Plötzliche Selbstzweifel
Louis
Als mein Lieblingsbruder noch etwas anhing, blickte ich diesen verwirrt an und checkte nicht, was er da wieder für einen Unsinn laberte, dann auch schon abhaute.
Was war das denn für eine dämliche Aktion?! Ich würde mit dem Typen sicher nirgends hingehen, außer Mom zwang mich dazu. Das war hier eben nicht der Fall, also blieb ich sitzen, bis er mich am Handgelenk packte - was nicht gerade sanft war - und mich irgendwohin zog, ich ihm jedoch nur widerwillig folgte.
Und dann blieb er endlich stehen.
Nun erhob ich meinen Arm, um seine Hand abzuwimmen und strich mir über mein Handgelenk, während er redete.
Zum Schluss spannte ich meinen Kiefer an, sah ihn zum ersten mal länger als 10 Sekunden in die Augen und dachte nach.
In einem gewissen Punkt hatte er nun wirklich Recht... ich wusste bis eben auch gar nicht, wie er über sowas dachte, da ich nie darüber nachgedacht hatte, dass er scheinbar 'verletzlich' war. Mein Problem war einfach, dass ich Noah hasste und es sich auch nie ändern würde, dass ich so für ihn empfand, auch wenn ich ihn nicht kannte.
Was er aber soeben sagte, brachte mich in Verlegenheit. Er.. hatte nichts gegen Schwule? Aber..- ich verstand ihn einfach noch weniger, je mehr er faselte. Wieso hatte er nichts gegen Schwule..? Weshalb..?! Sagte er das nur, weil er bei mir schleimen wollte?
Danach folgte nur noch wirres Zeug und auf einmal fühlte ich mich ihm gegenüber schlecht, als er mir sagte, er würde für die nächsten Tage nur wegen der Sache nicht mehr in die Schule kommen.
Das glaubte ich ihm nicht! Quatsch mit Soße. Selbst wenn er nicht in der Schule wäre, würde sich ja sowieso nichts ändern und sowas gemeines würden die doch sicher gar nicht erst wagen. Die wollten doch hoffentlich keine Anzeige oder einen Schulverweis bekommen!
"Das ändert aber nichts daran, dass ich dich hasse. Meinetwegen bin ich ebenso ein Arschloch wie du und deine Müllclique, aber du kannst mich ja ignorieren oder sonst was. Es ist mir gleich, wie du mich behandelst... du bist weder noch mein Bruder oder sonst was für mich. Hass mich einfach genauso sehr, wie ich dich hasse und lasse mich mein Leben leben. Ist mir alles egal.", erklärte ich ihm in einem sanfteren Tonfall und wandt mich wieder zum Gehen. Ich wollte keine Freundschaften!
"Meine Mom kann mich nicht dazu zwingen dich zu mögen. Ich kann ihr ja eigentlich erzählen, wie wir wirklich sind, aber dann wäre sie traurig, weshalb ich das nicht tun kann.", fügte ich hinzu und legte meine Hände vor dir Brust.
Noah
Er schien eine Weile lang zu überlegen und für einen Moment dachte ich tatsächlich, das etwas sinnvolles dabei rauskommen könnte, doch als er erneut von hassen anfing, schaltete ich ab. Hass, Hass, Hass. Was für ein Schwachsinn! Er wusste nicht was Hass war, genauso wenig wie ich wusste was Hass war. Um jemanden zu hassen, musste dieser schon etwas extrem schlimmes getan haben, meiner Meinung nach hatte ich das nicht.
Ich winkte irgendwann nur noch ab und schüttelte den Kopf. ''Vergiss es.'' Letztendlich drehte ich ab und lief in etwas schnelleren Schritten zum Strand. ''Wo ist Louis?'', fragte mein Dad ernst und sah mich an. ''Hab ihn hier um die Ecke verscharrt.'', antwortete ich sarkastisch und grinste leicht. Mein Vater bedachte mich mit einem liebevollem lächeln und einem leichten Kopfschütteln.
Mein Blick striff schließlich den Strand entlang, bis ich eine Gruppe Jugendlicher entdeckte, welche Volleyball spielten. Lächelnd beobachtete ich sie eine Weile, bevor ich beschloss mitzumachen. Louis konnte ja wegen seiner Knie sicher leider nicht. Ouh wie schade...
Entschlossen lief ich los und machte was ich mir vorgenommen hatte. Ohne jegliche Diskussion ließen sie mich mitspielen und ich musste zugeben, dass es das erste Mal dieses Wochenende war, an dem ich Spaß hatte. Ohne jemanden der mich die ganze Zeit runterzog und schlechte Laune verbreitete. Sowas brauchte ich nicht.
Naja, immerhin würde ich ein verlängertes Wochenende haben, während Louis die sprichwörtliche Hölle auf Erden durchlaufen würde. Nicht das ich es ihm wünschte, aber...nein, ich wollte nicht auch so anfangen wie er. Das was er tat war einfach nur peinlich und kindisch.
Sollte er seiner Mom doch sagen, dass wir uns nicht verstanden, an mir lag es ja immerhin nicht. Vermutlich würden das alle anders sehen, weil Louis der 'arme schwule Junge' war, der nur missverstanden wurde. Klar. Mir ging es doch im Endeffekt nicht anders.
Die Leute mit denen ich spielte waren wirklich nett. Besonders nett war ein gewisser René, von welchem Schwingungen ausgingen, die ich nicht recht einzuordnen wusste. Sie waren positiv und das eindeutig, doch irgendwie weigerte sich mein Gehirn die Signale aufzunehmen, die er mir sendete.
