saß, musste sie sich etwas öfter beteiligen als sonst, doch wenigstens stellte die Anwesenheit des Lehrers direkt vor ihnen Mi-Lenn und ihre Freundinnen ruhig. Fani wusste aber, dass Mi-Lenn Melaá scharf beobachtete, als wolle sie irgendeinen Fehler an dem anderen Mädchen finden. Innerlich den Kopf schüttelnd versuchte Fani die dauernden Bewegungen und das Gekruschpel neben ihr zu ignorieren. Kurz tauschte sie Blicke mit Ciné, der Mi-Lenns Gehabe auch bemerkt hatte und mindestens genauso angenervt wirkte, wie Fani sich fühlte.
In der Pause war Fani froh, dass sie in ihren normalen Unterricht zurückkehren konnten, denn die erste Reihe war wirklich nicht ihr Ding. Wenn sie Pech hatte, hatte Herr Sarof sich sogar ihren Namen gemerkt, was sie nicht wirklich toll fand. Jetzt hatten sie Geschichte und Fani konnte in ihre gewohnte letzte Reihe zurückkehren. Sie nahmen jetzt die jüngere Kulturgeschichte mit der Glevinenreform durch. Die junge Frau Xamp erklärte ihnen das mit einem Vergleich von vorher zu nachher. Zunächst verglichen sie das Aussehen der alten und neuen Glevinen, wobei die neuen wohl deutlich mehr mit typischen Merkmalen ausgestattet waren. Dann war der Ablauf eines Gottesdienstes an der Reihe, der durch den Teil der Lernphase ergänzt worden war, außerdem gab es in den neuen Glevinen verschiedene Gleven für die einzelnen Götter, wo früher einer allein für alle zuständig gewesen war.
"So könnt ihr euch die Forderungen ganz gut denken, die gestellt wurden. Und jetzt schauen wir uns noch an, wieso und wie das Ganze durchgesetzt wurde", sagte Frau Xamp. "Was könnten denn Gründe für solche Forderungen sein?"
Fanis Gedanken schweiften ab. Wieso nur hatte Mi-Lenn so viel gegen die Regierungskinder? Selbst, wenn sie vielleicht die Regierung nicht mochte, was konnten denn die Kinder dafür, dass ihre Eltern da dabei waren? Das verstand Fani endgültig nicht mehr. Den Rest von Mi-Lenns rätselhaften Absichten konnte sie zumindest nachvollziehen, auch, wenn sie anderer Meinung war, aber das ging zu weit und das würde sie Mi-Lenn auch so sagen. Entschlossen stand sie auf und ging zu Mi-Lenn hinüber. Ciné erhob sich ebenfalls und Fani dachte zunächst, er wolle ihr folgen, doch er bog nach vorne ab und gesellte sich zu Vinié. Fani ging weiter zu Mi-Lenn und sagte:"Was hast du schon wieder an Melaá gefunden? Wieso hast du sie permanent angestarrt?"
"Geht dich das etwas an?", fragte Mi-Lenn abweisend.
"Mich geht es insofern etwas an, da ich neben euch saß und es stört, wenn ihr die ganze Zeit kruschpelt und euch umdreht und quatscht und so weiter", sagte Fani gereizt.
"Nun, es ist jedenfalls nicht deine Sache, warum ich Melaá beobachtet habe. Das wirst du wenn überhaupt wann anders erfahren", stellte Mi-Lenn klar und wandte sich ab, um ihr Gespräch mit Evily fortzuführen.
In der Mittagspause dann ging Ciné zu Fanis Verwunderung auch sofort auf Mi-Lenn zu. War ihm das Ungedrehe ebenfalls auf die Nerven gegangen? Fani folgte ihm, doch was sie hörte, gefiel ihr gar nicht.
"Ich habe gestern Nachforschungen angestellt, weil ich nicht glauben konnte, dass die Regierung Statistiken fälscht. Ich habe gesehen, dass du in zwei Fällen mindestens Recht hast. Zwei habe ich gefunden."
"Welche?", fragte Mi-Lenn.
"Hast du gestern Nachrichten gesehen?", fragte Ciné. Mi-Lenn schüttelte den Kopf:"Da kommt doch ohnehin nur Schrott!"
"Jedenfalls wurde da eine Graphik gezeigt, über die Kriminalitätsrate gegenüber Beamten. Die von vor einem Jahr sagt das komplette Gegenteil aus! Und mit dieser Rate haben sie ein neues Gesetz begründet", sagte Ciné.
"Solche Dinge werden gerne verfälscht, wenn sie eine Begründung für etwas brauchen", sagte Mi-Lenn. "Das wundert mich nicht."
"Aber was sind dann die wahren Informationen?", fragte Ciné. "Wenn alles, was offiziell gesagt wird, Schrott ist, was stimmt dann?"
"Das ist schwer zu sagen. Manchmal kann man davon ausgehen, dass ein Teil von dem, was gesagt wird, stimmt, aber man kann nichts sicher sagen. Genau das ist das Problem. Meistens können wir nur feststellen, was definitiv nicht stimmt", sagte sie. "Daraus kann sich dann langsam etwas bilden, was höchstwahrscheinlich stimmt und das nimmt man dann an. Ist doch in der Wissenschaft genauso, oder?"
"Hm, ja. Ich dachte, du wüsstest vielleicht mehr", sagte Ciné. Plötzlich bemerkte Fani, dass Tani sich herangeschlichen hatte. Sie wandte sich sehr auffällug ihr zu und so bemerkten Mi-Lenn und Ciné sie ebenfalls.
"Kann ein Mensch hier auch in Ruhe reden?", meinte Mi-Lenn augenrollend und ging.
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