Kaltherzig
Louis
Fassungslos, blieb ich nun vor der Tür stehen und schluckte schwer, versuchte dabei meine Tränen zurück zu halten. Erstmals musste ich realisieren, was da gerade passiert war, weshalb ich mich vor die Tür setzte und das ganze Szenario in meinem Kopf noch mal abspielen ließ.
Zum ersten mal in meinem Leben, spürte ich wie sehr mein Herz schmerzte und ich nun krampfhaft nach meiner Brust griff. Dieses ganze Gefühlschaos kannte ich nicht, weshalb ich meine Gefüle zu nichts zuordnen konnte. Nur wusste ich, dass mir seine Reaktion mehr als nur wehgetan hatte und er mich ziemlich verletzt hatte.
Nach einer Weile, stellte ich mich auf die Beine und ging leise in mein Zimmer, warf mich aufs Bett, wobei mir nun doch heiße Tränen die Wangen hinunterkullerten.
Ich verstand im Moment noch nicht einmal, wegen was genau ich nun weinte und dachte die halbe Nacht darüber nach, bis mir plötzlich ein neuer Gedanke in den Sinn kam, der alle anderen in den Schatten stellte.
Oh mein Gott... ich war doch nicht in Noah verknallt, oder? Quatsch. Das war definitiv etwas anderes.
Am nächsten Morgen hörte ich Mom und Dad im Nachbarszimmer mit Noah sprechen und riss meine Augen auf, merkte, dass ich noch seinen Hoodie trug und zog diesen deshalb schnell aus, warf mir ein ärmelloses Shirt über und hörte, wie Mom an meiner Tür klopfte und mir erzählte, dass Noah wieder da war. Ich lächelte nur schwach, schlüpfte in meine Socken und lief etwas schüchtern zum Esstisch runter, wo auch schon der Rest saß und ich mich neben meinem Bruder setzte, ihn anstupste.
"Noah, es tut mir Leid.", flüsterte ich ihm zu, als meine Eltern das Frühstück aus der Küche holen gingen. Doch mein Gegenüber schien nicht zu reagieren. Was habe ich ihm denn noch angetan? So sauer konnte er doch auch nicht gewesen sein, oder etwa doch?
"Noah, bitte sag doch was.", fügte ich schüchtern an und zupfte an seinem Shirt. Spätestens wenn wir oben waren, konnte er mir nicht mehr entkommen, denn ich wollte es mit ihm für alle male klären und sagen, dass die Sache mit dem Sex nicht mehr so wichtig war und ich darüber hinweg gekommen bin.
Noah.
Grinsend betrachtete ich erneut das Bild und schüttelte leicht meinen Kopf, bevor ich mein Handy bei Seite legte und die Augen schloss. Ich schlief nicht wirklich gut, aber auch nicht total schlecht.
Nervig war nur, dass recht früh am nächsten Morgen Ella und mein Dad ins Zimmer platzten. Die Begrüßung war eine Mischung aus 'ein Glück ist dir nichts passiert, wir sind ja so froh, dass du wieder da ist' und 'was hast du dir nur dabei gedacht einfach abzuhauen?! Das gibt Hausarrest für die nächsten zwei Monate'. Mit was anderem hatte ich um ehrlich zu sein aber auch nicht gerechnet.
Im nachhinein betrachtet, wäre es vielleicht besser gewesen, wenigstens einen Zettel zu hinterlassen. Aber aus Fehlern lernte man ja bekanntlich. So wie ich daraus gelernt hatte, mich auf Louis einzulassen.
Nachdem ich duschen gegangen war, zog ich mir frische Klamotten an und gab die getragegenen in die Wäsche. Ruhig lief ich nach unten und setzte mich zu Ella und meinem Dad an den Frühstückstisch. Es dauerte nicht lange bis auch Louis nachkam und neben mir Platz nahm. Oh, das ging also aufeinmal wieder? Interessant. Stumm blickte ich geradeaus, während unsere Eltern das Essen aus der Küche holten.
