Teil 11 (Clement)
Will Marcus mich nun eigentlich komplett verarschen?
Wahrscheinlich war er, als er die Nachricht verfasst hat nach genauso besoffen, wie zu dem Zeitpunkt, als er irgendwas in Patos Hose gesteckt hat.
Ich weiß ja, dass James und Marcus sich gerne mal in die Pfanne hauen, aber den Anblick hätte mir der ältere Kiwi auch ersparen können.
Wieso macht Marcus das?
Das tut man doch eigentlich nicht. Es sei denn Marcus ist diesen Blick sowieso schon gewöhnt.
Seufzend lege ich mein Handy neben mich, denn sich James Story immer und immer wieder anzuschauen deprimiert mich noch mehr.
So wacht man doch echt gerne auf, besonders, wenn man, wie ich in diesem Falle, besonders schlecht geschlafen hat.
Gestern Abend habe ich mich schnell verzogen.
Die anderen haben zwar gesagt, dass sie das Indy-Rennen noch gucken wollten, doch ich habe dankend abgelehnt, denn das wollte ich mir wirklich nicht geben.
Zu sehr hätte es weh getan, Marcus und Pato zu sehen.
Natürlich weiß ich, wie das Rennen ausgegangen ist und ich bin auch aus tiefstem Herzen happy für Callum, denn er hat seinen ersten Sieg überhaupt echt verdient.
Danach hört es dann aber auch schon wieder auf.
Marcus hat natürlich wieder ein perfektes Rennen abgeliefert, was auch sonst.
Marcus....
Marcus, der in Pato O 'Wards Unterhose schaut.
Schnell schüttle ich meinen Kopf.
Das geht doch so nicht.
Irgendwas anderes muss ich machen, sonst platzt mir gleich der Kopf, denn die beiden spuken nun schon eine geraume Zeit in diesem herum.
Joggen gehen ist das Erstbeste, was durch meinen Kopf schießt.
So wiederhole ich meine Prozedur von gestern morgen und jogge wieder in unmittelbarer Nähe der Hotelanlage herum.
Eine kleinen Park durchlaufe ich, gefolgt von dem See in Albert Park...lausche einfach nur der Musik, welche aus meinen Kopfhörern kommt.
Die Natur wirkt beruhigend auf mich und auch die Sonne, welche mich zusätzlich erwärmt, hebt meine Laune ein wenig.
Viele Familien, Paare oder auch andere Jogger nutzen das tolle Wetter aus und sind Ebenfalls draußen unterwegs, schenken mir keine Beachtung.
Gott sei Dank macht Joggen den Kopf so krass frei, denn ein weitere Minute mit dem Gedanken an Marcus hätte ich beim besten Willen nicht ausgehalten.
Mittlerweile sind schon fast alle Teams abgereist und damit auch die meisten Fahrer.
Also bleibe ich größtenteils unerkannt, was auch besser so ist, denn ich will mit keinem reden gerade.
Nach guten drei Stunden stehe ich wieder unter der Dusche.
Dass ich so lange gejoggt bin, ist mir gar nicht aufgefallen, aber sei es drum, es ist ja auch gut fürs Training.
Nachdem ich mich frisch gemacht habe, werfe ich nochmal einen Blick auf mein Handy, welches ich bis zum dem Zeitpunkt gekonnt ignoriert habe.
Zwei Nachrichten habe ich.
Die Eine von Marcus und die andere von Felipe.
Zuerst öffne ich den Chat mit meinem ehemaligen Teamkollegen, welcher mir auch erst vor einer guten halben Stunde geschrieben hat,
Hey mate, wie wärs, Essen gehen heute Mittag?
Kurz überlege ich.
Eigentlich habe ich keine Lust auf Gesellschaft. Wirklich nicht. Felipe wird zu hundert Prozent über Indy reden wollen und das Thema will ich unbedingt vermeiden.
