Teil 8 (Clement)
Noch ein Rennen, noch ein Podiumsplatz.
Eigentlich sollte ich mich total freuen, denn dass die Formel 2 Saison so gut läuft, hätte ich nicht gedacht.
Wenn es so weiter geht, werde ich einfach Felipe Drugovich zwei Punkt null.
Eigentlich erstrebenswert.
Eigentlich.
Jedoch habe ich das Gefühl, dass mir schon seit jetzt einiger Zeit etwas auf den Magen drückt.
Jedes Mal, wenn ich in den Paddock laufe, bekomme ich Bauchschmerzen.
Und das gruselige ist, dass ich nicht weiß, wieso das so ist.
Wirklich. Es gibt keine logische Erklärung für dieses Phänomen.
Dabei hätte ich gerne eine, denn schön ist es nicht.
Vielleicht sollte ich mal mit dem Teamarzt reden, wenn es nicht besser wird.
Angefangen hat es in Jeddah nach dem Hauptrennen, als ich mit Marcus und seinen Freunden essen, beziehungsweise eher trinken war.
Ja, vielleicht habe ich ein wenig übertrieben mit dem Tequila, aber das hätte doch mittlerweile weg sein sollen oder etwa nicht?
Gähnend laufe ich durch den Paddockausgang in Richtung Meines Hotels. Wollte mich später, wie immer, mit den Jungs treffen und den Samstagabned auf eine tolle Weise genießen.
„Clement! Da bist du ja",werde ich nach einer Weile freudestrahlend von meinem Ehemaligen Teamkollegen begrüßt.
„Ja, tut mir leid, die Besprechung hat etwas länger gedauert.",rechtfertige ich mich mit der Wahrheit, denn mein Team hat heute nach dem späten Sprintrennen doch ein wenig gebraucht, um alle Daten durchzugehen.
„Wir gucken gleich Indy Qualifying.",lässt Jak mich wissen, während ich mir ein Bier bestelle.
In der Nähe unseres Hotels hier in Australien gibt es wirklich einige tolle Kneipen und Bars, welche wir schon seit Donnerstagabend austesten, wobei Ich mich aufgrund meiner Bauchschmerzen eher zurückhalte.
Diese machen sich gerade wieder bemerkbar.
Schnell schlucke ich einmal, damit diese hoffentlich wieder besser werden.
Mittlerweile habe ich sie eigentlich gut Unter Kontrolle.
Bis jetzt, denn sie hören einfach nicht auf.
„Alles okay bei dir Clem? Du bist so still?",wendet Felipe sich an mich und mustert mich mit besorgtem Blick.
„Jaja , alles okay,"winke ich sofort ab, will nämlich nicht, dass die anderen sich Sorgen machen.
„Dann ist ja gut. Schau mal, da ist Marcus ja",deutet er dann auf den TV-Bildschirm, welchem die anderen ebenfalls ihre Köpfe zugedreht haben.
Also schaue ich auch hin.
Die Oval-Strecken sehen schon interessant aus, dass muss ich zugeben und es ist wirklich toll zu sehen, dass Marcus und Callum so gut zurecht kommen.
Als Marcus dann auch noch die Pole schafft, brechen wir alle in lauten Jubel aus, welcher nicht geringer wird, als Callum auf P2 angezeigt wird.
Freudestrahlend steigt Marcus aus, fährt sich einmal durch die verschwitzten Haare.
Neben ihm steht nun auch Callum und auf der anderen Seite zu meinem Leidwesen auch Pato.
Sofort wird mir wieder ganz anders.
Das muss jetzt nicht sein oder?
Grinsend betrachtet Marcus den Mexikaner und als er dann auch noch seinen Arm um diesen legt, ist es endgültig um mich geschehen.
Erschreckend schnell erhebe ich mich und renne zu den Toiletten, wo ich erstmal meinen Mageninhalt aus mir heraus befördere.
Mit zitternden Armen umfasse ich danach das Waschbecken, versuche den ekeligen Geschmack loszuwerden, welcher sich den Weg in meinen Mund gebahnt hat.
„Clem, ist wirklich alles okay?"
Besorgt werde ich aus Brasilianischen Augen gemustert.
„Jaja, ich habe wohl nur etwas schlechtes gegessen oder so",rede ich mich raus, kann den Brasilianer dabei jedoch nicht anschauen.
Seufzend legt dieser einen Arm um meine Schultern, zieht mich zu sich hoch.
„Wir beide gehen jetzt erstmal ins Hotel zurück, du gehörst ins Bett. Wenn du morgen noch das Hauptrennen fahren willst, solltest du dich ausruhen."
Recht hat der Brasilianer.
Die Ruhe habe ich dringend nötig.