Als ich ein Stupsen seinerseits wahrnahm, reagierte ich erst gar nicht drauf. Es tat ihm leid, aha. Ein bisschen spät für meinen Geschmack. Ich seufzte genervt, als er begann an meinem Shirt herum zu ziehen. Es machte mich wütend, dass er plötzlich wieder mit mir redete. Ich meine, was sollte das? Er war es gewesen, der mich eiskalt ignoriert hatte und keine meiner Entschuldigungen auch nur im enferntesten wahrgenommen hatte.
Für ihn war es ein Spiel gewesen, um mich, seinen bösen, bösen Stiefbruder zu bestrafen. Ich hatte einen einzigen Fehler begangen, nachdem ich so ziemlich alles dafür getan hatte, dass er ein besseres Leben bekam und er schien das einfach vergessen zu haben. So als wäre es einen scheiß wert gewesen.
''Warum?! Warum sollte ich etwas sagen?! Die letzten Wochen, hast du dir doch gewünscht, dass ich die Fresse halte und am besten nie wieder ein Wort mit dir rede. Warum also jetzt?!'', knurrte ich ihn leise an, sodass unsere Eltern es nicht hörten. Ja, ich konnte auch gemein sein, wenn ich wollte. Nicht, dass das oft der Fall war, doch jetzt gerade war ich einfach nur genervt und angekotzt.
Angekotzt davon, dass er jetzt plötzlich angekrochen kam. Jetzt, wo ich seine Entscheidung mich zu hassen akzeptiert und beschlossen hatte, auch ohne seine Aufmerksamkeit leben zu können. Zu spät Louis, zu spät.
Louis
Er erschrak mich total mit seinen Worten, die mich fast schon erzittern ließen und mein Herz vor Schmerz zum Explodieren brachten. Die Worte trafen mich auch ziemlich tief, womit ich nicht gerechnet hatte..! Einerseits hatte er ja recht, dass ich ihn nicht mehr reden hören wollte, aber nachdem er die ganze Woche weg war und auch bereits zuvor, habe ich gemerkt, dass er mir wichtig war. Noah war mir mehr als nur wichtig. Er war immerhin derjenige, der mir schon so oft geholfen hatte.
Nachdem wir also gegessen und noch lange über Noah gesprochen hatten, dabei rauskam, wo er eigentlich war, sah ich ihm besorgt in die Augen - auch wenn er mich nicht ansah - und seufzte leise. Ich hatte wohl auch einen Fehler gemacht, doch ich wollte ihm versprechen, soetwas nie wieder zu tun. So folgte ich ihm direkt nach dem Abwasch in sein Zimmer, öffnete die Tür ohne anzuklopfen und schaute ihn traurig an.
"Noah, es tut mir ehrlich Leid. Ich.. habe übertrieben damit. Mit allem. Das mit dem Sex hab ich schon längst so hingenommen.. d-du bist mir viel wichtiger, als... meine Jungfräulichkeit.", nuschelte ich und blickte beschämt auf den Boden. Was ich sagte stimmte ja auch mehr oder weniger.
"Was kann ich tun, um es gut zu machen? Ich tu alles.", fügte ich leise an und biss mir auf die Unterlippe. Ich könnte ihm jeden Tag seine Lieblingsspeisen kochen oder seine Hausaufgaben erledigen - nur wollte ich nicht, dass er mich weiterhin so eiskalt ansah. Auch sein Zimmer putzen, oder seine Wäsche waschen - ich würde echt alles tun..!
"Bitte Noah.", flehte ich diesen an, als ich das Gefühl bekam, dass er mich nun selber ignorierte, doch so würde ich das alles nicht ruhen lassen. Noah war mir verdammt wichtig gewesen und ohne ihn wollte ich nicht mehr..!
"Ich.. ich hasse dich nicht. Wie könnte ich auch? Ich hab dich lieb, auch wenn ich dir das in den letzten Wochen nicht gezeigt habe.." So quatschte ich also die ganze Zeit, in der Hoffnung, er würde mir endlich darauf antworten, anstatt auf sein Handy zu schauen.