Andrerseits habe ich ihn gestern schon hängen gelassen und er hat mir ja nichts getan.
Von meinem Gewissen geleitet sage ich zu und schaue dann, was Marcus mir geschrieben hat,
„Wenn es okay ist..melde dich aber , falls du wieder Lust haben solltest."
Hörte man wirklich so stark heraus, dass ich keine Lust drauf habe?
Andrerseits sollte ich mir auch keine Gedanken machen, denn Marcus scheint Pato mir ja deutlich vorzuziehen , also soll er mal nicht so meckern.
Wenn er mich so schnell ersetzten kann, soll er auch die Konsequenzen spüren .
Darüber hinaus ist er ja auch der Grund, warum ich so schlecht gelaunt bin.
Aber wieso eigentlich?
Ich hatte eigentlich in ein Problem damit, wenn Marcus etwas mit anderen Leuten gemacht hat, sondern wollte diese unbedingt selber kennenlernen, nur beim Mexikaner, da stört mich irgendwas.
Marcus und er kennen sich, keine Ahnung, vielleicht einen Monat und sind sich schon extrem nahe.
So nahe, dass Pato Marcus schön in seine Hose schauen lässt.
Schnell schüttle ich den Kopf.
Lieber sollte ich mich Fertig machen, denn es ist schon bald Mittag, anstatt mich verrückt zu machen.
Wenn das nicht schon lange passiert ist.
Felipe hat mir auch ebenfalls schon geantwortet.
Perfekt, dann unten im Hotel-Restaurant?
„Ja" tippe ich als kurze und knackige Antwort zurück und checke nochmal, ob mein Outfit stimmig ist.
Schnell noch meine Brille aufgesetzt, damit man meine Augenringe nicht sehen kann und schon von ich auf dem Weg.
Das Hotel ist ziemlich leer, weshalb mich hier auch fast keiner erkennt und kommunizieren möchte.
Trotzdem schaue ich mich immer wieder um, ob ich nicht doch von irgendwo angestarrt werde.
Erst im Fahrstuhl kann ich wieder ausatmen.
Hier kann mich keiner sehen.
Und meinen Zustand kann auch niemand bemerken.
Leider ist die Fahrt schneller vorbei, als mir lieb ist und so stehe ich in der rot-gelb eingerichteten Hotellobby und warte auf den Brasilianer, welcher anscheinend noch nicht hier ist.
Dabei bin ich schon zu spät, was aber ja nicht gerade untypisch ist.
Suchend blicke ich mich nach dem Älteren um, als sich plötzlich eine Hand auf meine Schulter legt.
Erschrocken fahre ich zusammen und kann einen Augenblick später ein amüsiertes Lachen hinter mir wahrnehmen.
„Seit wann bist du denn so schreckhaft Clem",schaut Felipe mich belustigt an.
„Seit wann schleichst du dich ohne Vorwarnung hinten an mich heran?",stelle ich die Gegenfrage, kann mir dabei ein Lachen nicht verkneifen.
Mit Felipe kam ich schon immer super klar und somit fühle ich mich auch jetzt wohl.
„Ich habe ungeheuren Hunger, also lass uns los",macht Felipe sich gar nicht die Mühe, meine Frage zu beantworten, sondern geht einfach voraus ins Restaurant, sodass ich keine andere Wahl habe, als ihm zu folgen.
"Einen Tisch für zwei bitte", lacht Felipe die Empfangsdame freudig an, welche uns beide mit einem Augenzwinkern zu einem freien Tisch am Fenster führt.
Von dort aus hat man einen super Ausblick auf die Grünen Anlagen hinter dem Hotel und man kann wirklich weit gucken.
Gedankenverloren lasse ich mich auf dem gepolsterten Stuhl nieder, Felipe tut es mir gleich.
Erst, als uns die Speisekarte gebracht werden, schaue ich wieder auf.