Also lasse ich mich ohne Widerstand zum Hotel führen, wo Felipe mich bis zu meiner Zimmertür begleitet.
„So, jetzt ab ins Bett mit dir. Schön warm halten, am besten etwas trinken..."rattert der Brasilianer hinunter, doch ich nehme es nur mit halbem Ohr wahr.
Meine Gedanken sind ganz woanders.
Sie sind bei Marcus und bei Pato.
Wieso?
Wieso macht Marcus das?
In letzter Zeit haben wir fast gar keinen Kontakt mehr gehabt, da er nur noch etwas mit Pato und den Leuten drüben macht.
Die ganzen Storys...die ganzen Videos...
Denkt er überhaupt noch an uns?
Am Ende der letzten Saison hat er doch noch gesagt, dass es mir uns allen hier so sein wird, wie bei Callum und ihm vorher...
Sie hatten regelmäßig Kontakt, obwohl eine gewisse Distanz da war.
Sowas hatte ich mir auch erhofft, jedoch ist das einzige , was ich von ihm bekomme, stumpfe Ignoranz.
Sofort merke ich, wie mir wieder übel Wird.
„Felipe",hauche ich noch, bevor ich zum Flurfenster springe, es mehr oder weniger geschickt öffne und meine Magensäure auf das Hoteldach erbreche.
„Du solltest zum Arzt Clem, auf jedem Fall, spätestens, wenn es morgen nicht besser ist",streicht mir der Brasilianer über den Rücken.
„Ich werde es auf jeden Fall machen, mache dir keine Sorgen..."murmle ich und richte mich auf.
„Danke Felipe",meine ich noch, als ich in mein Zimmer trete und mich erschöpft aufs Bett fallen lasse und einfach meine Augen schließe.
Wieso tut Marcus das?
Wieso tut er uns das an?
Ich muss wohl eingeschlafen sein, denn das nächste Mal, dass ich meine Augen öffne , zeigt meine Handy-Uhr 4.30 an.
Vollkommen ausgelaugt fühle ich mich und schleppe mich aus dem Grund ziemlich bedröppelt ins Badezimmer meines Hotelzimmers, wo ich mich erstmal unter die Dusche stelle.
Ich rieche den Geruch des Erbrochenen selber, und damit kommen auch die Erinnerungen an den vergangenen Abend wieder hoch.
An Marcus.
Sofort wird mir wieder übel, jedoch weiß ich, dass ich nichts mehr im Magen habe, da ich nun seit knapp 15 Stunden nichts mehr gegessen habe, weshalb ich einfach versuche, die Übelkeit mit Wasser wegzuspülen, was mir auch relativ gut gelingt.
Als ich aus der Dusche hinaustrete geht es mir schon um einiges besser, jedoch habe ich auch meinen Schlafrhythmus komplett kaputt gemacht, denn an Schlaf ist an dieser Stelle nicht mehr zu denken.
Was kann man also um mittlerweile 5 in der Frühe tun, um möglichst viel Zeit zu überbrücken?
Joggen hört sich ja wohl nicht verkehrt an und ab dann Daten, Daten, Daten. Ich will ja schließlich heute noch ein Rennen gewinnen.
Heute habe ich wieder die Pole, also sollte ich diese auch ausnutzen.
Motiviert durch diesen Gedanken schnappe ich mir meine Sportklamotten und mache mich auf den Weg nach unten, wo ich schnellen Schritts das Hotel verlasse und einfach anfange zu laufen.
Immer mal biege ich links ab, dann rechts, achte nicht wirklich auf meine Umgebung, welche dank der frühen Stunde sowieso nicht so belebt ist.
Das Joggen fegt mir den Kopf leer und verdrängt damit auch die negativen Gefühle in Bezug auf Marcus und sein unmögliches Verhalten.
Es herrscht einfach Leere, welche sehr sehr willkommen ist, gerade, weil ich mich total konzentrieren muss, denn die Strecke ist neu und Fehler sind im WM-Kampf ziemlich unerwünscht.
Ich jogge, jogge und jogge, sehe, wie die Sonne irgendwann aufgeht.
Dies sehe ich als Zeichen, mir mal Gedanken über den Rückweg zu machen, denn duschen muss ich definitiv nochmal.
So durchgeschwitzt will ich dem Team ungerne unter die Augen treten.
Irgendwann kommt auch das Hotel wieder in Sicht.
Schnaufend bleibe ich in der Lobby stehen, wo ich fast mit Felipe zusammenkrache.
„Guten Morgen Clem",meint dieser und mustert mich mit einer Sorgenfalte auf der Stirn,"Wie geht es dir?"
„Bestens Felipe, danke, dass du fragst",keuche ich außer Atem.