Ob er meine Nachrichten auch schon gelesen hatte? Ich hätte sie löschen sollen, nachdem ich erfahren habe, dass sein Handy hier lag.
Noah
Nachdem Dad und Ella wieder an den Tisch gekommen waren, sprachen zumindest Louis und ich nicht mehr. Unsere Eltern allerdings, fragten mich darüber aus, wo ich gewesen war und was ich getan hatte. Sie dachten zudem, ich wäre abgehauen, weil ich Stress mit den Leuten aus dem Football-Team hatte.
Am Ende des Frühstücks wussten sie, dass ich in Prag gewesen und in einem Hotel geschlafen hatte, das ich mir die Stadt angeguckt hatte und abends feiern gewesen war. Für sie bedeuteten die Knutschflecken an meinem Hals wohl, dass ich Spaß mit einigen Frauen gehabt hatte. Sollten sie ruhig denken, denn ich würde ihnen ganz sicher nicht die Wahrheit erzählen. Louis würde es wohl wissen, aber das war mir wirklich mehr als egal. Er sollte ruhig sehen, dass ich sehr wohl Spaß ohne ihn haben konnte und ihn nicht nötig hatte.
Nachdem alle aufgegessen hatten, wuschen wir das Besteck und die Teller ab, bevor ich schnur stracks in mein Zimmer lief und mir mein Handy schnappte. Andrew hatte mir geantwortet. Während ich die Nachricht las, nahm ich wahr, dass die Tür aufging, würdigte Louis allerdings keines Blickes. Man sollte Feuer mit Feuer bekämpfen, oder?
Nur nebenbei lauschte ich Louis Worten, welche mir wohl noch am Montag alles bedeutet hätten. Ich wäre in Tränen ausgebrochen und hätte mich dafür bedankt, dass er mir verzieh, doch jetzt war das anders. Die Leute dort hatten mir geholfen zu verstehen, dass niemand das Recht dazu hatte, mich wie Dreck zu behandeln. Nicht einmal Louis. Gerade nicht Louis. Er war der aller letzte, der das Recht dazu gehabt hatte.
Ich hätte es ja verstanden, wäre er einige Tage sauer gewesen und hätte mich ignoriert, vielleicht auch eine Woche, aber zwei Wochen waren wirklich zu viel gewesen. Andrew antwortete sofort auf meine Nachricht und erklärte mir in dieser, dass er gar nicht so weit weg von mir wohnte. Woher wusste er überhaupt wo ich wohnte? Hm, vermutlich hatten wir uns auch darüber bereits unterhalten, ich wusste es nur nicht mehr. Noch bevor ich überhaupt antworten konnte, schickte er eine Nachricht hinterher, die besagte, dass er mich ja mal besuchen kommen könnte, wenn ich das wollte. Sofort begann ich zu grinsen.
Im gleichen Moment, bemerkte ich allerdings auch, dass Louis seine kleine Rede wohl beendet hatte und auf eine Reaktion meinerseits wartete.
''Ja da gibt es tatsächlich etwas das du tun könntest.'', begann ich und wendete meinen Blick zu ihm. ''Du könntest jetzt sofort aus meinem Zimmer verschwinden, denn Leute die einem wichtig sind, behandelt man nicht wie den letzten Dreck.'', lautete meine Antwort auf seine Rede, ehe ich wieder auf mein Handy sah.
Es fühlte sich so falsch an, so gemein zu sein, aber ich wollte einfach nicht nachgeben. Aus Angst davor doch nachzugeben, las ich auch die zahlreichen Nachrichten nicht, die Louis mir geschickt hatte. Ich wollte ihn einfach nicht mehr an mich ran lassen, um nicht erneut verletzt zu werden.
Vielleicht würde er nicht verstehen, warum ich derart kalt reagierte, aber das war für mich die einzige Möglichkeit, um nicht wieder meine alten Verhaltensmuster anzunehmen und ihm nachzugeben. Er hatte genug mit mir gespielt.
-
Uff.. :/
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