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Innerhalb eines Wimpernschlags scheinen sie bei Jeno anzukommen, selbst der Fußweg dauert nicht lange. Sie lachen viel, tanzen durch die Gegend, obwohl der Alkohol schon fast wieder aus ihrem Blut gewichen ist. Bevor sie aber ins Haus gehen, zieht Jeno Jaemin an sich und küsst ihn so lange und sanft, dass er danach die Orientierung verloren hat.
"Du schmeckst nach Rotwein", murmelt er, und Jeno lacht leise, bevor er die Haustür aufschließt.
Wie er prophezeit hat, erwartet seine Mutter die beiden mit tausend Fragen, die sie beantwortet haben müssen, bevor sie entlassen werden. Jaemin ist mittlerweile so müde, dass er nur noch hinter Jeno hertrottet und statt Antworten nicht mehr als Geräusche von sich gibt.
"Komm her, bunny." Sanft lächelnd zieht Jeno ihn zu sich, und Jaemin nimmt auf seinem Schoß Platz, die Arme um seine Schultern legend. "Hast du noch kurz Zeit für mich oder schläfst du jede Sekunde ein?"
"Geht schon noch", murmelt Jaemin, blinzelnd.
"Hmm. Bunny, das war wirklich schön heute mit dir. Jede einzelne Sekunde. Und hoffentlich können wir das wiederholen. Bald wär großartig. Aber einfach irgendwann mal reicht auch. Du hast eigentlich die ganze Zeit glücklich ausgesehen und das war eigentlich am allerschönsten. Nein, war es definitiv. Mund auf."
Müde wie er ist, tut Jaemin das sofort, und erst als Jenos Lippen auf seinen liegen, versteht er es. Aber es ist schön, er schließt seine Augen, bekommt Gänsehaut, als Jeno über seine Seiten streicht.
"Jeno."
"Mh." Jaemin unterbricht ihn und sich selbst mit einem weiteren Kuss, sie atmen unregelmäßig, als sie sich das nächste Mal lösen.
"Ich liebe dich."
"Ich dich auch", und schon küssen sie sich wieder.
❈
Gleich am nächsten Schultag taucht Jaemin in seiner neuen Jacke auf und Jeno könnte einen Anfall kriegen, wäre der Jüngere nicht so nervös.
"Bunny", sagt Jeno leise, "du bist wunderschön, ich hab's dir neulich schon gesagt und ich sage es dir jetzt wieder. Sie steht dir mehr als gut und es würde mich nicht wundern, wenn sich heute noch jemand an dich ranschmeißt. Du siehst so gut darin aus. Das versprech ich dir."
"Ich hab sowas noch nie getragen", sagt Jaemin leise, "ich stand vorhin ewig lang vor dem Spiegel und war einfach so ...verwirrt. Und das macht mir Angst."
"Daran gewöhnst du dich, ganz sicher. Trag sie etwas öfter, und innerhalb weniger Tage denkst du gar nicht mehr daran."
"Ja?"
"Ja."
"Okay." Jaemin zögert, aber greift nach Jenos Hand, bevor er sich wegdrehen kann, und nimmt sie in seine. "Würdest du... nachher mitkommen...?"
"Zu dir? Natürlich. Aus irgendeinem Grund?"
"Können... wir zur Apotheke?"
"Klar. Verbände?"
Jaemin nickt. "Ich kann das nicht immer dich machen lassen", murmelt er.
"Und ob du das kannst. Du willst das nur nicht." Lächelnd streicht Jeno über seinen Handrücken. "Hast du genug Geld?"
"Bestimmt."
"Dann ist gut."
Als es so weit ist, klammert Jaemin sich an Jeno und lässt ihn nicht los, bis sie an der Apotheke stehen. Und auch dann hält er sich noch an seiner Hand fest.
"Was ist?", fragt der Ältere schlussendlich, als Jaemin wie angefroren stehen bleibt und ihn ebenfalls davon abhält, weiterzugehen.
"Was ist, wenn jemand das sieht?" Seine Stimme ist nicht mehr als ein Wispern. "Und weiß, dass... ich das mache? O-Oder..."
"Soll ich allein reingehen? Du kannst dich hier einfach hinsetzen und ich bin sofort wieder bei dir", ergänzt Jeno, als Jaemin ihn unsicher ansieht. "Das dauert nicht lange."
"Versprochen?"
"Versprochen."
Zögerlich lässt Jaemin ihn los, und Jeno streicht über seinen Kopf, bevor er durch die Tür tritt und Jaemin sich auf die Bank kauert, den Blick auf den Boden zu seinen Füßen gerichtet. Er zählt seine Atemzüge, um sich von Jenos fehlender Anwesenheit und fehlendem Schutz sowie dem unangenehmen Gefühl abzulenken. So bemerkt er die drei Jungen aus seinem Jahrgang erst, als ihre Schatten auf ihn fallen und ihre Schuhe in sein Blickfeld geraten. Kaum dass er aufgesehen hat, ist er auch schon aufgesprungen und in Richtung der Tür zurückgewichen. Selbst jetzt, ohne dass sie ein Wort gesagt haben, hat Jaemin unglaubliche Angst vor ihnen. Seine einzigen Gedanken sind Flucht und Jeno.
"Hey, entspann dich", sagt der Vorderste von ihnen, und allein seine Stimme bewirkt genau das Gegenteil. "Wir wollen dir doch nichts tun."
Jaemin sieht das Grinsen auf dem Gesicht des Blonden hinter ihm.
"Wo hast du Jeno gelassen?", fährt der Dritte fort. "Bist du alleine unterwegs?"
"Wenn man vom Teufel spricht", kann Jaemin noch einen von ihnen murmeln hören, da legt sich schon ein Arm um seine Taille und Erleichterung macht sich in ihm breit.
"Das ist der perfekte Moment für euch, zu gehen." Jenos kalter Blick lässt keine Widerrede zu, und so sind die Drei gleich darauf in der Menge verschwunden. Kaum sind sie aus seiner Sicht, dreht Jeno seinen Freund zu sich und nimmt ihn genauestens unter die Lupe, seinen Kopf zwischen den Händen.
"Was wollten sie von dir?", fragt er ernst, all das Spielerische ist aus seiner Stimme verschwunden.
"Sie... haben nur gefragt, wo du bist. Ob ich allein unterwegs bin. U-Und dann kamst du."
"Das war's?" Jaemin nickt, schluckt trocken. "Gut." Jeno umarmt ihn, fest, auch er ist erleichtert. Gott sei Dank konnte er die Apotheke so schnell wieder verlassen.
"Ich hab die Sachen", murmelt er in Jaemins Schulter.
"Okay." Der Jüngere krallt sich fester an ihn, um seine Hände vom Zittern abzuhalten.
"Sollen wir los? Wir müssen den Bus kriegen."
"Okay."
Jeno schiebt ihn vorsichtig von sich und verschränkt ihre Finger miteinander. "Ich sorge dafür, dass dir nichts passiert, bunny. Versprochen."
"Und wenn du nicht da bist?"
"Dann komm ich zu dir und beschütz dich."
Ich hab dich nicht verdient.
03.10.2020
feiern wir das bitte? :D
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