„Wie lange bist du schon joggen? Und wieso bist du überhaupt schon wach? Sonst bist du doch erst in einer Stunde wach.",fragt Felipe weiter und auf seine Aussage hin werfe ich ein Blick auf die Uhr.
Gerade ist es sieben.
„Halleluja, ich war zwei Stunden weg",sage ich mehr zu mir als zu Felipe.
„Zwei Stunden? Clem, du kannst doch nicht einfach so lange joggen. Gerade nach gestern. Du hast aber doch was davor gegessen oder?"
Verwirrt blicke ich den Brasilianer an.
Was will er denn jetzt?
Wieso stellt er die ganzen Fragen?
Ja, es ist ein wenig untypisch, aber doch nichts dabei.
„Das hilft alles meiner Top-Form",zwinkere ich und halte Felipes Blick stand.
„Ich hoffe Clem, Ich hoffe",fährt dieser sich durch die Haare und verschwindet dann mir seinem Team zum Frühstück.
Kurz verharre ich noch in meiner Position, gehe dann wieder in mein Zimmer und dusche mich ab.
Danach sofort wieder in die Teamklamotten und ab zur Strecke.
Das Frühstück lasse ich einfach ausfallen, so schlimm kann es schon nicht sein.
Besser, als wenn mir das Frühstück nachher wieder hochkommt.
Wieder schnappe ich mir meinen Rucksack und laufe motiviert zur Strecke.
Sofort mache ich mich auf den Weg in meine Garage, wo ich mir direkt noch mal die Daten von gestern geben lasse , um mögliche Fehler zu vermieden und das Rennen heute zu perfektionieren.
„Du bist ja plötzlich ehrgeizig geworden",klopft mir mein Teamchef auf die Schulter.
„Ja, ich will unbedingt gewinnen. Da gehört das nunmal dazu" lache ich und stecke meine Nase wieder in die Blätter.
„Du schon wieder ...sage mal Clem... hast du überhaupt geschlafen?"
Roman steht neben mir und schaut mich ein wenig geschockt an.
„Wieso? Also ich meine, ja habe ich.", lache ich nervös auf.
"Du hast voll die Augenringe", stellt Roman sehr direkt fest.
"Meine Direktheit ist wohl auf dich übergesprungen", gebe ich trocken zurück.
"Ich habe mir Nur Gedanken gemacht", fährt der Jüngere sich durch die Haare.
"Ist ja auch alles okay, du brauchst das aber nicht. Bei mir ist alles okay. Du solltest dich lieber um deine Dinge kümmern, dass ist wichtiger für dich.", klopfe ich ihm aufmunternd auf die Schulter.
"okay..aber erklärst du mir wenigstens noch die Daten?"
Das tat ich dann auch, denn ich will die Teamchemie ja auch aufrecht erhalten.
Nun sitze ich, vollkommen fokussiert, in meinem Boliden, warte eigentlich nur darauf, dass die fünf roten Ampeln endlich aus gehen.
Als es dann endlich so weit ist, gebe ich Gas, so, wie ich noch nie Gas gegeben habe.
Das Ganze Rennen läuft genau nach Plan ab und am Ende kann ich einen sehr kontrollierten Sieg nach Hause fahren.
Es war anstrengend, das muss ich schon zugeben, aber die ganze Mühe hat sich gelohnt und somit Grinse ich breit, als ich meine Trophäe erneut entgegen nehme.
Zurück in der Box stelle ich den Pokal ab und laufe direkt zu Hitech.
Marcus wird sich bestimmt für mich freuen.
Doch dort angekommen werde ich auch wieder in die Realität, aus welcher ich wohl durch das Rennen ausgetreten bin, zurück befördert.
Marcus ist nicht hier.
Marcus kommt auch nicht wieder.
Marcus ist drüben in Amerika und meldet sich nicht mehr bei mir.
Marcus scheint Pato uns allen vorzuziehen.
Marcus scheint in seinem IndyCar-Rausch uns alle vergessen zu haben.
Zumindest kommt es mir so vor.
Da ist sie wieder, die Übelkeit.
Sofort springe ich in irgendeinen Busch, will nicht, dass jemand mich so sieht.
Sonst machen sich noch alle Sorgen, aber das brauchen sie ja nicht.
Was ich nicht weiß ist, dass Isack mich genaustens dabei beobachtet hat und mir mit schiefen Blick hinter her schaut, als ich mich zurück auf den Weg zu Trident mache.
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Und schon sind wir wieder back in Europe 🤭
Auch hier habe ich nicht viel zu sagen, außer zu hoffe, dass es euch gefallen hat und euch einen tollen Tag zu wünschen ❤️
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