Louis
Höchstwahrscheinlich hatte er auch jegliche Lust zum Diskutieren verloren und zischte nun also ab, was mir nur ein genervten Seufzer einbrachte. Ich glaubte ihm nicht. Wieso sollte er seine Clique davon abhalten mit mir Sachen anzustellen?! Er war doch derjenige gewesen, der die anderen dazu verordnete mich zu schlagen.
Und was war daran so schlimm, mich am ersten Schultag zu outen? Ich war definitiv sehr stolz darauf gewesen, mich geoutet zu haben und fühlte mich einfach gut dabei, bis die ersten Mobbingattacken und Sprüche fielen. Ab da an war ich nur noch ein Häufchen Elend. Mir doch alles egal!
Knurrend wanderte ich noch ein wenig umher und lief etwas seitlich ins Wasser, wobei meine Knöchel leicht schmerzten, schwomm noch ein wenig hin und her und sprintete zu meiner Decke, auf die ich mich aus der Puste setzte.
Dabei beäugte ich meinen Bruder von der Seite aus grimmig und dachte nach. Wenn er schon meinte, dass er mich beschützte und vor noch schlimmeren Sachen bewahrte.. wieso tat er das alles für mich? Was brachte es ihm?! War ich irgendein Mittel zum Zweck?! Dabei sprang doch nun wirklich nichts für ihn raus. Absolut gar nichts.
Ich drehte mich auf den Bauch und überlegte ihn zu fragen, doch jetzt plötzlich normal mit ihm zu reden... wäre schwierig, oder etwa nicht?! Ich war so knapp davor ihn azutippen, doch dann verließ mich mein Mut, ich zog meine Hand zurück und versteckte mein Gesicht unter meinen Armen.
Mensch... ich verstand das alles nicht mehr! Mit seinen Worten eben, hatte er mich so verwirrt und mein Handeln in Frage gestellt, weshalb ich nun kein Schimmer hatte, was ich davon halten sollte. Das war zum Haare ausreißen! Inzwischen zweifelte ich schon wirklich für mein Verhalten ihm gegenüber. War das falsch, was ich stehts getan habe? Hmh.. na toll!
Als es etwas später wurde, packten wir alles zusammen ins Auto und fuhren kurz nach 8h los. Mit der Zeit hatte ich auch keine Lust mehr weiter darüber nachzudenken und schlief ein, wobei ich mich schon wieder an seine Schulter lehnte und gemütlich weiterschlief.
Noah
Irgendwann hörte ich auch Louis zurück kommen, welcher wohl im Wasser gewesen war. Für diese Erkenntnis hatte ich ihn nichtmal anschauen brauchen, da ich auch so, durch seine Bewegungen einige winzig kleine Wassertropfen abbekam. Meine Augen öffnete ich jedoch trotzdem nicht, da ich gerade wirklich mehr als genug von ihm hatte. Warum stellte er sich so sturr?
Ich hatte ihm gesagt was Sache war, dass ich nicht wirklich so schrecklich war wie er dachte und dennoch blieb er bei seiner Meinung. Bitteschön, die nächsten drei Tage würden es ihm wohl verdeutlichen.
Über meinen Gedanken schlief ich auch tatsächlich ein, ein Wunder. Umso knurriger und schlecht gelaunter war ich jedoch, als ich geweckt wurde, weil wir so langsam aber sicher los wollten. Super.
Sie hätten mich einfach hier lassen sollen, zu Hause war ich ja sowieso nicht erwünscht. Seufzend fuhr ich mir durch die Haare und zog mir für die Fahrt etwas bequemes an, checkte, ob ich auch wirklich alles hatte und begab mich dann zum Auto. Yippie ja yey, vier Stunden neben Louis, klang nach viel Spaß und einer Menge zum Reden. Nicht. Schade eigentlich.
Früher hatte ich mir immer einen großen oder kleinen Bruder gewünscht, da ich sah, wie viel Spaß meine Kumpels mit ihren Geschwistern hatten. Sowas hatte ich mir eben auch gewünscht und jetzt, wo der Wunsch so halbwegs in Erfüllung gegangen war, hatte ich einen 'Bruder', der nicht mit mir sprach, mich nicht ansah, mich aber stattdessen hasste. Super.
Nicht einmal eine halbe Stunde, nachdem wir losgefahren waren, spürte ich das vertraute Gefühl der Hinfahrt, als etwas schweres sich auf meine Schulter lehnte. Heute störte es mich allerdings noch deutlich mehr als gestern, sodass ich ihn am liebsten weggeschubst hätte. Ich wusste, das er es getan hätte. Aber so konnte ich nicht sein, da es nicht fair war jemand anderes einfach zu wecken, wenn es einen selbst nicht total einschränkte und das tat es in dem Fall nicht. Zwar konnte ich mich nicht wirklich bewegen, aber das war zu verkraften.
Um ungefähr 00.30 Uhr, kamen wir schließlich, nach einer halben Stunde Stau, zu Hause an, wo ich seufzend darauf wartete, dass irgendwer Louis weckte. Das passierte allerdings nicht, da Ella und mein Dad viel zu sehr damit beschäftigt waren sich darüber zu beschweren wie müde sie doch sein würden, weil wir erst so spät hier angekommen waren. Angenervt legte ich meinen Kopf in den Nacken, bevor ich schließlich zu Louis runter sah. ''Louis aufwachen, wir sind da!'' - ''Louis wach auf!''
Bạn đang đọc truyện trên: AzTruyen.Top