"Ist alles okay? Du bist so still Clem?", mustert Felipe mich kritisch, als ich mich fast hinter meiner Speisekarte verstecke.
"Ich... Mir geht es einfach noch nicht so gut und wirklich viel geschlafen habe ich auch nicht.."
"und du warst eine halbe Ewigkeit joggen", beendet Felipe den Satz für mich, weshalb ich ihn hinter meiner Karte geschockt Anblicke.
Woher weiß er das denn jetzt?
"Man kann dir deine Gedanken aus dem Gesicht ablesen", betrachtet der Ältere mich leicht amüsiert, aber auch mit einer Sorgenfalte auf der Stirn,"Ich habe dich zufällig gesehen, als du losgegangen bist. So früh bist du doch sonst nie wach Clem. Als ich dann gerade hierhin bin, um zu reservieren, kamst du wieder rein. Drei Stunden ist schon krass. Ich dachte, dass du joggen hasst. Wir kommt es, dass du es jetzt auf einmal tust?"
Tief schlucke ich, versuche jedoch von mit abzulenken.
"Wieso hast du reservieren lassen, obwohl ich noch nicht einmal zugesagt habe? "
"Ich wäre auch so hier her gegangen. Abgesehen davon wusste ich, dass du eh nicht nein sagen kannst", legt Felipe seinen Kopf schief.
Da hat er ja bekanntlich recht.
"Okay, dass ergibt Sinn.",ist das Einzige, was mir dazu einfällt und damit halte ich diese Diskussion für beendet.
Felipe ist jedoch vom Gegenteil überzeugt.
"Ja, aber du lenkst vom Thema ab: Wieso in aller Welt warst du so früh und so lange Joggen? Da ist doch was im Busch."
Ja, das ist es allemal. Wenn ich bloß wüsste, was es denn genau ist...
Gerade will, beziehungsweise muss ich zur Antwort ansetzen, da wird mir in dieser Situation zumindest mein Arsch gerettet, da die Bedienung an unseren Tisch Tritt und fragt, was wir denn zu Trinken haben wollten.
"Ein Wasser für mich", lächle ich sie an.
"Für mich einen Rotwein.", nickt Felipe ihr zu und damit verlässt sie auch schon wieder unseren Tisch.
"Das erinnert mich immer an Screamingmeals und Marcus... Wie viel Rotwein ihr da schon getrunken..."
Weiter kommt Felipe nicht, denn schon bin ich aufgesprungen, mit einer Hand vor meinem Mund und schnurstracks zu den Toiletten gerannt.
Noch ehe er die Toiletten-Kabine betreten habe, habe ich den Salat, den ich gestern Abend gegessen habe, wieder in die Tiefen der Kanalisation befördert.
Vorsichtig hockt er sich neben mich, musterte mich mit hochgezogenen Augenbrauen.
„Wie oft?"
Das ist die einzige Frage, die die Stille um uns durchbricht.
Kurz muss ich tatsächlich überlegen.
„Keine Ahnung...Gestern zweimal...in Jeddah schon, heute jetzt..."
„Also wenn du eine Frau wärst, würde ich stumpf behaupten, dass du schwanger bist. Da das nicht geht, muss da etwas anderes sein und du wirst mir jetzt sagen was."
„Nicht, nicht hier",meine ich nur, bevor ich mich erneut über das Klo beuge.
„Okay, wir gehen auf mein Zimmer. Ich lasse das Essen aufs Zimmer liefern und dann reden wir.",beschließt Felipe und sein Ton lässt keine Widerrede zu.
Aus der Nummer komme ich wohl nicht mehr raus.
Aber was soll ich denn sagen?
Ich weiß doch selber nichts?
•••
Ach, Armer Clém...
Es tut mir wirklich leid, ihn so leiden lassen zu müssen, aber das ist auch bald schon Geschichte 🙈
Einen schönen Donnerstag wünsche ich euch 🤍
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