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Jisung PoV

Ich lag bereits seit einer Stunde wach in meinem Bett, als meine Mutter rein kam, um mich zu wecken. Ich tat einfach so, als hätte ich bis eben noch geschlafen und grummelte einfach nur vor mich hin so wie jeden Morgen. Sie sollte nicht mitkommen, dass ich meine Probleme mit Schlaf hatte. Im Endeffekt würde es nämlich sowieso nichts ändern. Einer meiner Brüder hatte seit Jahren Schlafprobleme, von denen meine Mutter auch wusste, aber sie ignorierte es gekonnt.

"Musst du zur ersten Stunde hin?", fragte sie und hatte dabei eine Hand auf meinem Arm, die ich am liebsten weggeschlagen hätte.

"Hm..."

"Ich auch. Jihoon muss erst zur dritten Stunde hin und Bingsuk zur zweiten."

Auch wenn sie arbeiten musste und nicht mehr zur Schule ging, meinte sie in solchen Situationen immer, dass sie auch zur ersten Stunde hin musste. Vermutlich hielt sie sich dabei für super lustig.

Ist mir egal, wann Jihoon und Bingsuk hin müssen. Geh einfach und lass mich in Ruhe.

Sie ging und rief mir auf der Treppe nochmal zu, dass ich aufstehen sollte. Danke für die Erinnerung, ich hatte glatt vergessen, dass ich mich in die Schule schleppen musste. Allerdings hieß das auch, dass ich Minho wiedersehen würde und nach unserem lustigen Nachmittag gestern freute ich mich sehr darauf, ihn wieder zu sehen. Meine Müdigkeit verschwand ein wenig.

Ich stand auf, machte mich fertig und frühstückte, ehe ich meine Sachen packte und mich entspannt auf den Weg zur Schule machte. Wie gewohnt kam ich ein paar Minuten vor Schulbeginn an und alle schienen mich anzusehen und dann über mich zu reden. War etwas seltsam an dem, was ich anhatte? Hatte ich etwas peinliches getan? Warum redeten sie über mich?

Sie reden nicht über dich. Nur weil dir irgendein dahergelaufener Typ sagt, dass du etwas besonderes wärst, glaubst du jetzt, du wärst der Mittelpunkt der Welt oder was? Wie eingebildet kann man eigentlich sein?

Nein... Hör auf... Sei leise. Bitte...

"Hey, Ji! Wir sind hier drüben.", rief Minho mir zu und mir huschte kurz ein kleines Lächeln über mein Gesicht, als ich zu ihm und Chan ging.

Was lächelst du so blöd? Die ziehen alle über dich her.

Und schon war mein Lächeln wieder verschwunden.

"Hi.", begrüßte ich beide knapp.

Super gemacht. Jetzt denken sie, dass du keinen Bock auf sie hast.

"Bekomme ich keine Umarmung?", fragte Minho, schmollt ein wenig und sah mich erwartungsvoll an. Bei ihm konnte ich einfach nicht anders, als sofort weich zu werden und umarmte ihn.

"Ich will auch.", meinte Chan und umarmte uns ebenfalls.

Ein paar Sekunden lang war alles okay, doch dann begannen sich Chan's Arme unangenehm schwer anzufühlen, wie als hätte man sie durch eine große Menge Steine ersetzt, die mich langsam runter drückte und mit jeder Sekunde schwerer wurde und das Atmen schwerer machten. Augenblicklich klammerte ich mich regelrecht an Minho, in der Hoffnung dass er mir Halt geben konnte.

"Pass auf, dass du mich nicht erwürgst, Sungie.", lachte er, doch als ich ihm keine Antwort gab, sondern mich nur noch mehr an ihn drückte, merkte er auch, dass etwas nicht stimmte.

"Hey, Jisung... Ist alles gut?", fragte er sanft und Chan löste sich aus der Umarmung, um sehen zu können, was los war. Ich schüttelte auf Minho's Frage nur den Kopf.

"Willst du mir sagen, was los ist?"

"Später. Wir müssen gleich in den Unterricht.", nuschelte ich.

