Epilog
Die beiden Jungen liefen durch die dunklen Straßen. Die Sonne war gerade hinter dem Horizont verschwunden, doch keiner der beiden fürchtete die aufkommende Dunkelheit, die auf die meisten anderen so fürchterlich wirkte, hatte keinen Einfluss auf die gute Laune der beiden, die schon fast rhythmisch gemeinsam durch die Dunkelheit zu tanzen schienen.
Immer wieder vergrößerten und verkleinerte sie den Abstand zwischen ihren Körpern, wobei teilweise kein Blatt mehr zwischen die beiden gepasst hätte, nur um ein paar Sekunden später wieder hintereinander her zu laufen.
Jeder hätte sehen können, wie glücklich die beiden miteinander waren und wie zufrieden sie mit dem waren, was sie hatten, denn sie hatten einander und das war alles, was sie brauchten. Das wussten die beiden Jungen auch.
Nicht nur sie wussten es. Auch die Frau, die von ihrem geöffneten Fenster aus sah, was die beiden Jungen taten, wusste das sie glücklich waren.
"Han Jisung! Warte auf mich!", lachte einer von ihnen und Erinnerungen hagelten auf die Frau ein. Erinnerungen an den Jungen, den sie an jemand anderen verloren hatte. Erinnerungen an ihren Sohn.
Sie erinnerte sich an all die Dinge, die er gerne getan hatte.
Daran, wie er immer mit ihr und seinem Vater hatte spielen wollen, doch nie hatten sie Zeit für ihn gehabt und jedes Mal war er enttäuscht gegangen, um das gleiche alte Puzzle zum tausendsten Mal zu puzzeln oder zum zehnten Mal das gleiche Buch zu lesen. Er hatte nie mit seinen Brüdern gespielt. Selbst wenn er immer wieder fragte, hatten sie ihn nur gelassen, wenn einer ihrer Freunde dabei war und sie einen vierten Mitspieler suchten.
Wie war es ihr nicht aufgefallen, dass er immer übergeblieben war? Warum hatte sie es einfach ignoriert, wenn er es angesprochen hatte, bis er irgendwann aufgegeben hatte es anzusprechen?
Vielleicht hätte er weiter so gelacht, wie er gerade mit diesem Jungen lachte. Die Frau hatte ihren Sohn lange nicht mehr so lachen sehen. Er war immer still gewesen und hatte nur selten gelächelt. Aber er hatte auch selten geweint, deshalb dachte sie, es wäre alles in Ordnung. Doch er hatte einfach nur die Tränen satt. Nichts war in Ordnung gewesen.
Der Grund, warum er wochenlang das Haus nicht verlassen hatte, war nie Faulheit gewesen. Es war immer die Einsamkeit, in die er sich geflüchtet hatte, weil jeder andere seine Welt zum Einsturz zu bringen schien. Doch dieser Junge, der nun dort stand und liebevoll seine Lippen gegen die ihres Sohnes bewegte, reparierte seine kaputte Welt wieder. Mit jedem Tag, jeder Stunde, jeder Minute und jeder Sekunde, baute er ein Schloss aus den Trümmern, die sie hinterlassen hatte.
Sie konnte die Worte hören, die die beiden zueinander sprachen und die sie von einem ihrer Kinder gehört hatte oder zu einem von ihnen gesagt hatte:
"Ich liebe dich so sehr, Jisung."
"Ich liebe dich auch, Minho. Mehr alles andere auf der Welt."
Tief im Inneren war die Frau wirklich dankbar für den Jungen, der ihren Sohn so lachen ließ und ihn glücklich machte.
Und sie wusste, dass, falls ihr Sohn eines Tages zurückkehren würde, sie ihn mit offenen Armen empfangen würde und dem Jungen danken würde, der ihren Sohn zu einem glücklicheren Menschen gemacht hatte.
Mit einem Lächeln trat sie vom Fenster weg. Sie wusste, dass es ihm gut gehen würde. Besser als es ihm mit ihr jemals gehen könnte.
So konnten sie beide ein schöneres Leben führen, als sie es zusammen gekonnt hätten.
++-Ende-++
From a Stay who can't escape the people's eyes but has never been seen.
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