"Okay. Aber du weißt, dass ich immer für dich da bin, egal was ist, ja? Du musst nicht der sein, der sich immer selbst auf die unterste Stufe stellt."

"Ich weiß. Danke, Minho."

Es klingelte und ich ließ Minho wieder los. Erst jetzt wurde mir bewusst, wie lange wir hier eigentlich so gestanden haben mussten.

"Dafür brauchst du mir nicht danken, Kleiner. Und jetzt lass uns los, bevor du noch zu spät in den Unterricht kommst."

"Ist ja gut, Papa.", meinte ich und lächelte, ehe ich neben ihm und Chan, der nichts mehr gesagt hatte, in Richtung der Sporthalle ging, vor der bereits die meisten meiner Klassenkameraden warteten. Ich hatte Sportunterricht und Minho und Chan hatten Unterricht in einem der Trakte, die vor der Sporthalle lagen.

"Bis nachher, Baby.", verabschiedete sich Minho. Auch wenn ich wusste, dass er nur nochmal darauf anspielte, dass ich ihn 'Papa' genannt hatte, war es irgendwie seltsam, dass er mich so nannte.

"Bis nachher. Und keine Sorge, ich pass gut auf deinen Daddy auf.", verabschiedete sich Chan laut genug, damit meine Klassenkameraden es hörten.

"Bis nachher.", verabschiedete ich mich auch von den beiden, ehe ich näher zu meiner Klasse ging. Alle Augen schienen auf mich gerichtet zu sein. Vermutlich verachteten sie mich jetzt. In ihren Augen war ich jetzt ein schwuler Typ, von dem sie jetzt vermutlich auch dachten, dass er einen Daddy-Kink hatte. Super gelaufen.

Ich hatte erwartet, dass ich nun irgendwelche dummen Sprüche an den Kopf geworfen bekam, doch niemand sagte etwas zu mir. Fast wünschte ich mir, sie würden mir all die Dinge ins Gesicht sagen, damit ich wusste, dass es nicht nur bloße Einbildung war und ich diese Unsicherheit nicht mehr ertragen musste.

Recht schnell kam dann allerdings auch unser Sportlehrer und nahm mir damit ein wenig Druck ab. Zumindest bis wir alle in den Umkleiden verschwanden.

Alle redeten miteinander, doch wie immer redete niemand mit mir. Und niemand redete über mich.

Warum sollten sie auch? Du bist nicht wichtig. Du bist ein Nichtsnutz. Du bist nichts besonderes, egal was dein Tänzer-Freund sagt.

Eigentlich hätte man erwarten müssen, dass ich versuchte, als erstes wieder aus der Umkleide raus zu kommen, allerdings brauchte ich am längsten, da ich mich nur umzog, während ich sicher war, dass mich niemand ansah. Ich hatte zwar keinen total schlechten Körper, aber ich mochte das Gefühl nicht, dass mich jemand beim Umziehen beobachtete. Aus dem Grund stellte ich mich in Umkleiden auch immer mit dem Gesicht zur Wand. Es fiel mir dadurch einfacher, die anderen zu ignorieren.

Ich verließ nach allen anderen Schülern die Umkleide und ging in die Halle, wo bereits alle im Kreis standen und der Lehrer die Anwesenheit überprüfte, wobei er mich offensichtlich noch nicht bemerkt hatte.

"Weiß einer von euch was mit Jisung ist?", fragte der Lehrer und übersah mich mal wieder.

"Eigentlich müsste er da sein. Ich hab ihn vorhin mit seinem Freund gesehen.", meinte eines der Mädchen.

"Wie hat er einen Freund bekommen, wenn er nie mit jemandem redet? Ich bin mir nicht mal sicher, wie seine Stimme klingt."

"Erstens bin ich da und zweitens geht euch mein Freund überhaupt nichts an.", meinte ich mit allem Selbstbewusstsein, das ich irgendwie aufbringen konnte. Minho war zwar nicht mein Freund, aber dadurch, dass ich sie in dem Glauben ließ, konnte ich eine Diskussion vermutlich am besten vermeiden.

"Okay, da wir ja jetzt vollzählig sind, könnt ihr euch warm laufen."

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